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Neuanfang

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Der Tag davor

“Yo, warte.” Der angesprochene Junge drehte sich um und warf einen fragenden Blick in die Richtung, aus der dieser Satz gekommen war. Gerade noch rechtzeitig konnte er beobachten, wie Anna sich einen langen Schal um den Hals warf. Sie trug eine Jacke.
 

“Ich begleite dich.”, erklärte Anna wie selbstverständlich. Das war äußerst ungewöhnlich. Normalerweise ging Yo alleine einkaufen. Anna beschränkte sich dabei darauf, die Einkaufsliste zu schreiben und ihn mit den Worten “Sieh es als Training…” loszuschicken. Er war drauf und dran, sie nach dem Grund für ihren plötzlichen Meinungsumschwung zu fragen, als Anna ihm auch schon eine Plastiktüte in die Hand drückte. “Nun komm endlich. Wie lange willst du denn noch hier rum stehen?”
 

“Warum kommst du mit?”, wollte Yo wissen, als er seiner Verlobten aus dem Haus folgte. Aus den Augenwinkeln nahm er wahr, wie Amidamaru sich lächelnd in Richtung Wohnzimmer verzog, wo vermutlich ein Horrorfilm eingeschaltet war, zumindest laut der Schreie, die in diesem Moment laut wurden.
 

“Sei froh, dass ich dich begleite und sei still.” Dies erstickte jede weitere Widerrede im Kern. Yo grinste und beeilte sich, Anna einzuholen, die schon wieder ein ganzes Stück voraus war.
 

Die Läden waren voll, was an sich kein Wunder war. Die Läden waren immer voll vor Silvester. Vielen wurde noch in letzter Sekunde klar, dass sie irgendetwas Wichtiges vergessen hatten und hechteten dann noch einmal los.
 

Langsam machte sich Yo Sorgen, ob sie wirklich noch alles bekommen würden, was sie brauchten. Schließlich wären sie nicht gerade weniger Leute am Abend. Was ihm aber noch mehr Sorgen bereitete…
 

„Geht gefälligst aus dem Weg! Yo, sieh zu, dass du vorwärts kommst! Ich will nicht länger als nötig in diesem überfüllten Laden bleiben.“
 

Yo schluckte. Wenn Anna in ihrem Berserkermodus war, dann half alles gute Zureden nichts mehr. Mehrere Leute warfen ihnen ungläubige Blicke zu, als sie sich ihren Weg zwischen den einzelnen Regalen durchbahnten. Anna schritt weit aus, ohne auf die Umstehenden zu achten und hielt nur ab und an inne, um etwas in den Einkaufswagen zu legen. Ihm blieb nichts anderes übrig, als ein entschuldigendes Grinsen aufzusetzen und hinter Anna herzugehen.
 

Anna hatte Einkaufen nie gemocht. Einer der Gründe, warum sie Yo immer mehr oder weniger freundlich dazu überredete, es zu erledigen. Warum sie nun freiwillig mitgekommen war… Irgendwie schaffte es Anna immer, ihn zu überraschen.
 

„Entschuldigen Sie…“, ertönte mit einem Mal eine helle Stimme von rechts. Yo warf einen Blick zur Seite und entdeckte ein Mädchen, etwa in seinem Alter. Sie hielt ihre Arme unsicher umfasst und machte insgesamt einen recht hilflosen Eindruck. Nachdem er festgestellt hatte, dass Anna bereits außer Sichtweite war blieb Yo stehen. Es würde nun ohnehin dauern, bis er sie in diesem Gedränge wieder fand. Also wandte er sich lächelnd dem Mädchen zu. „Was gibt es denn?“
 

Ein schüchterner Blick traf ihn. „Ich weiß nicht, wo ich Kerzen finden kann... Es ist alles so… voll.“
 

„Kerzen…?“ Yo runzelte leicht die Stirn. Vermutlich wollte sie so kurz vor Silvester noch in den Tempel gehen. Ob sie das wohl auch machen würden? Anna hatte sich diesbezüglich noch nicht geäußert. „Ich glaube, das war in dem hinteren Teil…“ Er wies mit dem Arm in die entsprechende Richtung. „Nun, entschuldige mich bitte, ich muss…“
 

„Ich bin mir nicht sicher, ob ich das alleine finde. Würden Sie mich vielleicht dorthin… begleiten?“ Sie errötete sichtlich und senkte den Kopf, um ihm nicht in die Augen sehen zu müssen.
 

Yo wollte etwas antworten, aber jemand anderes antwortete für ihn. „Yo, wo bleibst du?! Ich warte schon länger auf dich.“ Annas Stimme, die wie aus dem Nichts aufgetaucht war, klang betont gleichgültig, aber Yo hörte die Unnachgiebigkeit, die darin mitschwang. Sie blickte zu dem Mädchen, welche augenblicklich noch eine Spur röter wurde und verunsichert einen Schritt zurückwich. „Ah, ich wollte Sie nicht aufhalten… Ich wusste nicht, dass Sie in Begleitung sind…“
 

„Vielleicht sollten wir ihr gerade zeigen, wo die Kerzen sind.“, schlug Yo vor und grinste leicht einfältig. Anna schenkte ihm einen eisigen Blick, aber das Mädchen schüttelte hastig den Kopf. „Danke, ich denke, ich werde es alleine finden. Ich wollte Sie nicht aufhalten… Danke für die Hilfe.“ Sie verbeugte sich eilig und verschwand dann in der Menge, in eine völlig andere Richtung als Yo ihr gezeigt hatte.
 

Kaum das sie weg war, ging Anna weiter. Yo beeilte sich, den Einkaufswagen um die vorbeiströmenden Massen zu manövrieren und das Tempo zu halten. Was war los mit ihr? Sie war doch sonst nicht so... Auch wenn sie Einkaufen nicht mochte, immerhin war sie es gewesen, die unbedingt mitkommen wollte.
 

„Anna…“ Endlich hatte er sie eingeholt, gerade als sie die Kasse erreicht hatten. Sie starrte ihn unnachgiebig an, aus ihrem Blick sprach beinahe so etwas wie Trotz, als sie begann, die Lebensmittel aus dem Einkaufswagen und auf das Verkaufsband zu legen. „Was ist denn, Yo?!“
 

Eine Sekunde lang sah Yo ihr nur schweigend zu. Ihm lagen verschiedene Dinge auf der Zunge, doch er sprach sie nicht aus. Schließlich wusste er ohnehin, was er von ihr als Antwort bekommen würde. So schenkte er Anna lediglich ein schiefes Grinsen und begann, die Sachen aus dem Einkaufswagen zu verfrachten.
 

***
 

„Die Taschen sind schwer“, bemerkte Yo schließlich mit leidender Stimme, als er neben Anna herging, verschiedene Tüten mit Lebensmittel in der Hand haltend. In Annas Augen funkelte es verdächtig, als sie schließlich zu ihm blickte und fast bereute er es schon wieder, etwas gesagt zu haben. Yo schluckte. Dieser Blick konnte einem wirklich Angst machen. „So kann dir wenigstens nicht kalt werden. Sieh es einfach als Training.“
 

„Training…“, wiederholte Yo und richtete seinen Blick starr geradeaus. Training… Training wofür? Sie mussten nicht mehr kämpfen. Das Shamanen Turnier war vorbei, sie hatten die Vernichtung der Menschheit verhindert, sie hatten gewonnen. Sie mussten nicht mehr trainieren. Hao war tot…
 

Seine Gedanken schienen immer wieder zu diesem Tag zukehren. Er konnte nicht loslassen und wusste, ein Teil von ihm würde niemals loslassen können, niemals loslassen wollen. Hao war sein Bruder gewesen, ein Teil einer Familie, von der Yo niemals etwas gehabt hatte. Er war als Einzelkind aufgewachsen, isoliert von Mitmenschen, in einem leeren Haus, wenn seine Eltern nicht da waren…
 

„Yo.“ Anna schien nun auch aufgegangen zu sein, dass sie etwas Unbeabsichtigtes ausgelöst hatte. Er schüttelte leicht den Kopf. So hatte er es nie betrachtet. Er war nicht einsam, nicht jetzt und auch damals nicht. Er hatte Freunde, nicht zuletzt das Mädchen, welches gerade neben ihm lief.
 

„Es hat dieses Jahr noch gar nicht geschneit.“ Yo richtete verträumt den Blick gen Himmel. Seine Hände fühlten sich seltsam taub an. Er hätte doch Handschuhe anziehen sollen. Aus den Augenwinkeln konnte er beobachten, wie ihn ein forschender Blick traf, bevor Anna ebenfalls nach vorne sah.
 

„Wir sind in Tokyo, Yo“, meinte sie schließlich sachlich. Ihre Stimme klang ruhig, aber Yo hatte das deutliche Gefühl, dass sie ihm etwas damit sagen wollte. „Es wird nicht schneien.“
 

„Vermutlich nicht.“ Das Gasthaus En tauchte in der Ferne auf. Helle Wolken waren über dem Haus zu erkennen und Yos Atem färbte die Luft bei jedem Luftholen weiß. Es war kalt genug. Seltsamerweise erwartete er, dass es jeden Moment schneien würde, wie um ihnen etwas zu beweisen. Aber es schneite nicht.
 

„Wir haben nicht viel Zeit.“, meinte Anna, während sie die Türe öffnete. „Die anderen werden bald kommen.“

Yo nickte. „Dann sollte ich das Essen wohl eher schnell vorbereiten.“

Er betrat das Haus und stellte die Tüten ab. Gerade wollte er in Richtung Küche gehen, als Anna mit einem Mal nach seinen Händen griff. Verwundert blickte Yo sie an, während sie sie mit kühlem Blick betrachtete. Sie waren stark gerötet – kein Wunder, dass sie sich taub anfühlten. „Warum hast du keine Handschuhe angezogen?“

Yo grinste hilflos und hob die Schulten. „Ich habe es vergessen.“
 

Dunkle Augen trafen die seinen und musterten ihn abschätzend. Es kam ihm vor wie eine Ewigkeit, doch in Wahrheit konnten nicht mehr als ein paar Sekunden vergangen sein als Anna den Kopf wieder senkte und sich eine warme Hand sich um die seine schloss. Yo fühlte Wärme durch seinen Körper strömen und wusste, dass dies nicht allein an Annas Fingern lag, welche die seinen wärmten.
 

Sie standen so, ohne sich anzusehen, die Augen starr auf ihre verbundenen Hände gerichtet, ohne sich zu rühren, alleine im Flur. Wie lange, konnte Yo nicht sagen. Sie schwiegen in gegenseitigem Einverständnis…
 

„Yo! Anna! Da seid ihr ja!“ Eine laute Stimme durchzog die Luft und Yo zuckte automatisch zusammen. Er konnte erkennen, dass es Anna ebenso ging. Sprachlos wandte er sich zu dem Neuankömmling zu.

„Horo horo“, sagte er schließlich. Der blauhaarige Ainu grinste sie fröhlich an und winkte. Direkt hinter ihm stand Ren, der irgendwie genervt aussah und die resigniert mit den Schultern zuckte, so als wolle er sagen: ‚Ich habe es versucht’. Er warf ihnen einen kritischen Blick zu. „Haben wir bei etwas gestört?“
 

„Gestört?! Wie meinst du… Oh. OH!“ Horo starrte sie an, als wäre ihm erst jetzt klar geworden, was vor sich ging. Beinahe zeitgleich lief er rot an und stolperte einen Schritt zurück, als er nach Rens Arm griff um ihn mit sich zu ziehen. „Komm, Ren, wir sollten sie nicht stören. Ähm… tut einfach so, als wären wir nie da gewesen. Eigentlich waren wir ja auch noch nicht da, nicht wahr, Ren? Ignoriert uns einfach. Ich meine…“
 

„Schon gut, Horo.“, sagte Yo schnell. „Es ist nicht so, wie ihr denkt.“ Anna hatte ihre Hand beinahe blitzartig zurückgezogen. Ihre Augenbrauen zuckten bedrohlich und er ahnte, dass sie kurz davor war, ihre Ruhe zu verlieren. Der Ainu würde das neue Jahr nicht erleben, wenn er so weitermachte. „Warum seid ihr beiden schon da? Wir haben euch erst gegen Abend erwartet.“, meinte er in dem verzweifelten Bemühen, das Thema zu wechseln.
 

„Wir wollten euch überraschen“, erklärte Ren mit der leisen, kühlen Stimme, die ihm eigen war. Scheinbar wollte er noch etwas hinzufügen, doch Horo unterbrach ihn. „Kommt mit, die anderen warten schon im Haus.“ Den Vorfall von eben schien er bereits wieder aus seinem Gedächtnis verbannt zu haben.
 

„Die anderen…?“, wollte Anna wissen. Sie blickte in den dunklen Flur, fast so als erwartete sie, dass dort jeden Moment noch ein paar weitere ungebetene Gäste auftauchen würden. „Wartet. Kommt mit.“ Mit vor Vorfreude funkelnden Augen geleitete sie Horo den Flur entlang in das Wohnzimmer, wo sie schon erwartet wurden.
 

Yo blickte sich verwundert um. Faust, Eliza, Pilica, Tamao, Run, Ryu, Yoko, Manta, sogar Lyserg. Sie alle waren schon gekommen und riefen ihnen laute Begrüßungen entgegen. Dabei hatten sie sie doch erst am nächsten Tag erwartet. Es fehlte praktisch nur noch das Konfetti. Horo grinste. „Überraschung gelungen?“
 

Yo nickte leicht und grinste. Es sah so aus, als würde es nun um einiges chaotischer werden. „Dann kann das neue Jahr ja beginnen.“
 

-tbc-



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Kommentare zu diesem Kapitel (4)

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Von: abgemeldet
2008-10-09T16:39:49+00:00 09.10.2008 18:39
Oiiii Horo is manchmal echt ein.....*grrr*^^
Da hatt er die tolle stimmung kaputt gemacht!!! xD
Aber die Überraschung is echt toll^^ Jetzt wird es richtig kaotoisch^^ lol
Soo muss es sein und anders bin ich es auch garnicht gewohnt^^
seeeehr schöön xD
freu ma aufs weiterlesen!

soria
Von:  ChiChi_18
2007-02-23T08:08:34+00:00 23.02.2007 09:08
Also manchmal könnte man Horo ja wirklich einen ***tritt geben und in die Mülltonne befördern!
So etwas passiert aber auch immer nur ihm!
Wäre ja schon etwas neugierig gewesen was passiert wäre wenn er nicht aufgetaucht wäre.
Wahrscheinlich wäre die ff dann schon zu Ende *lol*

Jedenfalls hat mir das Kapitel auch wieder total gut gefallen. MAch weiter so!!
Nico
Von:  -myst3ry-
2007-02-21T14:34:03+00:00 21.02.2007 15:34
^^ schööön, ist zwar nicht mehr sylvetser aber es gefällt mir wirklich.
horo ist ja mal wieder n vollpro (oh.OH. wir gehen wieder, wir waren ja auch nie da...^^ besser gehts nicht)
Von: abgemeldet
2007-02-21T11:07:52+00:00 21.02.2007 12:07
T.T ich beneide dich, mein schreibstil ist in letzter zeit drastisch gesunken T.T
Auf jedenfall hat mir dieses kapitel mal wieder super gefallen
und sry das ich dir zu dem ersten keinen kommi hinterlassen habe
aber naja, bin ein kleiner schussel *g
joa was soll ich noch sagen, war wieder sehr gut, vorallem der
schreibstil hat mir gefallen.

tja bis zum nächsten mal, mfg fani^^


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