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Bad Moon Rising

Seinem Bann kannst du dich nicht entziehen!
von

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Kapitel 5

Kapitel 5
 


 

Am nächsten Morgen wachten wir erst mittags wieder auf. Ich wusste nicht ob Mrs. Evans uns hat schlafen lassen oder ob sie diesmal keinen wecken konnte. Nachdem wir uns im Bad frisch gemacht hatten, gingen wir munter und wieder bei Kräften, jedoch mit knurrendem Magen hinunter in die Küche. Zu unserem Erstaunen saß nur Petunia da, die gerade einen Eintopf aß. Von Mr. oder Mrs. Evans war nichts zu sehen oder zu hören. „Morgen Tunia!“ „Es ist Mittag, falls dir das noch nicht aufgefallen ist“, blaffte Lilys ältere Schwester gleich zurück. Lily sagte nichts darauf und wagte es erst recht nicht.
 

Wir nahmen uns ebenfalls eine Schüssel von Mrs. Evans leckerem Eintopf und setzten uns dazu. Nach einer Weile versuchte Lily wieder ein Gespräch anzufangen, da die Stille doch recht unangenehm war. „Was hast du heut so vor Tunia?“ Von der plötzlichen Frage überrumpelt antwortete Petunia gleich mit einem nicht mehr so mürrischen bösen Ton. „Nichts weiter, aber heute Abend gehe ich mit Vernon Dursley aus.“ „Aha!“ Nach einem kurzen Moment schien sich Petunia aber wieder eingefangen zu haben, denn sie plapperte mitten in unserem Gespräch über die Zaubertrankprüfung rein. „Und Lily, was hast du vor? Sicher keine Verabredung! Wer will auch schon mit so etwas ausgehen? Bestenfalls einen von deiner Sippschaft. Aber selbst dieser Snape-Junge hat scheint genug von dir zu haben oder warum hat er sich schon seit Jahren nicht mehr blicken lassen? Hat er vielleicht eine and…“ „Wie kannst du so was sagen? Meine Sippschaft? Ich bin doch deine Schwester, schämst du dich so sehr für mich?“, schrie Lily verärgert während sie den Stuhl beim abrupten aufstehen umwarf. „Natürlich! Für einen Spinner, einem schwarzen Schaf, in der Familie muss man sich doch schämen“, rief Petunia, nun auch im stehen, nicht minder lauter als Lily. „Und warum hattest du damals Dumbledore in deinem Brief förmlich angebet…“ „Ich hab nicht gebettelt, du dumme Kuh.“ Es war nur eine frage von Sekunden bis Lily ihren Zauberstab herausgeholt hatte und ihn mit glänzenden Augen auf Petunia gerichtet hatte. „Sag das noch mal?“, sagte Lily gefährlich leise und Petunias Gesicht wurde immer bleicher.
 

Bevor ich aufstehen und Lily vor einem dummen Fehler bewahren konnte, senkte sie ihren Zauberstab mit zittriger Hand auch schon wieder. Noch einmal sah sie Petunia eindringlich in die Augen während nun schon die erste Träne hinunter kullerte. „Ich bin deine Schwester“, flüsterte sie mit bebenden Lippen, bevor sie in Windeseile die Treppe hinaufstieg, immer zwei Stufen auf einmal nehmend und sich in ihrem Zimmer einschloss. Schnell rannte ich ihr hinterher und mit einem Stoßgebet dankte ich Gott das ich meinen Zauberstab nicht in Lilys Zimmer gelassen hatte. „Alohomora!“, flüsterte ich während ich die Spitze des Stabs auf das Schloss richtete. Mit sofortiger Wirkung klickte es und ich konnte die Tür problemlos öffnen. Lily hatte sich auf ihr Bett geschmissen und weinte nun in ihr Kissen hinein. Hinter mir schloss ich wieder die Tür, setzte mich aufs Bett und legte eine Hand auf ihre Schulter. Plötzlich schmiss sie sich mir an den Hals und weinte nun noch mehr. Fest drückte ich sie an mich und schaukelte sie wie ein Kind hin und her. Mich selbst beruhigte das immer am besten und hoffte dass es auch bei ihr Wirkung zeigt. „Warum sind nur alle so? Jeder der mir sehr nahe steht, beginnt irgendwann so zu denken“, schniefte sie. „Das stimmt doch gar nicht. Ich denk nicht so. James, Sirius, Remus und Peter auch nicht.
 

Und deine Eltern auch nicht.“ „Aber es stimmt doch. Petunia hatte schon begonnen mich zu hassen, kurz bevor ich überhaupt das erste Mal in den Hogwarts-Express gestiegen war. Und Severus lies auch nur ein paar Jahre auf sich warten. Er gab sich mit seinen Todesserfreunden ab, nannte jeden der meine Herkunft hatte Schlammblut, am Ende sogar mich. Ich verstehe das nicht. Warum ist das so?“ Als sie Snape erwähnte gingen in mir alle Alarmglocken los. Das war die Chance herauszufinden was es mit ihrer Schwester und mit Snape genau auf sich hatte. Jetzt wo sie so schwach und hilflos war. Ich weiß dass das fies und gemein ist, aber das ist die einzige Möglichkeit, dass sie sich endlich ausspricht.
 

„Nun sieht doch nicht alles so schwarz, du bist doch sonst nicht so negativ. Erzähl mir doch mal wie das mit Petunia damals war. Du wirst sehen, das sie dich nicht gehasst hat und heute nicht unbedingt tun muss.“ Zu meinem großen Erstaunen nickte Lily mir ins T-Shirt, richtete sich auf, schnäuzte sich und begann tatsächlich zu erzählen.
 

-*Flashback*-

Er war auf Bahnsteig neundreiviertel. Snape stand leicht gebeugt, neben einer hageren, blässlichen, mürrisch dreinblickenden Frau, die ihm stark ähnelte. Snape starrte auf eine vierköpfige Familie nur wenig entfernt.
 

Die beiden Mädchen standen etwas abseits von ihren Eltern. Lily schien ihre Schwester anzuflehen;

„… es tut mir leid, Tunia, es tut mir leid! Hör zu –“ Sie ergriff die Hand ihrer Schwester und hielt sie fest, obwohl Petunia sie wegzuziehen versuchte. „Vielleicht kann ich, wenn ich erst mal da bin – nein, hör zu, Tunia! Vielleicht kann ich, wenn ich da bin, zu Professor Dumbledore gehen und ihn überreden, dass er es sich anders überlegt!“

„Ich will – nicht – dahin!“, sagte Petunia und zog ihre Hand aus dem Griff ihrer Schwester. „Meinst du, ich will in irgendein blödes Schloss und lernen, wie ich eine – eine –“

Ihre blassen Augen schweiften über den Bahnsteig, über die Katzen, die in den Armen ihrer Besitzer maunzten, über die Eulen, die in ihren Käfigen flatterten und sich gegenseitig ankreischten, über die Schülerinnen und Schüler, manche schon in ihren langen schwarzen Umhängen, die Schrankkoffer in den Zug mit der scharlachroten Dampflok luden oder sich mit freudigen Rufen begrüßten, nachdem sie sich einen Sommer lang nicht gesehen hatten.

„- meinst du, ich will ein – ein Spinner sein?“

Lilys Augen füllten sich mit Tränen, als es Petunia gelang, ihre Hand wegzureißen.

„Ich bin kein Spinner“, sagte Lily. „Es ist schrecklich, so was zu sagen.“

„Da gehst du doch hin“, sagte Petunia genüsslich. „In eine Sonderschule für Spinner. Du und dieser Snape-Junge … Verrückte, das seit ihr beide. Es ist gut, dass man euch von normalen Leuten trennt. Das ist zu unserer Sicherheit.“

Lily warf rasch einen Blick auf ihre Eltern, die sich auf dem Bahnsteig umsahen und sich offenbar von ganzem Herzen freuten und das Schauspiel genossen. Dann wandte sie sich wieder ihrer Schwester zu und sprach in leisem und grimmigem Ton.

„Als du dem Schulleiter geschrieben und gebettelt hast, dass er dich aufnimmt, hast du nicht gedacht, dass es so eine Spinnerschule ist.“

Petunia lief puterrot an.

„Gebettelt? Ich hab nicht gebettelt!“

„Ich hab seine Antwort gesehen. Sie war sehr nett.“

„Du hättest sie nicht lesen –“, flüsterte Petunia. „Das war nur für mich – wie konntest du -?“

Lily verriet sich durch einen verstohlenen Blick zu Snape hinüber, der in der Nähe leicht gebeugt, neben einer hageren, blässlichen, mürrisch dreinblickenden Frau, die ihm stark ähnelte, stand.

Petunia keuchte. „Dieser Junge hat ihn gefunden! Du und der Junge, ihr habt in meinem Zimmer rumgeschnüffelt!“

„Nein – nicht geschnüffelt –“ Nun war Lily in der Defensive. „Severus hat den Umschlag gesehen, und er konnte nicht glauben, dass ein Muggel nach Hogwarts geschrieben hat, das war alles! Er sagt, da müssen heimlich Zauberer bei der Post arbeiten, damit die Briefe …“

„Offenbar stecken Zauberer ihre Nasen überall rein!“, sagte Petunia, nun so heftig erbleicht, wie sie vorher errötet war. „Spinner!“, fauchte sie ihre Schwester an und stürzte davon zu ihren Eltern …

(HP7, S. 676-678)

-*Flashback End*-
 

Für kurze Zeit blieb es sehr still im Zimmer. Ich musste das Erzählte einen Augenblick in Gedanken Revue passieren lassen. Es musste für Lily sehr hart sein gleichzeitig so etwas schönes und auch schlimmes durchzumachen. Doch so wie ich es aufgefasst habe, war Petunia nur neidisch.
 

„Siehst du? Sie hasst dich doch nicht.“ „Natürlich, das sagst du doch jetzt nur so.“ „Nein, ich meine denk doch mal nach. Du darfst es nicht aus der damaligen Sicht eines Kindes sehen, sonst fühlst du den Schmerz zu sehr. Sie hatte doch Dumbledore darum gebeten sie aufzunehmen. Wenn sie Zauberer doch für Spinner hält warum sollte sie dann Dumbledore schreiben? Begreifst du was ich meine? Sie wollte auch hin, sie war sauer und neidisch, darüber das sie nicht hin konnte. Wie würdest du dich an ihrer Stelle denn fühlen, wenn sie plötzlich zu einer Schule für Zauberer und Hexen hingehen könnte, in einer Welt die du nie sehen und ihre Freunde nie kennen lernen könntest?“ Plötzlich hellte sich Lilys Miene wieder ein wenig auf. „Stimmt, du hast Recht. Aber sie hätte doch was sagen können. Und sie hätte doch auch meine Schulbücher lesen können, damit sie wenigstens etwas hat. Und sie hätte auch jedes Mal in den Sommerferien mit in die Winkelgasse gehen können.“ Lily hatte Recht, weshalb ich wieder einen Moment nachdenken musste. „Wie fing das ganze denn an? Ich meine als du erfahren hast das du eine Hexe bist?“ „Na wie wohl? Es kam jemand von der Schule mit dem Hogwartsbrief und erklärte die ganze Angelegenheit.“ Für einen Moment musste ich stutzen. „Ja aber, du hattest doch mal erzählt, dass du schon vorher bescheid über alles gewusst hattest. Wie konnte das sein?“ „Na Severus hatte …“ Nun hatte ich angst, das sie doch noch abblocken würde. Das durfte ich nicht zulassen, ich musste sie weiter drängen, bevor sie ganz zu macht. „Nun erzähl schon, wie war das mit Petunia und so? Vielleicht verstehen sie dann besser.“ Das gab Lily den Rest und sie erzählte, wenn auch zum Ende hin etwas stockend, wobei ich genau wusste an was das lag.
 

-*Flashback*-

Es war ein warmer Tag auf einem beinahe leeren Spielplatz. Ein einzelner riesiger Kamin ragte am fernen Horizont empor. Zwei Mädchen schwangen auf Schaukeln vor und zurück, und ein magerer Junge, der hinter einer Gruppe von Sträuchern stand, beobachtete sie. Sein schwarzes Haar war überlang, und seine Kleider passten so wenig zusammen, dass es wie absichtlich aussah: zu kurze Jeans, ein abgetragener, zu großer Mantel, der vielleicht einem Erwachsenen gehörte, ein merkwürdiges, kittelartiges Hemd.

Snape wirkte nicht älter als neun oder zehn Jahre, blässlich, klein, zäh. Unverhohlene Gier stand in seinem schmalen Gesicht, als er zusah, wie das jüngere der beiden Mädchen immer höher schwang, höher als seine Schwester.

„Lily, nein, mach das nicht!“, kreischte die Ältere der beiden. Aber das Mädchen hatte die Schaukel genau am höchsten Punkt des Bogens losgelassen und war in der Luft geflogen, im wahrsten Sinne geflogen, hatte sich lauthals schreiend vor Lachen in die Luft schleudern lassen, und statt auf dem Asphalt des Spielplatzes aufzuschlagen, rauschte sie wie eine Trapezkünstlerin durch die Luft, blieb viel zu lange oben und landete viel zu leichtfüßig.

„Mummy hat dir gesagt, dass du das nicht tun sollst!“ Petunia hielt ihre Schaukel an, indem sie mit den Absätzen ihrer Sandalen über den Boden schlitterte, was ein knirschendes, schleifendes Geräusch verursachte, dann sprang sie auf und stemmte die Hände in die Hüften. „Mummy hat dir gesagt, dass du das nicht darfst, Lily!“

„Aber mir geht’s gut“, sagte Lily, immer noch kichernd. „Guck mal, Tunia. Schau, was ich machen kann.“ Petunia sah sich um. Der Spielplatz war menschenleer, nur sie waren da, und Snape, was die Mädchen aber nicht wussten. Lily hatte eine herabgefallene Blüte von dem Strauch aufgehoben, hinter dem Snape sich versteckt hielt. Petunia kam näher, offenbar hin- und hergerissen zwischen Neugier und Missbilligung. Lily wartete, bis Petunia nahe genug war, um gut sehen zu können, dann streckte sie die offene Handfläche aus. Da lag die Blüte und öffnete und schloss ihre Blätter wie eine seltsame, viellippige Auster.

„Hör auf damit!“, kreischte Petunia.

„Die tut dir doch nichts“, sagte Lily, schloss aber die Hand über der Blüte und warf sie wieder zu Boden. „Das macht man nicht“, sagte Petunia, doch ihr Blick war der hinabfliegenden Blüte gefolgt und blieb auf ihr ruhen. „Wie kriegst du das hin?“, fügte sie hinzu und in ihrer Stimme lag eindeutiges Verlangen.

„Ist doch klar, oder?“ Snape hatte sich nicht mehr länger zurückhalten können und war hinter den Sträuchern hervorgesprungen. Petunia kreischte und lief rückwärts in Richtung der Schaukeln, doch Lily blieb stehen, wenn auch offensichtlich verdutzt. Snape schien es zu bereuen, dass er sich gezeigt hatte. Ein mattes Rot kroch über seine fahlen Wangen, während er Lily ansah.

„Was ist klar?“, fragte Lily.

Snape wirkte leicht nervös und aufgeregt. Er warf einen Blick auf die ferne Petunia, die sich nun abwartend bei den Schaukeln herumdrückte, senkte die Stimme und sagte: “Ich weiß, was du bist.“ „Was meinst du?“

„Du bist … du bist eine Hexe“, flüsterte Snape.

Sie sah beleidigt aus. „Es ist nicht besonders nett, wenn man jemanden das sagt!“ Sie wandte sich ab, die Nase in die Luft gereckt, und marschierte davon zu ihrer Schwester.

„Nein!“, sagte Snape. Er war puterrot. Die Schwestern hielten sich an einer Stange der Schaukel fest, als könnten sie hier wie beim Fangenspielen nicht abgeklatscht werden, und musterten ihn, einig in ihrer Ablehnung.

„Du bist eine“, sagte Snape zu Lily. „Du bist eine Hexe. Ich hab dir schon eine Weile zugeschaut. Aber das ist nichts Schlimmes. Meine Mum ist auch eine und ich bin ein Zauberer.“

Petunias Lachen war wie kaltes Wasser. “Zauberer!“, kreischte sie mit frischem Mut, nun, da sie sich von dem Schreck erholt hatte, den ihr sein unerwartetes Auftauchen eingejagt hatte. „Ich weiß, was du bist. Du bist dieser Junge von den Snapes. Die wohnen am Fluss unten in Spinner’s End“, erklärte sie Lily, und aus ihrem Ton war deutlich herauszuhören, dass sie diese Adresse für eine schlechte Empfehlung hielt. „Warum hast du uns nachspioniert?“

„Ich hab nicht spioniert“, sagte Snape, erhitzt und verlegen, mit seinen schmutzigen Haaren im hellen Sonnenlicht. „Dir würd ich sowieso nicht nachspionieren“, fügte er gehässig hinzu, „du bist ein Muggel.“

Obwohl Petunia das Wort offensichtlich nicht verstand, konnte sie den Tonfall kaum falsch deuten.

„Lily, komm, wir gehen!“, sagte sie schrill. Lily gehorchte ihrer Schwester sofort und funkelte Snape im Davongehen böse an. Da stand er und sah ihnen nach, wie sie durch das Tor des Spielplatzes marschierten …

(HP7, S. 671-673)

-*Flashback End*-
 

Wieder begann eine unheimliche Stille im Zimmer. Auch wenn ich gerade fast nur auf Snape in dieser Erzählung fixiert war, da das ganze mit ihm weitaus interessanter war, bildete sich allmählich ein richtiges Bild über Petunias Auffassung von der Sache damals. Lily war anzusehen, dass sie nicht gern davon erzählte und dass sie das auch nicht mehr lange mitmachte. Und wie ging es in den nächsten zwei drei Jahren mit Petunia weiter? Langsam bekomme ich ein Bild von dem Ganzen.“ Und nicht ganz so langsam bekam ich ein schlechtes Gewissen, weil ich Lily so quälte nur um meine Neugier zu befriedigen, aber ihr sollte es auch besser ergehen, wenn sie sich erstmal von der Seele geredet hatte. Ich war mir fast sicher, dass wir mit Petunia eine Lösung finden würden. Nach einer Weile holte Lily noch einmal tief Luft bevor sie zu erzählen begann. Meine Überzeugung schien sie anzustecken. Zum Glück.
 

-*Flashback*-

Zwischen einem kleinen Dickicht von Bäumen hindurch konnte man einen Fluss in der Sonne glitzern sehen. Die Schatten der Bäume bildeten eine kühle grüne Mulde. Zwei Kinder saßen am Boden einander gegenüber, die Beine über Kreuz.

„… und das Ministerium kann dich bestrafen, wenn du außerhalb der Schule zauberst, denn kriegst du Briefe.“

„Aber ich habe außerhalb der Schule gezaubert!“

„Bei uns ist das nicht schlimm. Wir haben noch keine Zauberstäbe. Die lassen es durchgehen, wenn du noch ein Kind bist und nichts dafür kannst. Aber sobald du elf bist“, er nickte wichtigtuerisch, „und die anfangen, dich auszubilden, musst du vorsichtig sein.“

Eine kurze Stille trat ein. Lily hatte einen herabgefallenen Zweig aufgehoben und wirbelte ihn durch die Luft, und stellte sich vor, er würde einen Funkenschweif hinter sich herziehen. Dann lies sie den Zweig fallen, beugte sich zu dem Jungen vor und sagte: „Es ist wirklich wahr, oder? Es ist kein Scherz? Petunia sagt, dass du mich anlügst. Petunia sagt, dass es gar kein Hogwarts gibt. Es ist wirklich wahr, oder?“

„Es ist wahr für uns“, sagte Snape. „Für sie nicht. Aber wir werden den Brief bekommen, du und ich.“

„Wirklich?“, flüsterte Lily.

„Ganz bestimmt“, sagte Snape, und selbst mit seinen schlecht geschnittenen Haaren und seinen komischen Kleidern gab er eine merkwürdig eindrucksvolle Figur ab, wie er da vor ihr hingelümmelt saß, strotzend vor Zuversicht, was seinen künftigen Lebensweg betraf.

„Und bringt ihn wirklich eine Eule?“, flüsterte Lily.

„Normalerweise schon“, sagte Snape. „Aber du stammst von Muggeln ab, da muss jemand von der Schule kommen und es deinen Eltern erklären.“

„Macht es einen Unterschied, wenn man von Muggeln abstammt?“

Snape zögerte. Seine schwarzen Augen blickten ungeduldig durch das grünliche Dämmerlicht, wanderten über das blasse Gesicht, das dunkelrote Haar.

„Nein“, sagte er. „Es macht keinen Unterschied.“

„Gut“, sagte Lily erleichtert: Es war offensichtlich, dass sie sich Sorgen gemacht hatte.

„Du hast ganz viel Magie“, sagte Snape. „Das habe ich gesehen. Die ganze Zeit, als ich dich beobachtet habe …“

Seine Stimme verlor sich; sie hörte ihm nicht zu, sondern hatte sich auf dem laubbedeckten Boden ausgestreckt und blickte hoch zu dem Blätterdach über ihr.

„Wie steht es bei dir zu Hause?“, fragte Lily.

Eine kleine Falte bildete sich zwischen seinen Augen.

„Gut“, sagte er.

„Sie streiten nicht mehr?“

„O doch, sie streiten“, sagte Snape. Er hob eine Faust voll Blätter auf und begann sie zu zerreißen, offenbar ganz in Gedanken verloren. „Aber es wird nicht mehr allzu lange dauern, dann bin ich weg.“

„Mag dein Dad denn keine Zauberei?“

„Er mag nichts besonders gern“, sagte Snape.

„Severus?“

Ein leises Lächeln zuckte um Snapes Mund, als sie seinen Namen sagte.

„Jaah?“

„Erzähl mir noch mal von den Dementoren.“

„Weshalb willst du was über die wissen?“

„Wenn ich außerhalb der Schule Zauber benutze …“

„Dafür jagen sie dir keine Dementoren auf den Hals! Dementoren sind für Leute, die richtig böse Sachen machen. Sie bewachen das Zauberergefängnis, Askaban. Du wirst nicht in Askaban landen, du bist zu …“

Er lief wieder rot an und zerfetzte noch mehr Blätter. Dann hörten sie ein leises Rascheln hinter sich und er drehte sich um: Petunia, die sich hinter einem Baum versteckt hatte, hatte den Halt verloren.

„Tunia!“, sagte Lily in überraschtem und freundlichem Ton, aber Snape war aufgesprungen.

„Wer spioniert da jetzt?“, rief er. „Was willst du?“

Petunia war außer Atem, bestürzt, weil sie erwischt worden war. Man sah ihr an, dass sie angestrengt nach etwas Verletzendem suchte, das sie sagen konnte.

„Was hast du da eigentlich an?“, sagte sie und deutete auf Snapes Brust. „Die Bluse von deiner Mum?“

Es gab einen Knall: Ein Ast über Petunias Kopf fiel herunter. Lily schrie: Der Ast traf Petunia an der Schulter, und sie stolperte rückwärts und brach in Tränen aus.

„Tunia!“

Aber Petunia rannte davon. Lily fiel über Snape her.

„Hast du das passieren lassen?“

„Nein.“ Er blickte trotzig und erschrocken zugleich.

„Doch, das hast du!“ Sie wich von ihm zurück. „Das hast du. Du hast ihr wehgetan!“

„Nein – nein, hab ich nicht!“

Aber die Lüge überzeugte Lily nicht: Nach einem letzten flammenden Blick rannte sie aus dem kleinen Dickicht, ihrer Schwester hinterher …

(HP7, S. 673-676)

-*Flashback End*-
 

Wieder entstand eine spannungsgeladene Stille. Es war sehr interessant was Lily erzählte, am liebsten hätte ich sie komplett ausgequetscht. Aber ich wusste dass das nicht ginge und dass ich das auch nie hinkriegen würde. Ich ging in Gedanken noch mal alle Szenen mit Petunia und ihren Reaktionen durch. Und als ich glaubte ein Bild vor meinen inneren Augen sehen zu können, platze es auch gleich aus mir heraus.
 

„Also, ich glaub ich weiß was los ist, auch wenn ich keine Psychiaterin bin.“ Mit neugierigen großen tränennassen Augen sah mich Lily auffordernd an. „Du musst dir das so vorstellen: Du bist die große Schwester, wirst von deine kleineren Schwester natürlich respektiert und dienst zudem auch noch als Vorbild. Sagen wir mal, alles hört auf dein Kommando. Und plötzlich taucht da dieser Junge auf, behauptet Zauberer zu sein und zieht damit Lily in seinen Bann in dem er sagt sie wäre eine Hexe. Während er dich allerdings links liegen lässt und als Nicht-Magierin abtut. Und du weißt doch wie Muggelkinder in diesem Alter sind; jeder will eine Hexe, ein Zauber, Feuerwehrmann oder Astronaut sein. Stell dir vor du würdest dann erfahren das es tatsächlich stimmt, du aber diese tolle magische Welt nie wirklich betreten, ansehen, geschweige denn dort leben kannst. Verstehst du was ich meine?

Alles steht auf einmal Kopf: Deine kleine Schwester hat plötzlich einen interessanteren Spielkameraden, du bist nur noch die langweilige Nicht-Magierin. Und als deine Eltern davon in Kenntnis gesetzt wurden, waren sie total stolz auf ihre kleine Hexe. Freudig gaben sie plötzlich jede menge Geld für Schulsachen, Bücher und einen echten Zauberstab aus. Und bei der ganzen Sache bekommst du natürlich nicht die geringste Aufmerksamkeit. Natürlich willst du auch eine Hexe sein und bettelst regelrecht bei dem Schulleiter, doch geht es nicht. Wie würdest du dich fühlen oder auf das ganze reagieren?“

Als ich mit meiner Rede endete, sah mich Lily, die ihre Augen nicht von meinen Lippen gelassen hatte, nur noch starr an.
 

„Ich würde mich genauso schrecklich bei der Sache fühlen, wie es Petunia offensichtlich getan hat. Wie dumm ich doch war. Ich war immer der Meinung gewesen, das sie sich für mich freuen müsste. Ich bin eine schreckliche Schwester, kein Wunder das sie mich hasst.“ „Nein, ich denke das tut sie nicht. Vielleicht will sie nur ein Teil in deiner Welt sein.“ Tränenüberströmt sah Lily mich an, doch diesmal waren es Freudentränen, da war ich mir sicher, denn nun verstand sie was genau hier mit Petunia falsch läuft. Wie vom Blitz getroffen stand sie auf, rannte aus dem Zimmer in den Flur auf die gegenüberliegende Tür zu und klopfte energisch dagegen. „Tunia, bist du da? Ich muss mit dir reden?“ „Verzieh dich! Ich will meine Ruhe, vor allem von dir“, schrie eine wütende Stimme durch die Tür. Mit trauriger Miene kam Lily zurück, doch lag kurz ein Lächeln in ihrem Gesicht. „Sie ist bestimmt noch sauer von vorhin. Ich werde es ein andermal versuchen.“ „Tu das!“, munterte ich sie auf, sah kurz auf die Uhr und sprang ebenfalls auf, „oje, so spät ist es schon? Tut mir leid Lily, aber ich muss nach Hause. Meine Eltern kommen doch heute. Vielleicht sind sie schon da.“ Lily stimmte mir zu, rieb sich über die Augen und suchte ihren Vater, der glücklicherweise im Wohnzimmer saß und nicht fort war.

Ich verabschiedete mich schnell noch von Mrs. Evans, Petunia lies ich mit Absicht aus, da ich keine Lust verspürte mit einer Tür zu reden, und schon saßen Lily, ihr Vater und ich im Auto und fuhren eine Straße weiter zu mir nach Hause.
 

Fortsetzung folgt …
 


 

A/N: Das war doch mal ein langes Ding, oder? Die Flashbacks sind original aus dem siebten Band, wie ich schon jeweils darunter geschrieben habe.

Die, die es schon gelesen haben, werden es ja gemerkt haben.



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