Wie die Kuh zur Schlachtbank
„Ihr Bruder wünscht Sie in 5 Minuten im Lehrzimmer zu sehen. Er klang nicht sehr erfreut, Sie sollten ihn besser nicht warten lassen. Darf ich Ihr Gemach betreten um Sie anzukleiden und zu waschen?“
Dass das nichts Gutes zu bedeuten hatte, wurde Yuki schnell bewusst. Er begann sofort darüber nachzudenken, was er falsch gemacht haben könnte. Oder eher, was von all dem der größte Fehler war.
Er strich einige Haarsträhnen aus seinem Gesicht. Es kam selten vor, dass man Yuki zu sich rufen lies. Normalerweise hätte sein älterer Bruder keine Scheu gehabt, einfach in sein Zimmer zu platzen.
„Naja,“ dachte er sich tief seufzend, „ich werde es ja offensichtlich bald erfahren...“
Noch einmal klopfte es.
„Yuki-sama?“
„Ich habe verstanden Mui. Sag' nii-san, dass ich gleich zu ihm komme. Anziehen tu' ich mich selber, danke.“, gab der Junge mit bemüht freundlicher Stimme zurück. Ihm war jedoch anzuhören, dass er nicht gerade hoffnungsvoll gestimmt war.
„Wie Sie wünschen junger Herr. Ihre Klamotten habe ich Ihnen bereits gestern auf den Stuhl gelegt.“, gab die junge Frau freundlich zu Wissen.
Kaum war der Satz beendet, waren Schritte zu hören, die sich von Yuki's Zimmer entfernten.
Nach einigen Minuten, die sich wie Sekunden anfühlten, richtete sich der schmale Junge merklich angespannt auf und streifte seine Decke von seinem fast nackten Körper. Er hasste es in Nachthemd und Schlafhose im Bett zu liegen, viel lieber spürte er den weichen Stoff seiner Zudecke auf seiner Brust und seinen Beinen, deshalb trug er nur eine helle Unterhose. Wenn es nicht ständig zu Diskussionen kommen würde, hätte er auch kein Problem damit völlig unbekleidet zu schlafen.
Aber 'das gehöre sich ja nicht' für ihn.
„Das kann ja wieder was werden...“ murmelte Yuki vor sich hin während er sich sanft die Augen rieb.
Mit morgendlicher Miene erhob er sich von seinem Bett, streifte seine längliche Unterhose von sich und schlenderte quer durch sein Zimmer, bis er schließlich den besagten Stuhl erreichte. Darauf war ein ordentlich gefalteter, blauer Kimono mit schwarzem Obi (Stoffgürtel) und schwarzen Nahtumschlägen zu finden, darunter lag frische Unterwäsche. Er hob den seidenen Stoff an, zog die Unterwäsche darunter zu sich her und schlüpfte in sie hinein. Sein Blick wendete sich wieder auf den Stuhl und das sich darauf noch befindliche Kleidungsstück.
„Sicherlich nicht.“, dachte Yuki und gab ein genervtes Seufzen von sich, ehe er sich zu seiner Kommode begab und sich einen gemütlicheren Jimbei nahm, mit dem er seinen Körper schließlich bedeckte.
Mit einem tiefen Seufzen nahm sich der Junge zusammen und begab sich in Richtung Tür, welche er nun gleich zur Seite schob und so den breiten Hausflur betrat. Er wendete sich zu seiner Rechten und lief mit leicht gesenktem Kopf durch den langen Raum, der mit einer Treppe abschloss, welche ihn ins Erdgeschoss des Anwesens führen sollte.
Sein Ziel nach der Treppe war gleich der erste Raum auf seiner Linken, dessen Tür einen Spalt offen stand.
Noch einmal bleib er stehen. Gerne würde sich der blonde Junge noch etwas einfallen lassen, doch wusste er ja nicht einmal, um was es ging. Also entschloss sich Yuki, das Zimmer mit beiden Füßen zu betreten. Sein Blick suchten seinen Bruder, doch bevor er diesen letztendlich entdeckte, sah er beiläufig noch jemanden im Raum, der auf einem Sitzkissen seitlich neben dem breiten Stuhl, auf welchem sich der besagte Verwandte befand, kniete.
Wie er sobald feststellen musste war es sein Lehrer, Tetsuya-sensei. Die beiden Männer unterhielten sich gerade noch, als der Bruder die schmale Gestalt Yuki's an der Tür wahrnahm und das Gespräch abrupt unterbrach.
„Du hast nach mir gerufen, Yuito?“
So lautete der Name seines besagten Bruders. Yuito Sakiko war mit 19 Jahren der Ältere der beiden Brüder. Wie bereits bestimmt schon erahnt waren Yuito und sein fast 7 Jahre jüngerer Bruder Yuki die beiden Söhne von Yusei Sakiko, dem Eroberer von Rikuyosei und des Herrschers des Königreichs Rikuota.
