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C'era una volta...

Oder ein Schal auf Schatzsuche
von

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Wahre Männer weinen nicht bei einem Kratzer!

Man hätte es nicht für möglich halten sollen, aber ich beherrschte mich. Ich stand still an meinem Mast und wartete so geduldig wie möglich darauf, dass Scarf mich los band und das schmerzende Pochen meiner Nase nachließ. Ich schwieg, massierte mir die unterdurchbluteten Handgelenke und bot alle Willenskraft auf mich nicht auf Scarf zu werfen.

Ich hatte dem elenden Mistkerl nicht verziehen, dass er mich für ein paar Seekarten verschachert hatte und ich hatte es auch nicht vor. Aber es gab dennoch ein paar Ungereimtheiten, die mich stutzig machten.

„Du scheinst ein paar Fragen zu haben...?“ Scarf wickelte das Seil betont bedächtig auf und warf mir immer wieder angespannte Blicke zu. Er erwartete wohl einen erneuten Ausfall meinerseits, aber den Gefallen wollte ich ihm nicht machen. Der Geschmack der Neunschwänzigen lag noch zu gut auf meinem Rücken.

„Ja... Durchaus.“

Er räuspert sich und blinzelt vage über das Deck. Sein eines Auge war noch immer geschwollen und er schaute insgesamt sehr mitgenommen aus. Soviel Dresche wie ich ihm in den letzten zwei Tagen verpasst hatte, hatte er wohl noch nie zu spüren bekommen. Das machte ihn vorsichtiger, aber nicht weniger nervig.

„Also, du willst sicher wissen, warum ich dich gegen die Seekarten eingetauscht habe?“

„Nein.“

„Pass auf, das ist an sich vollkommen logisch. Seekarten sind für die Navigation unglaublich wichtig und nur wer gute Seekarten hat, hat überhaupt eine winzige Überlebenschance in den unendlichen Weiten des Meeres. Daher hütet jeder Captain seine Karten besser als irgendwelche belanglosen Schätze aus Gold, Silber und Edelsteinen. Und wie hätte ich sonst in den Besitz davon kommen sollen? Der Morgados ist ein bekannter Pirat und da er noch lebt, ist das ein Beweis für die Qualität seiner Seekarten. Anders hätte ich nicht rankommen können, denn selbst wenn ich ....“

„Das ist mir vollkommen egal“, unterbrach ich unwirsch Scarfs wirres Geschwafel und brachte etwas Abstand zwischen uns. Nach einem prüfenden Tritt gegen die Reling und der Überzeugung, dass sie meinem Gewicht standhalten würde, lehnte ich mich dagegen und maß den selbsternannten Captain mit scharfem Blick. „Mich interessiert viel eher wer der Teufelskerl war, der mich da von dem Schiff befreit und die Mannschaft ausradiert hat.“

Scarf blinzelte mich ehrlich überrascht an.

„Wovon redest du?“ Er legte die Stirn in Falten und hängte das Seil an einen Haken.

„Da war doch so ein Kerl, ne Ecke größer als ich, recht schlank gebaut, der hat die ganzen Männer nebst Captain gemeuchelt, mich befreit und wieder hergebracht, verdammt!“

„Ich hab nicht den leisesten Schimmer, wovon du redest.“ Anstatt seines üblichen Grinsens lag nun ein wirklich verwirrter Ausdruck auf seinem Gesicht und ich begann an meinem Verstand zu zweifeln.

„Aber wie bin ich denn bitte hierher gekommen?“ Ich sah mich um, es war keine Landmarke weit und breit zu sehen und die Sonne stand noch nicht allzu hoch am Himmel. Wir waren also schon eine gute Weile unterwegs, was durchaus deckungsgleich mit meinen Einschätzungen von dem Geschehen her sein konnte.

„Als ich heute morgen aufgewacht bin, lagst du in meinem Bett.“ Für den Schwachsinnigen schien dies das Natürlichste der Welt zu sein.

„Und du hast dich nicht gefragt, wie ich da hingekommen bin???“ Ich schnaubte ungläubig.

Er zuckte jedoch nur vage die Schultern, erstarrte mit schmerzverzerrtem Gesicht und presste zwischen dünnen Lippen hervor: „Nun, ich ging davon aus, dass du getürmt seiest.“

„Und ich hatte nichts besseres zu tun als zu dem Pisser zurückzukehren, der mich an einen elenden Schinder übelster Sorte vertickt hat?“ Die Ironie troff aus meinen Worten und Scarf wand sich unbehaglich.

„Jetzt wo du es sagst, ist das Ganze tatsächlich etwas mysteriös.“

„Du willst mir also sagen, dass der Typ, wer immer er auch war, nicht Bestandteil dieser Mannschaft ist?“

Er hatte die Ruhe seinen Blick über die Mannschaft schweifen zu lassen, gerade so, als würde er bei jedem einzelnen der Krüppel abwägen, ob er der Erretter aus meiner Schilderung sein konnte.

„Hmm... Also ich wüsste jetzt auf Anhieb keinen...“ Entschuldigend schüttele der Verräter vorsichtig den Kopf und blinzelte mich an.

„Na, du warst es höchstwahrscheinlich auch nicht!“, schnaubte ich nur noch entnervt, aber da tauchte das senile Grinsen schon wieder in seiner vermackten Fresse auf.

„Wenn ich es gewesen wäre, würdest du mich dann toll finden?“

Ich trat nach ihm; so viel zu meiner Selbstbeherrschung!

„Du weißt doch bestimmt nicht einmal, an welchem Ende man einen Säbel anpackt! Du verfluchter Saftsack!“ Um ihm nicht abermals zu verletzen, blieb ich auf Abstand und beschränkte mich darauf ihn zornig anzufunkeln. Zu meiner Verblüffung begann der Wahnsinnige zu kichern.

„Doch, doch, das weiß ich tatsächlich. Ehrlich gesagt kann ich sogar recht gut fechten.“

„Fechten...?“ Meine Augenbrauen wanderten zweifelnd empor, doch ihm war nicht der Wind aus den Segeln zu nehmen.

„Ja, exakt. Ich habe es über viele Jahre erlernt und nahezu perfektioniert. Und unten in meiner Kajüte ist auch mein Degen verborgen.“

Ich schüttelte den Kopf und spürte eine beinahe körperlich schmerzliche Verzweiflung.

„Scarf...“

„Captain Scarf, wenn ich bitten darf, erster Maat.“

„Geh sterben, verflucht!“ Mein Ton wurde schon lauter und ich war kurz davor die Fassung zu verlieren. „Du kannst mit deinem schwuchteligen Degen nichts gegen ein Entermesser ausrichten, du grottige Landratte. Und was bist du eigentlich, dass du Unterricht im Degenkampf bekommen hast?“

Er überging absichtlich meine Frage und zwinkerte mir zu.

„Willst du es ausprobieren?“

Das ließ ich mir nicht zweimal sagen.
 

Die Sonne war bereits ein Stück höher gestiegen und die Spiegelung stach etwas in den Augen. Aber das war natürlich kein Umstand über den ein wahrer Pirat sich mokieren würde. Abgesehen davon war ich solche erschwerten Situation ganz im Gegensatz zu dem Landgänger Scarf gewöhnt, der nicht nur immer noch mit dem Wellengang und dem Unwohlsein zu kämpfen hatte, sondern auch äußerst skeptisch vom Bordsarzt beäugt wurde.

Um die Sache noch unerklärlicher zu machen, hatte ich heute beim Aufwachen in der Capitainskajüte auch mein Entermesser und meine Dolche vorgefunden, die mir der Morgados ja hatte abnehmen lassen. Anstatt Antworten auf meine tausend Fragen zu bekommen, hatten sich noch einige mehr dazu gesellt. Und es bestand wohl erst einmal keine Aussicht darauf, dass es in näherer Zeit weniger werden würden. Das nervte mich und ich sehnte mich danach ein wenig von meiner Aggression abbauen zu können. Dankenswerterweise hatte mir Scarf eine wundervolle Möglichkeit gegeben.

Da mir der selbsternannte Captain nur mit einem Degen in der Hand gegenüber stand, beschränkte ich mich auf mein vergleichsweise klobiges Entermesser, welches mir schon treue Dienste erwiesen hatte. Ich war sehr zuversichtlich Scarf, mit voller Erlaubnis und ohne Konsequenzen aus den Reihen der Mannschaft befürchten zu müssen, so richtig eine Abreibung verpassen zu können. Schließlich war ich geübt darin mit meinen Brüdern kleine Übungskämpfe auszutragen und so auf langen ereignislosen Fahrten nicht aus der Routine zu kommen.

Um uns herum hatten sich diejenigen Männer versammelt, die nicht mit den Manövern oder dem Schlafen beschäftigt waren und Bronson mimte uns den Richter. Ich ließ mein Entermesser ein wenig kreisen, dehnte Finger, Handgelenke, Arme und Beine. Scarf hingegen vollführte eine Art Tänzchen und murmelte dabei seltsam geschwollene Worte, ich schätzte mal, dass es Französisch sein sollte. Ich hatte mich stets geweigert diese Sprache zu erlernen, aber mein Gegner hätte auch Schweinisch sprechen können, es war mir egal. Ich wollte ihm lediglich eine satte Portion Senge verpassen.

„Bist du jetzt endlich fertig oder brauchst du noch ’nen zweiten Akt für dein Gehüpfe?“ Ich verdrehte entnervt die Augen und ließ meine Klinge leise zischend um mein Handgelenk sausen. Der Griff lag mir vertraut in der Hand und allmählich begann Vorfreude in mir aufzusteigen.

„Bin soweit!“ Scarf band sich gewissenhaft seine schulterlangen Locken zusammen und stellte sich drei Schritt weit von mir entfernt auf. Er schob das linke Bein etwas zurück und setzte den Fuß schräg auf, hob die Rechte mit dem Degen auf seine Bauchhöhe und grinste mich an. „En Garde, mein Lieber.“

„Friss meine Klinge, du Spinner!“ Ich wusste genau dass er mich mit seinem dämlichen Lächeln provozieren wollte, aber ich hatte dem nichts entgegenzusetzen. Mit einem Wutschrei machte ich einen Satz nach vorn und ließ mein Entermesser auf Scarf zuschnellen. Er grinste noch ein wenig breiter, verlagerte sein Gewicht auf den linken Fuß und drehte sich mit einer eleganten Pirouette aus meiner Angriffsbahn. Dass ich ihn nicht getroffen hatte, auch wenn mir das beinahe schon bodennahe Niveau des Angriffs durchaus bewusst war, machte mich wütend. Aus dem Schwung heraus riss ich meine Klinge herum und schleuderte sie in Scarfs Richtung. Dieses Mal musste er parieren, war doch nicht mehr genug Platz zum Ausweichen und klirrend prallten unsere Waffen aufeinander. Eigentlich hätte ich erwartet, dass das dünne Eisen von Scarfs Degen unter der Wucht und der Masse meines groben Entermessers brechen würde, aber er bog sich lediglich elastisch unter dem Treffer und ich kippte durch den Schwung vorn über. Scarf nutzte die Lücke und zersäbelte mir das eh schon recht zerrissene Hemd an der Seite. Ich erstarrte vor Schreck, nur wenige Millimeter mehr und es hätte meine Haut statt des Stoffes zerfetzt. Während ich tief Luft holte und schnell ein wenig Platz für den nächsten Angriff zwischen mich und meinen Gegner brachte, fiel mein Blick auf Scarfs Gesicht. Das dämliche Lächeln war wie weggewischt, er wirkte hochkonzentriert und seine Miene war bar jeder Emotion. Hätte er nicht schwer geatmet und sich so behutsam bewegt, hätte man ihm die Anstrengung und die Schmerzen ob der gebrochenen Rippen gar nicht angesehen. Ich schluckte und konzentrierte mich. Ich hatte nicht vor mich von diesem Pisser derart vorführen zu lassen. Vorsichtig das Gewicht von einem Bein auf das andere verlagernd begann ich Scarf zu umkreisen. Er hielt die Degenspitze auf meiner Augenhöhe und ließ die Waffe allen meinen Bewegungen folgen. Ich sah mich aus den Augenwinkeln um und bastelte in sekundenschnelle einen Plan nach dem Anderen zusammen als mir der Zufall zu Hilfe kam. Die Sonne reflektierte sich auf meiner relativ matten Klinge und stach der Landratte in die Augen, sodass der selbsternannte Captain reflexartig blinzelte. Ich nutzte meine Chance, sprang vor und ließ den Handschutz meines Entermessers unter Scarfs Kinn knallen, der von dem Schlag wankte und zu Boden gehen schien. Siegesgewiss schrie ich auf als mir die Füße unterm Hintern weggezogen wurden und ich völlig überrumpelt mit dem Kopf aufs Deck knallte. Die Luft entwich zischend meinen Lungen als ich auf dem harten Grund aufschlug und ich schnappte vergebens nach Atem. Durch den Sturz bekam ich keine Luft, ließ panisch mein Messer fallen und wollte mich aufsetzen, als ich etwas Spitzes sich in meine linke Schulter bohren spürte. Vor Schmerz schrie ich auf und die Blockade in meinen Atemwegen löste sich. Während ich gierig nach Luft rang, trat Scarf schon beinahe lässig meine Klinge außer Reichweite und drückte die Degenspitze ein wenig tiefer in mein Fleisch. Erneut brüllte ich los und mir schossen Tränen in die Augen. Betont langsam kniete sich Scarf neben mich und beugte sich herab, ohne den Degen auch nur ein winziges Stück zurückzuziehen. Da die Sonne nun mich blendete, konnte ich sein Gesicht nicht erkennen und so war es mir nicht möglich die Lage der Situation einzuschätzen. Mir blieb lediglich übrig zu warten und so gut wie möglich jegliche Schmerzbekundung zu unterdrücken.

Etwas zähflüssiges tropfte mir auf die Wange und nun konnte ich sehen, dass Blut aus Scarfs Maul triefte. Es wurde deutlich erkennbar, dass ich dieses Mal nicht seine Lippen erwischt hatte als er zu grinsen begann. Seine Zähne waren rot vor Blut und er musste erst einmal kräftig neben mich rotzen um Sprechen zu können.

„Glückwunsch, du hast mich ziemlich erwischt. Mal wieder,“ seufzte er und Ironie schwang mir gepaart mit dem unverwechselbaren Eisengeruch frischen Blutes entgegen. „Aber ich hab gewonnen.“

„Ich weiß.“ Ich ächzte leise auf, als er die Degenspitze noch ein wenig fester in meiner Schulter drückte. Wäre ich nicht in einer ernsten Lage gewesen, dann hätte ich Scarf am liebsten in die Eier getreten. Ich musste offiziell meine Niederlage zugeben. „Aber bei einem richtigen Kaperkampf siehst du mit deinem Degen wirklich alt aus.“

„Machst du dir etwas Sorgen um mich?“ Er grinste breit und das Blut floss aus seinen Mundwinkeln sein Kinn herab. „Wie süß.“

Ich wollte ihn gerade anbrüllen, da zog er die Spitze aus meiner Schulter und ich sah mich gezwungen einen Schmerzensschrei zu unterdrücken.

Scarf stand auf und ich blieb erst einmal liegen, bewegte vorsichtig meine Schultergelenk und atmete gegen die Pein. An sich war es erträglich, jetzt wo das Metall nicht mehr in der Wunde steckte und die Wut begann wieder Oberhand über meine Sinne zu gewinnen. Ich war furchtbar enttäuscht von mir selbst, wütend auf Scarf wegen der Demütigung und ziemlich verunsichert bezüglich seine Kampffähigkeiten. Es war nur ein kurzes Gerangel gewesen, aber mir war klar geworden, dass der Beknackte durchaus wie ein Pirat kämpfen konnte.

Und nun erschienen mir die Geschehnisse auf dem Schiff des Mordagos noch ein wenig unerklärlicher als zuvor.

Hatte er oder hatte er nicht...?
 


 

Hat er oder hat er nicht? Hätter er überhaupt gekonnt? Und warum konnte er gehabt haben, wenn er nicht gekonnt hätte?

Hä?? Genau!

Es ist zu warm und ich wünschte mir, ich könnte in See stechen und mir eine frische Brise um die Nase wehen lassen... Arrr! Auch wenns schreiben bei den Temperaturen schwer fällt, es wird weitergehen. Piratenehrenwort!



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Captn
2009-07-07T20:01:50+00:00 07.07.2009 22:01
Hatte die Anni etwa doch rwecht mit ihrer Schizo-Captain-Rettungsaktion-Idee?
Oder ist Scarf auch ohne schizo zu sein ein gefühlskalter Auftragskiller?
XD
Na, das wär ja ma ne Wende!
Ich bin übrigens mitlerweile dafür, dass der Killertyp Scarfs großer und cooler Bruder war XD.
Oder war es etwa Captain Nimz mit den Shaolin-Kräften, ein befreundeter Piraten-Kollege?! XDDD
Oder ist Marco der schizopfene, der in gedanken mit sich selbst agiert?
Hmmmm....
...ich glaub, ich hab in der schule zu viel Fight-Club gesehn..... >_<

Aber schöne Kapfszene! Kurz, aber knagüsch.
Bin ja n bissl enttäusch von Marco, hab ja gedacht, er würde gegen einen verletzen Scarf ein bisschen länger durchhalten XD.
Und sowas nennt sich geübter Pirat...!
ABer vielleicht kann man auch nur mit einer Pussy-Waffe genen eine andere Pussy-Waffe gewinnen.......
Marco, lass dir die Fingernägel wachsen! XD Oder lern ne Runde Okama- Kenpo!!!
Singt Marco eigendlich auch Seemannslieder?
Könnt ich mir bei dem voll nich vorstellen....XDDD



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