Zum Inhalt der Seite

Lust'n'Needs

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Pain Equals Pleasure


 

Pain Equals Pleasure
 

 
 

 
 

Machte es nicht immer wieder Spaß, etwas Neues zu erlernen? Im Grunde hätte Jamie dieser Suggestivfrage zugestimmt, aber inzwischen zweifelte er mehr und mehr daran.

Wieso hatte er sich darauf eingelassen? Vielleicht, weil seine Bandkollegen so überzeugend betteln konnten, dass er es einfach nicht übers Herz gebracht hatte, ihnen ihren Wunsch abzuschlagen. Obwohl dieser ziemlich merkwürdig war, schließlich hatten die Jungs nicht einmal etwas davon, wenn sie Jamie diesen Mist beibrachten.

 

Den Sänger hatte sein gutes Gefühl bereits just in dem Moment verlassen, als er mit beiden Beinen auf dem Brett stand, der Wind ihm scharf ins Gesicht biss und sich vermehrt Haarsträhnen auf seiner Stirn verirrten. Hilflos fühlte er sich, auf die anderen angewiesen, die neben ihm herliefen, während Rikki seine Hüften in festem Griff hielt.

Das machte keinen Spaß, eindeutig nicht. Wenn der Bassist es tat, dann wirkte es stets so einfach, wie er mühelos über den Weg rollte, Kurven fuhr und sogar kleine Stunts vollführte. Doch Jamie musste einsehen, dass es ein wahres Kunststück darstellte, das Gleichgewicht auf so einem schmalen Brett mit Rollen zu halten. Die Jugendlichen, die ihnen entgegenkamen, sollten aufhören, so hämisch zu grinsen! Die hatten doch keine Ahnung, wie kompliziert es war, das Skateboardfahren zu erlernen.

 

"Breite die Arme aus, Jamie!", rief Cari ihm zu, während Rikki ihn noch immer Hilfestellung leistete. Er war so konzentriert darauf, das Zittern seiner Knie zu verbergen, dass er nur wie nebenbei mitbekam, dass der Schlagzeuger begann, das Titanic-Theme zu singen und Tim lachend einstimmte. Alles Idioten, dachte Jamie nur und ließ sich verbissen weiterschieben. Mittlerweile konnte er das Gefühl von Rikkis Händen an seinem Körper fast nicht mehr ertragen. Eigentlich hatte er kein Problem damit, wenn seine Jungs ihn im Scherz berührten, doch heute war es echt zu viel des Guten. Er kam sich mehr und mehr vor wie ein Kleinkind und beschloss, endlich den nächsten Schritt zu tun. Ganz egal, wie der enden würde.

 

"Lass mich los, ich kanns jetzt selber."

Rikki schien noch skeptisch zu sein, und Jamie stand kurz davor, ihn anzuherrschen, dass er endlich seine Griffel von ihm nehmen sollte. Vielleicht, so überlegte der Sänger, mochte der Kerl es sogar, an ihm rumzugrabschen. Das hörte sich absurd an, und genau deswegen verdrängte Jamie den Gedanken gleich wieder. Außerdem hatte er sich nun auf andere Dinge zu konzentrieren. Zum Beispiel darauf, nun ganz allein auf dem Brett durch die Weltgeschichte zu rollen.

"Fahr nicht zu schnell", warnte Rikki ihn noch, als er etwas zweifelnd die Hände von ihm genommen hatte. Doch da raste Jamie schon mit einem Affenzahn los. Endlich war er wieder frei, endlich musste er sich nicht mehr wie ein Baby fühlen, das an der Hand seines Papis gerade das Laufen lernte. Er stieß sich heftig mit einem Bein ab und schnellte über den Weg. Äste rissen an seinen Armen, verfingen sich in seinen Haaren, aber selbst das kümmerte ihn nicht. Er wollte es endlich können, und so setzte er verbissen seinen Weg fort.

Die anderen Jungs schauten ihm derweil recht missmutig nach.

"Ich glaub, der Kerl ist lebensmüde", kommentierte Cari das Geschehen und Rikki runzelte die Stirn.

"Der bricht sich alle Knochen, wenn der so weitermacht. Warum kann der nicht einmal auf mich hören?"

"Du bist nicht sein Vater", beruhigte Tim ihn jedoch und legte ihm die Hand auf die Schulter. "Jamie ist erwachsen, er muss selbst wissen, was er tut."

"Aber..."

Rikki gefiel die ganze Situation gar nicht. Nun war er es, der sich hilflos fühlte.

"Er ist doch unser bester Freund, und Freunde passen aufeinander auf."

Cari öffnete gerade den Mund, um etwas zu erwidern, doch da lenkte ein Rascheln und Scheppern die Aufmerksamkeit der Jungs auf sich. Sie erblickten das Skateboard, das gegen einen Baum krachte und dann hart auf den Fußweg zurückfiel. Von Jamie allerdings fehlte jede Spur.

Fluchend setzten sich die Jungs in Bewegung, stürzten förmlich zu der Unfallstelle, um ihren Sänger schließlich zu entdecken.

Er war in einen Busch gefallen, lag auf dem Bauch und rührte sich nicht mehr.

"Nein, bewegt ihn lieber nicht", verlangte Rikki panisch, als Tim sich zugleich neben den Verunglückten gekniet hatte und versuchte, ihn an den Beinen hervorzuziehen. "Vielleicht hat er sich was gebrochen."

"Aber wir können ihn doch nicht so liegen lassen!"

Tim war es ernst, und er ließ sich nicht davon abbringen, Jamie aus dem Strauch zu befreien und ihn schließlich auf den Weg zu legen. Entsetzt schauten die Jungs auf ihn hinab. Er hielt die Augen geschlossen und bewegte sich nicht mehr. Zudem war sein Gesicht mit kleineren und größeren Schrammen übersäht und an der Unterlippe sowie an der Stirn klebte Blut.

"Dieser Vollidiot!", stieß Cari aus. "Wenn der uns jetzt den Arsch hoch macht, dann...dann..."

"Ruft doch lieber mal den Krankenwagen, als hier zu stehen und zu glotzen!", meckerte Rikki, doch da schauten die anderen, die sich neben Jamie gekniet hatten, empört zu dem Bassisten hinauf.

"Du glotzt doch selber", verteidigte Tim sich, widmete seine Aufmerksamkeit allerdings wieder Jamie, fühlte kurz dessen Puls und warf dann Cari einen Blick zu.

"Du machst diese Herzmassage und ich Mund-zu-Mund-Beatmung", ordnete er an. "Rikki ruft den Krankenwagen."

Gerade wollte der Bassist zum Protest ansetzen, aber dann sah er, dass dieser wahrscheinlich zwecklos sein würde und wählte die Nummer des Notarztes. Dabei beäugte er misstrauisch das, was Cari und Tim nun mit ihrem Kumpel veranstalteten. Besonders Tims Tat stand er sehr kritisch gegenüber. Als der Gitarrist sacht Jamies Mund öffnete, dessen Nase zuhielt und dann seine Lippen auf die des anderen presste, zuckte seine Augenbraue empor und er hätte beinahe vergessen, auf die Frauenstimme am anderen Ende der Leitung zu reagieren.

 

Cari unterdessen hatte Jamies Oberkörper freigemacht und presste seine Hände auf die Stelle, an der er das Herz vermutete. Wo genau es sich befand, wusste der Schlagzeuger natürlich nicht, oder besser gesagt nicht mehr. Sein Erste-Hilfe-Kurs lag bereits einige Jahre zurück und wenn man sich in einer akuten Notsituation befand, dann konnte es schon einmal passieren, dass man mit einem Mal alles vergaß, was man gelernt hatte.

Tim hatte es da seiner Meinung nach leichter, und wenn die Lage nicht so ernst gewesen wäre, dann hätte Cari wahrscheinlich gelacht, denn es gab ein zu seltsames Bild, wie der Gitarrist ihren Sänger in gewisser Art und Weise küsste. Das Kurioseste an der ganzen Sache war jedoch, dass Tim es auch noch gern zu tun schien, so oft und ausgiebig er Jamie die Lippen aufdrückte.

"Nicht mit Zunge!", rief Cari ihm zu. "Das ist Nekrophilie!"

"Du bist ein mieses Arschloch!", schalt Rikki ihn zugleich und wahrscheinlich fühlte sich die Dame vom Notdienst angesprochen, denn der Bassist brauchte eine ganze Weile, um ihr begreiflich zu machen, dass nicht sie gemeint war.

Tim warf Cari einen strafenden Blick zu, wollte sich dann aber wieder Jamie widmen, doch gerade als sich ihre Münder erneut trafen, bewegte der Sänger sich und gab einen erstickten Laut von sich.

Erschrocken wich Tim zurück und schaute Jamie in die Augen, die ihn anklagend musterten.

"Was soll denn das?", wollte er mit noch ziemlich schwacher Stimme wissen. "Du versuchst nicht ernsthaft, mich wie Dornröschen mit einem Kuss aus dem Schlaf zu erwecken?"

Tims Wangen nahmen einen leichten Rotstich an und er wusste nicht, wie er sich herausreden sollte. Aber Jamie entzog ihm nun ohnehin seine Aufmerksamkeit, denn da war ja noch Cari, der an seinem bloßen Oberkörper herumfummelte.

 

"Da macht man einmal die Augen zu und wird schon begrabscht", meckerte er und rappelte sich auf. Rikki ließ zugleich das Handy sinken und glotzte Jamie an, als wäre er der Ötzi aus dem Eis, der plötzlich zum Leben erwacht war. Dafür, dass der Kerl gerade eben noch bewusstlos war, stand er letzten Endes allerdings ziemlich sicher auf seinen Beinen und spuckte weiterhin Gift und Galle in die Runde.

"Ich geh nach Hause", stellte er angefressen klar und stiefelte auch schon los. Das hinderte ihn allerdings nicht daran, noch eine ganze Weile über mit seinen Freunden zu schimpfen.

"Bei euch muss ich ja aufpassen, dass ihr mir nicht mit dem Skateboard hinten rein fahrt."

 

Ganz belämmert blieben die Jungs zurück und schauten ihm nach. Kein einziges Danke war über die Lippen des Sängers gekommen, nur abschätzige Worte. Das enttäuschte sie natürlich zutiefst und sie wollten sich schon vom Acker machen, als Jamie endgültig von der Bildfläche verschwunden war, doch da schlangen sich plötzlich grob zwei Arme um Rikki. Dieser war so überrascht, dass er nicht mal einen Ton herausbekam. Erst recht nicht, als er Jamies Stimme hinter sich vernahm.

"Aber ich bin schneller", ergänzte Jamie grinsend seine Worte von vorhin. "Ich werde das Skateboardfahren richtig lernen, und dann fahre ich euch hinten rein."

Keiner sagte etwas, Tim und Cari guckten nur wie die Kuh vor dem Scheunentor, deswegen war Jamie wieder am Zug.

"Und nun kommt gefälligst mit zu mir und spielt euer Doktorspielchen zu Ende. Hier ist nicht der richtige Ort dafür."

 

Verwirrung machte sich breit. Große Verwirrung. Doch schließlich hinterfragte keiner mehr Jamies seltsames Verhalten.

Wahrscheinlich hatte er bei dem Sturz einen Hirnschaden davongetragen. Aber das würde sich sicher wieder geben, wenn die Jungs erstmal seine Wunden leckten. Denn nicht nur sein Gesicht hatte ein paar Schrammen davongetragen. Auch woanders hatte er noch ein kleines Wehwechen, worauf man nur mal ein wenig blasen musste.

Hoffentlich hatten die Jungs in ihrem Erste-Hilfe-Kurs auch gelernt, wie man sich um solche Dinge kümmerte...



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (0)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.

Noch keine Kommentare



Zurück