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Wenn der Hunger mich quält

Tanz der Vampire, fast so wie man es kennt
von

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Eingesperrt

Sarah warf sich auf ihr Bett. Sie war frustriert. Ihre Eltern hatten Wort gehalten. Diese Nacht war die zehnte in Folge, in der sie das unüberhörbare Klacken des Schlüssels im rostigen Schloss ihrer Tür gehört hatte. Eingesperrt! Sie war tatsächlich eingesperrt!

Sie musste sich beherrschen, um nicht vor Wut ihr Kissen zu zerreißen. Sie war schließlich kein kleines Kind mehr! Andere Mädchen in ihrem Alter waren bereits verheiratet und hatten eigene Kinder und sie war hier eingesperrt, in ihrem Zimmer.
 

Durch den Dielenboden konnte sie den Lärm aus der Gaststube dröhnen hören. Es war schließlich erst sieben Uhr abends. Früh genug also, um selbst den ängstlichsten Dorfbewohner noch auf einen Krug Bier oder einen Teller Eintopf anzulocken.
 

Sarah stand auf und trat an ihr Fenster, um sich noch an den letzten Strahlen der untergehenden Sonne zu erfreuen. Es war ein warmer Tag gewesen, viel zu heiß für den Frühling. Draußen wäre es jetzt sicher herrlich kühl. Wenn sie nicht eingesperrt wäre, würde sie später zu ihrem Lieblingsplatz schleichen und dort die Kühle der Nacht genießen.
 

Seit sie denken konnte, hatte sie die Nacht immer geliebt. Sie war ihr lieber als der Tag mit all seinen hektischen Aktivitäten. Sie mochte das Gefühl, ganz für sich zu sein.

Die Warnungen ihrer Eltern hatte sie nie ernst genommen. Nicht, weil sie dumm und unfolgsam war, sondern weil sie tief in ihrem Inneren spürte, dass sie vor der Nacht nichts zu befürchten hatte. Es war ihr immer so gewesen, als würde sie willkommen geheißen, wenn sie alleine auf ihre Lichtung trat. So als würde die Dunkelheit sie sanft umarmen und sie an Dingen teilhaben lassen, die sie in der Enge ihres Zimmers niemals erfahren würde.
 

Ein Gröhlen auf dem Hof vor der Wirtsstube brachte sie wieder auf den Boden der Tatsachen zurück. Es war nun deutlich finsterer geworden und die letzten Gäste traten den Heimzug an. Im Raum unter ihr war es nun ruhig.

Sie öffnete ihr Fenster, die Nachtluft wehte ihr um die Nase. Sehnsuchtsvoll beugte sie sich nach draußen um sie einatmen zu können.
 

+++
 

Der Graf saß in seinem Arbeitszimmer und studierte ein Buch. Zumindest erweckte es den Anschein, als würde er es studieren. Er hatte sich leicht über die Seiten gebeugt und versuchte, sich auf die Worte zu konzentrieren. Dass er dabei denselben Absatz bereits das dritte Mal las, fiel ihm nicht auf. In Wirklichkeit war er in Gedanken bei dem rothaarigen Mädchen von der Lichtung.
 

Er hatte sie vor Jahren das erste Mal gesehen. Sie war bei dem kleinen Teich hinter dem Haus ihrer Eltern gestanden und hatte die Wasserfläche mit einer langen Rute zum Kräuseln gebracht. Sie konnte nicht älter als fünf Jahre alt gewesen sein. Viel zu jung eigentlich, um unbeaufsichtigt so nahe am Wasser spielen zu dürfen. Dazu war es auch viel zu spät am Abend. Die Nachtluft verwirrte ihre unordentlichen Kinderlocken und sie sang ein nichtssagendes kleines Liedchen vor sich hin. Sie war ganz in ihr Spiel versunken.
 

Graf von Krolock beobachtete sie. Er wunderte sich, dass ihre Eltern das Kind nachts alleine ließen, schließlich wimmelte es in den Wäldern um das Dorf nur so von… Kreaturen.

Auf einmal nahm das Kind einen unbedachten Schritt in Richtung Wasser. Ungeschickt glitt es ab und wäre um ein Haar in den Teich gefallen, wenn der Graf es nicht im letzten Moment am Kragen gepackt und zurückgerissen hätte.
 

Er verfluchte sich im selben Moment für seine törichte Geste. Was kümmerte es ihn, wenn ein Menschenkind ertank? Ging es ihn etwa etwas an? Kinder gab es schließlich genug…

Er ließ das Kind los, zerrte es einige Meter vom Wasser weg und starrte es böse an.

Manch Erwachsener wäre alleine durch diesen Blick vor Angst erstarrt und zu keiner Bewegung mehr fähig gewesen. Sarah jedoch sah ihn nur neugierig an und musterte sein Gesicht.
 

Als sie ihn schließlich angelächelt hatte, voller Unschuld und Vertrauen, hatte er es nicht mehr ausgehalten und war geflohen. Aus Abscheu, wie er sich damals selbst einredete.

Im Gehen hatte er dann aber noch an die Fensterscheiben des Hauses gepocht, in der Hoffnung die Eltern nach draußen zu ihrem Kind zu locken.
 

„SARAH!!!!“

Dies war das erste Mal gewesen, dass er die Mutter des Mädchens hatte schreien hören.
 

+++
 

Es musste gegen Mitternacht sein, als der Graf auf der Lichtung ankam. Er ärgerte sich über sich selbst als er bemerkte, wohin ihn seine Schritte trugen. Was wollte er dort eigentlich! Das Dorf war weder besonders schön noch besonders nahe – sicher kein Ort, den man innerhalb von zwei Wochen schon das zweite Mal aufsuchen musste.
 

Dass die Lichtung leer war ärgerte ihn mehr, als er sich zugestehen wollte.
 

+++
 

Sarah stand noch lange Zeit am offenen Fenster und starrte in die Nacht. Gegen Mitternacht schlug sie wütend die Rahmen zu und legte sich ins Bett. Sie wusste ganz genau, dass sie so keinen Schlaf finden würde…
 

+++



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