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Chibifluch II - Die Chaosprinzen

Pairing: Überraschung [mit wildest_angel]
von

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Abgeblitzt

10. Kapitel - Abgeblitzt
 

Als Dai am nächsten Morgen aufwachte, fühlte er sich wie gerädert. Die ganze Nacht hatten ihn die Gedanken an Robin wachgehalten. Zwei Mal hatte er versucht, durch die Barriere zu brechen und dem Jungen seine Verzweiflung und seine Gefühle klar zu machen. Denn das konnte jetzt nicht mehr so schwer sein. Jetzt da er selber endlich die Augen geöffnet hatte. Doch beide Male war er gescheitert und zu dem Schluss gekommen, dass die einzige Möglichkeit die war, Robin gegenüber zu treten.
 

Nach einem recht mageren Frühstück – Dais Appetit war gleich Null – verbrachte der Telepath gut eine Stunde im Bad. Als er schließlich wieder herauskam, sah man ihm weder seine Aufregung, noch den fehlenden Schlaf an. Seine Haare saßen so gut wie noch nie, seine Augen glitzerten erfreut und seine Schuluniform schien an diesem Tag noch besser an ihm auszusehen als sonst. Zumindest kam es Dai so vor. Nichts auf der Welt konnte seine gute Laune trumpfen und nichts konnte ihm diesen Tag vermiesen. Alles würde glatt laufen und schon heute Nachmittag würde er wieder Stunden mit Robin verbringen können. Fröhlich verabschiedete er sich von seinen Eltern und machte sich auf den Weg zur Schule.
 

Allerdings spürte Dai, wie mit jedem Schritt, den er tat, seine Knie weicher wurden und sein Herz schneller schlug. War das die Aufregung wegen seinem Vorhaben? Oder war es das, was im Allgemeinen als Liebe bezeichnet wurde? Dai wusste es nicht, aber dieses hilflose Gefühl machte ihn schier wahnsinnig. Ihm wurde immer klarer, dass er sich dieses Mal nicht auf seine Telepathie verlassen konnte und dass er alles alleine schaffen musste. Jedes Wort, jedes Geständnis und jede Entschuldigung würde er über die Lippen bringen müssen.
 

Kurz stockte er, als das Schulgebäude in Sichtweite kam. Doch dann straffte er sich. Er würde es hinter sich bringen. Er würde es schaffen und dann war die Sache erledigt. Mit strammen Schritten trat er durch das Tor und machte sich gleich auf den Weg in den Klassenraum.
 

Nicht ganz so schwungvoll, aber nicht minder entschlossen, hatte sich Robin auf den Schulweg gemacht. Allerdings zögerte er vor dem Tor deutlich länger als Daisuke, sagte sich dann aber, dass der Andere höchstwahrscheinlich sowieso nicht da sein würde. Es gab also keinen Grund für ihn, sich so anzustellen. Mit trotzdem leicht zittrigen Knien ging er in sein

Klassenzimmer und blieb wie erstarrt in der Tür stehen, als er Daisuke auf seinem Platz sitzen sah, bis weitere Schüler ihn von hinten so schubsten, dass er wohl oder übel weitergehen musste. Das Herz schlug ihm wieder einmal im Hals, als er langsam auf seinen Platz zu schritt und dabei wie automatisch jede Einzelheit von Daisuke in sich aufsog wie ein ausgetrockneter Schwamm das Wasser. Verflucht, warum musste dieser Mistkerl heute ausgerechnet aussehen wie ein wandelnder feuchter Traum?
 

Dai schluckte unmerklich und sah direkt in die braunen Augen, während Robin auf ihn zu ging. Sein Herz schlug immer schneller und er schaffte es nicht, den Blick abzuwenden. Alles war egal. Nur Robin zählte, der auf ihn zu kam und sich schließlich neben ihn setzte. „Guten Morgen...“, murmelte er leise. Er traute seiner Stimme noch nicht wirklich. Auf einmal erschien ihm dieses winzigkleine Vorhaben so riesengroß, dass es fast unmöglich für ihn war. Ein großer Kloß bildete sich in seinem Hals und er zwang sich, den Kopf auf die andere Seite zu drehen. Vielleicht war es besser, auf die nächste Pause zu warten? Damit sie sich erst mal beide daran gewöhnen konnten, dass sie nebeneinander saßen? So dicht beieinander und doch so weit voneinander entfernt.
 

Ein großer Klumpen lag Robin im Magen, als er seinen Rucksack abstellte und sich neben den Orangehaarigen setzte. Nach einem kleinen Zögern riss er sich zusammen, lächelte Daisuke zuckersüß an und schnurrte ebenfalls ein "Guten Morgen!" Er brach sich schließlich keinen Zacken aus der Krone, wenn er zu dem Älteren zwar nett, aber dennoch distanziert war, beschloss er.
 

Dai wandte den Blick nach einer Weile wieder und musterte seinen Sitznachbarn ausgiebig. Er erinnerte sich an das, was ihm gestern noch alles durch den Kopf gegangen war, und daran, wie es ihm ergangen war. Noch so ein Theater würde er nicht durchstehen. Also musste es einfach raus, was er zu sagen hatte. „Robin...?“, sagte er schließlich und wartete, bis er die

Aufmerksamkeit des Jüngeren hatte. Die Klasse füllte sich langsam, aber sicher, der Lehrer allerdings war noch nicht zu sehen. „Es tut mir leid. Was gestern passiert ist, was auf der Lichtung passiert ist, und auch, was ich zu dir gesagt habe... Du hattest Recht mit dem, was du gesagt hast... die ganze Zeit...“ Er sah Robin bei diesen Worten unablässig an und fing die

braunen Augen so intensiv ein, als wolle er nicht riskieren, dass Robin den Blick abwandte.
 

Jaaa, sicher! Jetzt auf einmal! Robin stützte das Kinn in die Handfläche und hörte Daisuke mit einer geduldigen Miene zu, in etwa so, wie eine Mutter dem Gebrabbel und Unsinn ihres zweijährigen Kindes zuhören würde. Auf die gleiche Art antwortete er dem Telepathen auch, verstärkte dabei aber vorsichtshalber noch einmal seine mentalen Schilde, da er es nicht riskieren wollte, Dai aus Unachtsamkeit noch einmal in seinen Geist zu lassen. Hinter der überzeichnet interessierten Fassade, die er dem Anderen zur Schau stellte, zitterte Robin wie Espenlaub und er fragte sich bei jedem einzelnen Wort seines Geliebten, warum der nicht nur einen einzigen Tag früher auf die Idee gekommen war, ihm das zu sagen. Einen Tag nur... Ein Tag, der vieles - nein, alles! - geändert hätte.

Jetzt aber konnte er sich nur zu einem gelangweilten "Ach, echt?" durchringen, das nicht mal sonderlich ehrlich klang.
 

„Ja echt...“, wisperte Dai und streckte seine zittrigen Finger aus. Leicht strich er mit den Fingerkuppen über Robins Wange. „Ich... ich habe dir nicht geglaubt. Ich habe nicht geglaubt, dass man sich wirklich... so schnell verlieben kann... Aber genau das ist passiert...“ Seine Stimme war nicht mehr als ein Flüstern. Halb, weil er den Rest der Klasse nicht zwingend

mit einbeziehen wollte, halb, weil er einfach nicht mehr zustande bringen konnte. „Robin... ich... ich habe mich in dich verliebt und es nicht mal gemerkt. Ich habe mir was vorgelogen und... und versucht, deine Gefühle ebenso zu erklären...“ Sein Herz schlug ihm sonst wo und er hatte das Gefühl, unter dem brutalen Blick des Anderen sterben zu müssen. „Ich liebe dich, Robin...“
 

Noch vor vierundzwanzig Stunden wäre Robin dem Orangehaarigen nach diesen Worten um den Hals gefallen - jetzt grinste er ihn nur spöttisch an. "Gib dir keine Mühe, Daisuke. Lüg mir was anderes vor", antwortete er kühl. Es war schon der Wahnsinn, mit welchen billigen Tricks Daisuke versuchte, ihm wieder weh zu tun! Aber da würde der Telepath diesmal auf Granit beißen und wenn es Robin dabei innerlich zerfetzen würde!
 

Dai hatte das Gefühl, als wenn man ihm den Boden unter den Füßen wegreißen würde. Und dafür hatte er seinen Mut zusammengenommen? Dafür hatte er diese Worte über die Lippen gebracht? Für eine spöttische und schmerzende Bemerkung wie diese? Nein. Nein auf keinen Fall! Alles andere wurde egal. Er würde jetzt nicht aufgeben. Er packte Robin am Kragen und zog ihn zu sich. Leidenschaftlich pressten sich seine Lippen auf die Robins und küssten ihn, wie er ihn noch nie geküsst hatte. „Ich liebe dich, Robin. Ich habe dich die ganze Zeit geliebt“, sagte er schließlich, als er sich mühsam wieder von dem Jüngeren gelöst hatte. Nun flüsterte er nicht mehr. Es war ihm vollkommen egal, dass ihm nun alle zuhörten. „Ich will bei dir sein. Ich will jede Minute mit dir verbringen und dich lachen sehen. Ich will der Grund für jedes Lächeln auf deinem Gesicht sein und nicht für deine Tränen. Ich will dich, Robin. Und ich will dir alles geben, was du dir wünschst, alles, was du verdienst...“ Dai war alles egal. Auch dass es in der Klasse still geworden war und jeder zu ihnen schaute. Wenn es nötig wäre, würde er dieses Geständnis vor der ganzen Welt ablegen. Auch die Träne, die ihm nun einsam über die Wange kullerte, war ihm egal. Nur Robin war wichtig. Robin und die Tatsache, dass er ihm einfach glauben musste.
 

Als Dais Lippen die seinen berührten und er den vertrauten Geschmack des Anderen wieder in seinem Mund hatte, brannten bei Robin erst einmal sämtliche Sicherungen durch. Er klammerte sich an den Älteren wie ein Ertrinkender und küsste ihn mit einer Leidenschaft zurück, die ihn selbst erschreckte. Erst als sich Daisuke wieder von ihm gelöst hatte - wenn es nach ihm gegangen wäre, hätte der Kuss noch ewig dauern können - kam er wieder zur Vernunft. "Alles, was ich mir wünsche?", fragte er laut nach, damit es auch jeder in der Klasse hören konnte. Auf Daisukes Nicken hin lächelte er den Orangehaarigen so niedlich wie nie zuvor an und strich ihm sanft mit der Hand über die Wange. Seine folgenden Worte standen in krassem Gegensatz zu seiner Miene, als er eiskalt sagte: "Ich wünsche mir, dass du mich endlich in Ruhe lässt, du verlogener Bastard!"
 

Und wieder ein Stich tief in sein Herz. Dai schloss die Augen und konnte das Zittern nicht mehr unterdrücken. Ein Raunen ging durch die Klasse und alle Augen waren auf ihn gerichtet. Was sollte er tun? Alles, was er jetzt noch wollte, war einfach verschwinden. Langsam öffnete er die Augen wieder und sah Robin verletzt an. „Also gut... Dann genieß deinen Tag...“, wisperte er und richtete sich mit weichen Beinen auf. Langsam trat er von Robin weg. Seine Beine würden jeden Moment nachgeben, also musste er hier verschwinden. Mit einem letzten Blick auf das boshafte Gesicht des Schwarzhaarigen verließ er so schnell wie möglich den Klassenraum und ließ Robin mit einer Schar neugieriger Schüler zurück, die nun ihn anstarrten und nicht mehr Dai.
 

Kaum war der Orangehaarige aus dem Klassenzimmer, ließ Robin den Kopf mit einem satten Knall auf die Tischplatte sinken. Es war ihm völlig egal, dass er von ausnahmslos allen angestarrt wurde wie das achte Weltwunder - er konnte seine Tränen nicht zurückhalten. Aber er hatte es geschafft und Daisuke gezeigt, dass der nicht mit ihm umspringen konnte, wie es ihm gerade in den Kram passte. Der Preis dafür war gewesen, dass sein Herz einmal mehr eine tödliche Verwundung davongetragen hatte, denn Dai hatte an das stärkste Gefühl appelliert, das es gab. Wie gern hätte er seinem Liebsten geglaubt, aber nach allem, was vorgefallen war, war das beinahe unmöglich. Als er nach einer halben Ewigkeit den Kopf wieder hob und sich mit einer Horde Neugieriger konfrontiert sah, flippte Robin aus. "Was glotzt ihr so blöd? Ihr habt doch alle gewusst, dass ich ihn liebe und er nur mit mir spielt!" fauchte er in die Menge, raffte seinen Rucksack zusammen und rannte mit tränenüberströmtem Gesicht aus der Klasse.
 

+
 

Laut knallte die Wohnungstür zu, als Dai sie hinter sich zu schmiss. Auch seine Zimmertür war nicht leise. Den ganzen Weg hatte er gedacht, dass er jeden Moment zusammenklappen und haltlos heulen würde. Doch nun, da er zu Hause war, sah es ganz anders aus. Er war am Ende, das stand fest, aber es schlug ganz anders auf ihn nieder als erwartet. Ein grollender Schrei verließ seine Kehle, kaum dass er in seinem Zimmer war, und er schlug mit geballten Fäusten um sich, um seiner Wut, seinem Hass und seiner Trauer freien Lauf zu lassen. Seine Fäuste trafen auf Wände, Regale und Schränke. Er zerschmetterte die Glasvitrine in der Ecke des Raumes und zerschlug den Spiegel, als ihn die hasserfüllten grünen Augen daraus ansahen. Vorbei! Es war vorbei! Robin wollte ihn nicht mehr und Dai hasste sich dafür, dass er sich diese Peinlichkeit in der Klasse nicht erspart hatte.
 

Entsetzt über das Getöse aus dem Zimmer seines Sohnes rannte Schuldig vom Balkon in den Gang und erblickte dort Daisuke, der völlig außer sich war. Ohne zu zögern oder an eventuelle Konsequenzen zu denken, packte er sein Kind von hinten, schloss es fest in die Arme und nahm Daisuke so jede Möglichkeit, weiter um sich zu schlagen und sich vielleicht auch noch zu verletzen. "Dai... Dai, hör auf! Was ist denn los?" wollte er immer wieder wissen, während er den Kleinen in seinem Klammergriff hielt und ihn fest und beruhigend an sich drückte. "Dai, ich bin da, alles wird gut, ganz ruhig, Dai..." Schuldig konnte schon gar nicht mehr zählen, wie oft er seinen Sohn auf diese Weise beruhigt hatte und eigentlich war er der Meinung gewesen, es würde nie mehr nötig sein. So konnte man sich irren...
 

Es dauerte eine ganze Weile, bis Dai endlich aufhörte, sich gegen seinen Vater zu wehren und irgendwas vor sich hinzukeifen, das eh keiner verstand. Doch schließlich sackte er zitternd und schluchzend in Schuldigs Armen zusammen, drehte sich um und klammerte sich an den Mann. Immer wieder versuchte er in Worte zu fassen, was passiert war, was er versucht hatte und was in ihm vorging, doch er brachte rein gar nichts zusammen.

So tat er etwas, was er noch nie getan hatte. Er verlinkte sich mit seinem Vater und zeigte ihm, was vorgefallen war, durchlebte es dabei ein weiteres Mal und begann wieder heftig zu zittern. Das hatte er nun davon. Das war es, was Liebe aus einem Menschen machen konnte.
 

Mit jeder Sekunde, die Daisuke ihn an seinen Erlebnissen teilhaben ließ, nahm die Bestürzung und Verzweiflung in Schuldig zu, bis zum Schluss in seinen Augen auch heiße Tränen brannten. Doch neben dem Offensichtlichen sah Schuldig in der Szene auch noch etwas anderes, das man wohl nur wusste, wenn man die Menschen ein wenig besser verstand als es ein 16jähriger konnte. Oder wenn man die Denkweise eines Crawfords kannte... "Dai... Robin hat nur Angst. Nichts weiter. Er will dir glauben, kann dir aber nicht vertrauen... Lass den Kopf nicht hängen, Schatz, da ist noch gar nichts endgültig."
 

„Wenn er mir nicht vertrauen kann...“, wisperte Dai leise, „dann ist es endgültig. Wie soll ich es schaffen...dass er mir glaubt?“ Verzweifelt sah er seinen Vater an. „Selbst wenn... selbst wenn er mich noch liebt... Wenn er mir nicht glaubt...bringt es rein gar nichts.“ Er schloss die Augen, wischte die Tränen weg und krallte sich verzweifelt an seinen Vater. Nie hätte er gedacht, dass es noch mal einen Moment geben würde, in dem er sich so verletzt und hilflos in die Arme dieses Mannes werfen würde. Und jetzt war es soweit...
 

"Es ist erst aus, wenn du aufhörst zu kämpfen, Dai." Das war das erste gewesen, das er damals gelernt hatte... Noch immer drückte er seinen Sohn fest an sich und streichelte ihm über den Rücken. Vorsichtig gab er dem Kleinen einen liebevollen Kuss in die wilde Mähne. "Seit wann gibst du so schnell auf? Wo ist denn dein Sturschädel, hm?"
 

Dai musste leicht schmunzeln. „Du hast Recht...“, murmelte er leise und lächelte dankbar zu seinem Vater auf. „Du hast Recht. Wenn ich aufgebe... hab ich ihn verloren.“ Einen Moment sah er seinen Vater an und wischte nun die letzten Tränen weg. „Aber wenn ich ihn wieder habe, dann behandelst du ihn wie meinen Freund und nicht wie den letzten Dreck... versprich mir das. Wenn du ihn auch nur schief anguckst, verpass ich dir die Kopfschmerzen deines Lebens...“ Seine Stimme war ernst, auch wenn seine Augen nicht so hart aussahen wie seine Worte es vielleicht waren.
 

"Ich verspreche es dir. Wenn du ihn wiederhast, werde ich mich mit ihm anfreunden." Mehr konnte Schuldig nicht sagen - aber das kam wirklich von Herzen.
 

Dai lächelte und nickte. „Danke...“, sagte er und atmete dann tief durch. Er würde nun erst mal versuchen, sich ein wenig zu entspannen und darüber nachdenken, wie es für ihn am besten weiter gehen konnte. Mit einem letzten Lächeln für seinen Vater verschwand er wieder in sein Zimmer. Das Chaos, das er angerichtet hatte, herrschte überall... Aber darum würde er sich später kümmern. Das Durcheinander in seinem Kopf war viel schlimmer.
 

Die Worte seines Vaters hatten Dai sehr geholfen. Zumindest für die nächste halbe Stunde. Als er dann aber mit dem Aufräumen in seinem Zimmer fertig war, brachen die üblen Gedanken wieder über ihn herein. Er wurde immer unruhiger und spürte, dass er ganz dringend noch mal an die frische Luft musste. Seine Hoffnung sank wieder auf den Nullpunkt und mit hängendem Kopf verkündete er, dass er spazieren gehen würde. Dann verließ er

die Wohnung auch schon. Noch bevor Dai den Tabakladen betreten hatte, wusste er, wo sein Weg ihn hinführen würde, und tatsächlich fand er sich nur fünfzehn Minuten später auf seiner geliebten Lichtung wieder, wo er es sich auf seinem Ast bequem machte.
 

+
 

Schon auf dem Nachhauseweg zerrte Robin an seiner Krawatte und knöpfte sich das Hemd auf. Das alles hinderte ihn daran, die Luft zu bekommen, die er wieder einmal zum Schluchzen brauchte. Es war doch wirklich zum Verrücktwerden! Warum war Daisuke das alles nicht ein klein wenig früher eingefallen? Alles hätte so schön sein können! Aber jetzt... Er konnte doch dem Anderen rein gar nichts mehr glauben! Wütend über sich selbst im Allgemeinen und Dai im Speziellen, verzweifelt und hin und her gerissen zwischen seiner Liebe zu Dai und der Angst, die er empfand, öffnete er die große Tür zu seinem Zuhause und stapfte mit schweren Schritten durch den Gang, wobei er sich unablässig die Tränen aus dem Gesicht wischte.
 

Augenblicklich rannte der Schwarzhaarige seinen ‚Onkel’ über den Haufen. Gerade so konnte Farfarello den Jungen noch an den Schultern packen und wieder grade hinstellen, damit der nicht nach hinten umfiel. „Meine Güte! Reiß dich mal zusammen, Robin. Bei deinen Gefühlsausbrüchen bekomm ich Kopfschmerzen.“ Zur Bestätigung rieb sich der Empath die Schläfe und sah Robin von oben herab an. „Entscheide dich endlich, was du für ihn empfinden sollst. Dieses Hin und Her macht mich noch irre...“
 

"Tut mir leid", brachte Robin erstickt heraus, und er schämte sich fast dafür, dass ihm schon wieder das Wasser über die Wangen lief. "Aber ich... ich... ich liebe ihn doch und... und..." Vor lauter Aufregung und Weinen bekam er jetzt auch noch Schluckauf. Hilfesuchend sah er den Weißhaarigen an, der wohl sowieso nicht verstehen würde, von was er eigentlich redete.
 

„Ich weiß“, sagte Farfarello nur monoton. Ohja. Das wusste er wahrscheinlich schon länger als Robin selber. „Tut weh, wenn man grade von so einem Menschen verletzt wird, was?“ Er ging weiter in die Küche und setzte sich auf einen Stuhl, zog ein Glas und eine Flasche Wasser zu sich, um sich etwas zu Trinken einzuschenken. „Bring ihn her und ich kann dir sagen, ob du ihm glauben kannst oder nicht...“ Das Grinsen, das sich dabei über sein Gesicht zog, verzerrte seine sonst recht normalen Züge.
 

Dieses Angebot ließ Robin aufhorchen. "Das würdest du wirklich für mich tun? Das... das wär ja genial!" Ein Hoffnungsschimmer tauchte an seinem Horizont auf. Wenn Dai ihn wirklich so liebte, wie er behauptete, würde er das doch ohne weiteres machen. Oder? Das Problem war jetzt nur: Wie sollte er an Daisuke herankommen? Die Schule fiel ja schon mal flach...
 

„Ja... Das würde ich. Wieso auch nicht? Dann nimmt dein ständiges Hin und Her vielleicht endlich mal ein Ende...“ Er fuhr mit dem Zeigefinger den feuchten Rand seines Glases entlang und ließ es leise singen. „Bring ihn zur Sprechstunde. Ich bin ganz sicher zu Hause.“ Wo sollte er schließlich auch sonst sein? Alles was er tat, war Zuhause sein und sich die Zeit im Trainingsraum totschlagen. Ab und zu ging er mit Robin einkaufen oder half ihm bei den Aufgaben, die sein Vater für ihn hatte. Aber Brad traute ihm wohl noch nicht genug, um ihn alleine loszuschicken. So kam ihm ein wenig Abwechslung ganz gelegen. Vor allem wenn diese Abwechslung der Sohn des schwer vermissten Schuldigs war.
 

"Danke!" jubelte Robin freudestrahlend, doch schon in der nächsten Sekunde schlug seine Laune schon wieder ins Gegenteil um. Ein Plan musste her, und zwar ein ziemlich guter. Sonst konnte er die Idee des Iren gleich knicken... Von sich selber wahrscheinlich noch mehr genervt als Farfarello, seufzte Robin auf. Ruhe. Das war es, was er jetzt dringend brauchte. Absolute Ruhe, in der ihn nichts von Dai ablenkte. Und er wusste haargenau, wo er die finden konnte... "Ich bin bald wieder da!" teilte er dem Weißhaarigen aufgeregt, hoffnungsvoll, ein wenig glücklich und doch schon wieder zweifelnd mit - und war zwei Sekunden später auch schon aus dem Haus.
 

Der Ire schüttelte nur noch leicht den Kopf und erhob sich. Er suchte sich seine Tabletten, die er in letzter Zeit häufiger gebraucht hatte, und beschloss, Brad bei nächster Gelegenheit davon in Kenntnis zu setzen, dass ein Teenager in einem Haushalt mit Empath sehr unangebracht war. Ob das was bringen würde, bezweifelte er, aber einen Versuch war es immerhin wert.
 

~*~tbc~*~



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