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Prinzessin des Lichts

von

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2.

„Ja, du schaffst es.“ Wütend stemmte Sandra sich gegen die Gewichte ihrer Hantel ein letztes Mal in die Höhe, dann legte sie sie in ihre Halterung zurück und setzte sich auf. „Und, wie war ich?“ Lear sah ihre Freundin stolz an. „Super. Zyron wird stolz auf dich sein. Du bist jetzt genau so weit wie ein Kadett nach drei Jahren Ausbildung.“ Sandra streckte sich müde. „Und das, obwohl du erst ein Jahr hier bist.“ „War aber auch verdammt schwer, eure Ausbildung.“ Sie strich sich durch ihre nassen Haare. „Hey, was hältst du davon, wenn wir heute einmal ausgiebig shoppen gehen. Was hältst du davon, wenn wir mal wieder Kopenhagen unsicher machen? Du sprichst doch jetzt so gut dänisch.“ Sandra grinste uns strich Lear über den leichten Bauchansatz, den sie bekommen hatte. „Und du brauchst ja auch bald neue Kleidung. Deine Uniform ist auf jeden Fall zu klein für zwei Personen. Okay, überredet. Ich gehe nur noch schnell duschen, dann können wir los.“
 

Lee kniete im Hangar neben einem kleinen Raumgleiter, den Sandra und er zu Unterrichtszwecken auseinander genommen hatten, und betrachtete die Notizen seiner Schülerin. Er war so vertieft in seine Vergleiche mit einer Steuerungsplatine, daß er nicht hörte, wie sich Schritte näherten. „Hm, der Entwurf ist gut. Das ist doch sicher nicht deine Idee gewesen, oder?“ Lee fuhr zusammen, so erschreckte die dunkle Stimme ihn, doch er erkannte sie auch. „Ug Tettra, altes Schlitzohr. Was machst du denn hier?“ Er stand auf und umarmte seinen Freund. „Erholungsurlaub.“ Lee wuschelte seinem Freund durch die wieder längeren Locken. „Du mußt mal wieder zum Friseur.“ „Ich weiß. Nur leider gibt es im Weltall so selten einen.“ Ug strich seine Haare zurück und deutete auf das Blatt, was Lee in der Hand hielt. „Darf ich mal sehen?“ „Sicher, hier.“ Ug überflog den Schaltplan. „Was meinst du? Das ist eine Abschlußarbeit.“ „Welcher Jahrgang?“ „Dritter.“ Ug nickte. „Verdammt gut. Hier sind sogar Lösungsansätze drin, auf die selbst ich erst nach sechs Jahren gekommen bin. Wer ist dieses Genie?“ Lee grinste. „Das wirst du mir nicht glauben.“ Ug zog eine Augenbraue hoch. „Sandra.“, antwortete Lee und mußte lachen, als er den verblüfften Gesichtsausdruck seines Freundes sah. „Das ist nicht dein Ernst, oder?“ Lee nickte. „Mein voller Ernst. Du glaubst gar nicht, wie mühsam es ist, innerhalb eines Jahres drei Abschlußprüfungen auszuarbeiten. Sandra ist fast ein Büchermonster. Sie hat eine schnelle Auffassungsgabe und lernt schneller als alle, die ich bisher kennengelernt habe.“ „Und wie weit ist sie sonst?“ „Wie jeder Kadett nach drei Jahren, mit einer Ausnahme.“ „Und die wäre?“ „Sie weigert sich, eine Waffe in die Hand zu nehmen.“ Ug reichte seinem Freund die Notizen wieder. „Aber aus welchem Grund?“ Lee stand auf. „Ihr Volk verwendet keine Waffen und sie möchte es auch jetzt nicht.“ „Das ist schlecht für einen Hunter.“, stellte Ug kritisch fest. „Tja, aber Zyron hat es ihr erlaubt, aus welchem Grund auch immer.“ Die beiden Freunde verließen das Flugfeld und gingen zu Ugs Wohnung. „Aber was ist, wenn sie angegriffen wird?“ „Oh, sie ist eine gute Kämpferin. Sie ist die beste Schülerin der asiatischen Kampfsportarten, die wir je hatten.“ Ugs Miene verfinsterte sich. „Das wird aber nicht reichen, wenn sie jemand mit einem Laser angreift. Wie konnte Zyron so dumm sein, ihr das zu erlauben?“ Lee zuckte mit den Schultern. „Sandra sagt immer, daß sie sich auf ihre eigene Art verteidigen kann, wenn es darauf ankommt.“ Ug sah seinen Freund finster an. „Aha, und wie?“ „Das weiß ich nicht und sie weigert sich auch, es vorzuführen. In dieser Hinsicht ist sie sehr stur.“ Ug öffnete die Tür zu seiner Wohnung und trat ein. „Ich sollte mich mal mit ihr unterhalten. Es ist lebensgefährlich, was sie macht.“ Er ließ sich auf einen Sessel fallen. „Müde, alter Freund?“ „Und wie.“ „Ruh dich erst einmal aus. Sandra ist sowieso nicht in der Basis, sie ist mit Lear heute morgen zum shoppen gegangen. Meine Freundin brauchte ganz dringend neue Sachen.“ Ug, der bereits seine Augen geschlossen hatte, öffnete sie wieder. „Ein typisches Frauenproblem. Sie haben nie genug Kleidung.“ Lee grinste seinen Freund verschmitzt an. „Naja, aber eine werdende Mutter braucht halt neue Kleidung.“ Schlagartig war Ug wieder richtig wach. „Lear ist schwanger?“ Lee nickte stolz. „Im vierten Monat.“ „Ich gratuliere.“ Ug nahm seinen Freund in den Arm. „Hat ja auch lange genug gedauert.“, meinte Lee nur. „Gib jetzt aber gut auf sie Acht, mein Freund.“ „Ich weiß, worauf du hinaus willst, Alter. Lear ist für jeglichen Einsatz gesperrt. Ein solches Drama wie bei euch damals wird sich nicht wiederholen. Alpha hat erlassen, daß bei nachgewiesener Schwangerschaft keine Einsätze mehr möglich sind.“ Ug nickte. „Dann hat dieses Unglück wenigstens etwas erreicht.“ Doch der trostlose Unterton, den Ugs Stimme sonst immer bei diesem Thema hatte, blieb aus. Lee bemerkte es mit einem leisen Hoffnungsschimmer. „Aber erzähl, wie hat sich unser junger Flüchtling sonst entwickelt?“ Ug ging in seine Küchenzeile und holte sich ein Glas Wasser. „Sie hat sich ihrer neuen Identität angepaßt. Sie spricht jetzt nicht nur perfekt Basic, sie beherrscht auch Dänisch und Englisch. Sie hat sich so gut vorbereitet, daß sie Lear und mich mal mit auf eine Sightseeing Tour nach Kopenhagen mitgenommen hat. Sechs Stunden hat sie uns die Bedeutung der ganzen Gebäude in der Innenstadt erläutert. Mir tun jetzt noch meine Füße weh, wenn ich nur daran denke.“ Ein leichtes Grinsen umspielte Ugs Lippen. „Kann ich mir vorstellen. Und wie hat sie sich körperlich erholt?“ „Sie hat lange gebraucht, bis die Spuren ihrer Flucht vergangen waren. Jetzt ist sie der Schwarm aller Kadetten. Nicht nur der männlichen.“ Als Ug wieder die Augen zufielen, stand Lee auf. „Ruh dich aus, Ug. Wir sprechen später weiter.“
 

„Guten Morgen, Lee.“, begrüßte Sandra ihren Lehrer und Freund, als sie den Übungsraum betrat. „Guten Morgen. Na, hast du dich von eurem Einkaufsbummel erholt?“ Sie grinste. „Ich schon. Ob ich auch für deine Freundin sprechen kann, weiß ich nicht. Was hast du da?“ „Dein Abschlußzeugnis. Du bist seit heute Nacht kein Kadett mehr.“ „Das ist nicht dein Ernst, oder.“ Lee lächelte sie an. „Mein voller Ernst. Du hast die Abschlußprüfung mit Auszeichnung bestanden.“ Sie strahlte. „Das hat nur einen Nachteil für dich.“ Verwundert sah sie ihn an. „Welchen?“ „Ich bin nicht mehr dein Lehrer.“ Ihre Verwunderung wich der Bestürzung. „Aber warum nicht?“ „Ich bin nur bevollmächtigt, Kadetten auszubilden. Du bist jetzt Leutenant und hast dich mit anderen Kalibern herumzuärgern.“ „Und mit wem?“ „Zyron wird jemanden für dich auswählen, der zu deinen Leistungen paßt. Und da du das beste Potential von allen Auszubildenden hast, wirst du auch vom besten Lehrer unterrichtet werden.“ Mitleidig sah er sie an. „Und ehrlich gesagt tust du mir jetzt schon leid.“ „Ist mein neuer Lehrer denn so schlimm?“ Lee lächelte aufmunternd. „Schlimm kann man nicht sagen, nur sehr streng und anspruchsvoll.“ „Du machst mir richtig angst. Wer ist es denn?“ „Ich.“ Ug betrat den Übungsraum. „Hallo Sandra, erkennst du mich noch?“ Sie mußte sich arg zusammenreißen, daß ihr nicht vor Entsetzen der Mund offenstehen blieb. „Commander Tettra.“, murmelte sie überrascht. Vom Äußeren ähnelte er der Fotografie, die sie bei Lee gesehen hatte, doch seine Augen waren noch immer leblos. „Ug hat sich überreden lassen, für einige Zeit hier zu bleiben. Zyron konnte ihn davon überzeugen, dich zu unterrichten.“ „Von deiner Begabung für Technik konnte ich mich bereits überzeugen, ich habe deine Abschlußarbeit gelesen. Sie war gut.“ Sein Gesicht war ausdruckslos. Doch da sie auch seine andere Seite gesehen hatte, vor dem Tod seiner Partnerin, machte ihr dieser Zug von ihm Angst. Sie konnte es sich nicht erklären, doch sie wollte nicht von Ug unterrichtet werden. „Du hast wirklich Glück, daß Ug sich bereit erklärt hat, deine weitere Ausbildung zu übernehmen, Sandra.“ Sandra schluckte schwer. Es blieb ihr also nichts anderes übrig. „Habe ich denn noch andere Lehrer?“ Ug sah sie ruhig an. „Nein, nur mich.“ Lee stand auf. „Ich lasse euch jetzt allein, damit ihr anfangen könnt.“ Sandra sah Lee unbehaglich hinterher. „Ich muß mit dir über einige Dinge reden, Sandra.“ Ugs kühle Stimme ließ sie erschaudern, doch sie bemühte sich, sich nichts anmerken zu lassen. „Natürlich.“ Sie setzte sich mit ihm zusammen an einen der Tische. „Wie Lee dir bereits gesagt hat bin ich sehr streng. Da du im Bereich Technik schon sehr weit bist, werde ich den Schwerpunkt deines Unterrichts auf Flug und Navigation sowie den Kampf legen.“ Er sah ihr fest in die Augen. „Und ich meine nicht nur den waffenlosen Kampf.“ Erschrocken sah Sandra ihn an. „Hat Lee es dir denn noch nicht gesagt? Ich benutze keine Waffen.“ „Jetzt schon.“ „Das kannst du nicht von mir verlangen. Ich komme aus einem friedfertigen Volk. Wir benutzen keine Waffen.“ Ug sah sie nur ruhig an. „Du wirst von mir den Umgang mit Waffen lernen, Sandra, ob es dir paßt oder nicht. Wie willst du später einmal deinen Partner beschützen, wenn ihr angegriffen werdet?“ Trotzig sah sie ihm in die Augen. „Ich habe meine eigenen Mittel, mich zu verteidigen. Ich brauche eure Waffen nicht.“ „Aha, und was für eine Art der Verteidigung soll das sein?“ Sandra sah verlegen zu Boden. „Das kann ich dir nicht sagen, noch nicht.“ „Und aus welchem Grund nicht?“ Sandra richtete sich ganz auf und sah ihm fest in die Augen. „Ich weiß nicht, in wie weit ich dir vertrauen kann.“ Mit einem Mal bekamen Ugs Augen Leben, doch in einer Art, die Sandra nicht behagte. „Wie soll ich das verstehen?“ Beschwichtigend hob sie ihre Hände. „Bitte versteh mich nicht falsch. Ich habe dir sehr viel zu verdanken, ohne dich wäre nicht nur ich tot, mein ganzes Volk wäre ausgelöscht worden. Ich schulde dir mehr als mein Leben. Doch ich kenne dich nicht.“ Sie sah wieder weg. „Versteh mich bitte nicht falsch.“ Ug schnaubte kurz. „Gut, dann werden wir ja sehen, in wie weit wir einander vertrauen können.“ Sandra biß sich vor Scham auf die Lippen. Sie wußte, sie war ungeschickt gewesen. Die einzige Hoffnung, die ihr blieb, war, daß die ärgerliche Spannung, die sich zwischen ihnen aufgebaut hatte, später wieder verschwand.
 

Mit Schwung landete Sandra in den Matten. „Noch mal!“ Ug sah sie kalt an. Mühsam rappelte sie sich auf und näherte sich ihm. „Du bist nicht schlecht, nur etwas ungeschickt. Bedenke, es gibt Gegner, die wesentlich stärker sind als ich.“

Lear beobachtete die beiden mit Unbehagen. „Was hast du?“, fragte Lee leise. „Es behagt mir gar nicht, wie Ug mit Sandra umgeht. Er steht ihr ja fast feindselig gegenüber.“ Sandra landete wieder in den Matten. „Das wird wohl daran liegen, daß Zyron Ug befohlen hat, sich Sandra als Partnerin auszubilden.“ „Er hat... was?“ Entsetzt sah sie ihren Lebensgefährten an. Dieser nickte. „Das hat er mir heute bei unserer Besprechung gesagt. Er sagte, es wäre an der Zeit, daß Ug wieder einen Partner bekommt und das er Sandra als die geeignetste hält.“ „Was, um Himmels Willen, hat er sich dabei gedacht? Ug will keinen Partner mehr, daß weiß jeder.“ Lee nickte und beobachtete traurig, wie Ug Sandra erneut in die Matten warf und sie kritisierte. „Und weißt du, was mir noch nicht gefällt?“ „Nein, was?“, fragte Lear besorgt. „Ug zwingt sie dazu, Waffen zu benutzen. Sie hatte schon drei Doppelstunden bei ihm.“ Lear schüttelte verständnislos den Kopf. „Dabei weiß er doch, daß sie keine Waffen benutzen will.“ Lee nickte und betrachtete Sandra traurig, die mit hängendem Kopf Ugs Belehrungen ertragen mußte. „Ich weiß. Das habe ich Ug auch gesagt, doch er ignoriert es einfach. Ich habe noch nie gesehen, daß er mit jemandem so grob umgesprungen ist wie mit Sandra.“
 

Lear fand ihre Freundin mit Tränen in den Augen in einer Fensternische sitzen und in den Weltall starren. „So schlimm?“ Sandra nickte. „Wie kann man so eiskalt sein? Zu allen anderen ist er ja wenigstens noch halbwegs freundlich, aber zu mir...“ Sie wischte sich eine Träne weg. „Ich frage mich auch bereits, wieso.“ Behutsam nahm sie ihre Freundin in die Arme. „Das ist ganz allein meine Schuld. Ich habe ihn gleich am Anfang unserer Ausbildungszeit gesagt, daß ich mich auf meine eigene Weise verteidigen kann.“ „Und was hat er darauf gesagt?“ Sandra wischte sich weitere Tränen fort. „Er wollte von mir wissen, wie und ich sagte dummerweise zu ihm, daß ich noch nicht wüßte, ob ich ihm vertrauen kann. Das war wirklich das dümmste, was ich je von mir gegeben habe. Seither haßt er mich.“ Lear strich ihr durch die kurzen Haare. „Nein, Schatz, daran liegt es nicht.“ Verzweifelt sah Sandra ihre Freundin an. „Sondern?“ „Zyron hat Ug aufgetragen, daß er dich als seine neue Partnerin ausbilden soll.“ „Aber er will mich nicht, Lear.“, warf Sandra zitternd ein. „Ich weiß, Liebes, ich weiß. Es war eine Riesendummheit von Zyron, Ug diesen Befehl zu erteilen.“ Mit einem Mal schrillten Alarmsirenen auf. Beide Frauen schossen in die Höhe. „Was ist das?“, fragte Sandra erschrocken. „Roter Alarm. Jemand ist unbefugt in dieses Sonnensystem eingedrungen.“, murmelte Lear. „Du mußt sofort zum Flugfeld.“ Sandra sprang auf und rannte los.
 

„Sie müssen diese Eindringlinge abfangen, bevor das Radar der Terraner aufmerksam wird. Es bleibt ihnen nicht viel Zeit.“ Die Kampfpiloten hatten sich um Ug versammelt und salutierten, als Sandra auf das Flugfeld gestürzt kam. Ug sah sie nur kalt an. „Was willst du hier?“ „Ich dachte...“ „Du bleibst hier.“ Lear, die ihrer Freundin gefolgt war, bemerkte zum ersten Mal die offene Feindschaft, die Ug Sandra entgegen brachte. „Verdammt Ug, sie ist deine Partnerin!“, schrie sie ihren Freund an. „So?“ Er trat auf die beiden Frauen zu. „Partnerschaft hat etwas mit Vertrauen zu tun, daß weißt du genauso wie ich, Lear.“ Er sah Sandra fest in die Augen. „Aber zwischen uns gibt es kein Vertrauen, habe ich Recht, Sandra?“ Damit ließ er sie stehen und begab sich zu seinem Raumgleiter.
 

„Er hat... was?“, donnerte Zyron. „Er hat es Sandra verweigert, ihn zu begleiten, Sir.“, wiederholte Lear, als sie ihrem Vorgesetzten die Sachlage geschildert hatte. „Jetzt ist Ug eindeutig zu weit gegangen! Dieses Mal wird er sich für sein undiszipliniertes Verhalten verantworten müssen.“ „Nein, Sir.“, warf Sandra ein. „Das war ganz allein meine Schuld. Commander Tettra hat einen guten Grund, mich abzulehnen.“ „Ach ja? Welchen?“ Sandra ließ den Kopf hängen. „Ich kann ihm doch nicht sagen, was ich ihnen bereits über mich und mein Volk anvertraut habe. Nur leider habe ich mich ungeschickt ausgedrückt und ihm gesagt, daß ich ihm nicht genügend vertrauen kann.“ „Und wann hast du ihm das gesagt, Sandra? Heute morgen? Gestern?“ Sie schüttelte betrübt den Kopf. „Als er meine Ausbildung übernommen hat.“ „Das sind verdammt noch mal bereits drei Monate her.“ „Aber er nimmt es sich sehr zu Herzen und behandelt Sandra auch dementsprechend.“, erläuterte Lear vorsichtig. „Wir diskutieren später darüber. Als erstes müssen wir unsere Kampfgeschwader überwachen und gegebenenfalls weitere Abwehrmaßnahmen einleiten. Aber dennoch werde ich mir Ug Tettra vorknöpfen, wenn er wieder in der Basis ist und er wird sich verdammt noch mal zu rechtfertigen haben.“
 

Sandra beobachtete den großen Computerbildschirm mit gemischten Gefühlen. „Was, in drei Teufels Namen, sind das für Schiffe?“, fragte Zyron verärgert. Sie schluckte. „Die selben, die auch mein Volk überfallen haben, Sir.“, antwortete sie leise. Zyron drehte sich zu ihr um. „Bist du sicher, Sandra?“ Sie nickte ängstlich. „Entweder, sie haben herausgefunden, daß ich mich hier aufhalte, oder sie sind auf der Suche nach neuen Völkern, die sie unterdrücken können.“ Zyron betrachtete die Anzeige. „Es sind nur drei Schiffe.“ „Dann werden sie wissen, daß ich hier bin.“ Zyron betätigte den Kommunikator. „Basis an Staffelführer. Halten sie die Schiffe unbedingt von hier fern. Das ist ein Befehl. Wenn es sein muß, zerstören sie sie.“ „Roger.“, antwortete Ug. „Es wird dich niemand von hier wegholen, Sandra. Du hast mein Wort darauf.“
 

Es dauerte nicht lange, bis das Gefecht begann. Sandra hatte sich angewidert abgewannt und sich in eine Ecke zurückgezogen, um die Explosionen am Rand des Sonnensystems nicht miterleben zu müssen. Stunden gingen so ins Land, in denen zwei der riesigen Schiffe kampfunfähig gemacht wurden. Dennoch zog sich das dritte nicht zurück und schoß aus allen verfügbaren Waffen auf die wesentlich kleineren Kampfjets. Mit einem Mal zerriß eine Schreckensmeldung die Kommandozentrale. „Jäger Blau drei an Basis. Das Schiff des Geschwaderführers wurde getroffen. Wir bekommen keinen Kontakt mehr.“ „Verdammt!“, fluchte Zyron laut. „Kämpfen sie weiter und versuchen sie, Commander Tettra und sein Schiff zu schützen.“ „Ja, Sir.“ Kreidebleich stand Sandra am Rande der Zentrale und beobachtete ihren Vorgesetzen. „Wir können jetzt keine Rücksicht auf Ug nehmen. Wir holen ihn zurück, wenn die Sache überstanden ist.“ Sandra schlich leise zur Tür und verschwand.

„Egal, wie er mich auch immer behandelt haben mag, ich schulde ihm mein Leben.“ Niemand war im Gang vor der Zentrale. Sie hob ihre Hände. „Nebel der Zwischenwelt, bringt mich dorthin, wohin ich es euch befehle.“ Sie verschwand.
 

Rauch war das erste, was sie wahrnahm, als sie auf dem Schiff ankam. Sie kämpfte sich durch die beißenden Schwaden zur Brücke durch, wo sie die Tür per Hand öffnen mußte. Als sie schließlich den kleinen Kommandoraum betrat, stockte ihr der Atem. Ein Großteil der Instrumente war ausgefallen, Rauch stieg auch hier aus den Pulten auf. „Ug?“ Sie näherte sich dem Sitz des Kommandanten, erhielt aber keine Antwort. „Oh nein, bitte nicht.“ Sie stürzte auf ihn zu und war erschüttert, als sie ihn blutüberströmt und bewußtlos auf seinem Sitz sitzen sah. „Göttin, laß ihn bitte nicht tot sein.“ Sie legte ihre Hand an seinen Hals und spürte seinen Pulsschlag. „Ich danke dir, große Mutter.“, murmelte sie leise. Ug hingegen kam wieder zu sich und sah sie benommen an. „Wie kommst du denn hierher?“, fragte er tonlos. „Schh... nicht sprechen. Du bist verletzt.“ Er setzte sich auf und sah sich wie Sandra um. „Der Schaden ist zu groß, wir können das Schiff nicht zurück steuern.“, murmelte Sandra. Ug hingegen stöhnte gequält auf und verlor wieder das Bewußtsein. „Ug!“ Sie legte ihre Hände an seine Stirn und konzentrierte sich. „Oh Göttin, er hat ja schwere innere Verletzungen!“ Sie nahm ihn in ihre Arme und verließ mit ihm das Schiff so, wie sie es betreten hatte.
 

In der Krankenstation ließ sie ihn vorsichtig auf den Boden gleiten. „Doc, Hilfe!“, schrie sie verzweifelt. Der Arzt stürzte sogleich in das Behandlungszimmer. „Ich habe ihn geholt, als sein Schiff getroffen wurde. Schnell, er ist schwer verletzt.“, flehte sie ihn an, der Ug sofort mit einem mobilen Untersuchungscomputer checkte. „Du muß mir helfen, eine Trage unter ihn zu legen.“ Er sprang auf und holte einen Gegenstand, der aussah wie ein dünnes Brett. „Ich drehte ihn ein wenig zur Seite, damit du die Trage unter ihn schieben kannst.“ Behutsam hob er Ugs Schulter an und so schnell es ihr möglich war tat sie, was der Arzt ihr aufgetragen hatte. Als Ug schließlich ganz darauf lag, drückte Doc einen Knopf und die Trage schwebte sanft in die Höhe. „Auf den Untersuchungstisch neben dich.“, befahl Doc und beide manövrierten die Trage so vorsichtig wie möglich auf den besagten Tisch. Eine Krankenschwester kam hinzu und nahm Sandra ihre Arbeit ab. „Ich danke dir, daß du ihn hergebracht hast, doch du kannst nichts für ihn tun. Laß mich jetzt bitte allein.“ Sandra verneigte sich gehorsam und verschwand.
 

Zitternd kniete sie im Warteraum vor einem Stuhl und ließ den Kopf hängen. „Große Göttin, ich bitte dich, laß ihn leben.“ „Obwohl er dich so quält, meine Tochter?“ Sie hörte die leise Stimme ihrer Gottheit. „Er kann nichts dafür. Ich habe ihn beleidigt und bin allein schuld, daß er mich so behandelt.“ Eine Lichtsäule entstand neben Sandra und aus diesem Licht formte sich die schwach erkennbare Gestalt einer Frau. „Er tritt dich mit Füßen und trotzdem verteidigst du ihn. Könnte es sein, daß du etwas für ihn empfindest?“ „Liebe? Ich glaube nicht. Wenn ich ihn kennengelernt hätte, bevor seine Partnerin umgekommen war, würde ich dir vielleicht eine andere Antwort geben, Hohe.“ Sanft berührte das Lichtwesen Sandras Wange. „Dein Herz hat bereits etwas erkannt, was dein Verstand nicht wahrhaben will. Nur deshalb war es so wichtig für dich, daß dein Lehrer gerettet wird.“ Sie hob ihren Kopf und sah ihre Göttin an. „Ich liebe ihn nicht! Wie soll ich einen Mann lieben, der ein Herz aus Eis besitzt, dessen Augen kein Leben spiegelt?“ „Er braucht Heilung und Zuneigung und vor allem Vertrauen.“ „Und Vertrauen habe ich ihm verweigert. Jetzt haßt er mich. Nein, Göttin. Wir können keine Gefährten werden. Uns trennen Universen.“ Schritte wurden laut und die Lichtgestalt verschwand. Schnell erhob Sandra sich und sah Doc dann beunruhigt an, als er auf sie zukam. „Keine Sorge, Ug wird leben. Das hat er ganz allein dir zu verdanken. Wenn unsere Leute gewartet hätten, bis der Angriff abgewehrt gewesen wäre, wäre er allerdings innerlich verblutet.“ „Kann ich ihn sehen? Bitte.“ Doc lächelte. „Natürlich.“ Er begleitete sie in eines der Krankenzimmer und ließ sie dort allein. Als sie näher trat, bemerkte sie, daß keinerlei Narben mehr zu sehen waren, außerdem war kein Verband an seinem Körper. Leise zog sie einen Stuhl an das Krankenbett heran und setzte sich neben ihn. „Mein Herz soll etwas erkannt haben? Wie kann das sein? Zwischen uns gibt es nur Streit und Mißtrauen.“ Behutsam strich sie eine Strähne aus seinem Gesicht. „Haar sanft wie Seide.“, schoß es ihr durch den Kopf, doch sie verdrängte diesen Gedanken schnell wieder. „Wie magst du gewesen sein, bevor dieses Unglück dein Leben zerstört hat? Ich hätte dich gerne früher gekannt. Auf der Fotografie sahst du so anders aus.“ Sie ergriff seine Hand und hielt sie vorsichtig mit ihrer. „Dein Herz kennt die wahre Liebe. Kein Wunder, daß du noch immer leidest. Wärst du aus meinem Volk, hätte dich der Tod deiner Gefährtin umgebracht.“ Wieder strich sie, fast gegen ihren Willen, durch sein Haar. „Aber wer sagt denn, daß es das nicht hat? Ich schulde dir mein Leben und jedes einzelne meines Volkes. Ich wünschte, ich könnte deine Seele heilen. Doch ich kann es nicht.“ Sie ließ seine Hand los und legte sie vorsichtig zurück auf die Decke. „Für gewöhnlich wünschen wir Frieden und ein langes Leben, wenn wir jemanden verlassen. Dir hingegen wünsche ich, daß du einen Weg aus deiner Dunkelheit findest.“ Sie legte zwei Finger auf seine Stirn. „Möge dich ein Teil meines Lichtes in deiner Dunkelheit aufmuntern.“ Sanft leuchteten ihre Fingerspitzen auf. „Leb wohl, mein Lehrer. Ich kann nicht mehr bei euch bleiben. Vielen Dank für alles, was ich lernen durfte.“ Sie nahm ihre Hand zurück, hob dann ihre Hände und verschwand.



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