Heilung für den Feuerengel
Heilung für den Feuerengel
Das leise Zischen der hydraulischen Tür riss Yuri aus seinen Gedanken.
Ein kleiner alter Mann stakste auf einen Stock gestützt in den finsteren Raum und suchte in der Dunkelheit nach etwas.
„Kann ich dir irgendwie helfen?“, fragte Yuri.
„Warum hast du das Licht ausgemacht?“, entgegnete Roger meckernd.
Im selben Moment machte es klick und unter der Decke flammten große helle Lampen auf.
Yuri senkte den Kopf um nicht geblendet zu werden und stieß sich von der Wand ab, gegen die er sich gelehnt hatte.
„Du wirst immer seltsamer, Jungchen.“, tadelte der alte Magier ihn.
„Das sagt gerade der Richtige, du faltiger Kauz.“, erwiderte Yuri grinsend und wurde sofort wieder ernst. „Also, was hast du herausgefunden?“
Roger senkte den Kopf und bedeutete Yuri ihm zu folgen.
Yuri betrat den Raum, aus dem Roger gerade gekommen war.
Die verschiedenen Gerätschaften in dem Labor blinkten, summten oder blubberten gemächlich vor sich hin, doch Yuri interessierte sich schon lange nicht mehr dafür.
Seit einem halben Jahr war Yuri fast jeden Tag hier gewesen. Die seltsamen Experimente hatten längst ihren Reiz verloren.
Zielstrebig ging er auf den Untersuchungstisch zu, den er genauso gut kannte wie alles andere hier.
Roger war irgendwo in dem Labor verschwunden und kam nun wieder zu ihm zurück. In seiner Hand hielt er eine riesige Liste mit Zahlen, Wörtern und Zeichnungen, die Yuri nach wie vor nicht verstand.
„Wie es aussieht, hat sich das Blut bereits soweit ausgebreitet, dass es dem deinen nun gleichwertig ist.“, erklärte Roger nachdenklich, wobei sein Blick immer wieder über die Liste irrte. „Die infizierten Blutkörperchen haben sich rasend schnell ausgebreitet und…“
Yuri kannte die Worte, die Roger sagte bereits zur Genüge. Es war seit einem halben Jahr stets das Selbe.
Sein Blick fiel auf den Untersuchungstisch, auf dem Karin regungslos schlief. Etliche Kabel führten von ihr weg und endeten in irgendwelchen Apparaturen.
Seit ihrem Sieg gegen Kato hatte sie sich mehr und mehr in einen Dämon verwandelt. Jetzt, ein halbes Jahr später, hatte sich die Transformation fast abgeschlossen. Roger hatte Test um Test durchgeführt, doch es gab einfach keine Lösung Karin von dem Dämonenblut zu befreien.
Vorsichtig ergriff Yuri ihre Hand und strich ihr über das lange rote Haar. Was hatte er damals nur losgetreten, in dem er Karin wieder zum Leben erweckt hatte? Er hatte aus ihr etwas gemacht, das er selbst nicht sein wollte.
„Hörst du mir überhaupt zu?“, drang Roger wieder in seine Gedanken.
„Nein, nicht wirklich.“, antwortete Yuri wahrheitsgemäß.
„Und jetzt auch noch frech werden.“, meckerte der alte Mann und schlug ihm den Gehstock kräftig gegen das Schienbein.
Yuri zuckte kurz zusammen und warf ihm einen wütenden Blick zu.
„Ich weiß ja, du bist besorgt um sie.“, sagte Roger mitfühlend. „Aber vielleicht können wir ihr doch noch helfen.“
Yuri zog blitzartig die Hand zurück und fuhr aufgeregt herum.
Roger grinste breit und fuhr fort.
„Ich habe herumgeforscht und ein paar Experimente gemacht. Es gäbe eine Möglichkeit aus Karin wieder einen normalen Menschen zu machen, aber es wäre sehr riskant.“
„Und was beinhaltet dein Plan?“
„Wir müssten ihr ganzes Blut austauschen.“, antwortete Roger. „Ihr Blut würde praktisch durch menschliches Blut ausgewechselt. Aber dieses Verfahren ist sehr gefährlich. Sie könnte dabei sterben.“
Yuris Blick fiel wieder auf Karin und blieb an ihrem friedlichen Gesicht haften. Konnte er wirklich ihr Leben riskieren? Was war schlimmer? Als Dämon zu leben oder als Mensch zu sterben?
Yuri wusste es nicht.
