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Release Me!

Zwispalt Hass & Liebe -- ♥♥ Seto X OC X Yami Yugi ♥♥ ~~ >Wird überarbeitet!<
von

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Welcome - And Welcome Back!

Kapitel 6:

Welcome - And Welcome Back!
 

Mit schnellem Schritt ging ich nach Hause. Ich dachte, ich hatte nun meine Ruhe, nach diesem ganzen Trubel, doch weit gefehlt.
 

~Setos Sicht~
 

Mokuba war gerade nach Hause gekommen und ungewöhnlich schnell in sein Zimmer verschwunden. Etwas verheimlichte er mir doch. Das ahnte ich. Ich war ziemlich neugierig, es könnte ja sein, dass es etwas mit Kyoko zu tun hatte.
 

Doch erst einmal sah ich mir die 20.00 Uhr-Nachrichten an. Es war doch tatsächlich etwas passiert, nicht weit von hier. Ein LKW hatte beinahe ein Mädchen überfahren. Und wen sah ich da im Hintergrund? Natürlich Kyoko. Sie schien das Unglück ja gerade zu magisch anzuziehen. Ein Grinsen huschte für einen kurzen Moment auf mein Gesicht, das aber, so schnell wie es kam, auch wieder verschwand. Denn da entdeckte ich auch Mokuba. Das war es also.
 

Nachdem ich die Nachrichten zu Ende gesehen hatte, ging ich nach oben und ging auf dessen Zimmer. Ich klopfte, keine Antwort. Ich öffnete sie, doch ich fand nur einen schlafenden Mokuba vor. Er lag bereits im Bett. Wahrscheinlich war er erschöpft, dieser Tag war, wie die letzten, ziemlich anstrengend für ihn. Ich wollte ihn zudecken, als ich einen kleinen Papierfetzen in seiner leicht zu einer Faust geballten Hand entdeckte. Eine Telefonnummer stand darauf. Vorsichtig öffnete ich seine Hand und nahm den Zettel heraus. Ich deckte ihn zu und verließ sein Zimmer.
 

Auf meinem Zimmer angekommen, setzte mich auf meinen Sessel und klappte mein Laptop auf.

>Mit ein wenig Trick und Wissen wird es mir bestimmt gelingen, herauszufinden, wessen Telefonnummer das ist.<

Kurze Zeit später wusste ich auch, wessen Nummer es war, es war tatsächlich Kyokos. Und sich herausstellte, war es ihre Handynummer. Ich rief auf ihrem Handy an, mehrmals, aber nie ging jemand ran. Kurzerhand entschloss ich mich dazu, die Nummer dem Telefonbuch in meinem Handy hinzuzufügen, sowie die Nummer ihres Haustelefons.

Ich drehte mich in meinem Sessel, um neunzig Grad, und sah durch die ganz verglaste Rückwand meines Zimmers, hinaus in das Dunkel der Nacht.
 

Der Drang, sie anzurufen, war da, ich verspürte ihn, er war so stark, dass ich den Hörer des Telefons in die Hand nahm, ihre Nummer wählte und das Freizeichen ertönte, doch nach dem ersten 'Tuut' legte ich auf. Wenn sie sähe, dass ich anrufe, dann würde sie wahrscheinlich wieder wütend werden und auflegen. Doch ich wollte ihre Stimme hören. Ich wollte in ihrer Nähe sein. Zumal sie nach dem Vorfall heute morgen und unserem Streit ziemlich zerstreut wirkte.

>Ich frage mich, ob sie das nicht gemerkt hat.<

Mein Inneres verlangte nach ihr, nach ihrer Nähe und nach ihrer Zuneigung. Verdammt, was war das für ein Gefühl? Wollte ich sie nur für eine Nacht, oder war es das Gefühl, was man 'Liebe' nannte?
 

Ich beschloss, noch einmal nach draußen zu gehen, um meinen Kopf frei zu bekommen. Es lag noch ein Haufen Arbeit vor mir, was das Turnier betraf, das in zwei Tagen mit dem Halbfinale und schließlich mit dem Finale endete. Doch wie sollte man an Arbeit denken, wenn ein Mädchen, was man begehrt, einem alle Sinne vernebelt?
 

Die Sonne war schon lange untergegangen, es war dunkel und die Straßenlaternen, die von Insekten umflogen wurden, warfen ein grelles Licht auf die Straßen. Es war eine recht kühle Sommernacht, mir war ein wenig kalt, denn es war kühler geworden, als ich dachte. Meine Hände vergrub ich in den Taschen meines Mantels. Der Kies, der überall verstreut war und die Wege kennzeichnete, knirschte unter meinen Füßen. Der Rasen und die Wege waren durch die Laternen, die rechts und links neben dem Weg standen, reichlich und zu genüge erhellt. Es war viel heller, als auf den Straßen. Ich schritt auf das Tor vor meiner Villa zu, die mein Eigentum von dem der Stadt trennte und ging die Straßen hinunter.
 

Ich zog das Handy aus meiner Manteltasche und rief auf ihrem Handy an, da ich mit ihr reden wollte – wie immer. Wir hatten uns gestritten, was auch nichts neues mehr war. Ich wollte mich bei ihr entschuldigen, doch sie würde mir garantiert nicht zuhören. Sie denkt, ich könnte so etwas ja nicht. Ich meine es doch gar nicht ernst. Ich wolle sie ja nur benutzen, sie um den Finger wickeln, mit ihr schlafen und sie dann wieder wie eine heiße Kartoffel fallen lassen. So dachte sie bestimmt – zuzutrauen wäre es ihr ja.

Dabei entschuldigte ich mich nie bei anderen Leuten, außer bei Mokuba. Und neuerdings bei ihr, die mein Leben von jetzt auf gleich verändert hatte.
 

Da hörte ich gleichzeitig ein Klingeln eines Handys. Ich erinnerte mich, es war der gleiche, wie Kyoko ihn hatte. Ich hatte in gehört als sie von ihrem Bruder angerufen wurde. Ich bin ihr nachgegangen, als sie nach dem Turnier durch die Stadt bummelte. Davon weiß sie jedoch nichts...
 

Das Handy klingelte, ich legte auf, im selben Moment verstummte das Klingeln, und das Surren des Vibrationsalarms. Ich rief erneut an, wieder das Klingeln, zeitgleich. Es kam aus einer überfüllten Mülltonne. Es lag oben auf, ich nahm es mit einem Taschentuch in die Hand, wischte es damit ab, bis der Schmutz , der es benetzte, vollkommen zwischen den Fasern des Taschentuchs haftete und das Handy seine ursprüngliche, blutrote Färbung zeigte.

>So ein Handy würde zu ihr passen. Die Farbe, der Typ, die Marke...<

Ich klappte es auf, und testete, ob es wirklich ihr Handy war. Ich hielt beide Handys an meine Ohren, fragte, wer da sei, und tatsächlich: Meine Stimme hallte als dem anderen Handy wider. Also war es wirklich ihres.

Aber was sollte ich jetzt tun? Es ihr zurückbringen? Oder sollte ich es behalten?

Sie würde ihr Handy doch nicht ohne Grund in den Mülleimer werfen.
 

In Gedanken versunken merkte ich erst kurze Zeit später, dass ihr Handy ein weiteres Mal klingelte. Mit einem eiskalten 'Wer ist da?' begann ich das Gespräch.

„Oh, entschuldigen Sie, ich wollte eigentlich mit meiner Schwester sprechen. Vielleicht habe ich mich nur verwählt.“

„Warten Sie!“, sagte ich schon ein wenig wütend klingend.

Der junge Mann am anderen Ende der Leitung brachte ein eingeschüchtertes „Was ist denn?“ heraus, mehr nicht.

„Ich habe das Handy Ihrer Schwester in einer Mülltonne gefunden, als ich versuchte, sie zu erreichen.“
 

Der junge Mann am anderen Ende der Leitung räusperte sich.

„Oh, ähm...Entschuldigen Sie, sind Sie vielleicht Seto Kaiba?“

„Wer will das wissen?“, fragte ich in einem arroganten Ton.

„Jun Ishino. Ich bin Kyokos Halbbruder, sie wohnt bei mir. Ich mache mir große Sorgen um sie, weil sie noch immer nicht zu Hause ist.“

Ich erschrak. Sie war nicht zu Hause und meldet sich nicht, ihr Handy lag in einer Mülltonne...sie wird doch nicht...
 

„Sie ist noch nicht zu Hause?“

„Nein, sie meldet sich auch nicht. Hoffentlich ist ihr nichts zugestoßen...“

„Ich werde sie suchen. Wenn sie nach Hause kommt, soll sie sich melden.“, brüllte ich voreilig in das Handy.

„Das kann ich nicht von Ihnen verlangen,...“

„Ich sagte, ich suche nach ihr. Und ich werde nicht aufhören, bis ich sie gefunden habe!“

„Wenn Sie meinen...Vielen Dank für Ihre Unterstützung.“

„Ich melde mich, wenn es etwas neues gibt.“ Damit beendete ich das Gespräch und legte auf.
 

Ich eilte zurück zur Villa, um einen Wagen aus der Garage zu holen. Dort angekommen, traf ich auf Roland, dem ich sagte, dass ich nach Kyoko suchen werde, da sie seit heute Abend verschwunden war. Er versicherte mir, dass er sich in der Zeit, in der ich weg war, um Mokuba kümmerte, wenn er wach wurde, würde er ihm sagen, dass ich zurück in die Firma musste. Er musste ja nicht wissen, dass Kyoko, an der er ganz offensichtlich sehr hing, unauffindbar war.
 

Der Wagen raste durch die Stadt, durch die Viertel der Reichen und der weniger Reichen, bis hin zu den Plattenbauten im Armenviertel der Stadt. Doch ich fand sie nicht. Die Anzeige in meinem Auto zeigte bereits nach Mitternacht. Es regnete in Strömen.

„Verdammt, wo ist sie bloß?“, murrte ich vor mich hin, bis ich an einem Spielplatz vorbeikam. Ich hielt kurz an, da ich jemanden auf einer Schaukel sitzen saß. Es war eine Frau, oder eher ein Mädchen, das dort saß, den Kopf gesenkt, die Hände an den Seilen und ziemlich zusammengekauert. Sie war nicht sehr warm gekleidet, sie fror wahrscheinlich.

Ich kurbelte das Fenster herunter.
 

„Kyoko, bist du es?“, rief ich, worauf das junge Mädchen aufblickte und ich ihre leuchtend roten Augen sah. Kein Zweifel, sie war es.

Ich stellte den Wagen in einer Parklücke ab und stieg aus dem Wagen, blieb an der Autotüre stehen, das Mädchen hatte ihren Blick wieder gesenkt. Eine Windböe wehte einige Blätter herum und fuhr mir, und ihr, die entfernt auf der Schaukel saß, und sich nicht rührte, durchs Haar. Ich ging langsam auf sie zu. Sie würdigte mich keines Blickes und machte den Eindruck, dass sie sich wünschte, dass ich sie nicht gefunden hätte.
 

„Verschwinde.“

Ich stand vor ihr und blickte auf sie herab. Sie war durchnässt, ihre Kleidung sowie ihr schwarzes Haar klebte an ihrer Haut. Das Make-up in ihrem Gesicht war verlaufen.

„Ich will nicht, dass du mich so siehst.“

Noch immer sah ich auf das Mädchen herab, das vor mir auf der Schaukel saß und den Boden anstarrte.

„Lass' mich allein, Kaiba!“

„Und wenn ich es nicht tue?“

Sie schwieg. Das einzige, was ich hörte, war ein leises Schluchzen, das von ihr kam.

„Ver – Verschwinde einfach!“

„Ich lasse dich nicht allein hier. Dein Bruder macht sich schließlich Sorgen um dich.“

„Was geht dich das an? Dann sorgst sich mein Bruder eben um mich! Kümmer' dich gefälligst um deinen eigenen Kram...“

Ihre Hände ballte sie zu Fäusten.
 

Ich reichte ihr ihr Handy. Sie sah es ein wenig schockiert an und schlug meine Hand weg, worauf das Handy einige Meter weggeschleudert wurde und zu Boden fiel.

„Sag' mir, was ist eigentlich in dich gefahren? Spinnst du? Du solltest froh sein, dass ich dich gefunden habe!“, schrie ich sie an, doch sie regte sich nicht.

Das einzige, was sie tat, war, noch wütender, als ich es war, zu klingen und noch immer meinen Blicken auszuweichen.

„Ich bin nicht froh darüber! Ich werde dich nur in ein Unglück stürzen! Ich will nicht, dass du dich weiterhin in mein Leben einmischst!“

Sie starrte noch immer zu Boden.
 

„Was redest du da für einen Unsinn?“

Ich verstand nicht, was sie da sagte, ich hielt es für einen dummen Scherz.

„Es – Es war kein Unfall...“

„Wovon redest du? Ich verstehe kein Wort!“

„Der Schuss auf uns, gestern morgen – “

„Was ist damit?“

„Ich habe das Gefühl, dass jemand hinter mir her ist...“
 

„Was?“ Ich klang schockiert und wütend zugleich.

>Wieso sollte sie jemand verfolgen? Hat sie irgendwas verbrochen?<, dachte ich.

Es machte für mich keinen Sinn.

>Wieso sollte jemand, den sie wahrscheinlich noch nicht einmal kennt, sie, ausgerechnet sie hassen?<

„Du hast richtig gehört. Deshalb habe ich auch mein Handy weggeworfen. Weil mich immer wieder jemand angerufen und bedroht hat.“

„Du machst Witze! Das glaube ich dir nicht! Wieso sitzt du dann in so einer abgelegenen Ortschaft rum? Hier kann dich jeder überfallen oder dir sonst etwas tun...“

„Was sollte ich denn machen? Was hättest du an meiner Stelle getan? Nach Hause konnte ich nicht, wir hatten uns gestritten und Yugi habe ich einfach auf der Straße stehen lassen, weil ich abgehauen bin. Ich will niemanden in Gefahr bringen! Wann verstehst du es endlich?“
 

Endlich sah sie in mein Gesicht. Ich sah, wie ihre Tränen ihre Augen füllten und aus ihren Augenwinkeln an ihren Wangen zum Kinn herunterliefen und auf ihre Oberschenkel tropfte.

„Wieso hast du mir das nicht eher gesagt?“, fragte ich sie, doch sie wich aus.

„Jetzt, wo du es weißt, solltest du so schnell wie möglich von hier verschwinden. Ich will nicht, dass dir oder Mokuba etwas zustößt.“

„Du bist so stur, Kyoko! Nie siehst du etwas ein! Denkst du wirklich, dass ich dich hier in diesem abgelegenen Kaff zurücklasse?“

„Was bleibt dir denn übrig?“

„Du wirst mit mir kommen.“

„Auf gar keinen Fall!“

Sie sah mir wütend in die Augen und schien zu hoffen, dass ich nachgab. Doch nicht mit mir. Niemand legt sich mit mir, Seto Kaiba an. Auch wenn sie es ist, die ich in meinem Inneren so sehr begehrte...

„Wenn du nicht freiwillig mit mir gehst, dann nehme ich dich eben mit Gewalt mit. Und glaub' nicht, dass du mir entkommst!“
 

Ich packte sie am Handgelenk und spürte ihre eiskalte Haut, als ich sie von der Schaukel zum Wagen zog. Sie hatte ihren Blick wieder gesenkt und starrte den Boden an. Am Wagen angekommen setzte sie sich ohne Gegenwehr auf den Beifahrersitz. Ich machte sie fest, da sie jede noch so kleine Bewegung zu meiden schien, und schloss die Türe, eilte zur Fahrertüre und stieg ein.

„Bring' mich nach Hause.“, forderte sie leise.

„Nein.“

„Nein?“

„Du kommst mit zu mir. Ich werde dich nicht unnötig in Gefahr bringen.“

„Ich kann auf mich selbst aufpassen! Verstehst du's nicht oder willst du es nicht verstehen?“
 

Ich warf ihr wortlos mein Handy auf den Schoß.

„Ruf' deinen Bruder an, er soll alles notwendige von dir und ihm einpacken. Ihr werdet zu mir ziehen.“

„Das kannst du voll vergessen! Eher erschieße ich mich, als bei dir einzuziehen!“

„Na gut. Wenn du meinst...steig' aus.“, sagte ich genervt, als wir an einer Ampel hielten.

Sie schwieg.

„Na mach' schon. Wenn du willst, dann geh', ich werde dich nicht aufhalten.“

Erneut schwieg sie.

Die nahm das Handy in ihre zitternden Hände und wählte eine Nummer.
 

„Jun? Pack' ein paar Klamotten zusammen, ein paar von dir und welche von mir. Ich werde es dir später erklären.“, sagte sie in das Handy, kurz nachdem sie die Verbindung zum Handy ihres Bruders aufgebaut hatte.

„Mach' schon. Halte dich bereit, du wirst abgeholt. Und stell' keine Fragen.“

Sie machte eine Pause.

„Tu's für mich.“, hörte ich sie sagen, dann legte sie auf.
 

„Er macht sich bereit.“, sagte sie leise.

„Gut gemacht.“, lobte ich sie.

Ich schaute auf die Straße und gab Gas, als die Ampel auf Grün sprang.

„Dir wird nichts passieren. Verlass' dich ganz auf mich, Kyoko.“, sagte ich in einem halbwegs einfühlsam klingenden Ton.

„Wenn ich mich auf dich verlasse, dann kann ich mich ja gleich umbringen! Du willst mich doch nur benutzen! So, wie du die anderen Frauen benutzt!“

„Du bist aber nicht wie andere. Wenn ich dich haben könnte, dann wären mir alle anderen Frauen egal.“

Ich glaubte selbst nicht, was ich da sagte. Ich dachte nach, wie sie wohl reagieren würde.

„Du willst mich doch nur flachlegen!“

„Will ich das? Jetzt, wo du es sagst, du bist ein wunderschönes Mädchen, bist intelligent und lässt dir von niemandem etwas vorschreiben. Das könnte spaßig werden. So eine Frau wie dich habe ich noch nicht flachgelegt. Danke für den Tipp.“
 

Ihrem Blick nach zu urteilen dachte sie wohl darüber nach, was sie da schon wieder gesagt hatte. Dass sie auch nie die Klappe halten konnte. In diesem Moment war sie wirklich durchschaubar. Ich grinste. Irgendwie war es das, was sie so interessant machte.

>Sie ist irgendwie, auf ihre eigene Art und Weise, echt süß. Warte mal, wo denke ich hin? Wegen dieser Zicke? Wieso will ich, dass sie bei mir, nur bei mir und bei keinem anderen Kerl, ist?<
 

Sie stieß einen Seufzer aus.

„So tief bin ich also schon gesunken, dass mit dir in einem Haus wohnen muss, ja?“, sagte sie, die sich die Hände rieb, um ein wenig Körperwärme zu erzeugen.

Ich schaltete die Heizung des Wagens ein.

„So schlecht wie bei dir wohnt es sich bei mir ganz bestimmt nicht. Ach, übrigens, du wirst in das Zimmer direkt neben meinem einziehen. Dann habe ich dich wenigstens unter Kontrolle.“

„Kannst du vergessen. Eher schlaf' ich auf dem Dach oder auf dem Flur oder sonst wo!“

„Dann schlaf' eben neben mir in meinem Bett.“

Ihre Kinnlade näherte sich immer mehr dem Boden an.

„Dann haben wir das ja geklärt.“

„Kaiba...du...Perversling!“
 

Nach mehreren Minuten der Stille erreichten wir die Kaiba-Villa.

„Mach' mich nicht dafür verantwortlich, wenn dir oder deinem Bruder etwas passiert. Ich habe dich gewarnt!“

„Ja ja. Schon kapiert. Mach' mich genau so wenig dafür verantwortlich, wenn dir was passiert.“

„Pfft.“
 

Wir stiegen, in der Tiefgarage angekommen, aus dem Wagen.

„Sobald ich die Gelegenheit habe, verschwinde ich.“, hörte ich sie flüstern.

„Hast du was gesagt?“

Ich drückte sie an den Wagen und sah ihr in die Augen. Feurig rot traf eisig blau.

„Nö. Nichts, was dich interessieren sollte.“

„Das will ich auch hoffen.“

Ich entfernte mich von ihr, die auf ihren Wangen eine rote Farbe angesetzt hatte.
 

„Mokuba wird sich freuen, wenn er hört, dass du ab jetzt hier wohnst.“

„Ha ha, echt guter Witz.“, sagte sie ironisch. „Dafür hasse ich es umso mehr, dass ich mit dir unter einem Dach leben muss.“ Sie seufzte erneut. „Was habe ich dir mal gesagt: Du sollst dich nie wieder in mein Leben einmischen?“

„Ich lasse mir von niemandem etwas vorschreiben. Auch nicht von dir, Kyoko.“

Meine Betonung lag auf ihrem Namen, sie errötete erneut und sah zu Boden.

Ich grinste.

„So schüchtern kenne ich dich gar nicht.“

„Ich und schüchtern? Du bildest dir da aber was ein!“
 

Ich frage mich wirklich was das für Konsequenzen hat, wenn sie hier wohnt. Oder ob es doch ein Nutzen für mich wäre.
 

~Einige Zeit später~
 

Wir gingen in die Villa, wo uns schon Kyokos Bruder erwartete.

„Hey, Rii – Kyoko! Sag' mal, was soll das ganze hier eigentlich?“, fuhr er sie an und packte sie an den Schultern.

Ich stutzte. >Wieso hatte er erst Rii – gesagt, und dann erst dann Kyoko? Hat sie einen anderen Namen? Ist dieses Mädchen nun doch eine Unbekannte für mich? Ein Name, der nicht echt, sondern nur ein Pseudonym ist? Was verschweigt sie mir noch? Was will sie damit bezwecken?<
 

„Das erfahren Sie schon noch. Lassen Sie sie jetzt erst mal in Ruhe. Sie sehen doch, wie miserabel es ihr im Moment geht.“, sagte ich – es ging mir gediegen auf den Keks, dass er sie, jetzt, wo sie wirklich total am Ende war, so derartig mit Fragen löcherte.

Der junge Mann murrte.

„Pfft.“ Kyoko war nicht gerade begeistert. Ihre Reaktionen zauberten mir immer wieder ein Grinsen auf meine Lippen.

„Du, Kyoko,...“

Ich wurde hellhörig, als ihr Bruder wieder mit ihr sprach, ließ es mir jedoch nicht anmerken.

„Was denn noch? Soll ich ihn noch heiraten oder was willst du jetzt schon wieder?“

Kyoko verabscheute es. Sie hasste die Situation, in der sie sich nun befand. Und wie sich später ergibt, wird es noch schlimmer für sie werden.
 

„Ich muss morgen Mittag los, ich muss mit meinem Chef auf eine Geschäftsreise. Ich werde dann die nächsten sechs Wochen nicht hier sein.“

„Das sagst du mir jetzt? Was soll das, Jun? Du willst mich doch hier nicht mit diesem Kerl allein lassen? Und schon gar nicht für sechs Wochen?!“

„Tut mir Leid, Kyoko, dass ich es dir nicht schon früher gesagt habe.“

„Das will ich auch meinen –“

„Machen Sie sich keine Sorgen, ich kümmere mich um Ihre kleine Schwester. Sie wird bei mir in guten Händen sein. Es wird ihr an nichts fehlen.“

Kyoko zog eine Grimasse. Sie versuchte wohl, mich nachzuahmen.
 

„Vielen Dank, Mister Kaiba. Ich weiß nicht wie ich Ihnen danken soll! Sie kümmern sich bestimmt rührend um sie. Vielen Dank.“

„Jetzt übertreib' mal nicht! Der verdient deine Dankesreden nicht, Bruder.“

Ich warf ihr einen genervten Blick zu, worauf sie einen kleinen, dennoch hörbaren Seufzer ausstieß.
 

„Ich ziehe zu Yugi. Der nimmt mich bestimmt bei sich auf.“

„Oh nein, du bleibst hier.“

„Was? Schon wieder eifersüchtig? Denkst du, dass er dir nicht nur den Titel als weltbester Duellant wegnimmt, sondern dir auch noch dein von dir ausgesuchtes neues Betthäschen wegschnappt?“

Das war zu viel des Guten.

„Wieso sagst du nichts mehr? Ich hab' wohl ins Schwarze getroffen, was? Komm', gib' es zu, du hast mich nur hier her gebracht, um mich flachzulegen, stimmt's?“

Jeder Satz war zu viel. Ich kochte vor Wut. Ich hätte ihr eine knallen können. Doch ich bin nicht der Typ von Mann, der Frauen schlägt.
 

„Los, sag' es!“, forderte sie.

„Kyoko, Schluss jetzt! Hör' sofort auf, ihn zu beleidigen. Entschuldigen Sie, dass meine kleine Schwester so vorlaut ist –“

„Schon gut. Ich will sie nicht aufhalten. Wenn sie will, dann soll sie doch gehen. Das ist mir völlig egal. Und was sie denkt interessiert mich nicht im geringsten.“

Ich drehte mich um und ging schweigend nach oben.
 

„Ja, geh' doch, Kaiba! Mir soll es Recht sein! Wieso hast du nicht gleich aufgegeben?! Du kriegst mich nicht rum! Du hast schon bei deinem ersten Zug verloren, in deinem eigenen Spiel! Du bist ein Versager, ein Mistkerl, ein hinterlistiges Arschloch!“, brüllte sie mir hinterher.

„Weißt du was, Kyoko?“

Sie starrte mich an.

„Ich gebe zu, ich bin zerfressen von Eifersucht. Ich hasse es, wenn du auf Stur stellst. Ich mag es nicht, wenn du mich ignorierst und du einfach nicht das tust, was man von dir verlangt. Aber ich mag dich und deine Art. Und daran ändert sich auch nichts. Auch nicht deine Zickereien.“

Mit einem Schlag war sie ruhig gestellt.

„Gute Nacht.“

Ein Lächeln huschte auf mein Gesicht.
 

„Ach ja, bevor ich es vergesse...“

Ich ging die Treppe wieder hinunter, nahm sie am Handgelenk und zog sie hinter mir her.

„Roland, zeigen sie Ishino-san sein Zimmer. Ich werde dafür sorgen, dass sich Kyoko etwas frisch und für's Bett fertig machen kann.“

„Natürlich. Eine gute Nacht wünsche ich, Master Kaiba.“
 

Wir gingen zusammen zu meinem Zimmer.

„Was wird dass denn jetzt wieder?“

Ich zog sie in mein Schlafzimmer, weiter durch zum eigenen Badezimmer.

„Geh' dich erst einmal duschen. Handtücher liegen in Schrank, einen Schlafanzug kannst du dir von mir leihen.“

Sie sah mich grimmig an.

„Ich werde heute in einem anderen Zimmer schlafen, du kannst also unbesorgt sein.“

Damit verschwand ich aus meinem Zimmer und ging über den Flur, mit dem Gedanken, wo ich jetzt schlafen sollte.
 

~Kyokos Sicht~
 

Die Türe ging zu. Kaiba war nach draußen auf den Flur gegangen.

>Ich habe doch gesagt, ich würde wo anders schlafen. Der hat wohl was an den Ohren!<, dachte ich, warf meine durchnässte Kleidung auf den Boden und drehte die Dusche auf.

Ich schloss die Augen, stellte mich unter die Brause und ließ das Wasser an meiner Haut herunterlaufen. So eine Dusche war wirklich toll. Bis ich feststellte, dass in der Dusche nur Shampoo von Seto stand, was ja sehr verwunderlich ist, wenn es sein eigenes Bad war. Ach, nein, was bin ich heute wieder sarkastisch. Wieso sollte hier denn auch mein Shampoo, mein Lieblingsshampoo, was so schön nach Zitrone duftete, stehen?
 

Also blieb mir nun nichts anderes übrig, als seines zu benutzen, wohl oder übel. Ich wollte ja schließllich sauber werden, außerdem fände ich es nicht so toll vor Kaiba ungepflegt zu stehen. Oh, nein, das sicher nicht.

Ich leerte die Shampooflasche, es war nicht mehr sehr viel drin. Ich wusch mir die Haare und mit einem ebenso sehr teuren und edlen Duschgel den Rest meines Körpers. Selbst solche Sachen mussten bei ihm von einer weltbekannten, sehr teuren und noblen Marke sein. Auch wenn es nur Seife war. Man(n) kann es mit der Eitelkeit auch übertreiben, nicht wahr, Kaiba?
 

Der Gedanke, er würde eine dumme Bemerkung machen, wenn er mitbekommt, dass ich sein Duschzeug benutzt habe, jagte mit einen Schauder über den Rücken. Es bereitete mir Kopfschmerzen. Jetzt rieche ich genau so wie er. Total maskulin. Ich fühle mich schon, als hätte ich meine weiblichen Reize verloren, die nicht gerade unauffällig waren.

Ich wäre von ihm abhängig, wenn ich ihn nicht hätte. Aber warte mal, er wollte doch unbedingt, dass ich duschen gehe. Na dann hat er Pech gehabt. Dann hat er eben kein Shampoo mehr. Auch egal. Mich geht es nichts an, solange er nicht bestialisch nach Moschusochse oder einem ekelerregenden Parfüm seiner One-Night-Stands riecht.
 

>Ich bin ja nur für diese Nacht hier. Gleich morgen früh werde ich meine sieben Sachen packen, die Jun mir mitgebracht hat und mir ein Hotelzimmer nehmen. Ich werde doch nicht bei Yugi einziehen. Das habe ich eigentlich nur gesagt, um zu testen, ob Seto wirklich so eifersüchtig wird, was ja geklappt hat. Jun ist ab morgen sowieso nicht mehr da. Die große Frage bleibt aber. Wer passt auf unser Haus auf, wenn Kaiba mich zwingt, hier zu wohnen? Oder ich wo anders wohne? Oder soll ich es wagen, wieder nach Hause zu ziehen?<

Ich drehte das Wasser ab und griff nach einem Handtuch, trocknete mich ab und trocknete meine Haare. Des Weiteren fand ich ein weißes Hemd und eine graue Boxershorts, beides gewaschen und ordentlich zusammengelegt auf einem kleinen Hocker liegend, beides zog ich an, um nicht völlig unbekleidet zurück in sein Zimmer gehen zu müssen. Meine Sachen waren wahrscheinlich in Juns Zimmer, wo das war, wusste ich nicht.

>Ich gehe doch nicht nur mit einem Handtuch bekleidet durch Kaibas Haus. Schon gar nicht, wenn ich nicht weiß, wo er gerade herumgeistert.<
 

Barfuß ging ich in sein Zimmer zurück, er war gar nicht da. Er war wohl noch immer auf dem Flur, oder mittlerweile sonst wo.

Ich nutzte die Zeit und sah mich ein wenig um. Denn an schlafen war noch nicht zu denken. Ich war hellwach, zwar nicht mehr die fitteste, aber wach. Und konnte nicht einschlafen.

Ich stöberte durch die Bücherregale und fand ein paar Fotos von ihm und seinem kleinen Bruder. Der kleine lachte, Seto schien dem Betrachter des Fotos direkt anzustarren.

Ich nahm das Foto in die Hand und wischte leicht mit dem rechten Daumen über das durch das Glas, das das alte, blass gewordene Foto umfasse.

Es war lange her. Ich würde Seto um die neun einschätzen, Mokuba war noch klein, er war etwa halb so alt wie er. Ich wusste es nicht genau, aber so ungefähr sahen die beiden aus.

Es muss nachdem ich verschwand aufgenommen worden sein. Der Hintergrund war jedenfalls nicht ein Teil des Heimes, wo wir drei früher waren. Außerdem lächelte Mokuba, während der Zeit im Heim habe ich ihn nicht ein einziges Mal lächeln sehen. Ich erinnere mich an diesen Tag, als wäre es erst gestern gewesen. Als ich fortging, da hatte der kleine geweint. Er wollte nie, dass ich ihn verließ, da ich für ihn wie eine große Schwester war, ein Mädchen, das, für ihn jedenfalls, voll und ganz zu seiner Familie gehörte.

Seto allerdings, er verzog keine Mine, als ich ging. Er stand nur da, neben seinem Bruder, der sich an seiner rechten Hand festhielt, flennte und Seto sagte, er solle mich aufhalten. Doch er stand nur da und starrte in meine Richtung. Ich hatte mich nicht umgedreht, ich brachte es nicht über's Herz, in das mit Tränen überflutete Gesicht Mokubas, aber auch in das ernste, nichts sagende Gesicht von Seto zu sehen. Ich verließ das Heim, nicht ahnend, was die Zukunft für mich bereit hielt.
 

Eine Träne kullerte aus meinem Augenwinkel, ich schloss die Augen. Ich zitterte ein wenig und legte meine rechte Hand auf die Lippen. Verdammt, dieses Foto ließ meine ganzen Erinnerungen aus meiner Kindheit wieder in mir hochkommen. Ich bekam ein flaues Gefühl in der Magengegend, stellte das Foto wieder in das Regal und schritt eiligen Schrittes ins Bad zurück, wo ich mich vor die Toilette kniete. In mir schien alles hochzukommen, nicht nur der Inhalt meines Magens, sondern auch die Erinnerungen, die ich um jeden Preis vergessen wollte.
 

Einige Zeit später hörte ich Stimmen von nebenan.

„Kyoko, wo bist du? Was ist los?“, hörte ich Seto fragen, er befand sich wahrscheinlich in seinem Schlafzimmer, ein Zimmer weiter.

Ich hockte noch immer vor der Toilette, der Inhalt meines Magens hatte bereits den Weg nach draußen gefunden. Er war leer, dachte ich, so viel, wie ich gebrochen hatte...

Da ging die Badezimmertüre auf und ich spürte, wie der eiskalte Blick zweier Augen meinen Rücken zu durchbohrten schien.

„Was ist denn jetzt schon wieder?“, fragte er eiskalt.

Ich blieb sitzen und drehte mich auch nicht um.

„Was willst du? Ich bin beschäftigt. Und bevor ich mich gleich wieder übergebe, solltest du gehen.“

Er starrte mich an.
 

„Ich wollte eigentlich nur meine Sachen holen, da du sie jetzt aber an hast, kann ich das wohl vergessen.“

„Entschuldige, dass ich mir deine Klamotten geliehen habe. Aber meine hatte ich ja leider nicht. Außerdem werde ich bestimmt nicht nackt durch dein Haus rennen.“, rief ich.

Und wieder beugte ich mich über die Schüssel, als er mir die Haare nach hinten weg hielt.

„Lass' mich in Ruhe. Ich hab' schon den Geschmack meines Erbrochenen im Mund, da muss ich nicht noch so einen großkotzigen Typen hinter mir stehen haben.“

„Hm.“

„Nun geh' schon.“, forderte ich. „Ich kann mich auch alleine auskotzen.“

„Wie du willst. Wenn etwas ist, ich warte drüben.“

Meine Haare fielen auf meinen Rücken und in mein Gesicht.
 

Er verließ das Bad. Ich blieb noch eine Weile auf den Marmorfliesen sitzen, bis ich mich aufrappelte und in sein Schlafzimmer zurückging, wo er schon auf mich wartete.

„Endlich fertig?“

Ich sah ihn giftig an.

„Pfft.“

„Beleidigt?“

„Geht dich nichts an.“

„Und ob mich das was angeht.“

„Lass' mich doch.“

„Mit nichten.“
 

Ich starrte aus dem Fenster. Draußen regnete es noch immer in Strömen und es grummelte. Der Mond war nicht zu sehen, er versteckte sich hinter den riesigen, dunklen Wolken.

„Willst du nicht langsam schlafen? Du musst erschöpft sein.“

„Ich kann nicht schlafen.“

Ich zitterte, die hellen Blitze am Himmel ließen meine Knie wanken.
 

„Du bist zu stur, Kyoko.“

„Ach ja? Würdest du es mir vergelten? Ist meine Sorge nicht gerechtfertigt?“

„Du kannst beruhigt sein. Ich werde nicht über dich herfallen – ich habe bereits ein anderes Zimmer weiter weg von hier bezogen.“

„Na und? Meinst du, ich würde darauf reinfallen? Die Masche zieht bei mir nicht!“

Ich hielt die Hände vor mein Gesicht. Ich hatte Angst, wollte sie aber nicht zeigen. Ich hatte Angst davor, in den gewittrigen Himmel zu schauen, aber auch davor, mich umzudrehen und zu Seto aufzusehen. Er würde in mein mit Angst erfülltes Gesicht sehen, eine weitere Schwäche entdecken.
 

„Denk, was du willst. Wenn du mir nicht vertraust, ist es nicht an mir. Ich habe gesagt, was ich sagen wollte.“ Er war sauer, drehte sich um und ging auf die Türe zu. „Tu', was du für richtig hälst. Ich werde dich nicht aufhalten. Gute Nacht.“

Er wollte gerade den Raum verlassen, als ich eilig auf ihn zu ging und ihn am Hemd festhielt. Ich schloss die Augen.

„Was soll das schon wieder?“

Ich zuckte zusammen, als das grelle, weiße Licht eines weiteren Blitzes das Zimmer erhellte.

„Hast du Schiss oder was?“ kam es genervt von dem Kerl, der knapp zwei Köpfe größer als ich war.
 

Plötzlich ließ ich los, als ich merkte, was ich gerade getan hatte.

„Vergiss' es einfach! Geh' schon!“

Wieder zuckte ich zusammen, als sich das grelle Licht eines weiteren Blitzes im Zimmer ausbreitete und es für den Bruchteil einer Sekunde erhellte.

Plötzlich spürte ich seine warmen Hände auf meinen Ohren.

„Hör' nicht hin. Dann ist es nicht so schlimm.“
 

„Weißt du, ich hatte schon immer Angst vor Gewittern. Meine Mutter nahm sich nie Zeit für mich, auch nicht, bevor uns mein Vater verlassen hatte. Er war ständig unterwegs, für mich hatte er nie Zeit. Niemand war da, um mich zu trösten, mich zu beschützen. Ich war ständig allein zu Hause, bis mein Vater für immer fortging. Und während der Gewitter habe ich mich immer versteckt, unter den Tischen, in Schränken oder sonst wo. Ich hatte Angst, einfach höllische, panische Angst.“

Er sagte nichts dazu, schloss stattdessen die Augen.

„Leg' dich schlafen. Es reicht jetzt.“

Er schloss die Vorhänge, die kein Licht von draußen mehr hineinließen.

Er schaltete eine Lampe ein, die ein wenig Licht spendete, damit wir nicht im völligen Dunkel standen. Das warme Licht ließ mich Geborgenheit spüren.
 

„Hier. Das hilft dir vielleicht ein wenig ruhiger zu werden.“

Er reichte mir ein paar große Kopfhörer, aus denen bereits beruhigende Klänge zu hören waren. Ich legte sie um meinen Nacken.

„Danke, Kaiba.“

„Du brauchst dich nicht zu bedanken. Aber du schuldest mir was.“

„Was denn jetzt bitte? Wofür?“

„Dafür, dass du dank mir nicht auf der Straße in irgendeinem Drecksloch schlafen musst. Du bist hier sicher, hast ein Bett und bekommst Essen. Apropos, Lust auf einen Mitternachtsschmaus? Es ist zwar gleich schon drei Uhr, aber wenn du Hunger hast, dann könnten wir uns noch etwas zu essen machen.“

„Kein Bedarf. Ich habe mich bis vor kurzer Zeit noch Übergeben. Ich habe keine Lust, den Rest der Nacht vor der Toilette zu kauern und die Schüssel mit meinem halbverdauten Essen zu fluten. Und du willst das sicher auch nicht.“

Doch mein Magen schien seinen eigenen Kopf zu haben. Er knurrte, so laut, dass man es hörte.
 

„Ich werde uns auch etwas machen, was du nicht direkt wieder ausspeist. Versprochen.“

„Meinetwegen.“

Mit diesen Worten verließen wir das Schlafzimmer und gingen über die Korridore. Ich lauschte der Musik, die aus den Kopfhörern um meinem Nacken kam, ein neues, wie ich fand, ein wundervolles Lied begann. Kaiba hatte mich an der linken Hand genommen und ein wenig hinter sich her gezogen, aber nicht zu stark und nicht zu fest. Meine blanken Füße tippelte über den glatten, eiskalten Marmorboden. Kaiba schien das nicht zu stören, er hatte ja Hausschuhe an.

„Frierst du noch immer?“

Ich fror nicht nur ein wenig, ich dachte, ich werde eine Eisskulptur.

>Dummkopf. Wieso musst du so blöd sein, Kaiba?<
 

„Ein wenig. Warum?“

„Du zitterst.“

Diesen Satz hätte ich nicht erwartet. Ehrlich nicht. Wie blöd war Kaiba eigentlich? War er wirklich so naiv, wie er gerade tat?

>Man Kaiba, was bist du aufmerksam. Blödmann. Das tue ich doch schon die ganze Zeit!<, dachte ich.

„Ach, ne.“, rutschte es mir heraus. Zum Glück nahm er seine stechenden Blicke von mir, als er etwas aus dem Korridor vor uns wahrnahm.
 

Auf dem Gang kam uns ein Mann entgegen.

„Sie sind noch auf, Master Kaiba?“

„Kyoko und ich wollen noch eine Kleinigkeit essen. Wie geht es ihrem Bruder, Roland?“

„Er hat sich Schlafen gelegt. Hier sind übrigens ihre Sachen, Kyoko-sa-...“

Ich merkte, wie Seto in böse anstarrte. Dieser Mann sollte wohl nicht das falsche sagen.

„Kyoko-sama.“

Er hielt eine größere Tasche in der Hand, die ich an mich nahm, auf dem Boden abstellte, um einen Pullover, meine Hausschuhe und ein paar Socken herauszukramen, was ich alles sofort anzog.

„Jetzt friere ich mir glücklicherweise nicht mehr den Allerwertesten ab. Vielen Dank...“

Der Mann vor mir verbeugte sich leicht.

„Gern, Kyoko-sama.“

Er wandte sich Kaiba zu, der neben mir stand und erst mich, dann wieder ihn, musterte.

„Soll ich Ihnen noch in der Küche helfen, Master Kaiba?“

„Wir kommen zurecht. Bringen Sie noch bitte die Tasche zu meinem Schlafzimmer, dann können Feierabend machen.“

„Sehr wohl, Master Kaiba. Eine erholsame Nacht wünsche ich.“

Er verschwand im Dunkel der Korridore, mit meiner Tasche in der Hand.
 

Wir gingen weiter, bis wir irgendwann im Erdgeschoss ankamen, durch ein paar Zimmer in Richtung Küche gingen. Seto schlich geradezu durch die Küche.

„Kann ich auch etwas machen?“

„Du darfst nachher den Abwasch machen.“

Ich verzog eine gelangweilte Mine.

„Kleiner Scherz. Das können die Haushälterinnen und Dienstmädchen nachher machen, wenn wir schlafen.“
 

Ich drehte ihm den Rücken zu und ging durch eine Türe, die, wie sich herausstellte, ins Esszimmer führte. Langsam durch den langen Raum schreitend begutachtete ich die Gemälde an den Wänden, die Kronleuchter an den Wänden und Decken und den riesigen Tisch, der in der Mitte des länglichen Zimmers stand und worum einige Dutzend Stühle nebeneinander und ganz gerade am Tisch standen. Ich ging durch die nächste Türe, die ich vor mir sah und öffnete, schaltete das Licht ein, als ich einen Billardtisch in diesem Nachbarzimmer des Esszimmers sah.
 

„Wow, ein echt toller Billardtisch. Auf so einem habe ich schon lange nicht gespielt.“

Ich griff nach einem Billardstab, stellte mich auf eine mir gut erscheinende Position und spielte die Kugeln an, die an ihrem Platz standen und sich im nächsten Augenblick mit ein paar 'Klick'-Geräuschen gegenseitig abstießen und sich auf dem Billardtisch verteilten.

„Du spielst Billard?“

„Früher einmal. Ich habe es aber vor ein paar Jahren an den Nagel gehängt. Ich habe Zeit und Lust verloren.“

Zwei Kugeln versenkten sich in zwei verschiedenen Löchern und auch die letzte Kugel stoppte und bewegte sich keinen Millimeter mehr.

Ich spiele eine weitere Kugel an und brachte eine Kugel, die ich bereits anvisiert hatte, in die richtige Lage, um sie beim nächsten Zug einlochen zu können. Kaiba hatte sich ebenfalls einen Stab genommen und auch er spielte eine Kugel an, doch ihm gelang es nicht, eine Kugel zu versenken, auch nicht die, die ich mir schon platziert hatte, da ein paar andere Kugeln im Weg waren und ein Einlochen dieser oder einer anderen Kugel unmöglich war.

Ich war wieder am Zug und versenkte die von mir anvisierte Kugel. Und eine weitere. Und noch eine. Bald war das Spiel entschieden, ich schlug Kaiba, wie ich es mir gedacht hatte. Er versenkte gerade mal fünf Kugeln, ich den Rest. Der Tisch war abgeräumt.

„Du spielst sehr gut. Ich verstehe nicht, warum du es aufgegeben hast.“
 

Ich ging zurück in die Küche, um nachzusehen, was er bis jetzt gemacht hatte. Ich lauschte noch immer der Musik, ich hatte mich wirklich beruhigt. Ich sah aus dem Esszimmerfenster. Draußen war es still geworden, man hörte nur noch das Rauschen der Blätter im Wind.

Ich ging weiter in Richtung Küche, Kaiba kam mir schnellen Schrittes hinterher.

„Setz' dich ins Esszimmer und warte dort. Essen ist gleich fertig.“

„Ich will aber nicht.“

„Du sollst aber. Keine Widerrede.“

„Sagst du mir wenigstens, was du da fabrizierst?“

Er schwieg.

„Hoffentlich nichts mit Meeresfrüchten.“

„Du magst also keine Meeresfrüchte. Gut zu wissen.“
 

>Ich habe mich verplappert! Die ganze Zeit schon!<

„Wie lange dauert es noch?“

„Ein paar Minuten. Du kannst ins Esszimmer gehen und fernsehen, wenn du dir die Zeit vertreiben willst.“

„Da ist doch kein -“

Kaiba stand in der Türe zum Esszimmer, drückte auf eine Taste der Fernbedienung, nach der er gegriffen hatte und die Wand teilte sich, ein riesiger Flachbildschirm kam hervor.

Ich traute meinen Augen kaum und rieb sie, sah noch einmal hin, nein, ich hatte mir das nicht eingebildet.

„Verdammte reiche Pinkel.“, sprach ich in mich hinein, worauf ich wieder nur einen giftigen Blick einstecken musste.
 

Er schaltete den Fernseher ein, ich musste die Augen im ersten Moment zukneifen; die extreme Helligkeit des Bildschirms biss in meinen an die Dunkelheit gewöhnten Augen.

Zufällig liefen gerade die Nachrichten, die Kaiba genau unter die Lupe zu nehmen schien. Hatte er von dem Unfall Wind bekommen? Das hatte ich total vergessen! Verdammt!

„Denkst du nicht, dass wir langsam essen sollten? Ich möchte deinen Fraß endlich essen und mich dann hinlegen, ich fühle mich nicht gut.“

Doch er durchschaute mein Vorhaben.

„Willst du etwas vor mir verstecken? Das gelingt dir nicht. Raus mit der Sprache. Was war heute Nachmittag? Warum waren du und Mokuba in den Nachri-“
 

„Vor etwa einer Stunde wurde ein Stalker festgenommen, der mehrere Prominente bedroht und verfolgt haben soll – unter anderem der berühmten Duel Monsters Duellantin Kyoko Karasuma und dem weltweit bekannten Firmenchef der Kaiba Corporation, Seto Kaiba. Der bis zu seiner Festnahme schwer bewaffnete und sehr gefährliche Mann, der zu den Vorwürfen weiterhin schweigt, soll sogar auf Karasuma und Kaiba geschossen haben. Karasuma soll von ihm Drohanrufe bekommen haben, worauf sie versuchte, ihn zu stellen.“

Ich starrte mit geweiteten Augen auf den Bildschirm, der Bilder von ihm und mir zeigte – und meinem vermeintlichen Stalker. Mein Körper zitterte, die Angst war noch immer da. Auch, wenn er jetzt in Gewahrsam war.

Die Nachrichtensprecherin sprach weiter, wechselte dann aber zu einem anderen Thema, von dem ich nichts mehr mitbekam, weil Kaiba mich angesprochen hatte und ich in seine eisblauen Augen sah.
 

„Dann haben wir wenigstens unsere Ruhe.“

„Tust du nur so, oder bist du tatsächlich so naiv?“

Er sah mich verwundert an, ich fuhr fort.

„Selbst wenn der Kerl hinter Gittern ist, heißt das nicht, dass nichts mehr passiert. Ich kann es schon spüren, die ganzen Fotografen und Pressesprecher, die Nachrichtensprecher und ihre Teams, alle vor den Toren dieser Villa. Nicht mehr all zu lange und sie werden hier sein; wer weiß, vielleicht sind sie ja schon hier und beschatten uns. Man weiß ja nie.“

„Und genau deshalb bleibst du hier. Du wirst so lange hier wohnen, bis keine Gefahr mehr für dich besteht. Und komm jetzt nicht schon wieder mit deinen Ausreden, du willst mich schützen und so. Das ist mir egal. Deine Sicherheit hat höchste Priorität.“

„Bla bla. Bist du endlich fertig? Es ist mein Leben, ich kann auch-“

„Auf mich selbst aufpassen, ja klar. Die Wahrscheinlichkeit, dass du unverletzt bleibst, wenn dir was passiert ist doch genauso klein, wie die, dass du mich in einem Duell schlägst.“

„Bist du dir da sicher?“
 

Kaiba schritt in die Küche zurück und nahm das Essen vom Herd. Zugegeben, es roch wirklich köstlich. Wenn es genauso schmeckt, wie es riecht – was auch immer es sein mag – dann hat Kaiba mir etwas gezeigt: dass er gar nicht so schlecht kochen kann, obwohl er immer bekocht wird und sich nie etwas selbst macht.
 

„Sollten wir das nicht mal überprüfen?“

„Bist du so scharf darauf?“

„Dich in den Boden zu stampfen? Klar, immer doch!“ Ich trotzte nur so vor Motivation und Ehrgeiz.

„Dann lass' es uns gleich morgen austragen. Wir werden ja sehen, ob du so gut bist, die du immer tust.“

„Gern.“
 

Ich nahm im Esszimmer Platz und Kaiba brachte das Essen, stellte es auf ein Metallgestell, damit der Tisch nicht heiß wird und auch nichts auf den Tisch oder das Tischtuch aus Samt kleckerte und nahm ebenfalls Platz.

„Es ist nicht sehr viel und nichts besonderes, aber ich hoffe, es reicht, um dich satt zu bekommen und dich zufrieden zu stellen.“

Wir griffen nach dem Besteck, als sich plötzlich unsere Hände berührten und wir uns in die Augen sahen. Wir konnten unsere beiden Blicke nicht von einander lösen. Sein Blick, der nicht eiskalt, sondern sehr vertraut und irgendwie angenehm wirkte, und meiner, der an seinen Augen haftete, aber nichts lesen konnte, von dem, was er gerade fühlt – Verlangen oder einfach nur die Lust, mir den Kopf zu verdrehen - oder was auch immer er gerade denkt, trafen sich und vertieften sich ineinander, aber leider war nichts für mich sichtbar, denn seine nichts sagende Mimik blockierte jegliche Ich-durchschaue-dich-Versuche.

>Wenn ich doch nur wüsste, was er gerade denkt...<
 


 

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Nach langer Zeit mal wieder ein paar Worte vom Autor
 

Ich glaube, das war das bisher langweiligste Kapitel von allen. Oder irre ich mich schon wieder? Wäre ja nichts neues mehr... +heul+
 

Ich hab das mit den Einteilungen der Szenen und Ereignisse nicht richtig hinbekommen. Es passe einfach nichts, egal, wie ich es aufteilte. Und ich finde es doof, wenn erst Kapitel mit 3000/4000 Wörten (+) und dann plötzlich welche mit nur knapp 1000 oder höchstens 1500 Wörtern da sind, die sich dann noch total in die Länge ziehen.

Hätte ich alles in sich aufgeteilt, hätte die FF nicht, wie bisher, sechs Kapitel und das Prolog, sondern bestimmt insgesamt mehr als ein Dutzend.
 

Aber das Chapter hat ja 'nur' 7300 Wörter +... Ich hab's gar nicht geglaubt, als ich es hochgeladen habe! Da sieht man mal, was einfaches Drauf-los-Schreiben so bringen kann...was für 'ne Steigerung im Gegensatz zu den ersten Kapiteln... o_O +lach+
 

Ich hoffe, dass euch dieses Kapitel trotzdem, zumindest ein bisschen, gefallen hat. Vielen Dank für's Lesen. Hoffentlich bleibt ihr mir treu.

Dann sehen wir uns beim nächsten Kapitel wieder.
 

Kommis bitte - besonders bei dem Kapitel.
 

P.s.: Merkt man, dass ich meinen Schreibstil ändern will/ändere? Im Vergleich zum ersten Chapter besteht ein Unterschied, oder? Wie findet ihr's?
 

Fortsetzung folgt natürlich...ich geb' mir auch ganz viel Mühe!
 

Eure Rioku



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von: abgemeldet
2008-09-17T15:10:50+00:00 17.09.2008 17:10
Hallöchen auch ^^
Ich muss schon sagen, dass deine FF echt krass ist!
Ein Girl das solche Sprüche auf lager hat, findet man nirgends und
ist einfach zum schiessen XD "lach"
Mich verwirrt ein bisschen, ob bis jetzt nur Yugi aufgetreten ist
oder Yami auch schon.
Überhaupt, wo wohnt der Kerl eigentlich, da er jetrzt einen eigenen
Körper hat?
Ein Satz hat mich von Yugi ziemlich stutzig gemacht, als sich
Kyoko gerade über ihren Playboy Bruder Jun beschwert hat,
hatte er dann so geantwortet, als hätte er das schon selber miterlebt.
Hat er damit Yami gemeint?
Ja,ja Fragen über Fragen und dafür noch ein dickes Lob von mir!
Mfg Flair
Von:  babilon
2008-09-16T19:15:06+00:00 16.09.2008 21:15
uiiiiiiiiiiiiiii
deine ff is souw sweety >.<
auch wenn kyoko/riiko manchmal nen bissel unfreundlich is, mag ich die voll^^
also deine kappis werden von kappi zu kappi länger und zwar in der richtigen reihenfolge xD
also meine ff hat bis jetzt weniger wörter, als dein letztes kappi -.-"
schreib gaaaaaaanz schnell weitaaaaaaaa, dann bekommst du auch mehr kommis von mia
ach ja, ich find gut, dass du eine gute rechtschreibung hast xD
bb
deine patti^^


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