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Ein Meer aus Sternen

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Hier findet ihr übrigens die Englische Version dieser Geschichte! Komplett anzeigen

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Sternenstaub

Über die Jahrhunderte hatte Senna so endlos viele Sterne gesehen. Sie hatte so viele Planeten besucht, mehrere Galaxien sogar. Sie hatte so vieles gesehen. Gut und schlecht. Und so hatte alles ein wenig von seiner Magie verloren.

Sie war anders. Seraphine war anders. Sie stand hier an diesem See, ihre Augen glänzend vor Begeisterung. „Ist es nicht wunderschön?“ fragte sie.

Senna zuckte mit den Schultern. Sie schaute zu dem See. Sie waren weit genug von Cerulean City entfernt, dass das Stadtlicht nicht länger den Himmel verschmutzte, so dass der kristallklare See die Sterne reflektieren konnte. Wahrscheinlich war es schon irgendwie magisch – oder wäre es gewesen, wäre sie nicht schon dort draußen gewesen, zwischen den Sternen.

Die verstand Seraphine nicht. Ganz wie sie selbst war das andere Mädchen – die andere Frau? – vor hunderten von Jahren als Star Guardian erwacht. Man sollte meinen, dass nach so vielen ,vielen Jahren, in denen sie Galaxien besucht hatte, wäre auch sie taub gegenüber der Wunder des Universums geworden. Es war doch nur natürlich, oder? Wenn man einmal lang genug in dieser Welt existierte, hatte man irgendwann alles gesehen. Es war eine feste Regel. Und wenn man einmal alles gesehen hatte, dann konnte wenig einen noch beeindrucken.

Und doch… sie war hier. Ihre Wangen gerötet und ihre Augen leuchtend vor Begeisterung, so wie sie so oft leuchteten, wenn sie Senna ansah. „Sei doch nicht so, Senna.“

„So?“

„Grummelig und negativ.“

„Ich hab doch schon gesagt, dass es hübsch ist,“ wehrte Senna ab.

Manchmal fragte sie sich, warum sie das hier überhaupt tat. Mit ihr rausgehen. Seraphine liebte Wanderungen in der Natur. Sie schien sich nicht drum zu scheren, auf welchem Planeten sich diese Natur befand. Sie würde in allem Schönheit finden.

„Aber du fühlst es nicht wirklich.“

„Was soll ich denn fühlen?“

„Die Schönheit! Die Natur!“ Seraphine zeigte auf den See als wäre er nicht das deutlichste Merkmal der Landschaft. „Versuch doch einfach es wirklich zu sehen. Zu hören. Zu fühlen!“

„Wie soll ich bitte die Landschaft fühlen?“

„Öffne einfach dein Herz.“

Das wurde langsam ein wenig zu philosophisch für Sennas Geschmack, und doch konnte sie nicht in diese leuchtenden Augen sehen und es nicht wenigstens versuchen. Also seufzte sie. Die frische Winterluft einatmend, wandte sie ihren Blick wieder dem See zu.

Es war Winter in Cerulean City, weshalb der Wald von Schnee bedeckt war. Die Temperaturen schienen jedoch gerade genug über Null zu sein, als dass der See nicht zugefroren war. Zwar hatte sich eine dünne Schicht aus Eis nahe dem Ufer gebildet, doch die Mitte des Sees war von Eis befreit. Ein perfekter Spiegel in der Mitte der Landschaft. Über ihnen war die Galaxie, die so hell funkelte. So viele Sterne und so viele verschiedene Farben.

Viele Menschen dachten, dass Sterne alle etwa dieselbe Farbe hatten, doch dies war nicht die Wahrheit. Als jemand der das Universum gesehen hatte, wusste Senna dies. Sterne gab es in vielen verschiedenen Farben. Weiß, gelb, rot und blau. Ja, sie hatte sogar einmal einen grünen Stern gesehen. Durch die Atmosphäre sahen sie natürlich einander sehr ähnlich aus, alle in einer gelbweißen Farbe. Doch wenn man nur genau genug schaute, waren die verschiedene Schattierungen noch immer da und reflektierten sich im See.

Es war fast, als wäre sie wieder da draußen, im Universum. Da draußen, wo es für Lichtjahre nichts als Sterne gab – Sterne, die natürlich die Sonnen ihrer eigenen Sonnensysteme waren. Es war magisch und gleichzeitig war es das nicht. Denn technisch gesehen waren die Sterne nicht mehr als endlose chemische Reaktionen.

Vielleicht war das ihr Fehler – Sennas Fehler. Dass sie ihrem menschlichen Geist nicht erlaubte die Welt um sie herum zu sehen. Sie war einmal ein Mensch gesehen, ein normales Mädchen, selbst wenn sie sich an dieses Mädchen kaum noch erinnerte. War sie je zur Schule gegangen? Sie konnte es nicht sagen. Auch an ihre Familie konnte sie sich nicht erinnern. Alles, was sie wusste, war, dass sie ein Star Guardian war. Alles, was sie kannte, war der Kampf.

Und dennoch gab es eine seltsame Schönheit in diesem hier, das musste sie zugeben. In der perfekten Reflektion, dem glitzernden Schnee, der nahezu vollkommenden Stille, die jeden Atemzug Seraphines laut klingen ließ. Ja, auch darin lag Schönheit. In der Wärme von Seraphines Fingern zwischen Sennas eigenen.

War es nicht seltsam? Obwohl sie so unterschiedlich waren, waren sie hier gemeinsam gestrandet, seit sie auf dem Planeten angekommen waren. Sie hatten so viel Zeit miteinander verbracht. Senna konnte es nicht erklären.

Es war ein gutes Gefühl. Mit ihr hier draußen allein zu sein. Ein Gefühl, an dass sie sich gewöhnen konnte. Obwohl sie sie nicht ganz verstand. Sie verstand Seraphine nicht.

„Also, fühlst du es?“, fragte die andere Guardian und schaute sie wieder aus diesen leuchtenden Augen und mit geröteten Wangen an.

Senna starrte sie an, als ihr eigenes Herz einen Schlag aussetzte. „Ist es,“ flüsterte sie, während ihre Wörter zu kleinen Wölkchen kondensierten. „Es ist… ein wenig magisch.“

Seraphine lächelte. So ein warmes, warmes Lächeln. Ihre Hand griff Sennas ein wenig fester, als ihre Augen sich erneut tragen. „Siehst du?“

„Ja, ich sehe es.“ Senna zögerte. Sie hatte eine Idee, doch diese Idee war vielleicht eine dumme. Es war fast nur ein Instinkt – selbst wenn sie normal ihren Instinkten vertraute. Es war nur so, dass sie dieses Mal nicht sicher war, ob sie das konnte. Und doch… Es wirkte fast, als würde Seraphine etwas erwarten. Etwas von ihr. Also vielleicht – nur vielleicht…

Senna lehnte sich vor, schloss ihre Augen. Ihr Herz schlug ihr bis zum Hals, als ihre Lippen die des anderen Mädchens tragen, das wie sie seit einer Ewigkeit ein Teenager war. Es war schon ein wenig albern, oder? Denn das hier war etwas, dass Senna seit sicher 200 Jahren nicht getan hatte: jemanden zu küssen. Und doch fühlten sich ihre Lippen auf Seraphines so perfekt an, selbst wenn sie sich schon nach einem Moment trennten.

Seraphine lächelte sanft, als sie ihre freie Hand hob um Sennas Wange zu streicheln. „Magisch,“ flüsterte sie. „Ja, das mag das richtige Wort sein.“



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