Zum Inhalt der Seite

Kleine Weihnachtswunder

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Der erste Schreibprompt des Adventskalenders lautete:
"In der Adventszeit (Winterzeit) ziehen bei jenen Menschen (Weihnachts)Wichtel ein, die diesen Wichteln ein Türchen aufgebaut haben. Sie sorgen mit Streichen, kreativen Ideen und (lieben) Botschaften für eine (besinnliche) Zeit. Was erleben diese Wichtel?

Infos: https://magische-wichteltuere.de/ - Das Thema darf allerdings auch ganz frei interpretiert werden!"

Zur Story: Rudolfine hat nicht sehr viel Glück - wie soll sie ihr Werk vollrichten, wenn einer der Bewohner ständig auf seinen knochigen Beinen bleibt? Da hilft nur, auf den richtigen Zeitpunkt zu warten.... Komplett anzeigen

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Die kleine Tür hinter dem Sockenstapel

Zum wiederholten Male legte sie ihr Ohr an die Tür und begann zu lauschen. Einzig das laute, aufregende Schlagen ihres Herzens war zu hören, und das störte sie gewaltig. Ihr Blick wanderte zu der Uhr, welche sie auf magische Art verkleinert hatte, da sie sonst viel zu groß für ihre Wand gewesen wäre. Sie las eine Uhrzeit ab, zu welcher sich normale Menschen längst ins Bett verirrt hätten. Normale Menschen und auch Monster.

Doch diese Monster hier waren alles andere als normal.

Rudolfine, wie alle anderen Tomte, waren mehr als überrascht gewesen. Eines Tages hatte ihnen der Weihnachtsmann von der Zerstörung der Barriere erzählt, von der Befreiung der Monster und der Heldentat eines kleinen Kindes. Diesem Kind hatte die Welt es zu verdanken, dass aus einer längst vergessenen Legende eine lebhafte Geschichte geworden war. 

Seitdem waren die Türen auch in den neu errichteten Monsterhäusern erschienen, Rudolfine konnte noch das frische Holz an den Wänden riechen. Sie hatte sich gefreut, als ihr endlich ein Haus zugeteilt worden war, jedoch … niemand hatte ihr gesagt, dass ihr Job alles andere als einfach werden würde.

Sie wusste, wenn auch nur ein menschliches Wesen sie zu Gesicht bekommen würde, dann stünde sie ohne Zauberkräfte da. Zudem würde ihr die lebenslange Verbannung aus der Menschenwelt bevorstehen.

Rudolfine ließ sich nicht entmutigen. Es war unbekannt, ob diese Regel auch für Monster galt, dennoch wollte sie nichts riskieren. Sie hatte viele hunderte Jahre in den unterschiedlichsten Häusern verbracht, die Menschen auf die Weihnachtszeit vorbereitet, sie in guten wie in schlechten Zeiten begleitet. Nicht nur einmal war sie bis zum bitteren Ende bei ihnen geblieben.

Das hier hätte ein Job werden sollen, wie es die vergangenen Jahrhunderte nicht anders war. Sie musste nur warten, bis alle Bewohner sich schlafen gelegt hatten, und dann konnte sie ihr Werk verrichten.

Doch leider, leider spielten die Bewohner nicht nach ihren Regeln, besonders Papyrus nicht. Während sein Bruder sich recht oft und früh ins Bett begab, legte sich Papyrus nur selten hin. Und wenn er es doch tat, dann höchstens für drei Stunden.

Wobei, konnte man dabei wirklich von Schlaf reden? Manchmal legte Papyrus sich nur hin und schloss seine Augenhöhlen, wie andere Leute es mit ihren Augen taten. Manchmal schlief er dabei sogar, sein Brustkorb hob und senkte sich und so tat es auch der Pyjama, den er dabei trug. Und manchmal lag er nur mit offenen Augenhöhlen im Bett, starrte an die Decke und schien über etwas nachzudenken.

Die restliche Zeit verbrachte er entweder auf der Arbeit oder in der Küche. Und das alles so unregelmäßig, dass es Rudolfine schwerfiel, ihrer Tätigkeit problemlos nachgehen zu können.

Oft genug musste sie ihre aktuelle Tätigkeit abbrechen, um sich ganz knapp hinter ihre Türe retten zu können. Gleichzeitig verbot es ihr Tomte-Stolz aufzugeben. Die beiden Skelette, besonders Papyrus, freute sich auf Weihnachten und diese Freude war die Energie, die sie am meisten motivierte. Sie waren keine schlechten Wesen, wie es ganz düstere Menschenlegenden in vergangenen Zeiten glauben machen wollten.

Sie waren einfach nur verdammt schlecht darin, so etwas wie einen einigermaßen normalen Alltag zu etablieren.

Es gab jedoch auch Nächte, an denen Rudolfine Sans ebenfalls hätte verfluchen können. Wie oft er sich in die Küche teleportiert hatte, um einen kleinen Snack zu sich zu nehmen? Recht schnell hatte sich Rudolfine an den regelmäßigen Wechsel aus Hell und Dunkel, Laut und Leise, allein oder nicht aus der Küche heraus gewöhnen können. Sie wusste, wenn es so weit war, würde sie die Küche für den Rest der Nacht meiden müssen. Was unpraktisch war, wenn sie die Küche selbst nutzen wollte …

Erst langsam konnte sich die Tomte an die beiden Monster gewöhnen, nahm es ihnen jedoch nur zum Teil übel. Wenn sie wüssten, dass sie hier war, dann würden sie vielleicht mehr Rücksicht auf sie nehmen. Wenn sie nur den Brief gelesen hätten, den Rudolfine ihnen vor die Tür gelegt hatte, gleich, nach ihrer Ankunft im Haus der Skelettbrüder.

Ein Stapel an weißen Socken, und Dach aus Zetteln, über welche sich die Brüder gegenseitig anschrieben, hatten den Brief restlos unter sich begraben. Und hier war es auch mit Rudolfines Toleranz am Ende. Sie wusste nicht, was die Socken bereits alles gesehen, erlebt und absorbiert hatten – und ihrem Seelenfrieden zuliebe wollte sie auch nie eine Antwort auf diese Frage haben. Einen zweiten Brief zu schreiben, kam auch nicht in Frage und so blieb ihre Anwesenheit ein kleines Geheimnis, dass ihr ein wenig die Arbeit erschwerte.

Gleichzeitig spielte es ihr auch in die Hand, dass die Brüder sich gegenseitig als Hauptverdächtiger in Betracht zogen, was ihre bisherige Dekorationsarbeit anging. Papyrus ging davon aus, dass er es entweder selbst erledigt und nur wieder vergessen hatte. Oder dass sein Bruder es endlich schaffte, nicht mehr so faul zu sein, wie er oft laut meckernd im Wohnzimmer erzählte.

Sans dagegen schien entweder seinen Bruder im Verdacht zu haben oder jemand anderen. Da er aber oft einen sehr zufriedenen Eindruck machte, durch die unbekannte Hilfe nicht mehr selbst Hand anlegen zu müssen, schien er sich eher bedeckt zu halten. Oder war auch er komplett ahnungslos?

So recht konnte Rudolfine es nicht sagen, gleichzeitig war ihr das Risiko zu hoch, um es zu überprüfen.

 

Ihr Ohr lag auf der Tür, sie hatte sich so einiges vorgenommen, was sie bisher nicht hatte erledigen können. Zwar war noch genug Zeit bis zum Weihnachtsfest und dennoch: Sie wollte nicht alles auf den letzten Drücker schaffen.

Von außen konnte sie keine Geräusche hören, nicht einmal das Öffnen der Kühlschranktür. Sollte sie es wirklich riskieren?

Vorsichtig öffnete Rudolfline ihre Tür ein Stück, sofort sah sie die Dunkelheit, die im Wohnzimmer herrschte. Mit einer raschen Bewegung löschte sie das Licht in ihrem kleinen Zimmer, um keine Aufmerksamkeit auf sich ziehen zu können. Offensichtlich hatten sich beide Skelettbrüder hingelegt und das auch noch in ihre eigenen Betten. Rudolfine konnte ihr Glück kaum fassen.

Sofort schnappte sie sich ihre Zauberbox und sah sich im Wohnzimmer um. Dekorationen waren bisher noch keine vorhanden, eine Tatsache, die dringend geändert werden musste. Rudolfline öffnete ihre Zauberbox und sprach wenige Worte. Sofort glitten mehrere Meter Lametta aus der Box heraus, flossen wie ein Wasserstrom durch die Luft, angeführt von Rudolfines Bewegungen mit dem Zeigefinger.

Ihre Augen hatten sich an die Dunkelheit gewöhnt und so legte sie das Lametta um das Treppengeländer, wie auch das Geländer des ersten Stocks.

Anschließend verteilte sie kleine Kerzen rund um einen kleinen, mit Zuckerstreuseln verzierten Stein. Mit einem Schnipsen aktivierte sie die Kerzen und sie erfüllten den Raum mit ihrem künstlichen Flackern. Fasziniert sah Rudolfine diese an. Seit es einer Tomte unabsichtlich gelungen war, durch einen unbeaufsichtigten Adventskranz fast das komplette Haus ihrer Familie abzubrennen, bestand der Weihnachtsmann nun auf die künstlichen Versionen mit Batterie.

Es waren echte Kerzen mit einem unechten Feuer. Kopfschüttelnd wunderte sich Rudolfine über den Einfallsreichtum der Menschen, konnte jedoch den Nachhaltigkeitsgedanken dahinter verstehen.

Als letztes musste sie sich für heute nur noch um die Träume der Brüder kümmern, doch, würden diese das zulassen?

 

Mit leisen Schritten schlich sie die Treppe hinauf, vermied die eine knarzende Stufe und wischte sich den Schweiß vom Gesicht, als sie ihr Ziel erreicht hatte. In Sans Zimmer würde sie nicht kommen, die Tür war Tag und Nacht abgesperrt. Nur ganz selten konnte sie hören, wie Sans seine Tür öffnete, doch meistens verließ er sich auf seine eigenen Teleportationskräfte.

Sie warf, obwohl sie es besser wusste, einen Blick auf Sans Tür, diese wirkte vollkommen unverändert. Dann musste eben doch Papyrus ran.

Jungen verboten, Mädchen verboten, nur Papyrus erlaubt, stand auf einem Schild, dass unter anderem seine Zimmertür zierte. Rudolfine kannte derartige Schilder bereits aus der Vergangenheit, meistens waren es Teenager, die die Spuren ihres Erwachsenwerdens mit peinlichster Genauigkeit vor dem Rest der Familie verbergen wollten. Manchmal waren es auch Zimmer jenseits von Ordnung und Übersicht. Ganz selten war auch beides der Fall.

Sie schlich um das Bett herum, welches wie ein Auto geformt war. Es war viel öfter verlassen als benutzt, soweit Rudolfine es mitbekommen hatte und so zuckte sie zusammen, als sie das größere Skelett darin schlafen sehen konnte. Als hätte sie bis zum Schluss nicht mit diesem Anblick gerechnet.

Sie ging noch ein Stück weiter und kletterte an der Seite herauf, um einen besseren Blick auf ihn werfen zu können. Ein wenig beschlich sie die Angst, dass er wieder mit offenen Augen die Decke anstarren würde, dass er sie sehen und für sie alles vorbei sein würde … doch das regelmäßige Heben und Senken seiner Bettdecke konnte Entwarnung geben.

Es war alles in Ordnung und Papyrus schlief tief und fest. Zwar war sein Schlaf nie von langer Dauer, aber so intensiv, dass sie für den Moment in Sicherheit war.

Ihr Blick wanderte von der Decke wieder zum Skelett selbst, er hatte die Augen eng zusammengepresst und seine Zähne knirschten geräuschlos aufeinander. Ein Albtraum, dass den jungen Mann quälte, das konnte sie sofort erkennen.

Der Arme, schon wieder einer dieser Albträume, dachte sie voller Mitleid, als sie langsam zu seinem Bett hinaufschwebte. Dann kletterte sie zu ihm herüber, bis sie bei seinem Gesicht angekommen war. Sein Schädel fühlte sich wärmer an, als sie es erwartet hatte, kaum hatte sie ihre Hand an seinen Kieferknochen gelegt.

Ich werde dich nun von deinen Albträumen befreien, dachte sie vor sich hin, als sie sich auf die passende Zauberformel konzentrierte. Ihre Hand begann zu leuchten und wärmte sich auf, es erforderte viel von ihrer Konzentration und doch war es ein Kinderspiel für sie.

Welchen Traum könnte ich dir stattdessen schenken? Diese Frage stand im Raum, als ihr Blick auf das Bett fiel, in welchem Papyrus lag. Hatte er nicht erwähnt, dass er damit viel zu gerne in seinen Träumen fuhr? Oder auch mit der echten Version in der Garage? Doch da die Tomte keine Ahnung hatte, wie das echte Auto von Papyrus aussah und sie keine Zeit verlieren wollte, musste das Bettauto herhalten. Sie schickte Bilder von einer gemütlichen Autofahrt, ein ganz normaler Ausflug in die Berge, durch ihren Geist in den seinen hinein. Es dauerte nicht lange, bis sich sein Gesicht entspannte und er zufrieden zu lächeln begann. Papyrus würde nun für den Rest der Nacht einen erholsamen Schlaf genießen können.

Rudolfine dagegen spürte, wie ihr die Energie erneut ausging und dass sie für heute ihr Werk getan hatte. Vorsichtig kletterte sie aus dem Bett heraus und verließ das Zimmer genauso schnell, wie sie es betreten hatte. Auch die Treppe stellte keine Probleme dar. Die eine Stufe im Sinn, ging sie zum Wohnzimmer zurück und blickte sich zufrieden um. Ob sie es bemerken würden? Rudolfine hoffte es sehr, ihr Werk sollte nicht umsonst gewesen sein. Und wer würde nicht ein wenig Anerkennung für sein Werk bekommen wollen?

Müde rieb sich Rudolfine die Augen. Es lagen noch eine Menge Dinge vor ihr, die sie noch erledigen wollte, doch diese würden bis zur nächsten Nacht warten müssen. Oder bis zur übernächsten. Wann auch immer sich ihr die nächste Gelegenheit bieten würde.

Für heute jedoch hatte sie genug. Leise verschloss sie die Tür hinter sich, überlegte, welche Art von Schokolade die beste wäre, mit welchen sie die Plätzchen verzieren könnte. Ihr Weg führte sie sofort auf ihr Bett – kaum hatte sie sich auf die Decke gelegt, wurden ihre Augen schwer. Zufrieden, wenigstens ein bisschen was erreicht zu haben, begann Rudolfine zu lächeln und ihr Geist trug sie in die schönsten Träume, die sie sich hätte vorstellen können.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (0)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.

Noch keine Kommentare



Zurück