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Die Twentysomthing-Krise 25, Jugendlicher, Leben, Optimismus

Autor:  Yu_B_Su
Die Twentysomthing-Krise

Überall, wohin und woher man guckt sieht man sie: junge, verzweifelte Menschen um die Mitte 20, die dem hinterhertrauern, was andere haben – soviel mehr als man selbst. Nachdem man den ersten Lebensabschnitt nach der Schule beendet, den Bachelor in der Tasche oder die Ausbildung geschafft und vielleicht sogar gearbeitet hat, fragt man sich auf einmal, ob alles so richtig war. Ob man alles so gemacht hat, wie man es wollte oder ob man nicht einfach in der Ecke gesessen und seine Zeit verschwendet hat – Tina war gerade ein Jahr zum Praktikum in Australien, Astrid weilt dank Erasmus ein halbes Jahr in Südamerika und Bettina wurde kürzlich zur Juniorpartnerin eines großen Unternehmens ernannt. Und man selber? Man tippt sich in seinem grauen Büro die Finger wund anstatt die Welt mit lyrischen Großwerken zu überschütten, man plagt sich mit dem Unistoff ab und stellt fest, dass der Weg zum Traumberuf gar nicht so einfach ist – oder dass der Traumberuf gar nicht der ist, der er zu sein scheint. Man guckt traumtrunken den anderen hinterher, die soviel mehr als wir geschafft haben. Wir haben nicht die Welt gerettet, keinen Terror bekämpft, wir kämpfen uns selbst durch jeden Tag, ohne etwas Großes oder Lebenslauf-Förderliches zu tun. Wir fühlen uns müde und schlapp, wir resignieren angesichts derer, die mehr Möglichkeiten hatten – oder ihre eigenen besser zu nutzen wussten. Das ist doof. Das ist deprimierend. Das ist echt beschissen. Man könnte sich in ein Loch setzen und warten, dass irgendwann ein Hagelkorn in der Größe eines Fußballs vom Himmel fällt und Ende im Gelände ist. Wenigstens hätte man dann einen Menschen vor dem früheren Hungertod gerettet.

Aber das ist ein Irrtum. Mal abgesehen davon, dass uns die Alten immer einreden ‚Du hast dein ganzes Leben doch noch vor dir!‘ hat man in diesen Jahren doch einiges geleistet – man hat viel gelernt, man hat gelernt zu lernen, und selbst wenn man das Wissen nicht gebrauchen kann, hat man doch einiges an ‚Soft Skills‘ gelernt – besonderes wenn man mit alten Menschen zusammen war. Man hat gelernt, auf den Rat anderer Leute zu hören und im richtigen Moment die Klappe zu halten, man hat gelernt, mit den verschiedensten Programmen umzugehen, immer nett und freundlich zu sein, man kann Kontakte knüpfen und sie erhalten, man hat soviel erlebt – es muss nicht immer die Südsee sein, Klein Hagenow reicht auch!

Und selbst wenn man feststellt, dass der derzeitige Lebensweg falsch ist, man ihn korrigieren muss, so hat man wenigstens gelernt, was man nicht will und macht sich daher umso enthusiastischer ans Werk – anders als die Anfänger, die vielleicht nach einem Jahr aufgeben. Man hat wichtige Erfahrungen gesammelt, die später nützlich sein könnten und vor allem eines: den Willen durchzuhalten. Tiefer, als man in seiner momentanen Situation ist, kann man nicht sinken. Man weiß, wie es sich anfühlt, Rückschläge hinzunehmen und weiterzukämpfen. Man kennt sich und weiß, wie man reagiert, was man tun muss, um sich zu motivieren, man ist, egal, was man gemacht hat, lebenserfahrener.

Und deswegen sollte man nicht aufgeben, sondern sich frisch und fröhlich ans Werk machen, anstatt in seinem Loch zu sitzen und auf ein Hagelkorn zu warten.

Obwohl – da gibt es noch etwas. Etwas, was viel schlimmer als die Karriere ist – die Liebe. Es gibt schließlich Menschen, die in unserem Alter schon verheiratet (vielleicht auch geschieden) sind, einen halben Kindergarten haben oder zumindest jeden Tag mit einer roten Rose geweckt werden. Und man selbst hat einen Haufen männlicher Freude aber keinen Freund. Im schlimmsten Fall ist man sogar noch ungeküsst! Die absolute Horrorvorstellung! Später, im Alter sitzt man dann von Wechseljahres-Hitzewallungen geplagt da und ja nur zwei Optionen: entweder man geht zu einem Singeltherapeuten, der einem dann sagt, dass es ok ist, sich mit 10 Männern jeweils 10 Mal zu treffen, um den richtigen zu finden, dass man seine Ansprüche herunterschrauben soll und nicht der großen Liebe hinterherjagen soll – was unglaublich einfach ist, wenn man mit Mitte 40 noch ohne Altersversorge und RomCom-Must-Have rumsitzt! Zahlreiche Hollywoodfilme sagen uns, dass irgendwo auf dieser Erde unsere große Liebe auf uns wartet. Unsere Großeltern behaupten das Gegenteil, man solle jeden Tag an einer Beziehung arbeiten, vielleicht hatten sie sich am Anfang gar nicht so richtig geliebt!... Die Zerstörung eines Kindheitstraumas… Oder man geht zu Tine Wittler oder Vera Int Irgendwas – Bauerntrampeline sucht Mann, Karrierefrau passendes Gegenstück oder Hässliches Entlein jemanden, der sie entjungfert. Und wird dann vor laufenden Kameras vorgeführt, innigst abgeknutzscht, darf sich zwischen Mies und Ganz-Mies entscheiden –und wird noch dazu von sinnlosen Kommentaren kommentiert. Das Grauen!

Wie also entfliehen aus der schrecklichen Realität und der noch schrecklicheren Zukunft? Vielleicht sollte man vorher vor etwas anderem flüchten: der Masse, die einem eintrichtert, dass man verheiratet, Eltern und entjungfert sein sollte. Jeder Mensch hat sein eigenes Entwicklungstempo, bei manchen geht die Karriere vor, bei manchen nicht, einige sehnen sich nach jemandem, anderen wollen doch erst sich selber finden. Und das ist in Ordnung! Wer behauptet denn, dass man nicht auch ohne Mann (oder Frau) glücklich sein könne? Natürlich isses nett, jemanden an seiner Seite zu haben – aber soll man sich deswegen in die nächstbeste unglückliche Beziehung stürzen? Nur weil uns die Gesellschaft das eintrichtert? NEIN! Es ist in Ordnung zu wollen, es ist in Ordnung zu suchen – aber es ist nicht die Erfüllung. Und es ist in Ordnung, wenn es nicht die Erfüllung ist.

Und deswegen sollte man mit dem zufrieden sein, was man hat, anstatt in seinem Loch zu sitzen und auf ein Hagelkorn zu warten.

Alles in allem sollte man vielleicht eines nicht vergessen: man selbst steckt nicht in einer Krise, es ist die Gesellschaft um einen herum, die das eigenen Leben zur Krise macht.