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Train Station

Bahnhöfe des Lebens
von

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Bahnhöfe.

Welten, inmitten einer Stadt, am Rande eines Dorfes oder irgendwo in der Einsamkeit, fast am Rande jeglicher Zivilisation.

Welten, die man betritt und meist ebensoschnell wieder verlässt.

Welten, denen man kaum Beachtung schenkt, denn meist sind sie für die, die sie betreten nichts weiter als ein kurzer Aufenthaltsort auf dem Weg zu ihrem wahren Ziel.

Dorthin, wo sie ihre Herzen oder ihre Verpflichtungen ziehen.
 

Bahnhöfe.

Für mich sind sie ein Symbol für neues geworden.

Die Menschen reisen, um Altem zu entkommen oder Altes aufzufrischen.

Für mich sind sie ein Symbol.

Ein Symbol der Hoffnung und der Trauer zugleich.

Für Abschied und Wiedersehen, Freude und Verzweiflung, Gelassenheit und Hektik, Liebe und Verachtung.
 

Wenn ich in einem dieser Bahnhöfe sitze, sehe ich, wie die Menschen sich zur Begrüßung stürmisch umarmen und zum Abschied so festhalten, als wollten sie ihn nie wieder loslassen.
 

Ich sehe Menschen, die mit einem förmlichen Händedruck verabschiedet werden und Menschen, die einsam und verlassen dem einfahrenden Zug entgegensehen.

Wieviele von ihnen werden bleiben? Und wieviele von ihnen werden ebenso schnell wieder diesen Bahnhof verlassen, wie sie gekommen sind?
 

Ich habe viele Bahnhöfe gesehen, von außen, von innen. Ich war viele Male ein längerer Besucher, oftmals aber jedoch nur jemand, der kam und mit dem nächsten Zug verschwand.
 

Manchmal betrat ich sie nur, um in ihnen die Atmosphäre all der Gefühle aufzufangen, die Tag für Tag in ihnen herrschen.
 

Ich erinnere mich an alle.
 

Ich erinnere mich aber besonders an jene, welche ich mit einem längeren Aufenthalt mit sich zogen.

Tage, an denen ich gezwungen war, entweder voller Hoffnungen, Erwartungen oder voller Trauer auf ihnen zu verweilen.
 

Zum Beispiel an jenem Tag, wo Mama mir und meinem Bruder und ihr einen lang ersehnten Familienurlaub wahr machen konnte.

Es war noch dunkel und wie jeder Herbstmorgen schrecklich kühl und mit der leichten Feuchtigkeit des Nebels durchzogen.

Wir warteten am Hauptbahnhof auf den eintreffenden Zug, mit all dem Gepäck, das Mama mit weiser Vorraussicht und zuviel Sorge sich und auch uns zum tragen aufgegeben haben.
 

Es war meine- und auch ihre erste Fahrt in einem ICE. Und das erste Mal, wo sie mit uns weiter wegfuhr als nur in den Harz.

Ich erinnere mich an die Bahnhöfe, die wir in den kurzen Minuten, die wir zum Umsteigen hatten, verweilten.
 

Viele von ihnen sind in den Jahren zu einem Gebäude und Gleisen, zu Bahnsteigen mit Wartebänken geworden.

So wie für viele, die nur einige Atemzüge auf ihnen verweilen.
 

Ich blieb länger auf dem Münchener Hauptbahnhof.
 

Zum ersten Mal betrat ich ihn, als ich voller Erwartungen zu einer der Veranstaltungen fuhr, die alle, deren Herz an ihnen hängt, "Convention" nennen.

Es war Anfang September, an einem frühen Freitag Morgen, als ich mit einem riesigen Koffer mit all dem Gepäck, das ich zuviel und sicherheitshalber eingepackt hatte, von meiner kleiner Reisegruppe empfangen wurde.
 

Wir waren uns- bis auf meiner Freundin- noch nie begegnet, aber allein die Tatsache, das wir auf diesem Bahnhof waren und alle denselben Reisegrund und dasselbe Ziel hatten, machte uns zu Freunden.
 

Und wir waren noch größere Freunde, als wir zurückkehrten und die letzten Bilder in dem riesigen Bahnhofgebäude verschossen.

Ich habe diesen Bahnhof oft gesehen, oft habe ich in der Lobby gesessen und auf meinen Zug gewartet, oft ging ich durch die Hallen und stand in dem kleinen Geschäft unter der Rolltreppe und habe Manga gelesen oder mich mit der Verkäuferin unterhalten.
 

Manchmal betrat ich ihn nur, um genau diesen Laden als Treffpunkt aufzusuchen, um dann mit all denen, mit denen ich mich verabredet hatte, die Hallen wieder zu verlassen.

Und nun, in meinen Gedanken, ist er fuhr mich ein weiteres Symbol meiner eigenen Erwartungen geworden.
 

Wie sehr ich jede Abreise erwartet habe! Wie sehr habe ich damals mit denselben intensiven Erwartungen der Buchmesse entgegengefiebert! Wie sehr, als ich Bayern das letzte Mal verließ, um meine neue Heimat weiter nördlich zu betreten!
 

Nie fühle ich diese Dinge stärker als auf den Bahnhöfen, wo ich Abschied nahm und das neue mich Willkommen hieß!

Nie fühle ich mich trauriger, wenn ich jemanden aus einem zug heraus verabschieden muss und nie fühle ich mich freier, wenn ich den Zug wieder verlasse und auf einem anderen Bahnhof aussteige.
 

Bahnhöfe.

Kleine Städte in einer Stadt.

Ist die Stadt groß, ist es der Bahnhof auch.
 

Manchmal müssen die Menschen nicht die Stadt sehen, um eine Vorstellung von ihr zu haben, denn die Bahnhöfe sind ihr Herz, ihre Seele.

Für manche sind sie ein Ort, den sie betreten, weil sie auf der Durchreise sind, manche verbringen Stunden in ihren Hallen, weil sie einen Zug verpasst haben, der erst nach stundenlanger Warterei wieder abfährt.

Und manche, denen das Schicksal zuviel nahm, ist es eine Heimat.
 

Für mich sind sie eine Zuflucht.
 

Eine Zuflucht, wenn ich nichts fühle und fühlen will.

So fühle ich all die Tränen der Freude und Trauer, die hier vergossen wurden, fühle die Erwartungen, die Sehnsüchte und den Geruch einer fremden Stadt, der wie ein leises Parfum aus den Zügen steigt.
 

Bahnhöfe.
 

Sie sind der einzigste Ort, von dem wir wissen, das sie ein ziel sind.

Wir wissen nicht, wohin uns die Gleisen führen, auf dem der Zug fährt. Wir wissen nur eines: der nächste Halt: ein Bahnhof.

Bitte rechts in Fahrtrichtung Aussteigen, wenn wir unser Ziel erreicht haben....



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von: abgemeldet
2015-08-04T10:54:36+00:00 04.08.2015 12:54
huhu,
Da bin ich endlich. Die Liste mit deinen Geschichten ist nur leider noch auf dem alten Netbook... also muss ich jetzt improvisieren.

Sie sind der einzigste Ort, von dem wir wissen, das sie ein ziel sind.
Beim dass fehlt ein s und Ziel wird groß geschrieben.

Bitte rechts in Fahrtrichtung Aussteigen, wenn wir unser Ziel erreicht haben....
Ein Punkt oder drei Punkte. Sonst ist es falsch und fällt auf und reist den Leser aus dem Fluss.
Drei Punkte... wieso drei? Bist du dir nicht sicher damit, dass man rechts aussteigen soll? Das klingt, als wärst du am überlegen, selbst unsicher. Was an sich nicht zum Text passt.
Mehr habe ich auch nicht zu meckern. (:

Ich mag deinen Gedankenstrom, die Liste an Eindrücken und Gedanken, die du einem Bahnhof verbindest. Und weißt du was? Ich kriege spontan Lust, zu reisen, fremde Orte aufzusuchen, neue Leute kennen zu lernen. Von einem Bahnhof zum nächsten zu reisen.
Ich mag, dass du wirklich alle Sinne ansprichst.
Gruß, Eule


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