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Chibifluch II - Die Chaosprinzen

Pairing: Überraschung [mit wildest_angel]
von

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Wieder in Japan

25. Kapitel – Wieder in Japan
 

Auch die nächsten Tage verstrichen schnell. Für Dai zu schnell – für Robin zu langsam. Als sie zusammen mit ihren Koffern wieder am Flughafen standen, warf Dai einen sehnsüchtigen Blick zurück und seufzte. Er wollte gar nicht wieder zurück, sondern am liebsten einfach hier bleiben, zusammen mit Robin, und die Freiheit hier genießen, die sie zweifelsohne hatten.
 

Robin dagegen hatte alle Mühe, die Freude und die Aufregung über ihren Heimflug nicht allzu deutlich werden zu lassen, auch wenn der Urlaub wirklich wundervoll gewesen war. Aber er hatte in den ganzen Tagen immer nur ein paar Minuten mit Ken telefonieren können und bekam so langsam das Gefühl, es vor Sehnsucht nach dem Braunhaarigen nicht mehr auszuhalten. Nervös tänzelte er von einem Fuß auf den anderen, bis sie endlich zu dem Jet gebracht wurden, den ihnen sein Vater wieder geschickt hatte. Nur noch wenige Stunden... Dann würde er Ken wiedersehen - und sein Schauspieltalent mehr denn je brauchen. So schnell es ging, ohne zu rennen, betrat er das Flugzeug und machte es sich auf den bequemen Sesseln gemütlich. Zärtlich nahm er Dais Hand, als sich der neben ihn setzte, und drückte sie sanft. "Ich liebe dich", raunte er ihm zu, beugte sich zu ihm und gab ihm einen kleinen Kuss auf die Wange. Immerhin musste er ja schon mal üben... Dann lehnte er sich wieder zurück, streckte die Beine aus und schloss die Augen.
 

Daisuke seufzte wohlig und konnte nun auch wieder lächeln. Er legte seinen Sicherheitsgurt an und verschloss dann Robins Lippen zu einem überraschend leidenschaftlichen Kuss. Prompt fragte er sich, ob es wohl jemand mitbekäme, wenn er hier und jetzt über Robin herfiel. Doch er ahnte, dass sein Liebling da eh nicht mitspielen würde und löste den Kuss wieder. „Ich liebe dich auch...“, hauchte er stattdessen sanft.
 

Zum größten Teil verschlief Robin den langen Flug wieder, hatte dabei seinen Kopf auf Daisukes Schulter gelegt und hielt dessen Hand fest. Zum letzten Mal wurde er wach, als sie sich schon in japanischem Luftraum befanden und sofort begann sein Magen wild zu kribbeln. Würde Ken sein Versprechen einhalten und ihn - sie - vom Flugplatz abholen? Robin zwang sich, still sitzen zu bleiben und auch sein Handy dort zu lassen, wo es war: in seiner Reisetasche. Nur das nervöse Trommeln mit den Fingern auf der Armlehne konnte er nicht lassen. Das war aber auch das einzig sichtbare Zeichen seiner Aufregung.
 

Ein wenig nervös und mit pochendem Herzen stand Ken vor dem Flughafen. Er wusste zwar von dem Privatjet, hatte aber keine Ahnung, wo er die beiden erwarten sollte, deswegen stand er hier, behielt den Ausgang des Gebäudes gut im Blick und lehnte an der Motorhaube des Wagens. Schuldig war nicht bei ihm, hatte wahrscheinlich immer noch damit zu kämpfen, den Schaum im Badezimmer zu bewältigen, den die Waschmaschine dank seiner meisterhaften Führung ausgespuckt hatte.
 

Ein böser Stich der Enttäuschung biss sich in Robins Herz, als sie vom Rollfeld aus das Flughafengebäude betraten und keine Spur von Ken zu sehen war. Mit stoischer Miene ging er weiter, sich nicht anmerken lassend, was in ihm vorging. Doch diese Haltung fiel von ihm ab, als er ins Freie kam und Ken an seinen Wagen gelehnt stehen sah. Und verdammt, sah der Braunhaarige gut aus! Robins Herz machte übermütige Saltos und er konnte das freudige Grinsen nur schwer zurückhalten. Am liebsten wäre er auf Ken zu gerannt und ihm um den Hals gefallen - aber das ging ja wieder mal nicht.
 

Ken lächelte, als er die beiden sah und winkte. Dai hingegen fielen bei der Aufmachung seines Vaters fast die Augen aus dem Kopf. Noch nie hatte er eine Hose an seinem Ziehvater gesehen, die so eng saß. Und das gleiche galt für das weiße Shirt, das er trug. Offenbar schien der Braunhaarige auf einem sehr merkwürdigen Trip zu sein, denn sonst hatte er nie unbedingt zeigen wollen, was er hatte. Jetzt allerdings unterstrich er mit seiner Aufmachung jedes noch so kleine positive Detail. Jeden Muskel und jede Körperkontur. Als sie bei Ken ankamen, klebte Dais Unterkiefer bereits am Boden.
 

Und Robin konnte sich an dem Bild gar nicht satt sehen. Himmel, so, wie sein Liebster aussah, hatte er alle Mühe, nicht zu sabbern. Fast augenblicklich spürte er, wie seine Jeans anfing, eng zu werden, und er wünschte sich mit Ken ganz, ganz weit weg... Doch dann schaffte er es, den Älteren mit halbwegs sicherer Stimme zu begrüßen. "Hi, Ken!", lächelte er verliebt und hielt ihm die Hand hin. Ein klein wenig Körperkontakt musste einfach sein, auch wenn er sich kaum dazu durchringen konnte, Ken wieder los zu lassen. Seine Augen blitzten begeistert in die des Älteren.
 

Ken lächelte und leckte sich leicht über die Lippen. Doch im nächsten Moment schien es wie eine Illusion, denn schon umarmte er Daisuke und verkündete wie froh er sei, dass er wieder da war. „Na los, ihr zwei... Die Koffer in Kofferraum und dann rein in den Wagen. Ihr habt sicher Hunger. Ich lad’ euch noch zum Essen ein.“ Als Dai vorging, um den Kofferraum zu öffnen, ließ Ken es sich nicht nehmen, Robin leicht über den Rücken zu streicheln, als er an ihm vorbei ging und ihnen beiden mit den Koffern half.
 

Dem Schwarzhaarigen blieb fast das Herz stehen und er biss sich auf die Lippe, um ein sehnsüchtiges Seufzen zu verhindern. Nur zu genau spürte er, wie seine Knie weich wurden und er war froh, sich in den Wagen setzen zu können. Über den Rückspiegel betrachtete er Ken so ausgiebig, als hätte er ihn noch nie zuvor gesehen, und lächelte dabei verträumt.
 

Als sie dann alles verstaut hatten und auch Dai im Wagen saß, war Ken ein wenig enttäuscht, dass sie nun zu zweit hinten saßen. Doch eigentlich hatte er nichts anderes erwartet. Er schloss seine Tür, schnallte sich an und warf einen Blick in den Rückspiegel, durch den er genau in Robins Augen blickte. Ken lächelte leicht und atmete tief durch. „Na dann mal los... Worauf habt ihr Appetit?“ Er fuhr den Wagen langsam vom Parkplatz und sah immer wieder in den Spiegel, um Robin ansehen zu können.
 

Jeden einzelnen Blick von Ken fing Robin ein und erwiderte ihn lächelnd. Da er nichts sagte, bestimmte Daisuke, dass er Hunger auf Sushi hatte. Und Robin betete innerlich, irgendwann einmal zumindest ein paar Minuten allein mit Ken zu haben. Nichts anderes war ihm jetzt wichtig. Er wollte seinem Schatz nur sagen, wie toll er aussah und ihn in die Arme nehmen und ihn küssen.
 

„Alles klar! Sushi!“, trällerte Ken und grinste. Er trat aufs Gas, als sie endlich auf der Straße waren, und steuerte eine der besten Sushi-Bars in der Gegend an. Es sollte sich schließlich nach diesem Urlaub auch wirklich lohnen und da kam es für ihn auf ein paar Yen nicht mehr an. Als er den Wagen geparkt hatte, musste er sich wieder schwer zusammenreißen, als Robin ausstieg und Dai grade einmal nicht zu ihnen sah. Doch er hielt sich zurück und geleitete die beiden schließlich in die gemütlichen Räumlichkeiten
 

Robin war kurz vor dem Verzweifeln. So lange hatte er sich nach dem Braunhaarigen gesehnt und nun musste er sich mit Dais Anwesenheit quälen... Doch er versteckte seinen Missmut hinter einem munteren Grinsen. Sein Blick ruhte auf der schlanken Taille und dem festen Hintern Kens, der vor ihm das Lokal betrat, und kostete ihn sämtliche Beherrschung. Obendrein wählte Dai einen Tisch in einer schummrigen Ecke, den Robin ausgesucht hätte, wäre er mit Ken allein gewesen... Aber er schaffte es, sich wenigstens so hin zu setzen, dass er den Blickkontakt zu dem Älteren halten konnte, ohne aufzufallen.
 

Ken ließ sich ebenfalls auf einem Platz nieder, fing dabei ein weiteres Mal Robins Blick auf. Auch Dai setzte sich, küsste Robin dann kurz, lächelte freudig. Das holte Ken wieder in die Realität zurück und er brach den Blickkontakt ab, ließ sich die Karte geben und versank dann auch gleich darin wie in einem spannenden Buch.
 

Wieder einmal musste sich Robin übelst zusammennehmen, um Dai nicht einfach wegzustoßen. Das war aber auch unfair! Nicht mehr ganz so gut gelaunt erhob er sich wieder und entschuldigte sich bei seinen Begleitern höflich, um den Waschraum aufzusuchen. Ein paar Hände voll kaltem Wasser im Gesicht würden ihm jetzt gut tun...
 

Ken seufzte und blickte Robin nach. Kurz überlegte er, ob er ihm einfach folgen sollte, doch er hielt das doch für zu auffällig und vertraute darauf, dass auch Dai sich noch mal zurückziehen würde. Er stöberte durch die Karte und tatsächlich. Kaum dass Robin wieder in Sichtweite war, erhob sich Dai und sagt: „Für mich die Nummer 32, ja, Ken? Ich verschwinde auch noch mal eben...“ Er lächelte und klappte seine Karte zu, ging dann auch Richtung Toiletten davon. Kens Herz schlug augenblicklich höher, als er verstand, dass er jetzt gleich Robin für sich hatte, wenn auch nur für ein paar Minuten.
 

Robins Augen weiteten sich überrascht, als Dai ihm entgegen kam. Endlich! Als er hinter Kens Stuhl vorbeiging, strich er mit den Fingerspitzen sanft über dessen Rücken, sah ihm tief in die schönen Augen, als er sich hin setzte, und murmelte: "Gott, siehst du gut aus! Richtig zum verlieben! Waffenscheinpflichtig..." Seine Stimme war dunkel und rau und bebte vor Verlangen.
 

„Gleichfalls...“, lächelte Ken und sah sich etwas um. Er schluckte und betrachtete dann wieder Robin. Am liebsten hätte er ihn auf der Stelle geküsst, hier und jetzt. Doch es ging nicht. Jeder hier würde sie ansehen und er würde sicher einen Haufen Probleme bekommen. Deswegen versicherte er sich nur kurz, ob sie grade unbeobachtet waren, zog Robins Hand dann zu sich und küsste sie sanft. „Du hast mir so gefehlt... die letzten Tage... waren besonders schlimm.“
 

Für einen Moment glaubte Robin, gleich abheben zu müssen, und ein wilder Schauer rannte bei Kens Worten über seine Haut. Er streichelte zärtlich über die Hand, die seine hielt, und lächelte schwach. "Ich hab dich auch vermisst... Ken, ich hab mich so sehr nach dir gesehnt... War etwas besonderes so schlimm?" Automatisch dachte er wieder an einen Ausraster Schuldigs.
 

Ken schmunzelte nur leicht und sein Blick wurde kurz traurig. Doch er schüttelte den Kopf. „Nein... Nichts Besonderes.. nur das Übliche...“ Und das war es auch, was ihn so fertig machte: dass es seit ihrem Urlaub üblich war, dass sich Schuldig und er stritten. Er rutschte etwas mit dem Stuhl herum und sah Robin wieder an. „Morgen fahren wir wieder?“, fragte er leise und ließ nun aber Robins Hand los, weil er wusste, dass Dai jeden Moment wieder kommen konnte.
 

Statt einer Antwort konnte Robin nur nicken. Er traute seiner Stimme gerade nicht, denn die hätte vor Freude und Erwartung bestimmt nur so gezittert. Eines verstand er jedenfalls genau: Ken wollte auch schnellstmöglich mit ihm allein sein! Robin funkelte Ken wild an, atmete dabei durch leicht geöffnete Lippen, weil er anders sicher nicht genug Luft bekommen hätte. In diesem Moment kam Dai an den Tisch zurück und zerstörte den schönen Augenblick.
 

„Habt ihr schon...“ Dai brach ab und sah zwischen seinem Liebling und Ken hin und her. „Was ist denn mit euch los? Hallo?“ Er fuchtelte mit einer Hand vor Kens Augen herum und schon war der wieder im Hier und Jetzt und sah Dai an. „Dai! Da bist du ja wieder..“ Er lächelte und streckte leicht seine Beine aus. Das er damit sein Bein gegen das von Robin schmiegte, war wohl mehr Absicht als Zufall. „So.. dann erzählt doch mal von eurem Urlaub.“ Er sah Dai an, der auch gleich zu erzählen begann, während Ken sein Bein weiter leicht gegen das von Robin drückte.
 

Der Jüngere fiel bei dieser unerwarteten Zärtlichkeit fast in Ohnmacht und kämpfte gleichzeitig mit einem tiefen Seufzen und seiner anwachsenden Aufregung. Doch er erwiderte tapfer den leichten Druck, während Dais Erzählung an ihm vorüberzog. Das war doch alles nicht wichtig... Wichtig war nur, dass er jetzt wieder bei Ken war. "... nicht wahr?" Dais Frage riss ihn aus seinen Träumereien und Robin blinzelte verwirrt. "Äh, ja", antwortete er mechanisch, ohne überhaupt zu wissen, worum es ging.
 

Ken schmunzelte leicht, als er merkte wie sehr dieser kleine Körperkontakt Robin ablenkte. Gleichzeitig wuchs sein schlechtes Gewissen wieder. Immerhin war es Dais Freund, den er hier grade um den Verstand brachte – und der mit ihm nichts anderes tat. Ein leises Seufzen entfuhr ihm und zog so Dais Aufmerksamkeit auf Ken. „Alles okay, Dad?“, fragte er und musterte den Brünetten ein wenig besorgt. „Du wirkst ein bisschen...“ – „Nein, nein! Alles okay!“, winkte Ken gleich ab und beugte sich leicht vor, wobei sein Bein wieder etwas über das Robins glitt. „Ich bereue nur grade, nicht einfach mit euch gekommen zu sein. Eure Venedigtage scheinen ja wirklich klasse gewesen zu sein...“
 

Ein plötzlicher Hustenanfall schüttelte Robin durch. Unwillkürlich hatte er sich bei Kens Worten vorgestellt, wie sein Urlaub wohl verlaufen wäre, wäre der Ältere tatsächlich bei ihnen gewesen... Nur mit viel Anstrengung konnte er sich beruhigen und sah den Braunhaarigen krampfhaft nach Luft schnappend an. Und schon wieder rieselte eine leichte Gänsehaut über seinen Rücken. Doch er zwang sich, sich davon nichts anmerken zu lassen und meinte: „Ja... Das waren sie wirklich. Aber zu Hause ist es auch schön.“ Er vertraute darauf, dass Ken wusste, was er damit sagen wollte.
 

Und Ken wusste es. Er sah Robin an und lächelte sachte. „Ja... Zuhause ist es doch immer noch am Schönsten, was?“, schmunzelte er und zwinkerte dann ungesehen kurz. Wieder ein kleiner Stich in seinem Herzen. Er sah zu Dai und lächelte auch ihn an. Zu seinem Glück kam aber in diesem Moment die Kellnerin und Ken hob den Blick, bestellte ihnen erst mal alles und konnte es so gut vermeiden, auch nur einen von beiden anzusehen. Auch dass Dai nun nach Robins Hand griff, versuchte er so gut er konnte zu ignorieren und warf noch einen Blick in die Karte, nickte dann der Kellnerin zu, die anschließend wieder verschwand.
 

Innerlich seufzend ließ Robin es geschehen, dass sein Freund einfach seine Hand nahm und festhielt. Was sonst hätte er auch tun sollen? Er hatte gewusst, dass es nicht einfach sein würde, ausgerechnet vor Ken solche Vertrautheiten zu zulassen. Aber er wusste auch, dass es einfach nicht anders ging. Denn wenn Dai erst einmal drauf kam, dass das alles hier nur Schauspielerei war, würde er auch seinen Geliebten nicht mehr sehen können. Und es gab nichts, was für den Schwarzhaarigen eine schrecklichere Vorstellung gewesen wäre. Robin zwang sich, das sanfte Streicheln zu erwidern, verstärkte dabei aber wie hilfesuchend den Kontakt zu Kens Bein unter dem Tisch.
 

Ken ließ sich rein gar nichts anmerken, nicht den Schmerz, den diese ganze Situation in ihm auslöste, und auch nicht das Verlangen nach Robin, das nur unterm Tisch zu erkennen war. Stattdessen unterhielt er sich getrost weiter mit Dai, stellte Fragen über ihren Urlaub und bekam dann sogar verkündet, dass Dai ihm etwas mitgebracht hätte. „Na da bin ich aber mal gespannt...“, sagte er, tat so, als wenn er sich am Bein kratzen wolle und strich dabei sanft über das von Robin, als wolle er ihn beruhigen, auch wenn er ahnte, dass es das Gegenteil bewirkte.
 

Im letzten Moment konnte der Schwarzhaarige verhindern, dass er bei dieser Berührung scharf die Luft durch die Zähne zog oder sich sonst irgendetwas verriet. Verstohlen schmunzelte er in sich hinein. Auch er hatte heimlich eine Kleinigkeit für Ken besorgt. Nur brauchte das Daisuke nicht unbedingt wissen... Interessiert wandte sich Robin zu Dai und versuchte auszusehen, als ob er ihm aufmerksam zuhören würde. Unter dem Tisch allerdings fing er an, das sanfte Streicheln zu erwidern, indem er vorsichtig seinen Unterschenkel an Kens rieb. Dass sein Puls gerade in schwindelerregende Höhen jagte, konnte wohl nur der Braunhaarige erahnen.
 

Am liebsten hätte Ken in diesem Moment einfach Daisuke ignoriert und Robin zu sich herangezogen, um seine Lippen gierig in Beschlag zu nehmen. Doch selbst wenn Dai nicht hier wäre, selbst wenn er sich noch mal in die Waschräume begeben hätte... so wären da immer noch all die anderen Besucher in diesem Lokal, die es bestimmt nicht gerne sehen würden, wenn ein erwachsener Mann wie Ken sich gierig auf die Lippen eines Teenagers, eines Kindes, warf.
 

Robin ahnte nichts von den Gedanken, die Ken gerade quälten. Vielmehr leuchteten seine Augen auf, als endlich ihre Bestellung an den Tisch gebracht wurde. Das Essen würde ihn von den ganzen Bildern ablenken, die soeben in seiner Vorstellung herumgeisterten. Den Blick starr auf den Teller gerichtet, der vor ihm abgestellt wurde, nuschelte er ein leises „Guten Appetit!“ und machte sich dann über seinen rohen Fisch her. Nach einer Woche italienischem Essen wusste er japanische Küche auch wieder zu schätzen...
 

+
 

Als Ken und Dai endlich zu Hause vorfuhren, hatten sie Robin schon abgeliefert. Zwar nicht direkt vor der Villa seines Vaters, aber ganz in der Nähe. Den Abschiedskuss, den Dai sich noch ergattert hatte, hatte Ken mit schmerzendem Herzen hingenommen und sich nur mit einem Lächeln und einem knappen Winken von Robin verabschieden können. Nun parkte er den Wagen und machte sich daran zusammen mit Dai dessen Gepäck die Treppen hoch zu tragen.
 

Völlig abgekämpft saß Schuldig auf der Couch, hatte zum ersten Mal seit langem in der Wohnung wieder eine Zigarette in der Hand, und grübelte darüber nach, was so falsch gelaufen war, dass er jetzt hier auch noch die Hausarbeiten übernehmen musste und Ken sich weiß Gott wo herumtrieb. Erst als die Wohnungstür geöffnet wurde und er Dais muntere Stimme hörte, kam wieder Leben in den Telepathen. Das Chaos um sich herum ignorierend, sprang er auf, um seinen Sohn zu begrüßen. Als sein Blick auf Ken fiel, der den Kleinen begleitete, wurden seine Augen groß. Wieso hatte der Andere denn nichts gesagt? Mit einem so lieben Lächeln wie schon lange nicht mehr ging er auf Ken zu, nachdem er Daisuke umarmt hatte, und wollte seinem Schatz einen zärtlichen, entschuldigenden Kuss geben.
 

„Hey Schu...“, sagte Ken, erwiderte den Kuss nur kurz und löste sich dann gleich wieder. „Entschuldige.“ Er schob den Mann bei Seite und trug die schwere Tasche durch den Flur und in Dais Zimmer, wo er sie aufs Bett stellte. Dai schaute recht blöd aus der Wäsche, als er Ken folgte und das gewaltige Chaos hier sah. „Meine Güte, was habt ihr denn hier angerichtet?“, fragte er und musterte einen Teller mit angebrannten Pfannkuchen, der schon etwas länger da zu stehen schien. Dann folgte er Ken und stellte eine weitere Tasche auf sein Bett.
 

„Hattest du auch schon soviel Gepäck bei dir, als ihr los seid? Kann ich mich gar nicht dran erinnern“, lachte Ken, ignorierte die Frage bezüglich der Unordnung einfach. Das war etwas, was er Dai später erklären konnte. Satt waren sie beide zumindest schon und so brauchte er zumindest für Dai nicht mehr kochen – wie Schuldig sich satt bekam, würde er dann sehen.
 

Mit unwilligem Gesicht folgte Schuldig den beiden in Dais Zimmer. Dort hellte sich seine Miene auf, er hopste vergnügt auf das Bett seines Sohnes und sah ihn erwartungsvoll an. „Na, wie war`s in Venedig?“, wollte er neugierig wissen. Kurz streifte sein Blick Ken. „Dai wird sicher Hunger haben“, teilte er ihm mit, als wenn der Andere so etwas nicht wissen würde, wandte dann seine Aufmerksamkeit wieder dem Jungen zu.
 

Ken musste leicht schmunzeln. Offenbar knurrte dem Telepathen der Magen und er hoffte, dass er sich für Dai noch mal hinter den Herd stellte.

„Keine Sorge, Dad. Ken hat Robin und mich noch mal groß zum Sushi eingeladen, als wir angekommen sind. Ich bin pappsatt...“, strahlte er und begann dann, sich durch eine Tasche zu wühlen, holte ein Päckchen für Ken heraus und eines für Schuldig. Er reichte sie weiter. „Die habe ich auch mitgebracht – eher sie, die waren nicht billig..“ Er zwinkerte und Ken lehnte sich an die Fensterbank und öffnete das Päckchen. „Wow... eine echte venezianische Maske? Schick... wirklich... Danke, Dai!“ Er umarmte seinen Sohn und lächelte sanft.
 

Na ganz toll! Wirklich! Und was hatte er davon, dass die anderen beim Essen gewesen waren? Das war doch blanke Absicht gewesen! Ein böser Blick traf Ken, ehe sich Schuldig wieder Daisuke widmete. Auch er nahm sein Geschenk entgegen und packte eine schwarz-silberne Maske aus. „Hey, cool! Danke!“, strahlte er den Jüngeren freudig an und knuddelte ihn liebevoll durch.
 

„Na dann pack du mal deine Sachen aus und erzähl deinem Vater von dem Urlaub“, zwinkerte Ken und wuschelte Dai noch mal durch die Haare. Er verließ das Zimmer, nahm seine Maske mit sich und ging in die Küche. Das Chaos und den nicht erledigten Abwasch ignorierte er einfach mal und schenkte sich ein Glas Wasser ein. Recht schnell war sein Glas wieder abgewaschen und er stellte es zurück in den Schrank. Seinen eigenen Dreck machte er schließlich weiterhin weg. Nur Schuldig hatte sich um seinen Kram nun selber zu kümmern.
 

+
 

Am Abend dieses Tages stieg Schuldig hungrig und reichlich frustriert in sein Bett und drehte sich zu Ken, der auf der Seite lag und ihm den Rücken zugewandt hatte. Sanft wanderte die Hand des Telepathen über die Seite seines Liebsten und er versuchte, Ken ein wenig an sich zu ziehen. „Hey, es tut mir leid... Die ganze Streiterei. Es ist doch nicht so, als wenn ich dich nicht brauchen würde“, raunte er an Kens Ohr, nachdem er sich ein wenig durch die braune Mähne geschmust hatte.
 

Ken hatte sich nicht gerührt und musste minimal schmunzeln, als er die Worte hörte. „Das brauchst du mir nicht sagen. ICH weiß, dass du mich brauchst. Aber du weißt es offenbar nicht...“, sagte er. Seine Stimme klang sachlich, kein Vorwurf schwang darin mit. Auch er hatte einen Fehler eingesehen. Und zwar den, dass er sich vollkommen in seine Rolle als liebende Hausfrau und Mutter hineinbegeben hatte, ohne sich dagegen zu wehren. Doch damit war nun Schluss. Jetzt, da er wusste, dass das Leben viel mehr für ihn offen hielt. „Könntest du bitte die Zunge aus meinem Ohr nehmen? Ich versuche zu schlafen.“
 

Schuldig erstarrte für einen Augenblick. Was sollte das denn jetzt? Sonst war Ken doch auch immer bereit gewesen, ihre Streitereien im Bett zu beenden... Doch so einfach gab er nicht auf. Es wäre doch gelacht, wenn er sich von einer solchen Frage, die noch nicht mal ein richtiges Nein bedeutete, aufhalten lassen würde! Schuldig ging dazu über, an Kens Hals zu knabbern und schob seine Hand behutsam nach vorn, zu Kens Bauch, über den er sanft streichelte. Kurz unterbrach er seine Zärtlichkeiten, um seinem Schatz ein verführerisches „Mmmh, deine Muskeln machen mich tierisch an!“ ins Ohr zu flüstern.
 

Doch bei Ken regte sich absolut gar nichts. Stattdessen ließ er nur ein etwas genervt klingendes Seufzen hören und verdrehte unter geschlossenen Lidern die Augen. „Schuldig! Nimm die Finger da weg. Ich habe gesagt, ich versuche zu schlafen. Hol dir einen runter, wenn du es gar nicht mehr aushältst. Ich habe keine Lust.“ Wenn das nicht deutlich genug war, dann wusste er auch nicht. Dann würde Schuldig diese Nacht wohl auf dem Sofa verbringen müssen, oder seine Muskeln erst so richtig kennenlernen.
 

Wow! Das hatte es bisher ja noch nie gegeben! Schuldig riss die Augen auf und dachte zuerst, er hätte sich verhört. In den ganzen Jahren, die er jetzt mit Ken zusammen war, hatte der ihn noch nie zurückgewiesen. Der Telepath wurde blass, dann leicht wütend. Er rollte sich wieder auf den Rücken, dachte eine kurze Weile über Kens Worte nach, und begann dann, genau das zu tun, was der Andere ihm vorgeschlagen hatte. Es war schon ein wenig traurig, dass er das in einer Partnerschaft überhaupt nötig hatte...
 

Doch auch darauf reagierte Ken nicht mehr. Er lag nur da, kuschelte sich wieder ein und schon bald hörte man seinen Atem langsamer und ruhiger werden. Weder die eindeutige Geräuschkulisse hinter ihm, noch Schuldigs leises Keuchen hielten ihn davon ab, langsam in einen wohligen Schlaf zu driften. Erfüllt von einem Traum von einer kleinen Wohnung, die nur ihm alleine gehörte, und von liebevollen SMS und verbotenen Telefonaten. Tatsächlich schlief Ken so gut, dass er sich nicht mal von Schuldigs näher kommenden Orgasmus aus der Ruhe bringen ließ.
 

Nicht wirklich zufrieden gestellt und sehr enttäuscht drehte sich Schuldig auf die andere Seite und fragte sich, auf welche Katastrophe sie hier eigentlich zusteuerten. Sie hatten schon viele Meinungsverschiedenheiten und Diskussionen gehabt, ab und zu war auch ein handfester Streit dabei gewesen. Doch noch nie hatte einer von ihnen sich dem anderen verweigert... Seit der überaus überraschenden Nacht in dem Ferienhaus, deren Nachwirkungen Schuldig immer noch spürte, hatten sie sich nicht mehr angefasst. Der Orangehead seufzte schwer. Ken musste es doch auch langsam mal wieder nötig haben... Sonst hatten sie ja auch spätestens jeden zweiten Tag miteinander geschlafen. Was war nur geschehen?



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