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Symphonie der Welt

10 Geschichten zur Welt
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Armut-Reichtum

Der Wind trieb den Regen durch die Straßen, ließ jeden Regentropfen zu einem kleinen Geschoss werden. Dazu kam eine beißende Kälte, die jedem Menschen bis auf die Knochen gehen würde. Man sah kaum Menschen auf der Straße, alle hatten sich in ihre Häuser zurückgezogen, wie eine Schnecke. Die, die man sah, versuchten sich mit Schirmen und Jacken vor den Wassermassen zu schützen, was jedoch so gut wie immer schief ging. Selbst die beste Regenjacke war nicht dicht genug, um dem Wasser Einhalt zu gebieten. Wer sich zudem noch länger auf der Straße aufhielt, riskierte im besten Fall eine Erkältung, im schlimmsten Fall eine lebensgefährliche Lungenentzündung.

Und doch gab es ein paar Menschen, die noch auf der Straße waren. Zu ihnen gehörte Taipen, ein Mädchen von zehn Jahren, welche sich unter einem kleinen Balkon dicht an die Wand presste, um dem Unwetter zu entgehen. Es war sinnlos. Der Wind wurde durch die Häuser der Umgebung ständig abgelenkt, sodass er die Wassermassen auch unter den Balkon trieb, durch die Lumpen, direkt auf die Haut des Mädchen. Sie fror und zitterte. Doch war dies noch die beste Möglichkeit, sich vor dem Sturm zu schützen. Ihre Hütte, am anderen Ende der Stadt, mitten in einem Sumpfgebiet mit Moskitos, Gestank, Tod und Elend, war so dicht wie ein Sieb. Zudem wusste sie nicht, ob das Blech und die einfachen Holzbretter dem Sturm standhalten würden.

So stand sie dort, unter den Balkon, und starrte auf das Haus auf der anderen Straßenseite. Es war ein großes Haus, viel größer als die größten Hütten, die sie je gesehen hatte. Die Fassade strahlte trotz des Regens weiß und aus den Fenstern drang warmes Licht. Man konnte schemenhaft Personen erkennen, die hinter dem Fenster auf und ab gingen.

Wie wäre es doch, wenn ich doch jetzt in dem Haus wäre. Ich hätte ein Dach über dem Kopf, der regen würde mich nicht frieren lassen und der Hunger würde mich nicht verzehren. Ja, ein Haus ist was schönes. Es bietet Sicherheit, Schutz und Wärme. Ich hätte auch gerne eins. Die Mama sagt zwar immer, dass wir das auch bald haben, doch ich glaube das nicht. Sie sagt immer, dass es bald aufwärts geht, dass der Papa eine neue Arbeitsstelle hat, dass wir dann mehr Geld haben, dass ich dann in die Schule gehen kann, auch wenn ich nicht weiß, was das ist, dass wir dann vor dem husten keine angst mehr haben müssen, dass es der Oma dann besser geht, dass wir dann keinen Hunger mehr haben müssen, dass wir in die Häuser mit den vielen Lichtern im Innern der Stadt gehen dürfen, dass ich mir schöne Kleider kaufen kann, so wie die Frauen auf den Plakaten. Papa muss wohl sehr hart arbeiten. Die Mama sagt immer, dass er dann kommt, wenn wir schlafen und geht, bevor wir aufstehen. Sie sagt, dass wir schon bald wo anders leben,wieder glücklich sind. Ich hoffe, das stimmt. Dann sind wir so wie die Menschen in dem Haus, sicher und fröhlich. Bald. Wir müssen nur daran glauben, dann kommt das Geld schon, sagt die Mama. Bald werden wir keine sorgen mehr haben. Sagt die Mama. Wenn die Mama das sagt, wird das stimmen. Die Mama hat doch immer Recht.

Ihre Augen wurden immer größer, als sie durch die Regenmassen auf die Gestalten hinter dem Fenster blickte. Sie wünschte sich so sehr auch in dem Haus zu sein. Und wenn es nur für eine Nacht wäre. Dann würde sie nicht mehr frieren und es geht ihr sicherlich nicht mehr frieren. Zudem würden ihre Lungen nicht bei jedem Atemzug wie Feuer brennen. Und der Hustenreiz wäre auch sicherlich weg. Sie schloss die Augen und dachte daran, wie es wäre, in dem Haus zu sein.

Sie sah goldene Fliesen, sie fühlte die Wärme, hörte den Sturm ungefährlich vorbeiheulen, sah einem Mann, der sich vor ihr verneigte und sie bat, in das Bad zu folgen. Dort entkleidete sie sich und stieg in die riesige Badewanne, voller Schaumbad. Es war herrlich. Überall Wärme und Geborgenheit. Sie schloss im Traum die Augen und ließ sich gleiten... immer weiter gleiten... in das Herz des Schaums... sie fühlte sich als könnte sie schweben...
 

[...] Schwerste Stürme zogen über die Südsee und zerstörten weite Teile des Landes. Wieder waren die Ärmsten der Armen betroffen. Allein in der letzten Nacht sich mehr als 30 Menschen ums Leben gekommen, mindestens vier von ihnen waren noch nicht einmal 18 Jahre alt. Oft waren die Todesursache nicht die Trümmer, sondern die ungewöhnliche Kälte, die der Sturm mit sich getrieben hatte. Für uns berichtet live aus den betroffenen Regionen:[...]



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Kommentare zu diesem Kapitel (5)

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Von:  Yu_B_Su
2009-11-22T18:31:39+00:00 22.11.2009 19:31
Die zweite Geschichte. Ich finde den Titel etwas irreführend, man erwartet einen Vergleich und auch wenn der Kontrast zwischen Reich und Arm ein Aspekt dieser Geschichte ist, ist die Relation von Reichtum doch eher das Kernthema, finde ich, daher wäre 'Reichtum' passender.

Inhaltlich fand ich es ganz gut, du hast die Wassermassen sehr intensiv beschrieben, besonders das 'dem Wasser Einhalt gebieten' hat die Menge gut getroffen! Die Kälte war ein netter Aspekt und du hast ihn gut mit dem warmen Licht des reichen Hauses in Kontrast gesetzt. Allerdings hat mich verwirrt, dass es dort Miskitos gibt, was darauf hindeutet, dass es ein tropischer Ort ist. Somit ist die Kälte dort gar nicht so gefährlich, oder irre ich mich? Ich fand sie einfach nicht notwendig, es hat zwar gepasst, aber ein Fehlen wäre kein großer Verlust, denke ich.

Die Situation des Mädchens hast du gut beschrieben, auch realitätsnah, besonders die Gedanken des Mädchens habe mir gefallen. Du hast wirklich ihre Sprache getroffen, sie ist so unperfekt. Allerdings weiß ich nicht, ob die Kleinschreibung einiger Substantive dazugehörte. Denn wenn sie nicht zur Schule geht, kann sie ja auch nicht schreiben bzw. wenn sie sich in der Groß-/Kleinschreibung irrte, hätte sie sicherlich noch andere Fehler gemacht. Übrigens fehlte in der Szene, als das Mädchen unter dem Balkon steht ein Genitiv-s.

Der Gedanken, dass Geld gleich Glück ist, war gut herausgearbeitet, du hast mit dem Bad auch eine typischen Prinzessinen-Situation dargestellt. Allerdings hätte das noch ein bisschen intensiver sein können, damit es besser ihm Kontrast zur 'Schreckensmeldung' steht.

Denn diese Pointe war zwar beeindruckend, aber sie kam nicht richtig rüber. Die Botschaft, dass der Reichtum des Lebens viel wichtiger ist als der des Geldes, war schön. Allerdings wird im Fernsehen eher von 'Kindern' gesprochen und in Verbindung mit Naturkatastrophen ohnehin eher selten, weil die alle betreffen (anders als bei Krankheiten, bei denen Kinder als anfälliger gelten und es dramatischer ist, wenn die nächste Generation durch die Unachtsamkeit der vorherigen ausstirbt). Und es 'war', auch wenn es komisch klingt, die Todesursache. Und die Kälte gefällt mir nicht :-D

Dennoch muss ich dich für deine Sprache loben; das Niveau ist sehr hoch, der Satzbau stimmt, die Wortwahl, alles sehr gut, und nur ein paar kleine Schusselfehler.

Alles in allem: ganz gut :-D
Von:  Varlet
2008-12-04T16:57:18+00:00 04.12.2008 17:57
Ich finde die Art, wie du schreibst wirklich herlich und auch, wie du die ganzen Dinge beschreibst. Vor allem der erste Satz hatte es mir angetan und ich staunte ziemlich. Also so gut würde ich auch gerne mal beschreiben.
Mit tut das Mädchen leid,s ie ist noch so jung und muss schon so leiden *seufzt* Das ist einfach nicht fair...
Du hast den Kontrast zwischen reich und arm wirklich gut dargestellt und ich denke, dass ich allen Lesern klar geworden
Von:  Chimi-mimi
2008-11-19T18:40:01+00:00 19.11.2008 19:40
Die arme Kleine *seufz*
Leider gibt es Kinderarmut ja viel zu häufig. Und gerade das mit dem Erfrieren hast du sehr gut getroffen. Einfach so einschlafen und dann träumen. Erinnert mich auch an das Märchen, wie Aya.

Was ich sagen muss, im kursiven Teil, der erste oder zweite Satz, da dachte ich, dass du von der Sprache her nicht kindgerecht bist. Aber du hast dich dann gefangen und die Sätze sind dann wirklich kindlich geworden.

Chimiko
Von:  Wintersoldier
2008-11-18T11:25:26+00:00 18.11.2008 12:25
Kennst du das Märchen "Das kleine Mädchen mit den Schwefelhölzern"? Irgendwie musste ich bei deiner Geschichte daran denken, wahrscheinlich weil Weihnachten immer näher rückt und wir das Märchen da immer gehört haben... oder weil die Geschichte in ein paar Punkten ähnlich ist.

Dein Schreibstil ist übrigens schön zu lesen und abgesehen von ein paar Flüchtigkeitsfehlern hab ich daran nichts zu bemängeln. ^^ (Du hast einmal bei den Gedanken des Mädchens "Regen" klein und bei der Nachritendurchsage "sich" statt "sind" geschrieben. :P)
Aber nun zurück zur Geschichte: ich kann da [[Maeve]] eigentlich nur zustimmen. Trauriges Schicksal, umso trauriger da es sich um ein kleines Mädchen handelt. Ich könnte jetzt sagen, ihre Verzeiflung ist gut getroffen, aber irgendwie trifft es das nicht. Das Mädchen ist so hoffnungsvoll, dass ich als Leser traurig werde, wenn ich es lese - wahrscheinlich weil ich die Situation in dem Punkt durchschaue, dass ich zu wissen glaube, was mit ihr passiert, während sie sich an die Worte ihrer Mutter klammert und das macht ihre Gedankengänge umso erdrückender (im positiven Sinne O_o).
Sehr schön gewähltes Stilmittel ist übrigens sowohl dieses "Mama sagt..." und "Mama hat doch immer recht" zur Untermalung der verzweifelten Hoffnung und der kindlichen Naivität wie auch der Sprung zu den Nachrichten am Ende, der einerseits erahnen lässt, was der kleinen passiert ist und andererseits zeigt, dass sie nicht die einzige ist.
Alles in allem ein beeindruckend dargestellter Kontrast zwischen Reichtum und Armut.

Liebe Grüße
Aya
Von: abgemeldet
2008-10-23T18:13:25+00:00 23.10.2008 20:13
Du hast eine sehr schöne, angenehme Art zu schreiben, die mich aus irgendeinem Grund an klassische Gedichte erinnert - frag jetzt bitte nicht, warum, ich schreibe am Montag Deutsch-Klausur und bin ein wenig ... irr. ;)
Besonders gefallen hat mir das Ende. Ich habe mal gelesen, dass man einfach einschläft, wenn man erfriert - für mich macht es das fast noch grausamer, weil es so ... friedlich wirkt. Genauso in deiner Geschichte. Zuerst denkt man: Wie schön, sie träumt ja. Und dann ... bamm. Auf einmal der Schock. Und dazu noch sehr elegant gelöst, im Nachrichtensendung-Stil. Unglaublich beeindruckend, muss ich sagen.
Auch die Idee vom Vater des Mädchens fand ich sehr, sehr gut. Es liegt nahe, dass er gar nicht mehr kommt - vielleicht selbst schon gestorben ist - doch sicher weiß man es nicht (es sei denn, ich habe etwas überlesen).

Die Gedanken des Mädchens machten mich unglaublich traurig. Unfreiwillig obdachlos gewordene Menschen sind schon schlimm genug, aber wenn es Kinder sind, ist das gleich doppelt schrecklich. Dass sie bis zuletzt die Hoffnung nicht aufgibt und mit kindlicher Naivität an eine Besserung ihres Lebens glaubt, ist bewegend.

(Bei den Gedanken hätte ich allerdings den ein oder anderen Absatz gemacht, dann liest es sich vielleicht etwas leichter. Und hin und wieder gehört noch etwas groß geschrieben. Ansonsten habe ich nichts zu bemängeln. ;) )


Grüße,
Maeve


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