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Momente

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Das hier passt wohl nirgends in den Verlauf der eigntlichen Geschichte, aber es ließ mich nciht mehr los.

Jaja, da nimmt man sich mal vor, sich bei einem Kapitel richtig Mühe zu geben und dann schnetzelt man es doch wieder nur irgendwie runter xD Komplett anzeigen

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3. Funke

Die Worte klingen in seinen Ohren nach wie das helle Geräusch einer Glocke, dringen langsam in sein Bewusstsein und hinterlassen dort tiefe Fußabdrücke.
 

"Ich liebe dich, Yuki"
 

Eigentlich sollte ihn das nicht überraschen - seit sie in dieses Spiel hineingezogen wurden hatte sie sich stets schützend vor ihn gestellt, ihm so oft versichert und geschworen, dass alles gut werden würde, wenn sie nur beieinander sein würden. Alle Berührungen, Blicke und Bitten hatten immmer nur den einen Schluss zugelassen; und doch steht er jetzt vor ihr - das Herz unangenehm schnell gegen seine Rippen hämmernd und seine Kehle schlagartig zu eng um Luft zu holen - während der ganze Sinn dieses Satzes sich über seine Sinne legt. Scham brennt auf seinen Wangen und färbt sie rot, sodass er seinen Kopf heftig schüttelt um wenigstens diese Empfindung zu vertreiben.
 

Bitte nicht, denkt er verzweifelt. Bitte nicht. Schon dringt das leise Geräusch eines zittrigen Atemzuges an seine Ohren, bis es sich zu einem vollen Schluchzen entwickelt. Bitte nicht, fleht er innerlich immer weiter. So gern er es auch möchte, er kann nicht und wird es nie erwidern können; er liebt sie, aber nicht so, wie sie es möchte. Er liebt es, sich bei ihr sicher und geborgen zu fühlen, sie immer bei sich zu wissen und seine Sorgen ihr und ihr allein anvertrauen zu können. Unweigerlich fragt Yukiteru sich, ob sie seit dem Tod seiner eigenen Mutter für ihn nicht genau das geworden ist: eine Mutter.
 

"Es tut mir so leid...", bringt er an dem Knoten in seiner Kehle vorbei hervor und richtet dann seinen Blick auf Yuno.
 

Ihr rosafarbenes Haar hängt glatt über ihre Schultern, nur einige Strähnen werden vom Wind erfasst und umspielen ihre schluchzende Gestalt wie ein Schleier, als ein Knall die Luft um sie herum zerreißt. Mit einem Mal besteht die Welt nur noch aus Hitze und Feuer, das über seine Haut leckt und tiefe Furchen hinterlässt, das das pinke Haar erfasst und in seiner Gänze verzehrt, als hätte es dieses nie gegeben. Ein ersticktes Schreien entrinnt dem in Schmerz und Agonie geöffneten Mund des brennendes Wesens, das vor Sekunden noch Yuno war und als eine zweite Explosion direkt hinter ihr losgeht, kann er sich nicht mehr auf dem schmerzenden Beinen halten. Rückwärts fliegt er, fällt er, dem Boden entgegen, während sich das helle Licht wie ein Blitz in seine Augen hineinfrisst und er seine Mutter ein zweites Mal sterben sieht.
 

~
 

Schmerz empfängt seine Sinne, als er wieder zu sich kommt. Hastig versucht er die Augen zu öffnen, um der schrecklichen Dunkelheit zu entkommen, in der Yunos Schrei ihn noch immer verfolgt, doch es passiert nichts und er tastet panisch nach seinen Augen. Mit zitternden Fingern erfühlt er eine raue Binde, die um seinen Kopf gewickelt ist. Als ein Prickeln über sein restliches Gesicht geht, will er auch danach tasten, doch sachte Finger ergreifen seine Hand und halten sie zurück. "Yukiteru... ich bin es, Mao."
 

"Mao... Was ist passiert und... wo bin ich?"
 

Er hört ein schwaches Seufzen über sich und seine Hand wird von ihrer fest umschlossen. "Hör zu... Der Bürgermeister hat wohl mehrere Gebäude sprengen lassen, um uns endlich aus dem Weg zu räumen. Wir haben nur von weitem die Explosionen gehört und haben euch gleich gesucht. Du... Da war eine Menge Blut und wir konnten dich in ein nahes Haus bringen, da sind wir jetzt noch, in einem derSchlafzimmer. Das Areal der Bombadierung ist abgesperrt, aber sie werden sicher bald die Häuser stürmen und sehen wollen, wie viele sie von uns erwischt haben. Yuki...", ihre Hand schließt sich noch enger um seine Finger, dass er ihren Puls an seinen Fingerspitzen spüren kann, "Du hast es ziemlich übel abbekommen. Die Verbrennungen konnten wir mit ein paar Mitteln hier aus dem Bad behandeln, aber... d- deine Augen..."
 

Ihre Stimme wird leiser und er hört sie wimmern, da beendet eine andere Stimme an seinen Füßen ihren Satz - Hinata:"Als wir ankamen, waren deine Augen ziemlich schwer verletzt und wir konnten nichts mehr tun. Wir glauben nicht, dass du wieder sehen können wirst."
 

Auch ihre Stimme ist leise, aber ganz ohne Ausdruck, als wäre Situation weniger schrecklich, wenn sie es ihm nur schnell genug sagt. Doch die Wahrheit durchkämmt seinen Geist erbarmungslos: Er ist blind. Das Wort hört sich merkwürdig und unpassend für sich selbst unpassend an - blind... Nie mehr seine Umgebung sehen, nie mehr die Leute, seine Freunde und Lehrer bei den kleinen Tätigkeiten ihres Alltags beobachten, nie mehr Tiere in der Nacht durch die Hecken schleichend erblicken, nie mehr wahrnehmen, welche Farbe die Bäume jeden Tag aufs neue haben, wie die Leute ihre Zäune und Häuser streichen, nie mehr lesen und niemals wieder in die Augen eines vertrauten Menschen gucken. Nie mehr. Es ist ein schrecklicher Gedanke, der schnell von Unglauben abgelöst wird, bis ihn der Schmerz beim Schütteln seines Kopfes von der Richtigkeit dieser Dinge überzeugt. Nie mehr. Sein Atem geht schnell und ängstlich greift er mit der Linken nach Maos Hand, die seine Rechte immernoch festhält. Was bedeutet das für ihn? Das Spiel zu gewinnen ist ihm immer egal gewesen, doch nun kann er den anderen nicht einmal mehr helfen. Sie würden den Bürgermeister allein umbringen müssen. Vielleicht würde er sich als Lockvogel opfern können, um einem anderen den Platz zum Gott zu ebnen... Akise, oder Y-
 

"Was ist mit Yuno?", fragt er mit bebender Stimme nach, während er gegen die Erinnerung ankämpft, die das verzerrte Bild einer brennenden Figur in sein Bewusstsein und deren Hitze in seine Brust treibt.
 

Auf seine Frage hin schweigen alle um ihn herum einen Augenblick lang. Er weiß nicht, was er davon halten soll und die Stille macht ihn zunehmend wütend "Antwortet mir!"
 

"Sie... hat es nicht überlebt", gibt eine tiefe Stimme zu, die wohl Ouji gehört.
 

Zum zweiten Mal an diesem Tag hört er etwas, das er schon weiß und dennoch kommen die Worte genauso unerwartet, treffen ihn genauso hart wie die Ersten und machen die Welt noch dunkler, als sie für ihn sowieso schon ist. Noch einmal spielt sich das Letzte, das er jemals auf der Welt sehen wird, schrecklich lebendig in seinem Gedächtnis ab.
 

Das heiße Brennen in seiner Brust trifft auf den kalten Schauer, den diese Nachricht in ihm auslöst und treibt ihm die Übelkeit in den Magen, den Schwindel in den Kopf. Sein Mund ist erfüllt vom Geschmack seiner Galle, als die Gewalt der Realität über ihn hereinbricht und ihn komplett einnimmt und droht ihn zu ertränken.
 

Er möchte weinen, um seiner Verzweiflung und Trauer Ausdruck zu verleihen, um zu zeigen, wie ungerecht das alles ist, um dieses Gefühl aus sich zu vertreiben und sich mit den salzigen Tränen reinzuwaschen von allem, woran er allein die Schuld trägt. Doch mit dem Stechen in seinen leeren Augenhöhlen merkt er schließlich, dass selbst diese einfache, menschliche Reaktion ihm jetzt verwehrt ist, dass das Spiel ihm selbst noch das genommen hat. Er wird niemals um Yuno weinen können.
 

Plötzlich geht sein Atem schwer und rasselnd, seine Muskeln gehorchen ihm nicht mehr und er fällt mit dem Oberkörper nach vorn, krümmt sich unter der Last und dem Schmerz in seiner Brust zusammen und schreit sein Leid in die ihn umgebende Dunkelheit.
 

Eine Hand tastet über seinen Nacken und zitternde Fingerspitzen fahren durch sein Haar.
 

"Es tut mir so leid, Yukiteru. Sie hat das nicht verdient", wispert eine Stimme in sein rechtes Ohr und er erkennt sie als die von Akise, dessen warmen Atem er nun auf seiner zerschundenen Haut brennen spürt, "Ich weiß, ich habe sie nie so gemocht wie du, aber das hat sie nicht verdient."
 

Das Brennen scheint sich durch seine Haut zu fressen und ihn auszufüllen, bis er ein bebendes Keuchen ausstößt. Heftig schlägt er seinen Arm in die Richtung, aus der Akises Stimme gekommen war, trifft aber nichts als die stickige Luft. "Oh ja, du hast Recht, du kannest sie nicht!", donnert er los, als sich die Hitze in ihm zu einem Feuer entfacht - dem gleichen Feuer, das ihm das hier angetan hat, das Yuno umgebracht hat und ihn sein Augenlicht gekostet hat, "Ihr! Ihr kanntet sie niemals wie ich, keiner kennt sie so!" Er spürt, wie seine Hände sich in das dünne Laken verkrampfen und sein ganzer Körper erzittert. "Ich will nicht mehr! ICH WILL DAS NICHT MEHR! Geht weg, lasst mich hier, LASST MICH STERBEN!", brüllt er jetzt aus Leibeskräften dem leisen Geräusch von zurückweichenden Schritten entgegen, "Lasst mich, ich WILL NICHT MEHR! Lasst mich allein!"
 

Sein Körper wird von hefitgen Schluchzern durchzuckt und die ungeweinten Tränen beißen in sein verwundetes Fleisch. Alle Angst, Trauer und Wut steigt in ihm auf und legt sich als erstickender Druck in seinen Nacken, als wäre sein Schmerz etwas tatsächlich Greifbares, das ihn nun erdrosseln wollte. Yukiteru würde das nur begrüßen. Kraftlos und trocken wimmert er in seine Armbeuge, als Akise wieder die Stimme erhebt, diesmal von weiter entfernt: "Bitte... Wir können dich nicht hier lassen, das ist keine Lösung." Seine Stimme, die sonst so gefestigt und ruhig ist, scheint unsicher und hell zu sein. Yukiteru dreht sich von dem Klang weg und beißt die Zähne aufeinander, bis er sich zu einem hastigen Atemzug zwingen kann.
 

"Dann bringt mich doch um. Ich bin doch jetzt eh nur noch eine Last! Erschießt mich, erstecht mich, ist mir egal! Ich will nicht mehr." Der letzte Satz ist nur noch ein Hachen und sein Oberkörper sackt zur Seite, sodass seine geschundene Haut auf die Berührung hin vor Schmerzen zu singen scheint.
 

Einige Sekunden lang geschieht nichts und er hofft wirklich, dass jeder von ihnen darüber nachdenkt, ihm endlich Erlösung zu gewähren. Er hört Holz knarzen und Schuhe, die über den Boden auf ihn zu schlurfen. Gleich wird alles vorbei sein. Sie sehen es ein und bringen mich um. Neben ihm senkt sich die Matratze und er hört den flachen Atem einer Person. Gleich ist alles vorbei, bitte lass es gleich vorbei sein. Hände, weich und vorsichtig, streichen über seine Schultern und die sanfte Berührung erschreckt ihn mehr, als es der Knall eines Revolvers getan hätte. Für einen verzweifelten Augenblick hofft er noch, dass sie sich um seine Kehle schließen werden, doch dann presst sich ein Gesicht in sein Haar und an seiner Schläfe fließt ein warmer Tropfen hinab, der eine nasse Spur an seinem Ohr hinterlässt.
 

"Tut mir leid, Yukiteru, aber das können wir nicht. Das kann ich nicht."



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