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Ohne Schlips und Tadel

von

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Trainingspläne

Das Laufband zitterte unter Thilos Schritten. Er rannte. Trat regelrecht zu und hätte am liebsten einen auf „Rocky“ gemacht, wenn das nicht wirklich, wirklich albern gewesen wäre und er außerdem die Befürchtung hatte, dass er dadurch das Gleichgewicht verlor und volle Kanne auf die Fresse flog. Und das war dann, bei aller Liebe, doch etwas viel des Guten. Somit presste er nur die Zähne zusammen und regelte die Geschwindigkeit noch ein bisschen nach oben. Neben ihm machte Tom ein unbestimmtes Geräusch.

 

„Also nochmal, damit ich das richtig verstanden habe. Deine Schwester hat die Fotos von deinem Geburtstag an die Firmenadresse geschickt? Und alle haben sie gesehen?“

 

Thilo schnaufte. Dieses Gerenne war wirklich anstrengend.
 

„Ja“, knurrte er. Eine der Zahlen auf der blinkenden Tafel vor ihm zeigte seine Herzfrequenz an. Sein Puls war viel zu hoch, um seinen Grundumsatz zu steigern und Fett zu verbrennen. Hatte zumindest der Typ gesagt, der ihn eingewiesen hatte. Davor hatte er Thilo von oben bis unten durchgecheckt, seine Ziele und Wünsche abgefragt und ihm schließlich einen individuellen Trainingsplan geschrieben. Tom hatte derweil auf ihn gewartet und ihn dann „zum Aufwärmen“ auf die Laufbänder beordert. Also lief Thilo jetzt und schwitzte in seinem schon leicht ausgeblichenen, schwarzen Tanktop und den um den Bauch herum vielleicht etwas knapp sitzenden Shorts. Keine engen natürlich, sondern welche, die locker bis zum Knie fielen. Alles andere wäre undenkbar. Nicht einmal die Frauen liefen hier in so etwas rum, obwohl das Studio schon eines der schickeren war.

 

„Das Schlimmste hab ich aber wohl gerade noch verhindert. Sie hatten immerhin noch keine Memes daraus gebastelt.“

 

Tatsächlich war er sich nicht mal sicher, ob wirklich alle die Bilder gesehen hatten, bevor er sie – natürlich – gelöscht hatte. Und dann ein sehr langes und sehr wütendes Telefongespräch mit seiner Schwester geführt. Die Nullkommanull verstanden hatte, warum das so schlimm gewesen war, was sie gemacht hatte. Es wäre ein Versehen gewesen. Sie hätte seine private Email-Adresse nicht finden können. Lauter lahme Ausreden. Es brachte sein Blut immer noch zum Kochen, wenn er daran dachte. Seine Pulsfrequenz stieg.

 

„Und warum regst du dich dann so auf?“
 

Tom, der locker neben ihm herjoggte, schickte ihm einen Blick unter hochgezogenen Augenbrauen. Thilo schnaufte und guckte lieber wieder nach vorne. So eine dumme Frage. Als wenn das nicht offensichtlich war.

 

„Liegt es an dem Kleinen?“

 

Thilo kam aus dem Takt. Seine Füße hatten offenbar auf einmal vergessen, wie man geradeaus lief. Das Ende des Laufbandes kam schlagartig näher.
 

„Quatsch“, blaffte Thilo und fing sich wieder. Er arbeitete sich wieder nach vorne vor und entschied, die Geschwindigkeit doch lieber wieder etwas runterzuregeln. Wahrscheinlich sah er eh schon aus wie ein geprügelter Hund. Es hatte bestimmt einen Sinn, warum es gegenüber der Bänder keine Spiegel gab. Die Leute sahen sich mit Sicherheit nicht gerne dabei zu, wie sie sich hier abstrampelten. Aus einem der Kursräume schallte die Stimme des Spinning-Coaches.

 

„Noch 4 … 3 … 2 … 1.“

 

Thilo fühlte Neid in sich aufkommen. Die waren gleich fertig mit der Scheiße hier und er …? Seine Hände ballten sich zu Fäusten.

 

„Nein“, fauchte er und korrigierte sich im nächsten Augenblick innerlich. Denn eigentlich war es genau das, was ihn störte. Dass Karim die Bilder gesehen und so merkwürdig darauf reagiert hatte. Thilo verstand es nicht. So gar nicht und das machte ihn rasend. Und nervös. Und hatte außerdem dazu geführt, dass er nun endlich Toms Angebot, sich mit ihm um seine körperliche Fitness zu kümmern, angenommen hatte. Jetzt zappelte er sich hier einen ab und versuchte, das Thema zu verdrängen. Ohne Erfolg, wie man sah. Tom lachte.

 

„Ach, und wenn es das nicht ist, was stört dich denn dann so? Dass die anderen dich im Fummel gesehen haben? Ist ja nicht so, als wenn du der Erste wärst, der die Nummer abgezogen hat.“
 

Das stimmte natürlich. Wie oft hatte Thilo selbst schon andere arme Teufel dabei beobachten können, wie sie sich in aller Öffentlichkeit zum Horst machten. Nur waren das eben immer die anderen gewesen. Es passte ihm nicht, dass diese Sache jetzt bei ihm auf der Arbeit die Runde machte. Obwohl er schon versucht hatte, dem vorzugreifen, indem er sich in einer kurzen Mail für den Fehler seiner Schwester entschuldigt und klargestellt hatte, dass er davon ausging, dass diese Episode keine große Erwähnung finden würde. Danach hatte er sich in seinem Büro verschanzt und war nur noch herausgekommen, wenn es unbedingt sein musste. Ein bisschen Flurfunk hatte er natürlich trotzdem mitbekommen. Dabei waren sowohl sein Outfit, seine Reaktion und ganz eventuell auch seine Humorlosigkeit Thema gewesen. Von Karim hatte niemand gesprochen, was, wie Thilo vermutete, höchstwahrscheinlich daran lag, dass er auf keinem der Fotos klar zu erkennen war. Die ganze Aufregung war also auch noch vollkommen umsonst gewesen. Ganz und gar vollkommen umsonst.
 

„Es ist unprofessionell“, maulte Thilo trotzdem. „Ich bin der Chef und der sollte verlässlich sein. Vorgesetzt. Keine Witzfigur.“

 

Jetzt war es an Tom zu schnauben.
 

„Es schadet aber auch nicht, wenn der sich mal ein ganz kleines bisschen menschlich zeigt und zum Lachen nicht in den Keller geht. Wenigstens dann, wenn es ins Team passt. Und lieber darüber lachen als über irgendwelche Altherren-Witze. Glaub mir, ich weiß, wovon ich rede.“
 

Thilo presste die Kiefer auseinander. Natürlich wusste er, wovon Tom sprach. Nicht nur wegen der Geschichten, die der von seiner Arbeit erzählte, sondern auch, weil Thilo selbst solche Runden aus Erfahrung kannte. Und gleichzeitig konnte er einfach nicht über seinen Schatten springen.
 

„Ja, eben“, ätzte er. „Jetzt stell dir doch mal vor, deine Kollegen hätten solche Fotos von dir. Wie würdest du dich fühlen?“
 

Tom gab ihm nur einen Seitenblick, der sich gewaschen hatte.
 

„Du weißt, dass das was anderes ist“, meinte er trocken. „Außerdem sind wir nicht hier, um über mich zu sprechen. Also was ist denn nun mit dir und dem Fröschlein? Hast du vor, ihn flachzulegen?“

 

Thilos Schritte wurden langsamer. Das Band hatte offenbar die Abklingphase erreicht, in der er sich wie ein Rennpferd nach dem Derby trockenlaufen sollte. Ihm persönlich wäre ein Handtuch lieber gewesen. Er fuhr sich mit der Hand über die Stirn. Sie war schweißnass.

 

„Nein, natürlich nicht“, schnappte er. „Ich bin sein Chef, schon vergessen?“

 

Tom guckte, als wenn er das Problem nicht sehen würde. Thilo stöhnte.
 

„Hallo~o? Abhängigkeitsverhältnis? Solltest du doch bestimmt schon mal was von gehört haben. Am Ende verklagt er mich noch wegen sexueller Belästigung. Oder Nötigung. Oder sonst irgendeinem Unsichtlichkeitsdelikt.“

 

Wieder richtete Thilo seinen Blick stur geradeaus. War ja nicht so, dass es da nichts zu sehen gab. Ein schierer Wald aus Metallstangen und Fitnessgeräten, Hanteln, Gewichten, Streckbänken und mit schwarzem Leder verkleideten Hebeln. Insgeheim kam er nicht umhin, das Ganze mit gewissen Folterkammern zu vergleichen. An dem Gestell mit der beweglichen Hantelstange und dem Seilzug beispielsweise wäre sicherlich ein Leichtes gewesen, jemanden festzubinden und dann interessante Dinge mit ihm anzustellen. Nicht, dass Thilo auf so etwas stand, aber möglich wäre es wenigstens.

 

Neben ihm erklang ein Prusten. Thilo guckte irritiert in Toms Richtung. Der lachte wirklich. Obwohl Thilo doch so gekonnt mit Strafrechtsbegriffen um sich geschmissen hatte. Warum lachte der?
 

„Warum lachst du?“

 

Tom kicherte. Es war wirklich nicht anders zu bezeichnen.
 

„Der verklagt dich doch nicht, Dummerchen. Der steht auf dich.“

 

Thilo blinzelte. Und blinzelte gleich noch einmal, weil er nicht wusste, bei welchem Denkfehler er anfangen sollte. Hatte Tom sie noch alle?
 

„Sag mal, hast du sie noch alle? Der Kl… Karim steht nicht auf mich. Wie kommst du denn auf die Idee?“

 

Tom grinste. Seine Augen funkelten.
 

„Na, denk doch mal nach. Warum sollte er dich denn sonst darüber informieren, dass er jetzt weiß, dass du es warst, dem er einen Korb gegeben hat? Ich weiß zwar nicht, warum ihm das nicht schon vorher aufgefallen ist, aber wenn ich meinen Chef in einer kompromittierenden Lage nicht erkannt hätte und der mir gegenüber darüber kein einziges Wort verloren hätte … da würde ich garantiert den Teufel tun, ihn darauf anzusprechen, wenn es rauskommt. Ich würde mich kleinmachen, den Kopf einziehen und hoffen, dass es weiter beim gegenseitigen Ignorieren bleibt. Es sei denn natürlich, ich möchte nicht, dass mein Chef mich ignoriert. Zum Beispiel, weil ich gerne mal ne Runde auf seinem Schwanz spazieren reiten würde. In dem Fall natürlich …“

 

Tom grinste vielsagend und Thilo hätte ihn sehr, sehr, sehr gerne mit einem Handtuch geschlagen. Oder mit einer Hantelstange. Das nächste Mal musste er unbedingt so was mitnehmen. Ein Handtuch selbstverständlich, keine Hantel.
 

„Ich geh mir was zu trinken holen.“

 

Alles war besser, als sich noch weiter Toms dämliches Grinsen anzugucken, das Thilo blöderweise auch noch über das nachdenken ließ, was er gesagt hatte. Denn was, wenn Tom recht hatte? Wenn Karim wirklich … Thilo schüttelte den Kopf. Dann war er immer noch sein Untergebener. Er hatte ihm gegenüber eine Verantwortung und außerdem konnte er seine Position nicht so ausnutzen. Der andere musste immer die Möglichkeit haben, Nein zu sagen, ohne Angst haben zu müssen, das Thilo ihn deswegen feuerte. Oder verließ. Oder sich aus dem Fenster stürzte. Das war nicht gesund und auch wenn Thilo klar war, dass er bestimmt den einen oder anderen Schaden hatte, würde so etwas für ihn nie infrage kommen. Dazu war er zu …

 

„Auffüllen bitte.“
 

Eines musste er dem Training lassen, er hatte es immerhin schon geschafft, eine ganze Flasche von diesem Fitnessgetränk in sich reinzuschütten. Und wieder auszuschwitzen, wenn er so an sich runtersah. Er musste nachher wirklich dringend duschen.
 

„Okay, geht klar. Welche Sorte?“

 

Thilo gefror in der Bewegung. War ihm gerade noch heiß gewesen, rauschte jetzt ein eiskalter Wasserfall seinen Rücken hinunter. Niagaramäßig. Er blickte auf und somit direkt in ein paar haselnussbrauner Augen. Thilos Mund wurde trocken.

 

„Äh … Wald…meis…ter?“

 

Es klang, wie eine Frage. Thilo hasste es, dass es wie eine Frage klang. Vor allem, weil eine andere viel dringender war.
 

„Was tust du hier?“
 

Karim, der auf der anderen Seite des Tresens stand, guckte erschrocken.
 

„Arbeiten?“, fragte er zurück. Es hörte sich ein bisschen an, als wäre er sich nicht sicher. „Ich bin normalerweise vormittags da, aber weil Babsi mich gebeten hatte zu tauschen, hab ich dann doch … “

 

Karim verstummte.
 

„Es ist besser als kellnern“, schob er ein wenig zusammenhangslos hinterher. So wirklich vorstellen konnte Thilo sich das nicht. Immerhin gab es hier kein Trinkgeld. Dafür stank man nach der Arbeit nicht nach Fritten. Und vermutlich ließen die Kunden auch seltener ihr Essen zurückgehen. Das ohnehin nur aus irgendwelchen Riegeln bestand, die angeblich den Muskelaufbau unterstützten, aber nichts für ihn waren. Wegen der Kalorien.

 

„Ja, das … ja.“

 

Viel mehr brachte Thilo gerade nicht zustande. Karim griff nach seiner Flasche und machte sich, nachdem er nochmal unsicher in Thilos Richtung geschaut hatte, daran, eine grüne Flüssigkeit aus einem Zapfhahn einzufüllen. Als er fertig war, schraubte er den Deckel mit dem Sportverschluss wieder drauf.
 

„Hier, bitte“, sagte er und stellte das Getränk zurück auf den Tresen. „Die geht heute aufs Haus.“
 

Thilo lag auf der Zunge, dass er ohnehin eine Flatrate hatte, aber aus irgendeinem Grund wollte er den Moment nicht ruinieren. Den Moment, in dem er nassgeschwitzt, abgekämpft und vollkommen außer Atem dem Mann seiner Träume gegenüberstand und sich ungefähr so eloquent wie ein Fisch auf dem Trocknen verhielt. Trotzdem wollte er nicht gehen.
 

„Wie lange geht deine Schicht?“

 

Ein kleines Lächeln zupfte an Karims Mundwinkel.
 

„Bis 23 Uhr. Das heißt, danach muss ich noch die Duschen und den Saunabereich kontrollieren, Handtücher auffüllen und so was alles. Also eher 23.30. Wenn nichts dazwischenkommt.“

 

Wenn nichts dazwischenkommt.

 

Die Worte brachten etwas in Thilo zum Klingen. Was, wenn nicht er, sollte wohl dazwischenkommen? Zumindest wenn Tom recht hatte. Andererseits konnte Karim natürlich auch von einem Wasserrohrbruch sprechen. Oder einer verstopften Toilette. Oder einem bewusstlosen Gast in der Sauna. Je länger Thilo darüber nachdachte, desto mehr Dinge fielen ihm ein, die Karim wohl eher gemeint haben konnte, als das, was Thilo bei dem Einwurf zuerst in den Sinn gekommen war. Die Bilder hatten ihn beinhaltet. Und Karim. Nackt. In der Sauna. Dort war es schön warm und es konnte sie niemand sehen. Sie wären vollkommen ungestört und …
 

„Soll ich dich danach nach Hause bringen?“

 

Gott, was redete er denn da? Zumal es gerade erst halb acht war. Bis Karim Feierabend hatte, waren es noch vier Stunden! Und wenn Thilo noch solange Sport trieb, tat er danach sicherlich einiges, aber keine zusätzlichen Turnübungen mehr absolvieren. Egal ob mit oder ohne Karim. Außerdem war da immer noch die Chefsache! Er musste sich ganz dringend daran erinnern, dass das mit Karim nicht ging. Niemals. Unter keinen Umständen.

 

„Ja, äh … gern.“

 

Karim strahlte. Thilo war, als wären gerade ein gutes Dutzend Kronleuchter angegangen, so hell war dieses Lächeln, das ihm da entgegensprang. Dabei hatte Thilo sich doch vorgenommen, sich fernzuhalten. Fern! Was tat er hier?
 

„Gut, dann … geh ich mal noch ein bisschen trainieren. Und meinen Drink trinken.“ Er hob die Flasche. „Also nochmal danke für die Einladung.“
 

Thilo lächelte noch einmal, bevor er sich umdrehte und ziemlich eindeutig Reißaus nahm. Tom bemerkte das natürlich, als er wiederkam. Stirnrunzelnd musterte er ihn.
 

„Was ist los? Bist du einem Geist begegnet? Oder einer guten Fee? Du siehst auf jeden Fall aus, als hättest du was genommen. Sag mir nicht, dass du …“

 

„Nein, nein“, wehrte Thilo sofort ab. Himmel, nein, er nahm doch keine Drogen. Also mal nen Joint, oder so. Wer hatte das nicht ausprobiert? Ansonsten ließ er lieber die Finger davon. Er trank nur und aß Schokolade. Momentan allerdings fühlte er sich, als hätte er gerade beides gehabt. Und noch einen Schuss obendrauf.
 

„Er ist hier“, hauchte er und kam sich dabei selbst peinlich vor. Als Tom immer noch verständnislos guckte, fügte Thilo hinzu: „Der Frosch. Der Junge. Karim. Er ist hier.“
 

Tom sah ihn an, als habe er ihm so eben verkündet, dass er Bundeskanzler werden sollte. Dann endlich ging ein Ruck durch ihn. Seine Augen wurden schmal.
 

„Wo?“, zischte er. „Na los, zeig ihn mir. Ich will mir das Bürschlein mal ansehen.“

 

Thilos Herz hüpfte. Er blickte sich um und bugsierte Tom in Richtung eines Fitnessgeräts, das neben einer Säule stand. Eine große Topfpflanze gab ihnen zusätzliche Deckung.

 

„Da. Am Tresen. Der mit dem Lockenkopf.“
 

Thilo biss sich auf die Lippen, während Tom die Lage checkte. Am liebsten hätte Thilo auch geguckt, aber das wäre nun wirklich zu auffällig gewesen. Stattdessen beobachtete er Toms Reaktion. Dessen Gesicht war unergründlich.
 

„Und?“, fragte Thilo irgendwann, als er die Spannung nicht mehr aushielt. „Was sagst du?“

 

Tom lupfte eine Augenbraue.

 

„Schon ganz niedlich“, sagte er gedehnt. „Wobei man ja momentan nicht viel von ihm sieht. Aber er lacht viel. Eigentlich also nicht wirklich dein Typ.“

 

Thilo zuckte bei dem Seitenhieb. Warum hackten nur immer alle deswegen auf ihm rum?
 

„Er ist ganz genau mein Typ“, gab er ärgerlich zurück. „Mal abgesehen davon, dass ich ihn ja eh nicht haben kann, schon vergessen. Ich bin sein Chef!“

 

„Ja, das erwähntest du.“ Tom fixierte ihn kritisch. „Ich frage mich nur, wen du damit überzeugen willst. Mich oder dich selbst?“

 

Thilo hielt für einen Augenblick Toms Blick stand, dann senkte er den Kopf. Sein Freund hatte ja recht. Er verrannte sich da in etwas. Ein Therapeut hätte bestimmt seine helle Freude daran gehabt. Andererseits hatte er ja nicht wirklich was Schlimmes gemacht. Und nur, weil er ein bisschen nett zu Karim war, hieß das ja nicht, dass den das zu irgendwas verpflichtete. Es fühlte sich nur gut an, in seiner Nähe zu sein. Seine Stimme zu hören. Ihm in die Augen zu sehen. Stundenlang.
 

„Hallo? Erde an Thilo? Ich glaube, dein Püppchen kommt her.“

 

„Was?“

 

Thilo sprang auf und sah sich panisch um. Wenn Karim ihn hier entdeckte, war er geliefert. Ganz bestimmt würde er dahintersteigen, dass Thilo ihn beobachtet hatte. Wieso ein kranker Stalker. Das war nicht gut. So gar nicht. In seiner Panik griff er nach Toms Arm.
 

„Trainieren. Jetzt.“

 

Noch bevor sein Freund irgendetwas dagegen tun konnte, hatte Thilo ihn bereits in Richtung des Gerätefeldes gezerrt. Der Fitnesscoach hatte ihm zwar gesagt, dass er am besten ein paar gezielte Übungen für den Bauch machen sollte – Crunches, Situps, Planks, das volle Programm – aber Thilo hatte auch vor, seine Arme und Beine nicht zu vernachlässigen. Und den Rücken natürlich. Er steuerte daher ein Gerät an, bei dem er Gewichte ähnlich wie beim Schwimmen mit gerade ausgestreckten Armen nach hinten ziehen musste. Dass er bei der Benutzung des „Reverse Butterfly“, wie das Ding laut Typenschild hieß, ganz genau in entgegengesetzter Richtung zum Tresen saß, war natürlich reiner Zufall. Tom krauste die Stirn.
 

„Solltest du nicht mit den freien Übungen anfangen?“

 

„Nö nö“, meinte Thilo leichthin und steckte den Stift zwischen die Gewichte, um sie für sich einzustellen. „Das geht schon in Ordnung. Hauptsache, ich hab am Ende alles gemacht.“

 



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  chaos-kao
2024-04-29T12:34:00+00:00 29.04.2024 14:34
Reverse Butterfly, mein persönlicher Endgegner :D. Die Wahrscheinlichkeit das Gewicht, das man dabei schafft, beim ersten Mal zu überschätzen und sich zum Affen zu machen, ist hoch. Bin gespannt ob Thilo genau das passieren wird oder ob er mehr Erfahrung mit dem Gerät hat als ich nun vermute.
Aber das ist schon ein großer Zufall, dass Karim nun ausgerechnet in dem Fitnessstudio arbeitet :D

Ich fand die Auflösung des Cliffhangers mit der Mail aus dem letzten Kapitel übrigens sehr passend und gut eingebaut!
Antwort von:  Maginisha
29.04.2024 17:07
Hey chaos-kao!

Ich glaube, Thilos tatsächliches Training werde ich uns mal ersparen und zu der Stelle vorspulen, wo es interessanter wird. ^^ Aber ich verrate mal so viel, das erste Wort des nächsten Kapitels lautet zum momentanen Stand der Dinge "Autsch". :D

Das mit dem Zufall haben bisher alle angemerkt. Seufz. Stimmt ja auch, aber wenn ich die beiden nur bei der Arbeit lasse, wird das besonders nach Tabeas Aktion in diesem Leben nichts mehr. Es musste also ein neutraler Treffpunkt her, der aber auch nicht so unverbindlich ist, dass die beiden sich sofort wieder aus den Augen verlieren. Ergo: Das Fitnesstudio. Außerdem gefiel mir die Szenerie. ^^

Mal schauen, wie es weitergeht.


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