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Suffer...until you're dead

von

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Das Handy

Hier also das vierte Kapitel. Hat doch etwas länger gedauert, als ich gedacht hatte^^.

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4. KAPITEL: DAS HANDY
 

Der nächste Tag begann, wie befürchtet, mit einem Donnerwetter. Als ich am Morgen ins Büro kam und den Schreibtisch hastig mit den Augen absuchte, war das Handy verschwunden, was mich nichts Gutes ahnen ließ. Bis zu diesem Moment hatte ich noch gehofft, Kaiba hätte es vielleicht nicht bemerkt.

Um halb neun stand er dann plötzlich vor meinem Schreibtisch. Seine Augen blitzten verärgert, als er das Handy aus seiner Tasche zog und mir vor die Nase hielt. Sein Blick war noch kälter als sonst. Mit extrem ruhiger Stimme sagte er: „Sie haben gestern etwas vergessen.“

Ich nahm ihm das Handy ab und schaffte es immerhin, dass meine Hand nicht zitterte. „Hab ich bemerkt“, erwiderte ich und hasste mich selbst dafür, wie kleinlaut meine Stimme klang. Wie benahm ich mich denn hier? Es gab überhaupt keinen Grund eingeschüchtert zu sein, aber Kaiba machte irgendwie den Eindruck, er würde jeden Moment in die Luft gehen und anfangen rumzubrüllen. Stattdessen fuhr er mit unverändert ruhiger Stimme, in der jedoch jetzt eine gewisse Schärfe mitklang, fort: „Passen Sie auf, dass das nicht noch einmal passiert. Ich habe Ihnen dieses Handy besorgt, damit ich Sie erreichen kann, wenn ich Sie brauche und nicht damit Sie es irgendwo rumliegen lassen. War das deutlich?“

Eigentlich schon. Und eigentlich hatte ich auch vor, brav zu nicken, um ihn nicht noch weiter zu reizen, aber jetzt hatte er bei mir einen wunden Punkt berührt und ohne dass ich etwas dagegen tun konnte, spürte ich, wie Zorn in mir Aufstieg. Mein Blick, eben noch zerknirscht reumütig, nahm einen ärgerlichen Zug an. „Sie wollen mich erreichen können, wenn Sie mich brauchen? Dann beschränken sie die Zeit, in der Sie etwas von mir wollen auf die Stunden, in denen ich hier bin. Ich bin ihre Sekretärin und nicht ihre Sklavin und obwohl beide Wörter mit einem „S“ anfangen, gibt es zwischen ihnen doch einen himmelweiten Unterschied. Glauben Sie nicht, dass ich jedes Mal springe, wenn Sie sagen spring“, fauchte ich ihn an. Ich war nicht aus meinem alten Leben geflohen, um mich jetzt von dem nächsten dahergelaufen Typen ausnutzen und herumkommandieren zu lassen. Oh nein! Das hatte ich endgültig hinter mir. Mein ganzes Leben hatte ich damit verbracht, auf Abruf bereitzustehen und alles stehen und liegen zu lassen, sobald mein Handy anfing zu klingeln. Ich war nicht gewillt, das zu wiederholen, denn es war nicht nur anstrengend sondern auch äußerst demütigend gewesen. Ich würde nie wieder die Sklavin für einen anderen sein.

Kaiba hatte sich während meines Zornausbruches gerade aufgerichtet und sein Blick hätte die Sonne gefrieren lassen. Mein gerade neu erlangtes Selbstbewusstsein geriet ein wenig ins Wackeln, doch ich hielt meine Augen entschlossen auf sein Gesicht gerichtet. Ich würde nicht diejenige sein, die als erstes wegsah.

„Es ist Ihre Pflicht, erreichbar zu sein, auch außerhalb ihrer regulären Arbeitszeit“, erklärte mir Kaiba mit eiskalter Stimme. „Das steht übrigens auch in ihrem Arbeitsvertrag.“

Okay, jetzt hatte er mich. Meine Augen weiteten sich überrascht. „Echt?“, platzte es aus mir heraus.

„Vielleicht sollten Sie sich den Vertrag noch einmal genauer durchlesen.“ Mit diesen Worten und einem letzten kalten Blick drehte er sich um und verschwand in seinem Büro. Brodelnd vor Zorn starrte ich ihm hinterher. Was erlaubte der sich eigentlich? Ich hatte den Vertrag gelesen, aber ich war mir sicher, dass nichts dergleichen darin stand.
 

Das Meeting, das für den heutigen Tag angesetzt war, lief trotz des misslungenen Morgens besser als gedacht. Ich schaffte es, das ganze ohne einen Patzer zu überstehen, was vielleicht auch daran lag, dass ich nicht viel mehr zu tun hatte, als Kaffe und Tee nachzuschenken. Allerdings war ich auch ganz froh darüber, dass von mir nicht erwartet wurde, dass ich mich an irgendeiner Diskussion beteiligte, da ich kaum die Hälfte von dem verstand, was die fünf Männer, die sich um den runden Tisch im Konferenzraum versammelt hatte, von sich gaben. Am Ende glaubte ich jedoch genug mitgekriegt zu haben, um sagen zu können, dass Kaiba seinen Standpunkt durchgesetzt hatte und die anderen vier Diskussionsteilnehmer das Nachsehen hatten. Ehrlich gesagt, wunderte mich das überhaupt nicht.
 

Nach dem Meeting verschwand Kaiba sofort wieder in seinem Büro, mit dem Hinweis, dass er nicht gestört werden wolle, und ich ging hinunter ins Foyer, wo Sonja bereits auf mich wartete. Gemeinsam gingen wir hinüber in die Kantine.

„Sag mal“, fragte ich Sonja, als wir uns mit unseren Tabletts an einen der hinteren Tische setzten. „Hat meine Vorgängerin mal erwähnt, wie oft Kaiba während ihrer Arbeitszeit das Büro verlassen hat?“

„Ich glaube nicht. Wieso?“

„Weil er sich geradezu darin verschanzt. Ich sehe ihn nur außerhalb dieses Zimmers, wenn er kommt oder bei einem Meeting.“

Sonja sah mich ein wenig komisch an. „Du bist erst zwei Tage dabei. Meinst du wirklich, dass du das jetzt schon so verallgemeinern kannst?“

Ich zuckte mit den Schultern. „Wahrscheinlich nicht.“

Eine Weile schwiegen wir uns an, dann fragte Sonja: „Wie läuft es denn so?“

Ich verdrehte die Augen. „Du meinst abgesehen davon, dass ich schon wieder eine Auseinandersetzung mit meinem Chef hatte?“

„Schon wieder?“ Sonja starrte mich ungläubig an. Ich hatte ihr gestern von unserem kleinen Streit wegen des Handys erzählt. „Wie machst du das bloß? Du scheinst da ja ein besonderes Talent zu haben.“ Sie kicherte. „Worum ging es denn heute?“

„Ich habe das Handy gestern im Büro liegen lassen.“

Sonja schüttelte den Kopf. „Was hast du bloß mit diesem Handy? Ich meine, es ist doch total nett von Kaiba, dass er dir eins besorgt hat, wo du doch kein eigenes hast. Apropos, krieg ich deine Nummer?“

Ich seufzte und kramte das Objekt unserer Unterhaltung aus meiner Tasche hervor. „Es geht nicht darum, wie nett das vielleicht von ihm ist, sondern darum, dass ich überhaupt kein Handy haben wollte“, erklärte ich, während ich im Menü der Telefonliste nach meiner eigenen Nummer suchte. Als ich sie gefunden hatte, reichte ich das Handy an Sonja weiter, die die Nummer eifrig abtippte.

„Warum willst du kein Handy? Sind doch voll nützlich die Dinger“, wollte sie wissen, wobei sie immer noch konzentriert auf unsere Telefone starrte.

Ich seufzte erneut und lehnte mich auf meinem Stuhl zurück. „Ist eine lange Geschichte, die ich nicht gerne erzähle.“

Meine Arbeitskollegin hob fragend den Blick, sagte jedoch nichts. Mit einem Lächeln gab sie mir das Handy zurück. „Hier bitte. Ich hab meine Nummer gleich eingespeichert.“

Mit einem Nicken ließ ich das Ding wieder in meiner Tasche verschwinden.

„Und sonst?“, wollte Sonja nach einer kurzen Pause wissen.

„Was sonst?“

„Na, dein Job. Wie ist der so? Außer, dass du dich mit unserem Chef zankst. Was ist das für ein Gefühl, zu wissen, dass Seto Kaiba nur ein Büro weiter sitzt?

Ich zuckte mit den Achseln. „Keine Ahnung. Ich merke ja kaum das er da ist, so wenig wie er sich blicken lässt.“

„Enttäuscht?“ Sonjas Gesicht nahm einen lauernden Ausdruck an.

Ich sah sie ehrlich erstaunt an. „Weswegen?“

„Das du Kaiba so wenig siehst natürlich“, präzisierte Sonja ungeduldig.

„Wieso sollte ich?“ Ich fragte mich, worauf sie hinauswollte.

„Vielleicht weil er einfach hinreißend aussieht? Oder weil er der coolste Mann auf der Welt ist? Du weißt ja gar nicht, was für ein Glück du hast.“

„Cool? Ja, das trifft es ziemlich genau. Außerdem, was soll das heißen, dass ich Glück habe. Du arbeitest doch auch in der Kaiba Corp.“

„Ja, schon“, gab Sonja gedehnt zu. „Aber am Empfang in der untersten Etage. Das ist was ganz anderes.“

Ich hob die Augenbrauen und nippte an meiner Cola. „Na, wenn du meinst.“

Die restliche Pause verbrachten wir damit, über die Vor- und Nachteile zu diskutieren, die es mit sich brachte, wenn man einen Seto Kaiba als Chef hatte, wobei ich deutlich mehr Nachteile fand als Sonja Vorteile. Auch wenn ich mir bei der ganzen Sache etwas albern vorkam, konnte ich nicht leugnen, dass ich Gefallen daran fand. Vielleicht war ich ja gerade dabei, noch eine Freundin zu finden. Bevor ich diesen Gedanken jedoch weiter verfolgen konnte, fiel mein Blick eher zufällig auf meine Armbanduhr und ich verschluckte mich fast an meiner Cola. Hustend versuchte ich wieder Luft zu bekommen und als ich genug Sauerstoff in meine Lungen gesogen hatte, um sprechen zu können, stieß ich krächzend hervor: „Ich komme zu spät.“

Sonja, die zuerst nicht ganz zu verstehen schien, was ich ihr mitteilen wollte, warf nun ihrerseits einen Blick auf die Uhr und ihre Augen weiteten sich: „Mist. Ich habe überhaupt nicht auf die Zeit geachtet. Jetzt aber schnell.“

Hastig gaben wir unsere Tabletts ab und hechten aus der Kantine und über die Straße.

„Weißt du schon, was du am Wochenende machst?“, fragte mich Sonja, als wir durch die Drehtür der KC traten.

Ich eilte schon weiter Richtung Fahrstuhl und drehte mich rückwärtsgehend noch einmal zu ihr um. „Keine Ahnung“, und einer spontanen Eingebung folgend, fügte ich noch hinzu: „Ruf mich nachher an. Vielleicht können wir ja was gemeinsam machen?“

Sonja hob den Daumen zum Zeichen das sie verstanden hatte und ich verschwand im Fahrstuhl, wo ich mit mehr Wucht als nötig auf den Knopf für die 22. Etage drückte.
 

Oben angekommen sprintete ich den Flur entlang, darauf hoffend, dass Kaiba meine Abwesenheit noch nicht bemerkt hatte, und stürzte in mein Büro, wo ich mit zwei großen Sätzen beim Schreibtisch war und den Hörer des ungeduldig klingelnden Telefons an mich riss. „Kaiba Corporation, Mia Terrell am Apparat. Guten Tag, was kann ich für Sie tun?“, japste ich in den Hörer und sank erschöpft auf meinen Schreibtischstuhl.

„Guten Tag. Hier ist das Sekretariat der Domino High School. Könnte ich bitte mit Seto Kaiba sprechen?“

„Ähm…“, ich zögerte. Vorm Mittagessen hatte Kaiba mir gesagt, er wolle nicht gestört werden und bis jetzt hatte ich noch nichts Gegenteiliges wieder von ihm gehört. „Es tut mir Leid, aber Mr. Kaiba befindet sich momentan in einer wichtigen Besprechung“, behauptete ich also. „Soll ich ihm etwas ausrichten.“

„Es geht um seinen Bruder, Mokuba Kaiba“, erklärte mir die Stimme am anderen Ende der Leitung. „Ihm geht es nicht so gut und es wäre gut, wenn ihn jemand abholen könnte.“

„Äh…ja klar. Kein Problem. Richte ich ihm aus. Es wird auf jeden Fall jemand vorbeikommen“, erwiderte ich, nach dem ich meine Überraschung überwunden hatte. Kaiba hatte einen Bruder? Warum sagte mir das keiner?

„Vielen Dank. Auf Widerhören“, verabschiedete sich meine Gesprächspartnerin.

„Auf Widerhören.“ Ich legte auf. Eine Weile saß ich einfach da, den Hörer in der Hand, dann raffte ich mich auf, und ging hinüber zu Kaibas Bürotür. Fast zaghaft klopfte ich an und trat dann ohne eine Antwort abzuwarten ein. Mein Chef saß vor seinem Computer – wo auch sonst? – und sah ungehalten auf, als ich hereinkam. „Hatte ich nicht gesagt, ich wolle nicht gestört werden?“, blaffte er mich unfreundlich an und versprühte Eiszapfen aus seinen Augen.

„Ähm…schon“, gab ich zu, „aber das Sekretariat der Schule ihres Bruders hat angerufen. Ihr Bruder ist krank und Sie werden gebeten ihn abzuholen.“

Kaibas Gesicht veränderte sich schlagartig. Statt kalt und gefühllos zu wirken, blitzte nun Sorge in seinem Blick auf. Hastig drückte er ein paar Tasten auf seiner Tastatur und sprang dann auf. „Haben die aus dem Sekretariat gesagt, wie schlimm es ist?“, wollte er wissen, rauschte an mir vorbei aus dem Zimmer und griff im Vorbeigehen nach seinem weißen Mantel, der an dem Garderobenständer neben der Tür stand.

Ich eilte ihm nach. „Nein, nur das es ihm nicht gut geht.“

„Gut“, Kaiba war bereits an der Tür angekommen, die auf den Flur hinausführte. Die Klinke schon in der Hand drehte er sich noch einmal zu mir um. „Ich fahre ihn abholen. Wenn ich noch nicht zurück bin, wenn Sie Schluss haben, schließen Sie einfach alles ab hier oben: mein Büro und ihres auch.“ Mit diesen Worten warf er mir einen Schlüsselbund zu, an dem zwei Schlüssel hingen. Reflexartig fing ich ihn auf. „Äh…“, begann ich, ohne genau zu wissen, was ich eigentlich sagen wollte, doch Kaiba war bereits verschwunden. Ich stand einfach da wie bestellt und nicht abgeholt, den Schlüsselbund in der Hand, immer noch ein wenig überrumpelt von Kaibas plötzlichem Stimmungsumschwung. Offenbar kannte er doch noch mehr Stimmungsmodi als den Ich-bin-eine-Eistruhe-Modus. Immerhin schien er ehrlich besorgt um seinen Bruder zu sein. Vielleicht war er ja doch kein so hoffnungsloser Fall, wie ich gedacht hatte. Vielleicht gab es ja doch einen Grund, warum so viele junge Frauen hinter ihm her waren…

Nein, ich schüttelte über mich selbst den Kopf. Es war doch recht unwahrscheinlich, dass Kaiba in Gegenwart einer ihm fremden Person auftaute, was hieß, dass ihn wahrscheinlich noch niemand ohne seinen Eisblick gesehen hatte. Abgesehen von seinem Bruder und anderen Verwandten vielleicht, ich wusste ja nicht, was er sonst noch an Familie hatte und ehrlich gesagt, war mir das auch ziemlich egal.

Seufzend setzte ich mich wieder hinter den Schreibtisch und stützte die Ellenbogen auf der Tischplatte auf. Ich hatte keine Ahnung, was ich jetzt machen sollte und da mein Chef nicht mehr im Gebäude weilte, musste ich auch nicht so tun, als wäre ich beschäftigt.

Etwas planlos ging ich noch einmal Kaibas Terminkalender durch, doch da gab es nichts, was noch organisiert werden musste. Als nächstes klickte ich mich durch die Startleiste des Computers und stieß auf einen Button mit der Aufschrift „Spiele“. Ein Klick offenbarte eine Liste der Standartspiele und eine Weile vertrieb ich mir die Zeit mit Minesweeper und Solitär. Gelangweilt hörte ich jedoch schon nach kurzer Zeit wieder auf und sah auf die Uhr. Noch vier Stunden! Hoffentlich war der Job nicht immer so öde. Ich hatte schließlich nur ein Regal, das ich aufräumen konnte, und das hatte ich gestern schon auf Vordermann gebracht.

Ich überlegte, ob ich Sonja anklingeln sollte, die Nummer hatte ich ja jetzt, entschied mich jedoch dagegen, da ich sie nicht bei ihrer Arbeit stören wollte, was immer sie da unten gerade auch anstellte.

Um mich zu beschäftigen stellte ich mich an die Fensterfront und beobachtete die Autos, die weit unter mir vorbeifuhren. Mein Blick wanderte weiter über die Dächer der Stadt und richtete sich schließlich auf den Horizont. Irgendwo dort draußen war Sascha. Unerreichbar fern. Bei dem Gedanken an ihn überkam mich eine starke Sehnsucht und ich spürte wieder ein Stechen in meiner Brust. Meine Gedanken schweiften ab in die Vergangenheit, in eine Zeit, als meine Welt noch in Ordnung gewesen war. Natürlich hatte es auch damals schon einige Risse und Kerben gegeben, die auf einen Bruch hingedeutet hatten und die ich geflissentlich ignoriert hatte. Ich hatte nicht sehen wollen, dass meine Welt nur noch aus Lügen und Verrat bestand. Als mein Leben dann in tausend Scherben zersplitterte, war es ein Schock gewesen. Das Schlimmste an der Sache war, dass ich auch das Leben meiner einzigen Freunde zerstört hatte. Schon oft hatte ich gedacht, dass es vielleicht ein Fehler gewesen war, Kerry und Sascha da mit hineinzuziehen. Vielleicht waren sie inzwischen tot, dann wäre es meine Schuld. Meine Schuld. Aber was hätte ich denn machen sollen? Ohne mich wären sie blind in den Sturm hineingelaufen, der sich über unseren Köpfen zusammengebraut hatte. Ohne mich wären sie ein Teil davon geworden, nicht wissend, welche Katastrophe sie damit hinauf beschworen. Ohne mich… hätten sie ihr Leben weiterleben können. Ohne mich wären sie jetzt vielleicht in Sicherheit. Ohne mich müssten sie sich nicht verstecken. Aber welchen Preis hätte ihre Sicherheit gehabt?

Ich erinnerte mich noch genau an den Tag, als ich herausfand, dass mein Leben eine Lüge gewesen war, als ich erkannte, welche Ziele mein Vormund, der mich nach dem Tod meiner Eltern aufzog, verfolgte, als er mich aufnahm, als mir klar wurde, dass meine Liebe zu Sascha keine Zukunft haben durfte, wenn ich ihn nicht in Gefahr bringen wollte und an die Wochen und Monate, die dieser Erkenntnis folgten bis… ja, bis ich auch das letzte Geheimnis meines Vormundes, den ich hassen lernte, lüftete. Bis zu dem Tag, an dem ich beschloss fortzulaufen, meinem Leben zu entfliehen und dabei etwas Wichtiges entwendet hatte: den Schlüssel zur Weltherrschaft! Und genau das war es, was mein neues Leben so gefährlich machte, denn sicherlich würde sich Luzifer nicht kampflos geschlagen geben. Früher oder später würde ich mich ihm noch einmal stellen müssen. Ich hoffte, dass dies eher später als früher passieren würde. Damals wusste ich noch nicht, wie nah mir meine Gegner bereits gekommen waren und welche Tragödie ihnen folgte…
 

Gewaltsam riss ich mich aus meinen Gedanken und drehte mich genau in dem Moment wieder zu meinem Schreibtisch um, als mein Handy in der Tasche zu klingeln begann. Ein Blick auf die Uhr sagte mir, dass ich eine geschlagene halbe Stunde vor dem Fenster gestanden hatte.

Auf dem Display blinkte Sonjas Name, als ich das Handy aus der Tasche holte. Na ja, wen hatte ich denn erwartet? Außer ihr hatte ja niemand meine Nummer – außer Kaiba natürlich.

„Hi, was gibt’s?“

Sonjas Stimme drang gedämpft aus dem Hörer. „Ich dachte nur, ich nutze die Zeit, in der unser Chef außerhalb weilt, um mir dir das Wochenende zu planen. Wo wollte der überhaupt so schnell hin?“

„Familienangelegenheiten“, murmelte ich wage, da ich mir dachte, dass es Kaiba bestimmt nicht recht wäre, wenn ich sein Privatleben offenlegen würde. Gleich darauf wunderte ich mich über meine eigene Rücksichtnahme. „Vielleicht könnten wir ins Kino gehen, oder so?“, schlug ich vor. „Und danach was essen?“

„Klingt super. Der dritte Twilight Film ist gerade angelaufen, vielleicht können wir den ja gucken?“

„Klar“, erwiderte ich munter, um nicht zugeben zu müssen, dass ich keine Ahnung hatte, wovon sie sprach. In der letzten Zeit hatte ich mich nicht viel um andere Dinge gekümmert, die über Selbstmitleid und Paranoia hinausgingen. „Wäre es dir Recht, wenn ich meine Freundin Eva frage, ob sie mitkommen möchte?“

„Frag wen du willst, aber dann frage ich meinen Freund“, meinte Sonja. „Treffen wir uns um acht vor dem Kino?“

„Okay.“

„Super, dann bis nachher. Ich warte unten auf dich.“

„Bis dann.“ Ich drückte auf den roten Hörer und legte das Handy achtlos auf den Tisch. Gleich darauf nahm ich es wieder in die Hand, um Eva anzurufen, bis mir einfiel, dass ich ihre Nummer überhaupt nicht kannte. Mit einem Seufzer legte ich das Handy zurück. Dann würde ich eben hoffen müssen, dass sie heute Abend oder morgen bei mir vorbeischauen würde.
 

Kaiba tauchte in den letzten Stunden bis Feierabend nicht mehr auf. Ich schloss daraus, dass sein Bruder wohl ernsthaft krank sein musste. Sicher würde er es sich nicht entgehen lassen, wieder in seinem Büro aufzutauchen, wenn Mokuba nur eine leichte Erkältung ausbrütete. Es lag also an mir hier oben abzuschließen, was ich auch sorgfältig tat, ehe ich den Flur entlang zum Fahrstuhl ging und in die Empfangshalle hinunterfuhr.

Wie ich es erwartet hatte, wartete Sonja bereits auf mich. Gemeinsam traten wir durch die Drehtür ins Freie. Sonja hob ihren Autoschlüssel. „Soll ich dich nach Hause fahren?“

Ich schüttelte den Kopf. „Nicht nötig, danke. Ich hab’s nicht weit.“

Sonja zuckte mit den Schultern. „Dann bis morgen Abend.“

„Ja, bis morgen.“ Ich sah ihr nach, als sie in Richtung Parkplatz verschwand und machte mich dann selbst auf den Weg nach Hause.
 

Wie nicht anders zu erwarten gewesen war, klingelte es an meiner Wohnungstür, kaum dass ich zehn Minuten zu Hause war. Eva war ganz begeistert von der Idee ins Kino zugehen, nachdem ich ihr davon erzählt hatte und sie hatte auch nichts dagegen, meine neue Freundin kennen zu lernen. Wir verabredeten uns für den nächsten Tag und nachdem das alles geklärt war, schmiss ich sie regelrecht aus meiner Wohnung, indem ich meinen anstrengenden Tag als Begründung anführte.

Da ich tatsächlich ziemlich müde war, ging ich danach auch sehr bald ins Bett. Wahrscheinlich war ich das lange Arbeiten nicht mehr gewöhnt.
 

In der Nacht hatte ich einen Albtraum. Dunkelheit umgab mich, Kälte durchströmte meinen Körper. Ich versuchte, mich zu bewegen, doch irgendetwas lähmte mich. Hilflos trieb ich in der Finsternis, während die Schatten um mich herum immer näher rückten, mich einkreisten und mir die Luft zum Atmen nahmen. Gesichter schälten sich aus der Dunkelheit. Gesichter, die mir nur allzu vertraut waren. Sascha erschien, das schmale Gesicht von Nebel um wabert. „Warum hast du uns verraten? Was hast du dir dabei gedacht? Wir sind verloren.“

„Nein, Sascha, ich wollte nicht… Es tut mir Leid“, stammelte ich, doch er schien mich überhaupt nicht zu hören. Stattdessen verschwammen seine Züge und fügten sich kurz darauf neu zusammen. Kerrys roter Haarschopf erschien. „Hilf mir… Bitte hilf mir. Sie kommen mich holen. Lass mich nicht sterben.“

„Kerry!“ Ich wollte die Hand nach ihr ausstrecken, doch mein Arm gehorchte mir nicht. Dann verschwand auch meine alte Freundin und ein neues Gesicht erschien. Violette Augen funkelten mich böse an. Ein Schauer lief mir über den Rücken. Seine Stimme klirrte vor Kälte: „Du wirst deinen Verrat noch bitter bereuen. Ich werde dich angemessen bestrafen.“ Das Gesicht kam immer näher. Der Drang zurückzuweichen stieg in mir auf, doch ich war immer noch bewegungsunfähig. Bevor er mich jedoch erreicht hatte, veränderte sich das Gesicht erneut. Diesmal erschien Kaiba. Seine eisblauen Augen funkelten verärgert. „Wachen Sie sofort auf“, blaffte er mich an. „Sie kommen zu spät zur Arbeit. Wenn Sie auch nur eine Minute zu spät sind, werde ich sie feuern!“ Dann verschwand er auch schon wieder im Nebel und plötzlich fiel ich, stürzte in einen bodenlosen Abgrund. Mein gellender Schrei hallte von irgendwo aus der Dunkelheit wieder, während ich fiel, immer weiter und weiter, hinab. Die Gesichter verfolgten mich in die Tiefe, redeten wild durcheinander. Auch Kaiba erschien wieder, deutlicher als die anderen. Das durchdringende Klingeln und Piepen, das aus seinem Mund kam, übertönte sogar mein Schreien. Das Klingeln wurde lauter, deutlicher und nach und nach verblassten die Bilder aus meinem Traum und ich fand in die Wirklichkeit zurück.

Mein Wecker auf dem Nachtisch klingelte immer noch ohne Unterlass, doch anstatt mich zu verfluchen, weil ich vergessen hatte das blöde Ding auszuschalten, war ich vielmehr erleichtert, dass es meine schrecklichen Traumbilder vertrieben hatte.

Stöhnend setzte ich mich auf und fuhr mir mit der Hand über das Gesicht. Mein Schlafanzug und meine Haare waren schweißnass und klebten an meiner Haut.

Eigentlich war es für einen Samstag noch viel zu früh um aufzustehen, aber ich verspürte absolut keine Lust mich noch einmal in einem Albtraum wiederzufinden, wenn ich erst wieder eingeschlafen war, also schlurfte ich müde ins Bad.

Nach einer ausgiebigen Dusche fühlte ich mich schon wesentlich wacher.
 

Ich nutze den Vormittag um einzukaufen und die liegen gebliebene Wäsche zu waschen. Man kam doch zu weniger im Haushalt, wenn man arbeitete. Nach dem Mittagessen fing ich mehr aus Langeweile an, die Wohnung zu putzen und dann wartete ich darauf, dass es Zeit wurde zum Kino aufzubrechen. Verwundert stellte ich fest, dass ich mich richtig darauf freute. Es war lange her seit ich das letzte Mal etwas mit Freunden unternommen hatte. Eigentlich war es lange her, dass ich überhaupt Freunde gehabt hatte und erst jetzt fiel mir auf, dass mir die vertraulichen Gespräche, die ich mit Sascha und Kerry geführt hatte, fehlten. Das Schlimme daran war, dass ich zu meinen neuen Freunden nicht mehr ganz so offen sein konnte, wie bei den beiden. Eva und Sonja ahnten nichts von meiner Vergangenheit und ich würde alles dafür tun, dass das so blieb.
 

Gegen sieben verließ ich das Haus und fuhr mit dem Bus in die Innenstadt.

Eva wartete bereits vor dem Kino und Sonja traf fast im selben Augenblick wie ich ein. Ich umarmte beide zur Begrüßung und stellte die beiden einander vor. Oder anders gesagt, wurde ich stürmisch von Sonja umarmt und da ich nicht wollte, dass Eva zurückstand, drückte ich sie auch einmal kurz.

„Wolltest du nicht deinen Freund mitbringen?“, fragte ich Sonja, als wir uns an der Kasse anstellten. Sie zuckte mit den Schultern. „Seine Schwester hat heute Geburtstag, da wollte er lieber bei ihr bleiben.“

„Verständlich. Dann lerne ich ihn eben ein anderes Mal kennen.“

Im Verlauf des Abends stellte sich heraus, dass sich Sonja und Eva bestens verstanden, was mich ein wenig erleichterte. Nichts ist schlimmer als mit zwei Frauen befreundet zu sein, die sich gegenseitig nicht ausstehen können.

Der Film war gar nicht mal so schlecht, auch wenn sich mir an einigen Stellen ein paar Wissenslücken offenbarten, da ich die ersten beiden Teile nicht kannte. Ich hütete mich jedoch, nachzufragen und lauschte dem aufgeregten Getuschel von meinen Freundinnen, die den Film von der ersten Minute an kommentierten. So erfuhr ich wenigstens die Hintergrundinformationen, die mir fehlten.
 

Nach dem Film gingen wir noch zu McDonalds, weil Eva noch nichts gegessen hatte und danach schleppten mich die beiden noch in irgendeine Bar, deren Namen ich sofort wieder vergaß, sobald ich den Blick von dem blinkenden Leuchtschild über der Tür abwandte.

Drinnen war es proppenvoll. Nur mit Mühe gelang es uns einen Tisch zu ergattern.

Wir bestellten jede einen Cocktail und unterhielten uns über den Film, den wir eben gesehen hatten, wobei man gerechterweise sagen muss, dass eher die anderen beiden redeten und ich größtenteils nur zu hörte. Nach einer Weile jedoch wandte sich das Gespräch Evas neuem Lieblingsthema zu: mein neuer Job als Kaibas Sekretärin. Sie wollte alles wissen, was gestern passiert war und fragte auch nach Sonjas Arbeit und wie oft sie Kaiba denn am Tag so sehe. „Ich beneide euch“, verkündete sie. „Ich würde auch gerne für so einen gut aussehenden Chef arbeiten. Na ja, wer weiß, vielleicht fang ich ja nach meinem Studium auch in der Kaiba Corp. an.“ Sie grinste und prostete uns mit ihrem Cocktail zu.

„Aussehen ist nicht alles, weißt du“, versuchte ich ihre Euphorie ein wenig zu bremsen. „Es kommt auch auf den Charakter an und da verbucht Mr. Kaiba auf jeden Fall ein paar Minuspunkte.“

Eva zog in gespielter Verwunderung die Augenbrauen hoch. „Kaiba hat negative Eigenschaften?“ Sonja kicherte. „Oh ja, ich krieg jedes Mal eine Gänsehaut, wenn er morgens am Empfang vorbeikommt. Er strahlt so eine Kälte aus, die kann man glatt auf der Haut spüren.“

Ich sagte nichts, war aber erleichtert zu hören, dass es scheinbar nicht nur mir in Kaibas Gegenwart so erging.
 

Insgesamt wurde es ein sehr lustiger Abend und meine Stimmung war so gut, wie schon lange nicht mehr.

Es war bereits gegen halb eins, als ich mich von meinen Freundinnen verabschiedete und den Nachhauseweg antrat. Als ich aus der Bar heraus auf die Straße trat, stellte ich entsetzt fest, dass es angefangen hatte zu regnen und zwar nicht nur ein paar Tropfen, sondern ein richtiger Platzregen. Na super! Die nächste Bushaltestelle lag ein ganzes Stück entfernt. Bis ich in meiner Wohnung ankam würde ich nass sein bis auf die Knochen. Ich hatte weder daran gedacht einen Regenschirm mitzunehmen, noch ein Oberteil mit Kapuze anzuziehen. Schon nach wenigen Metern war ich patschnass. Und dabei hatte der Tag so gut angefangen.

Ich hastete mit gesenktem Kopf die Straße entlang und schimpfte in Gedanken über das Wetter und mein Leben, das mir in diesem Moment schon wieder sehr undankbar erschien. Aus den Augenwinkeln sah ich eine schwarze Limousine, die auf der Straße an mir vorbeifuhr, der ich jedoch keine weitere Beachtung schenkte. Nur am Rande bekam ich mit, dass das edle Gefährt langsamer wurde und nach einigen Metern am Straßenrand ausrollte und zum Stehen kam. Die Fahrertür ging auf und ein Mann in einem schwarzen Anzug stieg aus. Er spannte einen Schirm auf und eilte um den Wagen herum auf mich zu. „Miss Terrell?“

Die Alarmglocken in meinem Kopf schrillten los und unwillkürlich spannten sich meine Muskeln an. Ich war bereit zur Flucht. Woher kannte der Kerl meinen Namen? „Ja?“, fragte ich misstrauisch und ließ ihn nicht aus den Augen. Er hatte mich inzwischen erreicht und hielt den Schirm nun auch über meinen Kopf. „Mr. Kaiba würde Sie gerne ein Stück mitnehmen, hier draußen werden Sie sich sonst noch erkälten.“

Es verging ein Moment bis die Worte bei mir angekommen waren und ein weiterer bis mir ihrer Bedeutung klar wurde. Ich starrte den Mann vor mir an, wandte dann den Kopf und blickte zu der Limousine hinüber, während sich mein Herzschlag allmählich wieder normalisierte. Kaiba also. Ich wusste nicht, ob ich darüber erleichtert sein sollte oder nicht und die Vorstellung mit ihm alleine in einem Auto eingepfercht zu sein behagte mir auch nicht unbedingt. Aber alles war besser, als weiter im Regen zu stehen.

Der Chauffeure eilte mir voraus und öffnete galant die hintere Wagentür, damit ich einsteigen konnte. Durch die geöffnete Tür erkannte ich Kaiba, der mit ausdruckslosem Gesicht auf der Rückbank saß, einen Laptop auf dem Schoß und scheinbar ganz vertieft in seine Arbeit. Kaum zu glauben, dass er mich überhaupt beim Vorbeifahren bemerkt haben sollte. Ebenso unwahrscheinlich war, dass er sich Sorgen um meine Gesundheit machte. Aber vielleicht wollte er auch einfach nicht, dass seine neue Sekretärin gleich in der zweiten Woche wegen Krankheit fehlte.

Aus einem Grund, den ich mir nicht erklären konnte, beschleunigte sich mein Herzschlag bei Kaibas Anblick wieder.

„Steigen Sie jetzt ein oder gehen Sie doch lieber zu Fuß?“, fragte Kaiba plötzlich, ohne auch nur den Blick von seinem Laptop zu nehmen. Erst jetzt fiel mir auf, dass ich die ganze Zeit unschlüssig vor der offenen Wagentür gestanden hatte und der Chauffeur hinter mir ungeduldig auf den Fußballen wippte. Eilig kletterte ich neben meinen Chef auf die Rückbank, wobei ich mindestens drei Liter Wasser auf den Ledersitzen und dem Boden verteilte. Die Tür fiel zu und der Fahrer kehrte an seinen Platz hinter dem Steuer zurück.

Als sich die Limousine wieder in Bewegung setzte, hielt Kaiba in seinem Tippen inne und holte einen kleinen viereckigen Gegenstand aus dem Aktenkoffer, der zwischen uns auf der Rückbank lag. Auffordernd hielt er ihn mir entgegen. Ich spürte, wie ich rot wurde, was ziemlich untypisch von mir war und nahm ihm das verhasste Ding aus der Hand. Ich hatte gar nicht bemerkt, dass ich es nicht dabei hatte.

„Was haben Sie bloß gegen Telefone?“, wollte Kaiba wissen und wandte sich wieder seinem Laptop zu.

„Tut mir Leid“, erwiderte ich kleinlaut und wich damit seiner Frage aus. „Ich werde versuchen, es nicht noch einmal liegen zu lassen, aber ich bin es einfach nicht gewohnt, ein Handy mit mir rumzuschleppen.“

„Ist mir nicht entgangen.“

Die nächsten paar Minuten verbrachte ich damit, etwas angespannt aus dem Fenster zu schauen und dem leisen Klack-Klack von Kaibas Tastatur zu lauschen. Ich hatte keine Ahnung, was ich noch sagen sollte und mein Chef machte keinen sehr gesprächigen Eindruck. Schließlich fiel mir sein überstürztes Verschwinden von gestern Nachmittag ein. „Wie geht es ihrem Bruder?“

„Besser. Danke der Nachfrage.“ Letzteres klang nicht so, als würde er es ernst meinen, sondern eher wie eine Höflichkeitsfloskel, die man benutzte um den Gesprächspartner zufrieden zu stellen. Ich hütete mich, weiter nachzufragen und sah stattdessen wieder aus dem Fenster. Erneut herrschte Schweigen.

„Sie haben meine Frage von eben noch nicht beantwortet“, stellte Kaiba nach einer Weile fest, ohne seine Arbeit – Gott wusste, was er da gerade tat – zu unterbrechen. Ich schaute ihn fragend an und versuchte mich zu erinnern, welche Frage er meinte.

„Machen Sie das eigentlich häufiger so, dass Sie ihrem Gesprächspartner keine weitere Beachtung schenken?“ Ups! Der Gedanke war mir gerade durch den Kopf geschossen, allerdings hatte ich nicht vorgehabt ihn laut zu äußern.

„Wieso, ich rede doch mit Ihnen.“

„Ja, aber Sie sehen mich dabei nicht an“, erklärte ich hitzig. „Ich habe irgendwie den Eindruck, dass es Sie überhaupt nicht wirklich interessiert, was ich sage.“

„Machen Sie das eigentlich häufiger so, dass Sie Fragen über sich ausweichen?“, entgegnete Kaiba ungerührt und gab eine Zahlenfolge in den Rechner ein.

Ohne, dass ich es verhindern konnte, lief ich schon wieder rot an. „Ich weiche überhaupt nichts aus, es geht Sie einfach nichts an und ich rede nicht gerne mit Leuten, die mich nicht einmal angucken, wenn ich mit ihnen spreche.“

„Also gut.“ Mit einer energischen Bewegung klappte Kaiba den Laptop zu und wandte den Kopf in meine Richtung, das erste Mal, seit ich in den Wagen gestiegen war. Ein weiteres Mal schien er mich mit seinem Blick geradezu zu durchbohren. Wie konnte man nur so kalt gucken? Und wie kam man zu derart blauen Augen? „Ich sehe Sie an. Bekomme ich jetzt eine Antwort?“

Etwas überrumpelt starrte ich ihn an. Der Kerl war auch immer für eine Überraschung gut! „Da…das interessiert Sie wirklich?“, brachte ich schließlich hervor.

Genervt verdrehte mein Chef die Augen. „Nein, ich frage nur, um meine Zeit zu verschwenden.“ Da seine Stimme einen deutlich schärferen Unterton bekommen hatte, versuchte ich bei meinen nächsten Worten so diplomatisch wie möglich zu bleiben: „Es tut mir Leid, aber das kann ich ihnen nicht sagen. Es geht Sie nichts an.“

Kaibas Blick verdüsterte sich und ich schrumpfte ein wenig auf meinem Sitz zusammen. Da half es auch nichts, dass ich immer noch wie ein begossener Pudel aussah. Offenbar war Kaiba einer von den Kerlen, die normalerweise immer bekamen, was sie wollten und mit Absagen nur schwer zurechtkamen.

Bevor die Situation jedoch in irgendeiner Weise eskalieren konnte, hielt die Limousine glücklicherweise vor meinem Haus und der Fahrer stieg aus, um mir die Tür zu öffnen. Ich verabschiedete mich von Kaiba mit einem knappen „Tschüss, bis Montag“, ehe ich hastig vor der angespannten Atmosphäre im Auto floh und erst wieder halt machte, als ich vor meiner Wohnungstür stand. Aufatmend lehnte ich mich daneben an die Wand. Die letzten paar Minuten neben Kaiba in der Limousine hatten mich mehr erschöpft, als der gesamte restliche Tag. Was war bloß los mit mir?
 

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Fortsetzung folgt...
 

Ich hoffe es hat euch gefallen. Bis zum nächsten Kapitel ;)



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Quadrat-Latschen
2010-08-29T21:24:33+00:00 29.08.2010 23:24
danke für deine ens^^ hat ein bissl gedauert, bis ichs mir durchgelesen hatte ^^
wieder ein schönes und vor allem langes Kapitel
ich kann absolut verstehn, warum die anderen Mädels gerne mit ihr tauschen würden^^
von Eclipse hab ich allerdings keine Ahnung, hab mir mal den ersten teil, Twilight, angesehen und fand, dass es das geld nicht wert war XDDD
Das einzige, was ich etwas fragwürdig fand, woher sie auf einmal wusste, dass sein Bruder Mokuba heißt, wenn sie doch nicht mal gewusst hatte, dass Seto einen Bruder hat? XD
Freu mich schon auf eine Fortsetzung
und dein Schreibstil ist, um das noch mal zu erwähnen, echt gut^^
schreib schnell weiter^^
liebe grüße jade-kaiba


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