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Allein zu zweit…

…oder doch zu dritt?
von

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Wie es dazu kam

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11. Wie es dazu kam
 

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Ich stehe seit einer Stunde in der Tankstelle hinter dem Tresen, mein Kollege ist vor einer halben Stunde gegangen. Um 22:00 Uhr beginnt die Nachtschicht, dann schließ ich die Eingangstüren ab und öffne den Nachtschalter. Um 1:30 Uhr ist dann Feierabend. 6 lange Stunden, jeden verdammten Tag. Und noch immer denke ich an Joanne. An ihr bleiches Gesicht in diesem Krankenbett. An ihre traurigen Augen, in denen man nur einen einzigen Wunsch lesen kann.
 

Was soll ich nur tun, um ihr dennoch ein fröhliches Weihnachten zu ermöglichen?
 

„Die Nummer 2 bitte und einen schwarzen Kaffee zum Mitnehmen.“
 

Ich schrecke aus meinen Gedanken und starre in Kaibas Gesicht, der mich mit seinen blauen Augen anfunkelt.
 

„Wah?“
 

„Wo bist Du mit Deinen Gedanken, Wheeler?“
 

Ich runzle leicht die Stirn.
 

„Bei meiner Tochter, wo denn sonst?“
 

„Du meinst wohl, meiner Tochter.“
 

Ich kann ein wütendes Knurren nicht verhindern.
 

„Wenn schon, dann ist es unsere Tochter.“
 

Er zieht seine rechte Augenbraue nach oben und lächelt spöttisch.
 

„Du redest noch immer erst bevor Du nachdenkst.“
 

Und ich erkenne erst jetzt, was ich da eigentlich gesagt habe. Erschrocken schüttle ich den Kopf und hebe abwehrend die Hände.
 

„So war das jetzt nicht gemeint! Wir sind schließlich kein Paar und eine Frau bist Du auch nicht!“
 

„In der Tat. Aber wenn wir ein Paar wären, dann wärst Du definitiv die Frau, damit das klar ist! Und jetzt will ich endlich bezahlen. Die Nummer 2 und einen schwarzen Kaffee zum Mitnehmen.“
 

Ich blinzle verwirrt und schüttle dann seufzend den Kopf.
 

„Ich bin definitiv zu müde, um mich jetzt mit Dir darüber zu streiten, wer die Frauenrolle übernimmt, sollten wir jemals sowas wie eine Beziehung führen, das könnte sonst sehr missverstanden werden, immerhin sind wir beide Männer und Homobeziehungen sind hier in Japan noch immer nicht gerne gesehen, auch wenn es sie tatsächlich gibt, redet kaum jemand öffentlich darüber. Fakt ist jedenfalls, dass Joanne Deine leibliche Tochter ist, daran gibt es nichts zu rütteln, aber ich zieh sie groß und das lass ich mir von Dir nicht kaputt machen, wir sollten uns also damit anfreunden, dass sie tatsächlich unsere Tochter ist, auch wenn Du Dich wohl nie in der Öffentlichkeit zu ihr bekennen wirst, weil es sonst Deinem guten Ruf schaden könnte.“
 

„Wenn das eine versteckte Andeutung darauf sein sollte, dass ich schwul bin, nur weil ich mich seit meiner Scheidung nicht mehr auf Frauen eingelassen habe, dann muss ich Dich enttäuschen. Ich hatte lediglich keine Lust auf Frauen, die nur hinter meinem Geld oder meinem Ansehen her sind. Wenn mir die richtige Frau über den Weg läuft, schnapp ich sie mir. Was Joanne angeht. Ich habe nicht gesagt, dass ich mich nie zu ihr bekennen werde, es ist momentan nur recht ungünstig für mich, da ich gerade in wichtigen Verhandlungen mit der EU stecke und mir derzeit keine Skandale erlauben kann.“
 

„Wenn Dir die richtige Frau über den Weg läuft, schnappst Du sie Dir? So wie Du Dir Mai geschnappt hast, obwohl Du wusstest, dass sie mit mir zusammen war? Und was soll das heißen, Du kannst Dir derzeit keine Skandale erlauben? Schämst Du Dich etwa, dass Du eine Tochter hast?“
 

„Das mit Mai war nicht geplant. Ich war…“
 

Kaiba beißt sich auf die Unterlippe und weicht meinem Blick aus.
 

„Du warst was?“
 

„…betrunken.”
 

Ich starre ihn ungläubig an.
 

Betrunken? Aber Du trinkst doch nie wirklich viel, eben weil Du Dir keine Skandale erlauben kannst.“
 

Er seufzt leise und schüttelt müde den Kopf, als müsse er negative Gedanken aus seinem Kopf vertreiben.
 

„An dem Abend bin ich etwas früher aus der Firma in die Villa gefahren, weil ich Mokuba überraschen wollte, der von einer Klassenfahrt zurückkehren sollte. Ich hatte nicht damit gerechnet, meine Frau mit einem anderen Mann in einem Bett zu finden.“
 

Oh…
 

„Sie hatte nicht einmal den Anstand, es wenigstens in einem der vielen Gästezimmer zu tun, es musste natürlich ausgerechnet mein eigenes Bett sein und natürlich war es auch noch einer meiner jungen Geschäftspartner, über den sie hergefallen ist.“
 

Ohje…
 

„Ich habe beide aus der Villa geworfen und bin kurz darauf ins Casino gefahren, um mich dort abzulenken, dabei habe ich dann etwas zu viel getrunken und war nicht mehr in der Lage, selbst nachhause zu fahren und mein Chauffeur befand sich gerade in seinem wohlverdienten zweiwöchigen Urlaub. Mai bot mir an, mir ein Taxi zu rufen, doch ich weigerte mich, in einem einfachen Taxi nachhause gefahren zu werden, während ich betrunken bin. Also fuhr sie mich selbst nachhause und brachte mich in mein Schlafzimmer. Der Anblick meines zerwühlten Himmelbettes ließ mich dann irgendwie austicken. Mai teilte mir später schriftlich mit, dass ich sie nicht vergewaltigt habe, immerhin hatte ich meine Sinne noch soweit zusammen, dass ich mir ein Kondom übergezogen habe, außerdem soll ich wohl ständig den Namen meiner Frau gerufen haben, während stetig die Tränen über meine Wangen liefen. Am nächsten Morgen fand ich einen Zettel auf meinem Nachtschränkchen mit der Nachricht von Mai, in der sie mir auch mitteilte, dass sie über diesen Vorfall schweigen würde und dass ich mich von meiner Frau scheiden lassen sollte, wenn sie mir solche Schmerzen bereiten konnte. Später kamen mir Erinnerungsfetzen in den Sinn, die ich aber schnell in den Hintergrund drängen konnte.“
 

„Zumindest bis ich Dich mit der Sache erneut konfrontiert hatte.“
 

„Ja. Mir ist nie in den Sinn gekommen, dass Joanne meine Tochter sein könnte, denn Mai hatte nie irgendwelche Andeutungen gemacht und diesen Vorfall auch nie wieder mit einem Wort erwähnt. Ich reichte die Scheidung ein und vergaß die Sache einfach. Es ist aber nicht so, dass ich mich dafür schäme, eine Tochter zu haben. Ich schäme mich lediglich dafür, wie es überhaupt dazu kam, dass ich eine Tochter habe. Wie soll ich ihr das erklären? Wie soll ich ihr erklären, dass sie kein Wunschkind ist, sondern nur ein Unfall, weil ich mich nicht unter Kontrolle hatte? Wie soll ich ihr erklären, dass ich eine fast verheiratete Frau im betrunkenen Zustand verführt habe, nur weil mich meine eigene Frau betrogen hat?“
 

Ich beuge mich ein wenig über den Tresen in seine Richtung und lege ihm meine Hände auf die Schultern.
 

„Ganz genauso wie Du es mir erklärt hast. Sie würde es verstehen. Es zwingt Dich natürlich niemand, ihr irgendetwas zu sagen. Wenn Du für sie auch weiterhin der gute Onkel sein willst, der ihr Leben rettet, dann ist das Deine Entscheidung. Sei Dir aber gewiss, dass ich Dir den Rücken freihalte, falls Du ihr irgendwann doch die Wahrheit sagen willst. Wenn ich Dich nicht dafür verurteile, was Du getan hast, dann wird es unsere Tochter erstrecht nicht tun, dessen kannst Du Dir sicher sein.“
 

„Seit wann redest Du so erwachsen daher, Wheeler?“
 

Ich zucke mit den Schultern.
 

„Was erwartest Du? Mai ist tot, Joanne liegt im Krankenhaus und Du siehst so aus, als hättest Du seit Tagen vor lauter Gewissensbisse kaum geschlafen. Einer von uns muss doch erwachsen sein und die Verantwortung übernehmen, meinst Du nicht?“
 

Er lächelt müde.
 

„Hhm. Ich hätte nur nie gedacht, dass Du mal die Zügel in die Hand nehmen würdest.“
 

„Und ich hätte nie gedacht, dass ich mal ein so umfangreiches Geständnis von Dir hören würde, noch dazu mitten in der Nacht und in einer Billigtankstelle. Das macht übrigens 11138 Yen (umgerechnet ca. 82 Euro), Kaffee kommt sofort, Du siehst aus, als würdest Du den wirklich dringend brauchen.“
 

Er nickt und legt einen 10000- und zwei 1000-Yen-Scheine auf den Tresen, während ich ihm am Automaten schwarzen Kaffee in einen Pappbecher laufen lasse.
 

„Behalt den Rest, ich hasse es, Kleingeld mit mir rumzuschleppen.“
 

Ich nicke nur kommentarlos, reiche ihm den gefüllten Becher mit Deckel und pack das Geld in die Kasse. Kaiba geht mit dem Kaffee in Richtung Tür, dreht sich aber kurz vorher noch einmal um.
 

„Danke. Fürs zuhören, Wheeler.“
 

„Joseph. Oder fällt Dir das zu schwer? Seto?“
 

„Tze. Wie Du willst. Bis später. Joseph.“
 

Er wendet sich nun endgültig von mir ab und geht hinaus und zu seinem Auto, um nur kurze Zeit später das Tankstellengelände zu verlassen, während sich meine Mundwinkel zu einem Grinsen verziehen.
 

In 4 Tagen ist Weihnachten und wenn ich es richtig anstelle, dann kann ich Joanne doch noch ein ziemlich angenehmes Weihnachten verschaffen, dazu benötige ich allerdings erstmal die Zustimmung der Ärzte und dann von Kaiba, oder besser gesagt von Seto.
 

Ein Versuch ist es allemal wert.
 

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Kommentare zu diesem Kapitel (4)

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Von:  Onlyknow3
2015-05-21T17:56:20+00:00 21.05.2015 19:56
Das Gespräch ist der Anfang von mehr, und das Seto hier über seinen Schattenspringt und sich Joey offenbart was sein Gewissen bedrückt. Zeichen das er Joey vertraut, das dieser ihn nicht hinter geht. Was mich etwas Schmunzeln lässt ist die Art wie Seto bei Joeys aussage reagiert, vielleicht war er es echt an der Zeit das Seto erfahren hat das Joey seine Tochter groß zieht. Mach weiter so, freue mich schon auf das nächste Kapitel.

LG
Onlyknow3
Von:  Lunata79
2015-05-21T11:11:28+00:00 21.05.2015 13:11
Aha. Endlich die Hintergrundgeschichte.
Dann bin ich schon mal gespannt, wie das Weihnachtsfest aussehen wird.

Lg
Lunata79
Von:  Herzloser
2015-05-21T01:07:16+00:00 21.05.2015 03:07
Joey ist klasse :3 Und Kaiba ein Arsch... Aber ein toller Arsch xD
Von:  Niua-chan
2015-05-20T20:38:32+00:00 20.05.2015 22:38
Seto war also betrunken und hat sich gehen lassen und die Mai war überrumpelt... irgendwie tun mir alle so leid und das Joey sich die Geschichte so ruhig anhören konnte um dann auch noch Seto zu beruhigen war echt der Wahnsinn.
Ich bin schon sehr gespannt was er sich für sein Töchterchen ausgedacht hat


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