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Melodie der Vergangenheit

Bevor das wahre Glück zu einem kommt, erleidet man tiefen Schmerz
von

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Das letzte Wiedersehen vor der Ewigkeit

Am nächsten Tag herrschte schon zu früher Morgenstunde reges Treiben in der Abtei, denn die Laboranten hatten beim Nachsehen festgestellt, das etwas nicht stimmte. „Herr Juitiev, holen Sie den Boss und sagen sie, dass es wichtig ist!“, befahl der zuständige Chef fürs Labor. Sofort eilte dieser zum Büro und stürmte hinein. „Sir! Es ist etwas Schlimmes passiert. Jemand hat sich nachts ins Labor geschlichen und die Geräte so manipuliert, dass der Vorgang Kais Erinnerungen nicht löscht sondern nur einschloss. Das heißt, wenn er mit damaligen Erinnerungen oder Personen von damals konfrontiert werden sollte, dann….dann…würde er sich uns weigern und sein altes Leben zurückfordern!“, platzte es aus Herrn Juitiev heraus und sah Boris völlig aufgewühlt an. Boris gefiel das Ganze überhaupt nicht und schlug mit beiden Händen, die er zu Fäusten geballt hatte, auf den Tisch. „Verdammt, das kann nicht sein! Nie-mand kann von außerhalb ins Labor. Es muss jemand vom der Abtei sein und wen es einer der Jungs war, dem polier ich die Fresse“, schwor sich Boris und stampfte mit gezielten Schritten aus seinem Büro zum Labor. Er schlug die Labortür auf und ging zum Chef. Diesen packte er am Kragen und brüllte: „Wer hat das getan!“ Die Laboranten bekamen es mit der Angst zu tun, denn so hatten sie Boris noch nie zuvor erlebt. So völlig aggressiv, beängstigend und gewalttätig. „Boss…Sir, wir haben alles auf Videoband aufgenommen. Wir haben es uns auch schon in der Zwischenzeit angesehen. Es war….war ihr Liebling, Tala“, gestand er Boris und blickte ihn an. //Tala….das kann nicht sein. Er würde sich nie gegen mich stellen// dachte sich Boris und lies den Laborchef los. Tala war seit er ihn gefunden und hergebracht hatte, sein Liebling gewesen und er bestrafte ihn nie so hart wie die Anderen. „Kann man diesen Vorgang nicht ein weiteres Mal wiederholen?“, fragte Boris so gut es ging mit ruhiger Stimme. Doch alle schüttelten den Kopf. „Das ist leider nicht möglich, Sir. Man kann pro Person, den Vorgang nur einmal machen da sonst das Gehirn Schaden nehmen könnte. Wir können nur dafür sorgen, dass es für ihn sehr schwer sein wird an seinen vergangenen Erinnerungen zurückgreifen zu können“, erklärte ein junger Mann mit Brille Boris. Boris nickte nur und befahl ihnen, Kai bis zum Nachmittag drinnen zu lassen damit das Experiment nicht unterbrochen wird.

Boris verließ das Labor und machte sich auf den Weg zu Kais und Talas Zimmer. Leise betrat er sein Zimmer um keine ungewollte Aufmerksamkeit von den anderen Jungs zu ergattern, die schon durch die Gänge schlenderten

Er schloss die Tür hinter sich und ging auf Talas Bett zu. Mit einem raschen Griff schnappte er sich die Bettdecke, riss sie von ihm runter, wodurch Tala wach wurde. Schnell sprang er vom Bett auf und stellte sich kerzengerade neben dem Bett hin, als wären wir beim Militär. „Guten Morgen, Boris!“, platzte es aus Tala heraus, der versuchte sich nichts anmerken zu lassen wegen letzter Nacht. //War ich unvorsichtig? Er kommt doch sonst nicht extra in mein Zimmer// fragte sich Tala, der zu Beginn nicht wusste wieso Boris hier war. „Mein Junge, wieso hast du das getan! Was hast du dir dabei gedacht? Du bist nachts ins Labor eingebro-chen und hast die Maschinen manipuliert. Ich bin enttäuscht von dir, denn das hätte ich im Leben nie von dir gedacht“, keifte Boris ihn an. Tala blickte ihn an und antwortete ihm mit kühler Stimme: „Es ist mir egal, ob sie enttäuscht sind oder nicht. Ich bin nicht ihre Marionette oder Sklave. Meiner Meinung ist es schon schlimm wenn ich Befehle ausführen soll, aber ich lasse meinen besten und einzigen Freund nicht im Stich nur damit sie im sein Leben zuvor wegnehmen.“

Boris hasste Talas Arroganz ihm gegenüber und auch wenn er sein Liebling war, was sowieso nur im Bezug auf sein Talent lag, lies er sich so was von ihm nicht gefallen oder bieten. Er packte Tala am Kragen und drückte ihn fest und brutal gegen die harte Steinwand neben sei-nem Bett. „Hör zu, du kleiner Wurm. Ich glaube du spielst dich hier etwas zu sehr auf! Hier dreht sich absolut nichts um dich. Meine nette Art ist dir gegenüber wohl zu Kopf gestiegen, dass du glaubst du kannst dir solche Aktionen erlauben ohne das ich was dagegen tun werde. Merk dir eins Junge. Du bist ein Niemand und als ein solcher solltest du dich auch so verhal-ten. Ich hab Rücksicht genommen weil ich dein Talent bewundere und nicht weil ich ne Ka-kerlake wie dich mag. Haben wir uns verstanden!“, keifte Boris Tala an und warf ihn so un-sanft zu Boden, dass er mit seinem Kopf gegen das Bettgestell flog, welches aus Eisenstangen bestand. Tala erlitt eine heftige Platzwunde an der Schläfe und das Blut rann über seine linke Seite des Gesichts. Es tat weh. Höllisch weh. Dem lilahaarigen Mann kümmerte es allerdings wenig ob Tala sich verletzt hat oder nicht und ging aus dem Zimmer. Als Tala allein im Zim-mer zurückblieb stand er unter schlimmen Kopfschmerzen auf und verband sich erstmal seinen Kopf mit einer Bandage vom Ersten Hilfe Koffer, der sich in jedem Zimmer befand.

Die Zeit verfloss für Einige wie im Flug und für Andere zog sich alles dahin. Tala wartete bis zum Nachmittag bis Kai endlich aus dem Reaktor genommen wurde und zurück auf sein Zimmer durfte.

Währenddessen außerhalb der Abtei ging ein kleines Mädchen mit ihrer Schwester, die zwei Jahre älter war als sie, Richtung Spielplatz. Es war nämlich ein sehr warmer und sonniger Sommertag und viele Kinder tollten draußen herum vor allem in den Parks, Spielplätzen, Zoos oder Schwimmbädern. „Na komm schon, Sascha! Sei nicht so lahm, sonst sind die Schaukeln besetzt bevor wir ankommen“, rief ich meiner Schwester zu, weil ich schon etwas vorgelaufen war. „Ich komm ja schon, Irina“, kam es von Sascha und sputete sich etwas. Als wir beiden den Spielplatz erreicht hatten lief ich sofort zu den Schaukeln und besetzte zwei für uns. Wir beide setzten sich auf eine und schaukelten etwas hin und her. „Weißt du, Sascha, ich möchte mal das dieser Junge mit uns was unternimmt. Wir können doch mal alle in den Zoo gehen, die ganzen Äffchen und Miezekatzen ansehen. Die größer sind als die, die was man daheim halten darf. Das macht ihm sicher auch Spaß“, meinte ich, ein inzwischen sieben Jahre altes Mädchen, lächelnd dazu. Meine Schwester Sascha, die eigentlich Aleksandra heißt aber von mir immer „Sascha“ gerufen wird, ist weniger darüber erfreut gewesen. Ich hatte ihr nämlich von diesem Jungen erzählt und das er mich damals gerettet hat. Aber für Sascha selber war er einfach zu seltsam. Aufmerksam hörte sie mir zu doch gab keine Antwort sofort drauf und schaukelte einfach weiter wobei ihr Blick in der Ferne schweifte. „Mag schon sein, dass du das gerne hättest, aber du kennst ihn doch nicht mal. Mir kommt das Ganze etwas eigenartig vor. Versteh mich bitte nicht falsch Irina“, antwortete Sascha mir.

„Boah, Sascha! Wieso sagst du so was? Ich mein, nur weil du ihn noch nicht gesehen hast muss doch nichts seltsam daran sein. Ich dachte du bist froh, dass er mich damals gerettet hat. Sonst hättest du mich nicht mehr“, erklärte ich meiner so skeptischen Schwester Sascha.

Sascha jedoch seufzte nur und meinte dazu: „Ja klar, bin ich froh, dass er dich gerettet hat. Trotzdem finde ich das ganze Eigenartig, aber meinetwegen. Wenn er darf können wir was mit ihm unternehmen, aber…“, sie machte eine kurze Pause und sah mich mit einem durch-dringenden Blick an, „vorerst bleibt es bei diesem einen Mal!“ Mit einem letzten Schwung sprang ich, nachdem sie fertig gesprochen hatte, von der Schaukel und landete gekonnt auf meinen Beinen. Ich ging ein paar Schritte von der Schaukel weg und drehte mich lächelnd zu ihr um. „Danke Schwesterchen! Doch dann müssen wir seinen Freund mitnehmen. Der Junge mit dem roten Haar, der mich damals nach Hause gebracht hat. Ich schätze er ist in deinem Alter. Ihr werdet sich total viel Spaß zusammen haben“, sagte ich mit süßer, kindlicher Stim-me zu ihr gewandt.

Genervt schaute sie mich an, als sie von der Schaukel aufstand und murmelte leise: „Das auch noch...“ Langsam schritt sie auf mich zu und sagte knapp: „Na wenn du meinst.“ Mit der Zeit verstrich der Mittag und der Nachmittag brach heran. //Ich hab Hunger! Ich mag was fut-tern…// waren meine Gedanken und suchte alleine in der Nähe vom Spielplatz nach einem kleinem Imbissstand oder etwas ähnlichem. Ich entfernte mich etwas von meiner Schwester und dem Spielplatz, als ich zwei Jungs sah, die mir bekannt vorkamen. //Das kann doch nicht sein….ist das er? Nicht möglich…// fragte ich mich selber und lief über den Zebrastreife auf die andere Straßenseite. „Hey ihr zwei, wartet doch mal!“, rief ich ihnen zu und rannte näher zu den Beiden. Doch sie blieben nicht stehen und taten so als hätte sie es nicht gehört. //Sie soll verschwinden….sie merkt nicht mal das sie ihr Leben gefährdet…// dachte sich Tala und schüttelte nur den Kopf, wobei er mit Kai weiterging. Doch Kai aber blieb stehen und drehte sich zu mir um. Mit letzten Schritten ging ich auf Kai und Tala zu und lächelte beide an. „Ich wusste doch, dass ich euch kenne! Du bist doch der Junge, der mich damals gerettet hat“, sagte ich zu Kai gewandt und sprach dann weiter in einem fröhlichem Ton zu Tala, „und du bist der Junge, der mich zu Mama und Papa heim gebracht hat!“ Doch keiner von Beiden gab mir eine Antwort. Plötzlich als ich wieder losplappern wollte, spürte ich eine Hand auf meiner Schulter.

Es war meine Schwester, die mir nachgelaufen war und nicht gerade begeistert dreinblickte, dass ich gegangen war ohne ihr etwas zu sagen. Unsicher drehte ich mich zu Sascha um und schaute sie an. //Mist….sie ist mir nachgelaufen, wie immer. Sie übertreibt mit ihrer Mama Rolle// dachte ich mir und sagte zu Sascha wieder total glücklich, da ich den Jungen von da-mals wieder getroffen habe: „Sieh mal Sascha, dass ist der liebe Bub, der mich letztes Jahr vor den bösen Wolfis gerettet hat“, und zeigte auf Kai. Zu Beginn sagte Sascha nichts drauf und musterte die Zwei zuerst, die vor ihr standen. „Und wie ist dein Name?“, fragte sie den Jungen, den ihre Schwester mit freundlichem Ton ihr vorgestellt hatte. Ein paar Minuten des Schweigens traten ein wo keiner etwas sagte. //Sie sehen ganz unheimlich aus…// waren Sa-schas Gedanken und behielt Tala und Kai im Auge. Sascha war immer so vorsichtig, wenn es darum geht ihre Schwester vor seltsamen Leuten zu schützen. „Kai…“, antwortet Kai, Sascha knapp und bündig auf ihre Frage. Tala war verblüfft, dass er ihr geantwortet hatte, da er seit-dem sie die Abtei verlassen hatten, kein Wort gesprochen hat.

„Das ist aber ein schöner Name! Ich bin Irina und das“, meldete ich mich gleich zu Wort und zeigte auf meine Schwester, „ist meine große Schwester Aleksandra. Ich nenne sie allerdings immer Sascha und sie benimmt sich eher, wie meine Mama als meine Schwester.“ Sascha hob leicht die Augenbraue, als sie das von mir hörte, aber versuchte inständig ruhig zu bleiben, und das obwohl sie leicht reizbar war. „Ich bin vielleicht deshalb so, weil du ein kleiner Rebell bist, der gern in Schwierigkeiten gerät“, konterte sie gekonnt mit ihrer Antwort.

„Na und! Ist doch egal. Erwachsen sein ist doof, wo bleibt da der Spaß. Sieh die Mama und Papa an….die machen kaum mehr was Lustiges“, meckerte ich sie an. Tala beobachtete uns bei unserer Auseinandersetzung ziemlich genau und wurde ein wenig traurig. Er wünschte sich er hätte auch eine Familie, die ihn liebte und kleine Geschwister, die ihn ärgerten und die er beschützen könnte. Aber dem war nicht so. Das Schicksal hat es in dieser Hinsicht nicht gut mit ihm gemeint. Tala erinnerte sich gar nicht an seine Familie, denn seit er denken kann lebte er Heim und jetzt in der Abtei. Tala wollte wissen wer er war und wieso, dass Schicksal so grausam und schmerzvoll zu ihm war. Trostlos ohne jegliche Perspektive auf ein Leben in Glück. „Hey! Hallooooo, ich rede mit dir!“, sprach Sascha, den in Gedankenversunken Tala an. Der Angesprochene wurde aus seinen Gedanken gerissen und blickte verwirrt in Saschas leicht genervtes Gesicht. Ihm war ihr Blick ein wenig unangenehm und wurde das erste Mal in seinem Leben rot. „Ich…ehm, hast..du etwas gesagt?“, fragte Tala sie verlegen und kratze sich leicht am Hinterkopf. Sascha entwich ein tiefes Seufzen und schüttelte nur den Kopf.

„Vergiss es einfach, wenn es dir so schwer fällt zu sagen wie du heißt“, seufzte sie. Ich kannte meine liebe Schwester sehr gut und erkannte, dass sie nicht viel von den Zweien hält. Was soll ich tun um das zu ändern? Mein Schwesterchen war nun mal, die Sorte von Mensch, die kalt und skeptisch gegenüber Fremden war und so wie sie sich verhält, bleibt sie lange alleine. „Sein Name ist Tala! Tala…Iva…Iva…ach ich weiß den Rest nicht mehr! Jedenfalls ist er voll lieb. Er hat mich heimgebracht und ist Kais Freund. Also glaub mir, dass er nett ist und sei nicht so kalt zu ihm“, verteidigte ich ihn mit meiner kindlichen Stimme. Schnell und mit einem breiten Grinsen schnappte ich mit meinen beiden Händen nach Talas und Saschas Hand und tat diese zusammen, so als sehe es aus sie würden Händchen halten. Beide sahen sich im ersten Moment stumm und verlegen an. Keiner von beiden brachte auch nur irgendein Wort heraus, was meiner lieben Schwester eigentlich überhaupt nicht ähnlich sah. Aus dieser Reak-tion schloss ich daraus, dass sie ihn vielleicht doch mag und es nur nicht zugeben will.

„Da wir jetzt wissen wer, wer ist, können wir doch zusammen ins Aquarienhaus gehen und uns die vielen bunten Fischis ansehen“, schlug ich den Anderen vor und strahlte richtig, wie ein kleiner Sonnenschein vor Freude. Niemand machte irgendwelche Einwände gegen meinen Vorschlag und somit wurde meine Idee in die Tat umgesetzt. Ohne Scheu oder Schüchternheit nahm ich Kais Hand in meine und lächelte ihn warmherzig an. Ich schaute in seine Augen und bemerkte, dass sie weder strahlten noch glänzten. Ich fragte mich ob etwas Schlimmes passiert sei, dass ihn so leer wirken lies. Doch was mag das gewesen sein? Ich hatte keine Ahnung, was die mysteriösen und gefühlskalten Menschen in der Abtei mit den Jungs anstellten und das nicht nur weil ich ein Kind war sondern weil es keiner wusste.

In diesen Moment konnte ich meinen Blick nicht von ihm wenden, egal wie sehr ich es ver-suchte. Die Erinnerung an damals, als ich in der Abtei war stieg in diesem Moment in meine Gedanken und ich konnte das zurückhaltende Verhalten von Kai und Tala nachvollziehen. Mir war klar, dass ich diese Szenen niemals vergessen werden und um nicht alles Schlimmer für sie zu machen nur schweigen konnte. Doch das Wichtigste war den beiden zu zeigen, was Spaß und Freundschaft ist.

Nach einer gewissen Zeit setzten wir uns endlich in Bewegung in Richtung „Aquarienhaus“. „Aber ich…ich meine Kai und ich haben kein Geld um reinzudürfen“, beichtete uns Tala, wobei er den ganzen Weg über Saschas Hand in seiner hielt. Als ich zu Tala hinübersah und sah wie er ihre Hand hielt, musste ich schmunzeln. „Das ist nicht schlimm! Hab‘ letztens Bur-zeltag gehabt und etwas Geld bekommen außerdem haben Mama und Papa gesagt, dass es für Kinder vieeeeeel günstiger ist. Geht sich sicher aus und wenn nicht, dann schleichen wir uns rein“, antwortete ich ihm und grinste bei meinem Vorschlag, ins Aquarienhaus zu schmuggeln. “Das geht nicht! Man schleicht sich nicht in fremde Häuser, wenn Mama und Papa davon erfahren gibt’s Ärger“, warnte Sascha mich und versuchte mal wieder mich von etwas abzuhalten. „Mensch du bist so langweilig, Sascha“, schmollte ich sie an und sah dann leicht schmollend weg. //So ne fade Nudel// dachte ich mir, wobei ich mir diesen Gedanken für mich behielt um Streit mit ihr zu vermeiden.

Nachdem wir angekommen waren, reihten wie uns in die Schlange ein und warteten bis wir endlich hinein konnten. Freud und voller Energie sprang ich abwechselnd von einem Bein aufs andere und sagte glücklich: „Fischis gucken! Fischis gucken! Mit Freunden und Schwes-terchen ist das Fischi anschauen gleich doppelt so schön!“ Die Leute um uns herum starrten mich mit einem Schmunzeln auf dem Gesicht, aber Sascha war glaub ich diese Aktion etwas zu peinlich und schüttelte den Kopf. Sascha war dadurch, dass unsere Eltern viel arbeiteten und sie die Rolle der Ersatzmutter übernahm, da ich ein kleiner Wildfang war, war sie viel vernünftiger und ruhiger als gleichaltrige Kinder. „Benimm dich doch, Irina! Wir sind hier nicht im Kindergarten“, versuchte Sascha mir vergeblich klar zu machen.

„Spielverderberin! Oma!“, war meine Antwort drauf und zeigte ihr die Zunge. Verärgerte wendete Sascha ihren Blick von mir und drehte sich um. „Mach doch was du willst“, antwor-tete sie und lies Talas Hand los.

„Du verstehst echt keinen Spaß, Schwesterherz“, meinte ich dazu und wendete ihr den Rück-en zu. Sascha entfernte sich etwas von uns, als Tala schnell nach ihrer Hand griff und auf sie einredete, doch hier zu bleiben. Mein verärgertes Schwesterchen gab nach und blieb bei uns. //Einer muss ja auf sie aufpassen// fiel ihr ein und reihte sich wieder zu uns ein. Endlich kamen wir an die Reihe und kauften unsere vier Eintrittskarten, und traten danach ein. Das Aquarienhaus war sehr groß von der Räumlichkeit her und beherbergte viele verschiedene Meeresbewohner in unterschiedlich großen Becken. Es war sehr beeindruckend und man fühl-te sich selber, wie eine Meerjungfrau im großen Ozean. Die Durchgänge von einem Areal zum Nächsten führten immer durch einen Tunnel, wo alles herum, selbst die Decke oben mit Wasser und Fischen gefüllt waren. Eine Weile gingen wir herum, wobei ich aber mindestens alle fünf Minuten stehen blieb und Kai zu einem Becken zerrte um ihm die Fische zeigen zu können. „Oh guck mal! Das ist ein Clownfisch. Lustiger wäre es wenn er eine rote Nase hätte, so wie ein richtiger Clown“ reimte ich mir in meiner Fantasie zusammen und lachte herzlich. „Soll ich dir etwas verraten, Kai. Wenn ich mal groß bin möchte ich viele Bilder malen, von all den Dingen, die ich mag und die wirst sie dir dann ansehen, ja?“ erzählte ich ihm und sah ihn verträumt an bei dieser Vorstellung. Kai nickte und antwortete: „Ich würde gerne sehen was du so malst.“ Bei dem was er sagte wurde ich verlegen und bedankte mich bei ihm. Ich hatte das Gefühl, als würde mich Kai sehr genau beobachten, genauer gesagt konnte er seinen Blick nicht von mir abwenden, denn meine blauen Augen, das unschuldige Lächeln und die Freude am Leben faszinierten ihn wohl sehr.

Plötzlich riss Sascha mich aus meiner Verlegenheit, in dem sie sagte, ich solle nicht so viel träumen am Tag sonst würden wir die Delfinshow verpassen. Mein geschocktes Gesicht fand Tala wohl etwas witzig, da er anfing zu schmunzeln. Ohne Sascha zu antworten schnappte ich nach Kais Hand und lief in Richtung, der Delfinbecken. Das Becken befand sich im Freien, da zu dieser Jahreszeit, also im Sommer eine Show stattfand und man dazu mehr Platz benötigte. Doch irgendwie spielte das Wetter heute gar nicht so richtig mit und kurz vor Beginn der Show fing es an zu regnen. „Lasst uns zurückgehen. Ich glaub‘ sie sagen die Show heute ab“, schlug Tala vor und ging mit uns zurück ins Gebäude, was nicht so einfach war, da dichtes Gedrängel an der Tür herrschte, weil alle Schutz vor dem Regen suchten. „Hilfe, ich werde ganz. Mein schönes Kleid“, jammerte ich herum, während wir vier uns durch das Gedränge quetschten. Dieses Unterfangen war alles andere als leicht, da die Erwachsenen so sehr drängelten, dass sie uns von einer Ecke zur nächsten schubsten, so das wir getrennt wurde.

„Sascha! Schwesterli lass mich nicht alleine…wo bist du“, schluchzte ich und suchte vergeb-lich nach ihr, aber ohne Erfolg. Nach ein paar Minuten bemerkte Sascha, dass ich nicht mehr bei ihr war und sie wurde panisch. „Ich muss sie suchen. Ich bin doch ihre große Schwester und muss auf sie aufpassen“, erklärte sie Tala und wollte gerade gehen, da packte er sie plötz-lich am Arm und hielt sie fest, damit sie nicht gehen konnte. „Wenn du jetzt gehst und du auch verloren gehst, dann hilft das ihr auch nicht“, machte der rothaarige Junge ihr klar zu machen. Sascha gab nur ein stummes Nicken von sich. Einerseits wusste sie, dass er recht hat-te, aber ihre Sorge um ihre Schwester war größer als ihre Vernunft.

„Stellen wir uns einfach wohin, wo nicht so viele Leute sind“, schlug Tala vor uns blickte zuerst zur deprimierten Sascha und danach zu seinem Freund, doch dieser war nicht mehr da.

//Ich werde verrückt….jetzt ist Kai auch noch weg. Wenn Boris das erfährt…ohje// seufzte Tala und ging mit ihr alleine aus dem Getümmel hinaus. Im selben Moment jedoch als die Besucher Schutz vor dem Regen suchten, stürmte eine Truppe aus ca. 10 bis 15 Jungs im Alter zwischen 15 und 18 Jahren das Aquarienhaus. Die Jungs waren schwarz gekleidet und trugen eine Maske um ihr Gesicht zu verbergen. Dennoch wusste einer von ihnen wer sie waren oder zumindest woher sie kamen. Tala, denn immerhin war er Tag für Tag mit solchen Gestalten und Aktionen vertraut. Kai bekamen währenddessen, er auf der Suche nach mir war von all dem nichts mit. „Tala…wer..wer sind diese Leute“, murmelte Sascha und ihr stand die Angst ins Gesicht geschrieben. Er erkannte ihre Angst und auch wenn er sie das erste Mal sah, wusste er, dass sie ihm nicht mehr egal war und deshalb beschützen wollte. Das erste Mal in seinem Leben war sein Herz und Verstand getrennt. Ihm war es wichtig sie zu beschützen, aber wenn er sein Bitbeast zückte und sie sah das er somit dazugehörte, hatte er die Be-fürchtnis sie würde von ihm denken, er wäre genauso wie diese Typen dort. Was solle er tun? Soll er ihr Leben retten und den Verlust ihrer Freundschaft riskieren oder soll er mit ihr weg-laufen, was aufgrund der Anzahl der ungebetenen Gäste nicht leicht sein würde?

Der sonst so kühne und tapfere Tala wusste, dass erste Mal in seinem Leben nicht was er tun soll. In der Zwischenzeit hatte Kai mich in einer abgelegenen Ecke beim Becken für die tropi-schen Fische gefunden, wo ich mich heulend niedergelassen hatte. „Nicht weinen. Ich bin ja hier“, sprach mit ruhiger Stimme auf mich ein und tätschelte mir leicht über den Kopf um mich zu beruhigen. „Kai…ich hab‘ Angst…bunter Lichter und unheimliches Zischen, hör und sehe ich ständig. Monster..so wie in Papas Geschichten kommen mich holen“, wimmerte ich und zog meine Beine noch enger an mich. Kai konnte meine Angst und mein Geheule nicht länger mit ansehen und nahm mich tröstend in den Arm, als auf einmal einer der Typen bei uns auftauchte.

Kai hob seinen Kopf und blickte ihn mit kalten Augen an. Mit seiner einen Hand griff er nach seinem Blade und mit der anderen hielt er mich weiterhin fest. Er war in diesem Moment wie ausgewechselt. Es wirkte sogar so als wäre ein anderer Mensch, wenn man ihn nicht kennen würde. Das stille und zurückgezogene Wesen, welches er in unserer Gegenwart den ganzen Tag gezeigt hatte verwandelte sich in kalte Arroganz und Wut.

„Na sie mal einer an, wen wir hier haben. Machst wohl gerade einen Ausflug mit deiner klei-nen Freundin, nicht?“, sprach er arrogant zu Kai, „Tala hat es echt nicht drauf. So eine Pfeife hatten wir schon lange nicht mehr, dass er nicht mal auf so ‘nen Dreikäsehoch wie dich auf-passen kann.“ Kai konnte es nicht leiden, wenn schlecht über seinen besten Freund gesprochen wurde und erwiderte drauf: „Tala hat mehr drauf als du. Apropos Dreikäsehoch..du hast in letzter Zeit nicht in den Spiegel gesehen und dich angesehen, da du noch nicht mal aus den Windeln draußen bist!“ Der Angesprochene ließ sich das nicht bieten und so entbrannte zwi-schen den beiden eine verbale Auseinandersetzung.

Plötzlich zückte Kais Gegenüber sein Blade und tat diesen in den Starter. „Egal ob du sein Liebling bist oder nicht. Von dir lass ich mich nicht fertig machen“, murrte er und ging in Position für ein Duell. Kai grinste hämisch und blieb locker, da er wusste, dass er ihm nicht gewachsen war, denn er selber besaß ein Bitbeast und sein Gegner nicht, weil nicht jeder die Fähigkeit hatte ein Bitbeast zu kontrollieren und seine Macht zu nutzen. „Lege dich nicht mit mir an oder du bereust es“, drohte Kai ihm und sah ihn weiter mit kalten Augen an.

Langsam drohte die Situation zwischen den beiden zu eskalieren. „Kai…ich hab Angst. Es soll aufhören, bitte…“schluchzte ich unter Tränen hervor. Kai wollte mich gerade trösten als, dass Blade des anderen knapp neben mir mit einer wahnsinnig Geschwindigkeit vorbeirausch-te und auf den Boden einschlug. Ich sprang vor Angst Kai um den Hals und klammerte mich an ihn fest und zitterte stark. „Oh da hat wohl jemand Angst. Wie schwach, diese Menschen doch sind und zu denen willst du gehörten, Kai? Komm mit uns mit und du bekommst Macht und Kraft, die du dir wirklich erträumst“, versprach er ihm und reichte Kai die Hand. Kai wiederholte in seinem Kopf diese Worte wieder und immer wieder, wobei er sich eine Zu-kunft dabei vorstellte in der er jemand war und kein niemand mehr. Zögerlich wanderte seine Hand zu der ihm angebotene, als plötzlich Tala mit Sascha auftauchte und Kai anschrie, damit dieser wieder zur Vernunft kommen würde. Sacha lief automatisch zu mir hin und nahm mich in den Arm um mich zu beruhigen. „Ruhig ich bin da und pass auf dich auf“, sprach sie sanft zu mir, als ich mich an sie drückte und leise ihren Namen murmelte.

„Lass dich nicht von denen um den Finger wickeln, die wollen dich doch nur benut-zen….genauso wie sie es mit mir tun“, versuchte Tala Kai vergeblich weiß zu machen.

Kai versuchte zu verstehen, was sein Freund ihm damit sagen wollte und zwar das nur er sel-ber in der Lage ist seine Zukunft zu bestimmen und sonst niemand. Nur wer sein Schicksal selber in die Hand nehmen würde, kann es auch ändern. Er wollte keine Marionette sein und sich sagen lassen was er zu tun hatte und was nicht.

„Danke, mein Freund“, bedankte sich Kai bei ihm und kämpfte mit Tala zusammen gegen die anderen um Sascha und mir einen Weg in die Freiheit zu ermöglichen. Die Kämpfe waren teilweise hart und schwierig, da mehrere gleichzeitig gegen die zwei antraten. Beide erkannten mit der Zeit, dass sie ohne das Rufen ihrer Bitbeats nicht hier rauskommen würden, aber sie trauten sich nicht, vor Angst vor der Reaktion von Sascha und mir.

„Sascha…es war ein schöner Tag mit dir und dieses Chaos tut mir leid. Sollten wir uns ir-gendwann mal wiedersehen….dann…dann…“, sprach Tala zu ihr, obwohl er mitten in einem Kampf war und mit dem Rücken zu ihr stand.

„Warte...was willst du damit sagen…wir sehen uns doch wieder, oder?“, meinte Sascha und sah ihn an. Auch wenn sie es nicht zugeben wollte, mochte sie Tala und konnte nicht verste-hen, was er mit dieser Aussage vorhin, sagen wollte und bekam glasige Augen.

Der Kampf in dem sich Kai und Tala gerade befanden nahm auf einmal eine unerwartete Wendung und es sah so aus, als würden sie verlieren. Beide strengten sich sehr an um das Ruder rumzureißen und probierten jede Taktik aus, die sie kannten.

Ich wendete meinen Blick von Saschas Brust auf der ich mich ausgeheulte hatte zum Kampf und erkannte, wie sehr sie für unsere Sicherheit kämpften und auch das sie schon erschöpft waren und trotzdem nicht aufgaben. „Kai…“, murmelte ich kaum hörbar und sah zu ihm rü-ber.

Er sah zu mir nachhinten als hätte er gehört, dass ich seinen Namen sagte und lächelte mich leicht an. „Bald ist es vorbei, Irina. Und danke…“sprach er sanft zu mir.

Ich sprang auf und lief zu ihm hin. Von hinten nahm ich die Stimme meiner Schwester wahr, die meinen Namen rief und mir nach lief. Sollen das seine letzten Worte an mich gewesen sein? Plötzlich erschien ein helles Licht und erhellte den Raum.

Weder Sascha noch ich konnte mehr etwas sehen, selbst Talas und Kais verschwanden im hellen Schein des Lichtes und das Letzte was wir sahen, war die Gestalt eines Wolfes und eines Vogels, die im Glanz des Lichtes leuchteten und Funken regnen ließen, bevor sich alles in Dunkelheit hüllte.

War das, dass Ende? Einige Momente später erwachte Sascha und ich auf einer Bank vor dem Aquarienhaus. Überall liefen die Menschen hektisch umher. Rettungskräfte und Polizei waren vor Ort und kümmerten sich um die anderen.

Ich blickte mich um und erspähte weder Kai, noch Tala, noch die Jungs, die den Ärger verur-sacht haben. „War…war das nur ein Traum…Schwesterli“, fragte ich sie und guckte zu ihr rüber. „Ich hab geträumt…das Kai und Tala gekämpft haben…und dann…dann war da ein Vogel…und ein Wolf…glaub ich halt…“, erzählte ich ihr und wurde mit jedem Wort leiserer. Sascha sah mich an und hielt sich den Kopf. Sie antwortete nicht darauf und dachte selber nach ob sie das wirklich erlebt hatten oder ob sie nur rein zufällig dasselbe geträumt hätten. //Ein Wolf…ein Vogel…dasselbe hab ich auch geträumt…verrückt…das ist nie und nimmer passiert…// redete sie sich ein und schüttelte den Kopf. „Das war sicher nur ein Tra….“, auf einmal hielt Sascha inne und blickte auf meinem Schoß, „Was ist das für eine Feder?“

Ich senkte meinen Blick auf meinem Schoß und dort lag eine feuerrote Feder, die glänzte. Vorsicht nahm ich sie in die Hand und sah sie genau an. „Ich weiß nicht. Ob sie mir jemand gegeben hat?“, fragte ich sie, weil ich mich an die letzten Momente nicht mehr wirklich erin-nerte. „Keine Ahnung…ich weiß es nicht mehr. Das Letzte was ich weiß ist das wir uns die Delfine ansehen wollten…und dann..ja dann sind wir hier aufgewacht“, log sie mich an, da sie nicht wollte, dass ich mich an Kai, Tala oder an das was geschehen war erinnerte.

„Achso…und..waren wir alleine?“ fragte ich weiter nach. „Ja, waren wir“, gab Sascha knapp zur Antworte.

Sascha stand auf und streckte sich erstmal, wobei sie tief die angenehme frische Luft einatme-te. //Es ist das Beste wenn sie diese Jungs vergisst….und ich auch// dachte sie sich. „Komm gehen wir heim. Mama und Papa warten sicher schon auf uns“, schlug Sascha vor und nahm meine Hand. Schweigend nickte ich und stand von der Bank auf.

Brav und behutsam wie immer nahm ich die Hand meiner großen Schwester und schlenderte mit ihr nach Hause. Ein letztes Mal drehte ich mich um, um einen letzten Blick zum Getümmel vor dem Aquarienhaus zu erhaschen, bevor wir um die nächste Ecke bogen und es danach nicht mehr zu sehen war.

Innerlich fragte ich mich, warum wohl so ein Tumult los war, woher die Feder kam und war-um ich das Gefühl hatte irgendetwas vergessen zu haben. Je mehr ich darüber nachdachte des-to weniger fand ich Antworten auf meine Fragen oder erinnerte mich was nach dem wir uns die Delfine ansehen wollten, geschehen war. Und noch weniger an die Sache ob Sascha und ich wirklich alleine unterwegs waren oder nicht.
 

Die Zeit verstrich und mit der Zeit hörte ich auf darüber nachzudenken, was damals passiert war. Zumindest glaubte ich das, aber das stimmte nicht.

Ich hörte nur auf darüber nachzudenken um meine Familie und vor allem Sascha nicht damit auf die Nerven zu gehen.

Denn Sascha meinte immer, dass die Vergangenheit nicht wichtig sei und dass ich auf meine Zukunft schauen sollte.

Und das tat ich und merkte gar nicht, dass schon 10 Jahre verstrichen waren, und ich noch immer keine Antworten gefunden habe.
 

Kapitel 4 Ende



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Sasi
2008-05-11T14:54:36+00:00 11.05.2008 16:54
echt supi kapitel
hoff es geht bald weiter =)
die story is echt toll bin schon gespannt wies weiter geht

bussal sasi


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