Zum Inhalt der Seite

Tribal

I`ll be your home
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

The right thing to do

Warmer Wind schlich sich durch das geöffnete Fenster und drang in das Innere des Zimmers.

Da es Sommer war erschien das erst als nichts Außergewöhnliches. Aber an dem Tag fühlte es sich für den Jungen doch sehr seltsam an, der dort in dem Raum saß und auf den Chefarzt wartete. Der Wind war warm und kein Geräusch von Vögeln am Himmel drang zu ihm. Was daran lag das er weit außerhalb seines Dorfes war. Vielleicht erzeugte genau das ein neues und komisches Gefühl in ihm, denn noch nie war er an so einem Ort gewesen wo nicht mal mehr das Gezwitscher der Vögel zu ihm drang.

Sein Blick schweifte durch das Zimmer und er konnte allerlei Sachen und Gegenstände erkennen, die er noch nie zuvor gesehen hatte. Unbekannte Instrumente auf dem kleinen Tisch vor ihm. Querschnitte von Orangen die aus Plastik waren standen in den Regalen der Schränke um ihn, welche man zum Lernen benutzte. Somit genau sehen konnte wie sie funktionierten und aufgebaut waren und in der hintersten rechten Ecke, dicht neben dem Fenster stand ein aufgehängtes Skelett und der Oberkörper eines Menschen mit Zugriff auf die Organe. Natürlich war das auch alles aus Plastik und zu Studienzwecken geeignet.

Direkt links davon stand ein großer Schreibtisch mit Akten und Unterlagen. Die kleine Tischlampe darauf war aus, da es spät am Mittag war und Sonnenlicht durch das Zimmer rein flutete. Und zu guter Letzt stand vor dem Schreibtisch eine kleine Sitzecke mit einem Sessel und einer Couch aus Leder, wo zwischendrin ein kleiner Tisch eine Grenze zwischen diesen Möbeln bildete. Der Junge allerdings saß auf einem Untersuchungstisch und blickte wieder aus dem Fenster rechts hinten in der Ecke.

Heute war ein ganz entscheidender Tag. Lange hatte er auf diesen gewartet und hätte es nie für möglich gehalten das er diesen Mal erleben würde. So war er schon in einigen anderen Räumen des privaten Krankenhauses vom Militär gewesen und hatte bereits einige Untersuchungen hinter sich. Etwas was getan werden musste und zu seiner Pflicht gehörte. Erst vor kurzem hatte er den Sehtest locker bestanden, so wie auch den Hörtest. Bestanden mit Bravour wohl gemerkt. Somit stellte sich heraus dass er die Ohren eines Luchses und die scharfen Augen eines Adlers hatte. Oder zumindest gut da dran kam, so gut es ein Mensch sein konnte.

Doch nun war er in diesem Büro und würde gleich den Chefarzt kennenlernen, der dann noch die letzten zwei Untersuchungen vornehmen würde. Und danach konnte sich vielleicht endlich seinen Traum erfüllen. Einen den er seit seiner frühsten Kindheit schon immer gehabt hatte und für den bereits sehr lange kämpfte. Deswegen war das ein sehr entscheidender Tag gewesen, denn es stand auf dem Spiel ob er ins Militär aufgenommen wurde, oder eben nicht. Es war seine Musterung und bei den kleinsten Defiziten konnte man da schon durch rattern. Wegen Dingen für die er nichts konnte und daran sein Körper schuld sein würde. Doch er war sich sicher dass dies nicht bei ihm der Fall sein konnte. Sofern kein verdammter Mathe-Test kam war er sicherlich in trockenen Tüchern und hatte das Ding im Kasten.

Das plötzliche Öffnen einer Tür riss ihn aus seinen Beobachtungen und er sah aufmerksam links rüber, wo sich diese geöffnet hatte und ein Mann herein kam. Er war nicht wirklich alt. So hatte der Junge mit einem alten Sack gerechnet der über die Jahre viel Erfahrung gesammelt hätte. Doch dieser Fremde schien gut in den 30igern zu sein und war groß. Mit einer Brille auf der Nase und seinen Blick noch immer vertieft in seinen Unterlagen in der rechten Hand vertieft, lief er auf seinen Schreibtisch zu, schloss vorher noch die Tür hinter sich und lief völlig wortlos an ihm vorbei. Dann legte er die Unterlagen dort ab und sah sie weiter an. Erst Sekunden danach würdigte er den Jungen eines Blickes und lächelte sogar nett, kam danach sofort auf ihn zu und reichte ihm freundlich die Hand, als er dabei sprach:

„Hallo. Mein Name ist Dr. Serizawa. Ich bin der leitende Arzt dieser Institution. Freut mich dich kennen zu lernen.“

Er wirkte sehr nett und ohne zu zögern nahm der Junge auch gleich seine Hand und schüttelte sie. Es war ungewöhnlich dass er sowas machte. Serizawa schien, genau wie er, ein Japaner zu sein und dennoch grüßte er mit einem Händedruck statt mit einer Verbeugung. Aber der Frischling war mal nicht so und machte es mit. Immerhin waren sie in einem Militärgebäude und einer militärischen Anlage, hier gab es mehr als nur Japaner, was ihm vorhin aufgefallen war als er durch die Gänge geleitet wurde. Er könnte sogar schwören einige Amerikaner gesehen zu haben, auch weil sie englisch sprachen, was komisch war denn mit denen Lagen sie eigentlich etwas im Klintsch. Zumindest wenn man den aktuellen Kriegsgeschehen glauben durfte. Doch sicherlich dachte er wieder viel zu sehr über alles nach. Lag auch daran das er von klein auf immer auf der Hut gewesen war und allem erst mal misstraute bevor er sich darauf ein ließ. So war seine Natur eben.

Dann wand sich der Arzt wieder höflich ab und lief zu seinem Schreibtisch, setzte sich dahinter und schob kurz seine Brille zurecht, als er seine Unterlagen zu sich zog und an fing zu reden:

„So. Du bist also heute zur Musterung da. Ich hab deine Ergebnisse zu deinem Hörtest und deinem Sehtest, auf dem Weg hier her, gelesen und sie sind wirklich beeindruckend. Dein Name ist: Sakutaro Sakurai, richtig?“

Der Arzt machte dass um sicher zu gehen dass er auch die richtigen Unterlagen hatte, denn der junge Sakurai war nicht der Einzige der an dem Tag gemustert wurde. Danach sah er zu dem schwarzhaarigen Jungen rüber und der nickte wie auf Befehl. Sehr schön. Dr. Serizawa sah wieder auf die Unterlagen und sprach weiter:

„Sehr schön. Bevor ich aber mit den zwei weiteren Untersuchungen anfange, habe ich noch einige Fragen an dich und ich wäre sehr erfreut wenn du mir diese ohne Lügen beantworten würdest. Es dient einem psychologischen Profil, was dich aber nicht zu kümmern hat. Sieh es einfach als Sicherheitsfragen an. Ist das okay für dich?“

Zur Sicherheit? Hatten sie Angst sie könnten einen Massenmörder einstellen? Aber waren Soldaten nicht dafür da um zu töten? Wie auch immer: Sakutaro nickte erneut mit einem strengen Blick und völlig stumm. Ihm konnte es egal sein. Der Arzt aber war etwas fasziniert von ihm. Dieser Junge hatte noch nicht ein Wort gesagt seit er in sein Büro gekommen war und sein Blick war sehr streng und ernst, als hätte er schon viele schreckliche Dinge gesehen und blieb somit erst mal lieber etwas auf Abstand als einen zu nahe zu lassen. Wenn das stimmte, dann erfüllte er bereits schon einen der Punkte für einen guten Soldaten. Laut den Akten war der Junge auch gerade mal sechzehn Jahre alt geworden. Konnte man so jung schon so schreckliche Dinge erlebt haben, dass man solch einen Blick entwickelt hatte?

Doktor Serizawa legte die Unterlagen hin und sprach zu dem noch immer auf dem Untersuchungstisch sitzenden Jungen:

„Na gut. Also eine Frage vorne weg: Dein Nachname ist Sakurai. Sag mir: Bist du verwandt mit dem vor kurzem verstorbenen Soldaten: Satoshi Sakurai?“

Der Junge nickte stumm und direkt.

„Ah verstehe…Es tut mir leid für deinen Verlust. Der Nachname ist mir nur gleich bekannt vorgekommen, deswegen vergib mit bitte meine Neugier. Ich kannte deinen Vater. Er war ein guter Soldat und du siehst ihm sehr ähnlich.“

Doch das war etwas was Sakutaro nicht hören wollte, weswegen er vor sich auf den Boden sah und weiterhin verstummte. Es war richtig dass sein Vater vor einigen Monaten im Gefecht gefallen war und somit die Familie allein ließ, aber das kümmerte ihn nicht mehr. Vieles hatte sich seit dem verändert und manches sogar zum Besten. Fakt war: Sein Vater war vielleicht ein guter Soldat gewesen, aber ein schrecklicher Vater ihm gegenüber. Nicht nur war das Militär wichtiger für ihn, auch hatte er ihn und seine Mutter einfach allein gelassen! Egal ob unfreiwillig oder nicht, das spielte keine Rolle, denn Saku war nun der der sich um seine arme und kranke Mutter kümmern musste, die noch immer nicht den Tod ihres Mannes verarbeitet hatte. Sein Vater war ein Mistkerl in Sakutaro seinen Augen. Er hatte so schon kein angenehmes Leben gehabt und viel um die Ohren und jetzt musste er sich noch um eine Baustelle mehr kümmern, nämlich seine Mutter. Wenn er ehrlich war…er wüsste nicht wie er das ohne die Hilfe von Chiharu schaffen würde. Sie kümmerte sich viel um seine Mutter und um ihre Pflege. Er konnte ihr nicht dankbarer sein. Ohne sie könnte er nicht mal zur Musterung gehen um Pilot zu werden. Das war etwas was ihm nur dieses Mädchen möglich machte dass er über alles liebte und die ihm damit noch den Rücken stärkte. Er wusste auch nicht wie er das jemals wieder bei ihr gutmachen konnte.

Danach sah er wieder auf und wartete auf eine neue Frage, doch der Arzt sah ihn erst mal etwas in die Augen. Saku erkannte es nicht, aber man konnte ihm förmlich ablesen was in dem Jungen vor sich ging. Er versuchte es zu verstecken, aber schien nicht sonderlich gut darin zu sein. War somit ein offenes Buch für jeden geübten Psychologen und offenbar auch sehr ehrlich was seine Gefühle betraf. So das der Mann sprach:

„Ich sehe dass es dir nicht gefällt mit deinem Vater verglichen zu werden. Anscheinend hattet ihr eine nicht besonders gute Zeit miteinander. Und dennoch bist du hier und versuchst ebenfalls, wie er, in die Armee zu kommen. Verzeih mir erneut meine Neugier, aber jetzt frage ich mich: Wieso bist du hier, wenn du deinen Vater doch offenbar verabscheut hast, weil er in der Armee war? Das war es doch, oder? Was treibt dich an?“

Sakutaro konnte das erneut nicht wissen, aber der Arzt machte das gezielt und nicht nur aus Neugier. Das psychologische Profil von dem Jungen vor sich war eine Sache, aber er testete ihn damit auch ob er für das Militär stabil genug war, oder eben nicht. Sie konnten niemanden mit einem persönlichen Groll aufnehmen der sich dann als Massenmörder und Schwein entpuppen würde. Vielleicht sogar seine Position später ausnutzen könnte um schlimmes zu tun. Als Soldat musste man standhaft sein und weniger über Gefühle handeln, sondern nach Befehlen. Und so sah er den Schwarzhaarigen genau an und wartete auf die Antwort. Die erste die ihm Saku dann auch ernst und ruhig gab. Sein Blick war streng und selbstsicher, als er zurück sah und sprach:

„Weil ich eine Familie zu beschützen habe. Jetzt und auch in der Zukunft. Ich bin nicht hier um nach Ruhm, Ehre und Macht zu streben. Ich will einfach nur meiner Familie ein gutes Leben ermöglichen und ebenso meine Heimat beschützen. Ich werde besser sein als mein Vater. Ein besserer Mann sein als er und in Zukunft auch ein besserer Vater…Ich werde ein Pilot! Der Beste von allen!“

Und ehrlicher konnte er nicht sein, was den Arzt vor ihm faszinierte. Ja…ja das glaubte er ihm sofort. Er hatte das Herz am rechten Fleck und persönliche Gründe die ihn anspornten weiter zu machen und durchzuhalten. Er war ein Junge…der grausames gesehen und durchlebt hatte. Hunger und keine Arbeit waren sicherlich nur ein Teil davon gewesen, in ihrer jetzigen Zeit. Er war ein Kämpfer. Das strahlte er aus. Und so kam der Arzt von seinem Stuhl und lief vor zu Sakurai, blieb dann vor ihm stehen und sprach nett:

„Das klingt sehr ehrenhaft und ehrlich. Ich bewundere das und solch eine Einstellung sollten viel mehr Männer in deinem Alter haben. Aber sei dir eines bewusst: Wenn ich dich gleich weiter untersuche und du alle Punkte erfüllst um genommen zu werden…dann wird eine noch härtere Zeit auf dich zukommen. Du bist ein Kämpfer. Das sehe ich sofort. Und ich wünsche dir alle Kraft der Welt, solltest du bestehen. Ein Pilot zu werden ist schwer, aber vielleicht schaffst du es sogar…“

Das konnte er ihm in den Augen ablesen. Er hatte dieses Funkeln und die Überzeugung.

Danach machte er einen Schritt von dem Jungen nach hinten und bat ihn:

„Dann steh bitte mal auf. Ich überprüfe jetzt noch deinen Körperbau, deine Größe und dein Gewicht.“

Saku kam wie auf Befehl auf die Beine und stand einfach nur da. Er war eh nur gekleidet in einer kurzen Shorts und einem Hemd. Das war so wegen der Untersuchungen von vorher und derer die noch kamen. Somit half es auch dass der Arzt alles an ihm genau begutachten konnte. Was er dann auch tat

Er fing an die Größe des Jungen mit einem Maßband zu messen. Sakurai hatte eine ordentliche Größe von 175 Zentimetern und das in seinem jungen Alter von sechszehn Jahren. Er war ein großer Junge. Auch seine Muskelmasse und sein Gewicht überraschten den jungen Arzt. Er war schwer, aber nicht durch Fettmasse, sondern wegen seiner Muskulatur und Knochen. Es klang komisch aber dieser Knabe war so gut trainiert und so gebaut dass er, im Gegensatz zu manch anderen, schon fast das reinste Tier war. Sehr stark und muskulös, aber dennoch schlank und anmutig. Ein hübscher Kerl durch und durch. Groß und gutaussehend. Doch sie waren bei einer ärztlichen Untersuchung und nicht bei einer Modenschau, also war das Aussehen nicht von belangen. Dennoch entging es dem Doktor nicht. Dieser junge Sakurai war ein Prachtexemplar. Und er erfüllte, körperlich und mental, einfach alle Kriterien um ein hervorragender Soldat zu werden. Vielleicht sogar mehr als das.

Er maß gerade den Umfang der Muskulatur an den Beinen, als er dabei den Jungen fragte:

„Du sagtest vorhin etwas davon: dass du ein besserer Vater sein willst. Du bist zwar noch jung, aber hast du denn schon ein Kind?“

Saku wusste nicht warum, aber er lief sofort etwas rot an und sah von dem Arzt zu seinen Füßen weg. Natürlich war er noch kein Vater. Aber seit er mit Chiharu zusammen war kamen ihm öfter mal diese Gedanken in den Kopf. Noch nicht jetzt, aber in der Zukunft hätte er schon gerne mal eins. Was komisch war, denn eigentlich war er doch mehr der strenge und kämpferische Kerl der immer nach Herausforderungen suchte. Kinder passten da so nicht in das Bild. Wahrscheinlich lag das einfach nur an ihr. Seiner hübschen und süßen Freundin, die er über alles liebte. Sie gab ihm das Gefühl Kinder haben zu wollen. Denn auch wenn er nicht so rüber kam…irgendwo war er ein Familienmensch. Und ein eigenes Kind würde ihn mit Stolz erfüllen. Er würde es über alles lieben. Seine ganze Familie. Doch das Thema war noch lange nicht im Spiel. Immerhin waren sie nicht zusammen, also er und Chiharu. Und komischerweise, auch wenn sie Gefühle füreinander hatten, so hatten sie, bisher, noch nie Sex gehabt. Nicht mal den kleinsten Drang danach. Es war wirklich komisch. Sicherlich mussten sie erst mal zusammen kommen. Sie hatten sich schon geküsst und liebten sich, aber dennoch waren sie nicht offiziell zusammen. Etwas hielt das fern. Und Sakutaro war sich sicher…es lag an ihm.

So schüttelte er dann den Kopf und antwortete:

„Nein, Sir.“

Der Arzt sah kurz zu ihm hoch und dann wieder zu seiner Arbeit. Wow so vornehm. Er musste ihn nicht mit „Sir“ ansprechen und dann auch noch in Englisch. Sicherlich war ihm aufgefallen das einige im Militär, auch in ihrer Anlage, englisch sprachen. Konnte also von Vorteil sein sich etwas anzupassen. Er war sehr wachsam. Dann ließ der Arzt von seinen Beinen ab und kam wieder vor ihm hoch. Er war genauso groß wie Sakurai, obwohl er älter war und sprach freundlich lächelnd zu ihm:

„Du musst mich nicht so steif ansprechen junger Sakurai.“

Und dann lief Serizawa nach rechts an einen seiner Arztschänke und holte einige Utensilien raus. Dabei dachte er etwas nach. Es klang seltsam, aber er fände es gut wenn dieser Junge sich vorher noch fortpflanzen würde. Also bevor er vielleicht um Kampf fiel. Immerhin war er wirklich ein Prachtexemplar und seine Kinder würden das sicherlich auch sein. Da kam wieder zu sehr der Arzt und Wissenschaftler in ihm hoch. Denn selten hat er so einen prachtvollen Jungen unter die Lupe genommen und in das Militär zugelassen. Oder würde es vielleicht tun, doch erst mal musste noch die letzte Untersuchung her.

Also schloss er wieder den Schrank und lief mit einer Schüssel an Utensilien auf den Jungen zu. Saku sah ihn dabei aufmerksam an und bemerkte erst was es war, als der Mann vor ihm zum stehen kam und die Schüssel neben sich auf den kleinen Tisch stellte. Er bat den Jungen, mit einer Geste, sich wieder auf den Untersuchungstisch zu setzten und der machte das dann auch. Sah dann wonach der Doktor griff: Es war eine Nadel. Wohl eher eine Venenpunktionsnadel. Sofort verstand er auch schon. Die letzte Untersuchung war eine Blutabnahme und Analyse seines Blutes. Was er sehr interessant fand, denn er hatte so gar keine Ahnung welche Blutgruppe er eigentlich besaß, oder ob er überhaupt gesund war. Auf die Ergebnisse war er selber mal gespannt. Alles andere vorher, also die Ohrenuntersuchung, Sehtest und die eben beendete Ganzkörperkontrolle, waren für ihn Lappalien. Er wusste das er fit und stark war was seinen Körper und seine Muskeln betraf. Aber er hatte keine Ahnung ob er ein inneres Leiden hatte und das würde sein Blutbild sicherlich zeigen.

Saku hatte auch keinerlei Probleme mit Nadeln und scharfen, oder spitzen Gegenständen, also sah er locker dabei zu wie der Arzt alles vorbereitete und dabei sprach:

„Ich werde dir nun noch etwas Blut abnehmen. Dann hast du die Untersuchung vollständig hinter dir Sakurai. Wenn du dich nicht wohlfühlen solltest, sagst du mit Bescheid und dann legst du dich hin, alles klar?“

Das würde er aber nicht benötigen. Da war er sich sicher.

Saku nickte ihm zustimmend und sah genau dabei zu was getan wurde. Der Doktor nahm seinen rechten Arm und legte ihn in ein Kissen, welches auf dem rechten Bein des Jungen fest ruhte. Er sprühte die Stelle in der Armbeuge, dort wo er Blut abnehmen würde, mit einem Desinfektionsmittel ein und danach umschlang er am rechten Oberarm ein Band und zog es fest zu, drückte ihn ab und bat dann noch Saku eine Faust zu ballen um die Vene stauen zu lassen. Das war um sie besser zu sehen. Was auch nicht das Problem war. Der Junge hatte starke und große Venen, die auch gleich durch die Haut schimmerten und er genau wusste wo er anzusetzen hatte. So nahm er sich eine Venenpunktionsnadel und legte an. Kurz darauf gab es einen leichten Schmerz und das Teil steckte in der Haut des Jungen, der nicht mal gezuckt hatte und nur dabei zusah wie sein Blut aus ihm lief und in einem Röhrchen aufgefangen wurde. Normalerweise wurde vielen Menschen schlecht ihr eigenes Blut zu sehen, oder zumindest kam es bei vielen vor. Doch dieser Junge sah einfach nur still und aufmerksam zu, beobachtete alles mit einer unglaublichen Ruhe. Er war hart im Nehmen. Hatte keinerlei Probleme mit Blut wie es schien. Und dann war alles auch schon vorbei und der Arzt entfernte die Nadel und drückte einen Tupfer auf die Stichwunde.

„Drück noch fest da drauf.“

Befahl er dann nett und Saku gehorchte. Alles lief schnell und ohne Probleme ab. So verschloss der Arzt die Blutprobe und notierte noch etwas auf das Röhrchen. Danach machte er dem Jungen ein Pflaster auf die Stichwunde und sprach dann höflich:

„Ich bringe das jetzt ins Labor und lasse es untersuchen. Es wird nicht so lange dauern, wir haben heute einiges an Kapazitäten, also möchte ich dich bitten hier zu warten. Ich komme dann mit deinem Ergebnis zurück und wir besprechen das weitere Verfahren.“

Und wieder bekam er nur darauf ein stummes Nicken.

Seid er den Jungen bei sich hatte hat der lediglich auf zwei Dinge geantwortet und sonst nichts von sich gebracht. Keinerlei Fragen schienen auf seiner Zunge zu brennen und er nahm alles ohne zu diskutieren hin. Er hatte…schon eine sehr militärische Ader an sich. Was sicherlich auch an der Erziehung seines Vaters lag. Es lag aber auch daran das Saku selber sehr angespannt war, auch wenn er das gut hinter dem Berg hielt. Er wollte in das Militär. Er wollte zu den Fliegern und ein Pilot werden! Das war sein größter Traum und er bekam auch Unterstützung von jemanden um den zu verwirklichen. Nämlich von seiner Freundin Chiharu und das in so vielerlei Hinsicht.

Vor vier Jahren hatte sie ihm eine Fliegerbrille gekauft. Der erste Schritt auf seinen Traum zu und er war ohne diese nirgends mehr hingegangen. Er hatte sie immer dabei, auch wenn er sie nicht jedes mal tragen konnte, denn an einigen Orten wurde das gefährlich, oder war zu auffällig. Auch bei der Musterung trug er sie nicht. Doch hatte er sie in seiner Tasche im Lagerraum verschlossen. Dort wo auch seine private Kleidung untergebracht war bis alles fertig sein würde. Er…er liebte dieses Mädchen. Und er tat das hier auch für sie. Sie ermunterte ihn so sehr seinen Traum zu verwirklichen, dass er es auch für sie tun würde. Und sobald er ein Pilot war…würde er sie fragen. Er würde sie fragen ob sie seine Frau werden würde. Doch zuerst wollte er für Stabilität sorgen. Für sich und für sie. Und darauf konnte man dann mehr aufbauen. Vielleicht auch eine Familie.

Als der Arzt, mit der Blutprobe das Zimmer verlassen hatte, saß Saku noch einige Zeit alleine da und dachte viel nach. Wie würde es weiter gehen? Er wollte Pilot werden und sein Land beschützen, aber auf der anderen Seite wollte er auch mal Vater sein. Doch das waren irgendwie zwei Sachen die sich für ihn schon etwas bissen. Er sah was das Verhalten seines Vaters mit der Familie getan hatte. Er war kaum für sie da gewesen und war immer auf Abruf wenn das Militär ihn für einen Einsatz brauchte. Würde es ihm auch so ergehen? Sicherlich, doch die Frage war eher: kam er damit klar? Chiharu war ein starkes Mädchen. Sie würde ihm sicherlich nicht wiedersprechen und ihn seinen Traum als Pilot leben lassen. Saku war eben ein Kämpfer. Sie wusste dass er es liebte zu kämpfen und dass das Militär und sie Flugstreitkraft genau das Richtige für ihn wären. Besonders in den aktuellen Zeiten die immer mehr in die Richtung eines zweiten Weltkrieges deuteten. Er würde nicht daneben sitzen und zusehen wie ihr Land angegriffen werden würde. Menschen in Gefahr kamen die er liebte. Das wusste sie alles und sie akzeptierte das auch und dass wusste ER denn immerhin hatte sie es schon zu ihm gesagt. Aber was war mit ihr und ihren Gefühlen?

Sie liebten sich, kein Zweifel. Alles deutete da drauf hin. Wenn sie zusammen kamen…würde sie ihn dann noch gehen lassen? Und genau diese Gedanken hielten ihn innerlich zerrissen. Er wollte beides. Aber er wusste…dass es nicht funktionieren würde. Egal wie sehr Chiharu auch versuchen würde ihn seinen Traum leben zu lassen. Am Ende…war sie die Leidtragende. Und er wollte keine Frau die zuhause mit dem Baby saß und darauf wartete dass er wieder von einer Schlacht zurückkehrte, falls überhaupt. Doch er wollte so sehr Pilot werden. Sein ganzes Leben lang! Außerdem war die Bezahlung auch gut um seiner Familie ein besseres Leben zu gönnen! Und nun saß er da, musste überlegen was er mehr wollte. Einen Kampf auf Leben und Tod, was er von Natur aus liebte, oder eine Familie um die er sich zu kümmern hatte…

Nach einer Weile kam auch endlich Doktor Serizawa wieder zurück in sein Büro und hatte die Ergebnisse der Blutuntersuchung bei sich. Sakutaro durfte von dem Untersuchungstisch runter und setzte sich auf die gemütliche Ledercouch, während der Arzt sich vor ihm, gegenüber, auf den Sessel setzte und die Untersuchungsblätter vor sich in der Hand hielt. Er blätterte kurz durch und dann kam er wieder auf der ersten Seite an, als er anfing zu sprechen:

„Also deine Blutwerte sind sehr gut. Man konnte im Labor keinerlei Anzeichen von erblichen Krankheiten und Störungen finden. Alle Werte sind im guten Bereich lediglich das Eiweiß ist etwas niedrig. Isst du wenig Fleisch? Und was faszinierend ist: du besitzt die Blutgruppe A Rhesus negativ und bist völlig gesund. Das ist allerdings eine sehr seltene Blutgruppe.“

Sakutaro sah ihn neugierig und ernst an. Er kannte sich immerhin damit nicht aus. Aber es war mal schön zu erfahren was er für eine Blutgruppe hatte.

Blutgruppe und Rhesusfaktor waren die zwei wichtigsten Blutgruppeneigenschaften. Bei der Transfusion von Blut musste die Verträglichkeit von Spender- und Empfängerblut gegeben sein. Denn wurde unverträgliches Blut transfundiert, könnte das tödlich für den Empfänger enden. Doch in der Regel galt: Bei der Versorgung von Notfallpatienten mit unbekannter Blutgruppe besteht ein hoher Bedarf an Blutkonserven mit der Blutgruppe 0, da diese universell einsetzbar waren. Als Blutgruppe A, B, AB, 0 bezeichnete man die Einteilung von Blut aufgrund verschiedener Merkmale. Bei menschlichem Blut waren es vor allem unterschiedliche Zucker und Eiweiße auf der Oberfläche der roten Blutkörperchen, die als Antigene wirkten. Kam es mit fremdem Blut in Kontakt, bildete das körpereigene Immunsystem Antikörper gegen fremde Antigene und würde zu Verklumpungen kommen. Diese sorgten auch mal schnell für Schlaganfälle oder Thrombosen. Vor der Entdeckung der Blutgruppen endeten Bluttransfusionen deshalb oft tödlich. Waren sie erfolgreich, dann weil Spender und Empfänger zufällig übereinstimmende Blutgruppen hatten. Aber sie waren schon viel weiter als das und in der heutigen Zeit wusste man worauf zu achten war.

Das Sakurai allerdings eine so seltene Blutgruppe von maximal 15 Prozent der japanischen Bevölkerung hatte, war interessant. Selten bekam der junge Arzt sowas unter die Augen. Hatte Sakurai sein Vater doch A Rhesus positiv gehabt. Kam das vielleicht von seiner Mutter? Seine Blutgruppe war für das Militär sehr riskant, eben weil sie so selten war. Doch das allein würde ihn nicht ausmustern. Aber der Rhesusfaktor unterteilte die vier Blutgruppen A, B, AB und 0 und gab an, ob spezielle Proteine auf der Zellmembran der Erythrozyten, also in den roten Blutkörperchen, vorhanden sind, oder eben nicht. Während dieses Merkmal für Rhesus-positive Patienten keine Bedeutung hat, durften Rhesus-negative Patienten NUR Rhesus-negatives Blut erhalten. Was sollte er also tun? Es war seine Aufgabe diesen Jungen zuzulassen. Aber seine Menschlichkeit wollte es lieber nicht, denn wenn Sakurai sich mal schwer verletzten sollte, das eine Bluttransfusion nötig wurde, dann würde es schwer werden einen passenden Spender auszumachen. Ihn als Arzt kümmerte das sehr…aber nicht das Militär. Dennoch nickte er dem Jungen schweren Herzens zu und sprach:

„Du erfüllst alle Voraussetzungen um der Armee beizutreten. Sogar weit darüber hinaus. Jetzt bleibt es nur dir überlassen…ob du wirklich diesen Weg gehen willst, oder nicht.“

Warum kam er mit dieser Frage? Das war etwas was Saku nicht verstand und ihn scharf ansah. Sicherlich hatte das etwas mit den Vorschriften zu tun? Wohl eher nicht, denn in Japan gab es auch die Wehrpflicht. Also warum sprach er so zu ihm als hätte er eine Wahl, obwohl er die nicht hatte? Und natürlich war der Junge bereit diesen Weg zu gehen. Er erfüllte alle Anforderungen und wollte für sein Land kämpfen. Für die Menschen die er liebte. Saku hatte sich entschieden. Er liebte Chiharu. Aber er konnte sie nur beschützen, wenn er in den Kampf zog. Der Krieg kam, früher oder später. Er würde der Armee beitreten. Und sobald der Krieg vorbei war…würde er zu ihr kommen und um sie anhalten. Das war ein Versprechen was er sich selber, in jenem Moment, gab. Sobald seine Heimat sicher war und der Krieg zu Ende, dann würde er sie heiraten und eine Familie gründen. Und er hoffte…dass sie solange auf ihn warten würde.

Er sah weiterhin den Doktor nur an…bis er wieder stumm nickte und am Ende hinzufügte:

„Deswegen bin ich hier. Ich werde für mein Land kämpfen. Nichts will ich mehr.“

Das befürchtete der Arzt schon fast. Er hatte seit Jahren so viele Junge Männern gemustert und sie der Armee beitreten lassen. Doch innerlich hoffte er auf jeden den er nicht dazu zwingen müsste. Das er die Jungs einfach wieder heimschickte und sie bei ihren Familien bleiben konnten. Denn jeder von ihnen, der durch kam…war ein potenzieller Kandidat für den Tod. Besonders in den jetzigen Zeiten. Vielleicht war er da zu weich dafür und sollte seinen Job wechseln. Immerhin war er leitender Arzt im Militärkrankenhaus, da sah er jeden Tag schlimme Verletzungen, oder Kranke. Aber nichts machte ihm mehr aus als junge Männer, die ihr ganzes Leben noch vor sich hatten, für einen Krieg zuzulassen der sie das Leben kosten könnte. Er hatte sie einfach alle gesehen.

Jungs die kamen und vor Angst schlotterten weil sie eigentlich nicht zuglassen werden und einfach wieder heim gehen wollten. Welche die es aus Pflicht ihrem Land gegenüber taten und nicht aus Überzeugung. Ja und dann gab es noch welche wie Sakurai…die freiwillig in die Schlacht ziehen wollten. Jungs denen man ablesen konnte das sie Kämpfer waren und dafür lebten. Wenn er jetzt schon wirklich so viel drauf hatte wie sein Vater…konnte er sogar noch besser werden als er. Denn laut den alten Akten war sein Vater nur die Hälfte von ihm gewesen. Durchschnittlich und nicht auffallend. Er hatte sie eingelesen bevor er den jungen Sakurai zu sich ließ, einfach aus Neugier ob es sich um dieselbe Familie handelte. Und dieser Junge vor ihm…konnte ein wahnsinnig guter Soldat werden. Aber nur wenn man ihn in die richtige Richtung lenkte und ihn gut ausbildete. Und dafür…kannte er auch schon den perfekten Mann. Hatte auch schon mit diesem gesprochen…

Also nickte er zustimmend und plötzlich, wie auf Kommando, klopfte es dann auch schon hinter Saku an der Tür. Beide sahen hin, Saku sogar über seine linke Schulter nach hinten, als der Arzt sprach:

„Kommen sie ruhig rein.“

Und dann öffnete sich auch schon die Tür und ein großer, blonder Mann betrat den Raum. Saku sah ihn scharf und begutachtend an, als er rein kam und hinter sich die Tür sacht schloss. Doch nach dem ersten Blick wusste der Junge auch gleich was los war. Ein gewöhnlicher Soldat war das vor ihm definitiv nicht. Klare Sache. Dazu trug er erstens: nicht die Kleidung eines normalen Soldaten und zweitens: eine Brille. Sicher gab es auch Soldaten mit Brillen, aber eigentlich war das ein Grund um in der Musterung durchzufallen. Sowas zeigte eher dass er schon länger dabei war und die Sehschwäche erst nach der Musterung aufgetaucht sein musste. Das man ihn deswegen nicht entfernte lag sicherlich an seinem Rang den er bekleidete, denn er trug einen blauen Anzug und hatte viele Auszeichnung an seinem Rever hängen. Als Revers wird der umgeschlagene untere Teil des Fassons bezeichnet, der zusammen mit dem oberen Teil, dem Kragen, dem Sakko oder Anzug sein Angesicht verleiht. Durch die Crochet- oder Spiegelnaht sind die beiden Bestandteile miteinander vernäht und ergeben ein charakteristisches Merkmal im Bereich der oberen Brust seines Trägers. Durch diese präsente Platzierung ist die hohe Bedeutung für Ästhetik und Stil für den Anzug zu erklären. Und natürlich konnte man so auch seine Orden präsentieren, von denen er dort viele angeheftet hatte. Saku konnte nicht wissen welche das waren, so gut war er nun auch wieder nicht um alle gleich zu identifizieren, aber der Typ war ein hohes Tier in der Armee, glasklar. Auch waren seine braunen Schuhe poliert und schimmerten im Licht der Sonne. Sein Gesicht war mit einem blonden und starken Kinnbart verziert und er sah freundlich zu dem Jungen rüber, als er immer näher kam und sich schließlich neben dem Arzt rechts hinstellte.

Saku sah ihn noch immer misstrauisch an und der Fremde lächelte nur ganz kurz darauf, als er dann in einer tiefen Stimme von sich gab:

„Du bist also der Musterkanditat von dem der Doktor vorhin erzählt hatte. Nun verstehe ich auch warum. Du bist ein Sakurai durch und durch. Ich erkenne deinen Vater in dir.“

Schon wieder. Sakutaro mochte es nicht wenn man über seinen Vater sprach als wäre er ein verdammter Kriegsheld gewesen und man müsste ihn deshalb vergöttern. Und erst recht mochte er es nicht im selben Atemzug mit seiner Wenigkeit genannt zu werden. So das er noch immer streng zu ihm hoch sah und dann sprach:

„Ich bin nicht hier um über meinen Vater zu reden. Und ich bin auch nicht so ein Versager wie er. Ich will nur in die Armee und Pilot werden um mein Land zu schützen. Das hat nichts mit IHM zu tun.“

Damit meinte er glasklar seinen Vater. Sofort wusste man das er nicht gut auf seinen Vater zu sprechen war und nicht mit ihm verglichen werden wollte. Sollte jetzt also jeder im Raum verstanden haben. Saku sah ihn weiter ernst an und sprach dann:

„Ihr seid ein Amerikaner, oder? Warum kämpft ihr für das Land des Feindes?“

Der blonde Mann vor ihm schien interessiert und rieb sich kurz mit der rechten Hand über das Kinn. Faszinierend. Dieser Junge war wirklich anders als sein Vater. Danach gab er als kurze Antwort:

„Ich kämpfe für kein Land. Nur dem Krieg zuliebe und um ihn zu beenden.“

Das war…eine komische Aussage und erschreckend noch dazu.

Der alte Mann hatte schon einige Jahre auf dem Buckel innerhalb der Armee und kannte sogar den Erzeuger dieses Jungen. Hatte ihn auch selber ausgebildet. Das Sein Sohn nun hier saß und auch zur Armee wollte, mehr als alles andere, das war nichts sonderlich erstaunlich. Sie hatten das Kämpfen im Blut. Allerdings waren seine Augen anders. Er besaß nicht die tief dunkelbraunen Augen seines Vaters, sondern die hellbraunen seiner Mutter. Was er sich gemerkt hatte, obwohl er ihr nur einmal begegnet war. Und in ihnen spiegelte sich etwas anderes. Er war stark und entschlossen…aber diese Augen waren auch sehr sanft und mitfühlend. Egal wie düster er auch drein Blickte, das konnte er nicht verstecken. Der Mann sah sofort das der Junge in die Schlacht wollte um zu beschützen und nicht nur um zu kämpfen, so wie damals sein Vater. Ein ganz anderer Ansatz.

Dann lächelte er wieder und versteckte die Arme hinter seinem Rücken, als er sehr stramm und stark vor ihm stand und sprach:

„Verzeih mir. Ich kannte deinen Vater. Er war ein guter Soldat und starker Mann. Das er von uns gegangen ist…war auch für mich eine Tragödie. Ein Mann wie ich, der die Ausbildung vieler junger Männer überwacht, dem wachsen diese Männer gerne mal ans Herz wie eine eigene Familie. Und das obwohl sie doch entbehrlich sind. Das ist etwas was ich allerdings nicht gutheiße…Sakutaro Sakurai, nicht wahr? Mein Name ist: Leonard Anderson. Und ich bin dein zukünftiger Überwacher und Leitender Ausbilder.“

Anderson also. Saku dachte sich schon das er nicht Japaner war. Er war sicherlich auch etwas größer als er und das Blond, so wie auch die blauen Augen, verrieten dass er nicht aus dem Land kam. Sicherlich war er Amerikaner, nach seinem Nachnahmen zumuten. Aber dafür sprach er die Sprache sehr gut, Respekt. Er verbeugte sich sogar vor dem Jungen und Saku stand sofort auf und verbeugte sich zurück. Der Typ kannte die allgemeine Höflichkeit in seiner Heimat. Sakutaro mochte ihn etwas mehr deswegen.

Und danach reichte der Arzt, Anderson, die Untersuchungsunterlagen des Schwarzhaarigen und der flog nur schnell über die erste Seite, mit den Augen, hinweg. Sah Name, Alter und Foto von Sakutaro. Las aber in einer anderen Zeile etwas Interessantes. So das er danach er die Stirn runzelte und sprach:

„So, so…Interesse am Fliegen, was? Ich nehme an du willst also Pilot werden?...Was bringt dich zu der Überzeugung dass ich dich in diese Ausbildung reinstecken werde? Ich brauche eher Männer die auf hoher See mit der Artillerie umgehen können und auf Schiffen arbeiten. Zumindest herrscht da gerade etwas Mangel an Freiwilligen.“

Er testete ihn und sah streng zu dem Jungen rüber…dessen starker Blick aber nicht eine Sekunde zögerte und zurückgeworfen wurde. Diese Kraft in dem Blick…er war ein unglaublich entschlossener Junge. Noch mehr als sein Vater.

„Ich kenne mich mit jedem aktuellen Modell an Fliegern aus welche im Militär genutzt werden. Auch größere Modelle wie Frachtflugzeuge. Und nehmen sie es mir nicht übel Sir, aber ich weis das bei einem Kampf auf der See meist immer ein Flugzeugträger dabei ist. Ein wichtiger Bestandteil der Angriffsstrategie ist die Luftwaffe und mit dieser wird auch größtenteils gekämpft. Wenn sie also jemanden auf der See brauchen, dann einen Vogel der ihnen den Rücken deckt und es ihnen ermöglicht ins Herz des Feindes zu schlagen. Genau dieser Vogel bin ich. Ich habe keine Angst vor dem Tod. Und wenn sie mich fliegen lassen, dann werden sie sehen das ich sie nicht enttäuschen werde, Sir.“

Sprach der Junge selbstsicher und dann salutierte Saku plötzlich ohne jeglichen Grund und Aufforderung, so das Anderson ihn erstaunt ansah…und dann lächelte. Was sagte man denn dazu? Der Bursche…hatte ja echt nen Arsch in der Hose. Allein sein selbstsicheres und freches Lächeln bestätigte das. Er war ein Teufelskerl voller Mut. Etwas was der Amerikaner schon lange nicht mehr, innerhalb der Armee, gesehen hatte. Bei dem was in den nächsten Jahren auf sie zukommen könnte…war er vielleicht eine gute Partie. So sah er ihn weiter an und nahm danach seine Akte unter den rechten Arm. Er ließ sich etwas von der Rede überzeugen und hielt die Akte weiter fest, als er sprach:

„Ist das so?...Nun dann wollen wir doch mal sehen ob du dich so gut auskennst wie du behauptest junger Soldat.“

Es war entschieden. Oder zumindest wollte er ihn testen.

Anderson schritt an Saku vorbei und zurück zu der Tür, wohin auch der Junge sah und ihn genau im Auge behielt. Als dann die Tür geöffnet wurde und der große Mann daneben stehen blieb, sprach er:

„Wir treffen uns in einer halben Stunde am östlichen Flugplatz. Von da aus gehen wir dann gemeinsam zum Hangar. Dort werden wir sehen was du kannst.“

Und somit wand er sich aus dem Zimmer raus und verschwand im Flur dahinter.

Sakutaro lächelte nur frech. Er wollte ihn noch weiter prüfen, was? Das war okay. Der Amerikaner konnte sich auf was gefasst machen. Denn wenn es etwas gab was Saku nicht zuließ, dann das man ihm die Butter vom Brot klaute. Er würde dem Typen zeigen was er kann und ehrlich gesagt…freute er sich schon darauf. Sein erster Schritt war damit getan. Er war drin und nun kam es drauf an das er alles gab um bei den Piloten zu landen.

So verbeugte er sich dankend vor dem Arzt und der danach zurück. Anschließend verließ Saku das Zimmer und ließ den jungen Arzt allein an seinem Schreibtisch stehen, der etwas nachdenklich auf den Tisch vor sich sah. Hoffentlich…hatte er keinen Fehler begangen. Jemand wie Sakutaro Sakurai wartete nur darauf sein Leben aufs Spiel setzten zu können. Und mit der Blutgruppe…war das keine so gute Idee.

Als Sakutaro dann später mit Anderson zum Hangar lief, über den großen Flugplatz hinweg, war er mehr angespannt als alles andere. Nicht vor Sorge, sondern vor Aufregung. Er konnte es kaum erwarten endlich die ganzen Modelle aus der Nähe zu sehen! Hatte er bisher immer nur die Möglichkeit gehabt sie aus der Ferne zu beobachten. Zum Beispiel wenn sie über ihn hinweg flogen, oder er auf einem Berg hoch genug lauerte um rüber zum Flugplatz sehen zu können. Alles was er von Flugzeugen wusste hatte er sich aus Büchern beigebracht und aus dem Lauschen wenn Soldaten in der Nähe waren. Und auf einen Typ von Flieger hatte er es ganz besonders abgesehen. Das schnellste und wenigste Modell überhaupt, aber auch das tödlichste. Er wollte es endlich mal aus der Nähe kennen lernen. Das Modell seiner Träume und das Einzige was er zähmen wollte. Und als sie dann in den Hangar hineinliefen…war es als würde Saku in eine persönliche Traumwelt ziehen.

Eigentlich war er kein kleines Kind mehr, aber als er die riesige Halle betrat, aus deren Ecken von überall Geräusche vom Bauen und Reparieren kamen, da wurden seine Augen größer vor Freude. Als würde man einem kleinen Kind einen Lutscher geben,sah er sich um und erblickte überall die erstklassigen und teuren Flieger, an den gemacht und getan wurde um sie instand zu halten. Mechaniker liefen kreuz und quer, machten ihre Arbeit und riefen sich gegenseitig zu was sie benötigen, damit es ein anderer holen konnte. Der reinste Rummel und es gab so viel zu tun. Allein das brachte den Jungen auf neue Höhen und er freute sich noch mehr. Er wollte glatt mithelfen und sofort anfangen zu arbeiten, aber noch war es dafür nicht soweit. Erst musste er Anderson überzeugen das er an diesen Ort gehörte.

So liefen sie weiter und weiter hinten im Hangar kamen sie an eine Reihe von Fliegern an…wo es ihm glatt die Sprache verschlug. An der Zahl waren es fünf Stück und sie leuchteten, im Licht der Lampen, in einem smaragdfarbenden Dunkelgrün heller und auffälliger als alle anderen Flugzeuge die er kannte. Hatten das Symbol Japans an ihren Flügeln und an der Seite. Er wusste sofort was es für ein Modell war. Den Flieger den er mehr sehen und fliegen wollte als alle anderen. Sein Herz pochte vor Aufregung.

So blieben sie neben einem stehen und Saku bekam einfach seinen faszinierten Blick nicht davon los. Noch nie war er einem so nah gewesen. Ein Traum ging gerade in Erfüllung. Anderson sah ihm natürlich die Begeisterung an, aber wand sich dann wieder vor zu einem Mann der dort an dem Flugzeug, unter dem linken Flügel stand und seine Arbeit verrichtete. Er schien den Flügel seine innere Mechanik zu prüfen, doch sah gleich nach vorne, als er den Kommandant sah und der sprach:

„Fleißig bei der Arbeit Herr Yaguchi?“

Bei den Worten wachte auch Sakutaro wieder auf und riss seinen Blick von der Nase des Fliegers vor sich. So das er ebenfalls zu dem linken Flügel sah und dort einen sehr großen Mann erblickte. Er selber war für sein Alter schon groß, aber der Hüne, unter dem Flügel, war sicherlich über die 190 Zentimeter! Gekleidet war er in einem grünen Fliegeranzug und sah dann freundlich zu dem Kommandanten und dem Jungen rüber. Warf ihnen ein Lächeln zu und zog seine Arme runter und weg von dem Flügel über sich. In seiner Rechten hielt er noch immer einen Schraubenzieher, als er auf sie zu schritt und dann wenige Zentimeter vor ihnen stehen blieb und sich verbeugte, danach auch kurz salutierte. Saku sah ihn aber nur weiter an. Neugierig und nicht misstrauisch. Der Typ…war das der Pilot des Fliegers? Wenn ja dann war er ein…

„Kommandant Anderson! Erfreut sie zu sehen. Was bringt sie in unseren Hangar?“

Sprach der große Mann dann in einem sanften Ton und stellte sich wieder locker hin. Anderson zuckte kurz mit den Schultern und gab nett von sich:

„Das Übliche mein Freund: Arbeit. Und wie ich sehe sind sie auch wieder fleißig am Arbeiten. Wie oft überprüft ihr die Mechanik des Fliegers? Jeden Tag, oder?“

Er bekam darauf ein Nicken des Großen. Alles war sehr formell.

„Besser vorbereitet als Männer durch einen faulen Fehler zu verlieren.“

Kam es von dem Hünen und dann sah er rechts von sich zu dem Jungen der neben Anderson stand und ihn genau im Blick behielt. Er musste etwas schmunzeln. Ein Frischling, was? Nichts Neues, aber dieser schien anders zu sein. Er hatte einen sehr aufgeweckten Blick und war sogar sehr gut gebaut und groß für sein Alter. Er musste sechzehn Jahre alt sein, wenn es ein Neuer war. Ab da durfte man nämlich beitreten und wurde gemustert. Auch trug er nicht gerade gute Kleidung, sondern nur eine lange, schwarze Hose und ein lockeres weißes Shirt. Immerhin hatte er aber festes und geschlossenes Schuhwerk. Und er war stark, das sah man an seinen Muskeln an den Armen. Wenn Anderson mit ihm persönlich zum Hangar kam, dann hatte er was Besonderes an sich. Und er selber war schon gespannt was es nur sein könnte. So das er nett lächelte und sprach:

„Ich nehme an du bist ein Frischling, oder? Paku Yaguchi, Pilot der Zero-Staffel. Aber eigentlich nennen mich alle nur Paku.“

Erst verbeugte er sich typisch japanisch vor dem jungen Sakurai und dann reichte er ihm auch schon die große, rechte Pranke entgegen, so dass der Junge sie etwas verdutzt ansah. Warum…war er so nett zu ihm? Doch er wollte nicht so sein, also schluckte er seine misstrauische Ader kurz runter und schüttelte die Hand des Fremden vor sich. Gab höflich zurück:

„Sakutaro Sakurai. Freut mich.“

Als sie sich losließen sah ihn Paku neugierig an. Ein Sakurai? Ob er mit Satoshi Sakurai verwand war? Aber bei genauer Hinsicht erkannte er es auch schon. Hah, ja das war er. Er war ihm äußerlich sehr ähnlich. Nur nicht ganz so kräftig und bullig gebaut. Sakutaro wirkte dagegen schon feiner. Also war sein Sohn nun bei ihnen nachdem der Vater gefallen war. Das Schicksal war wirklich komisch.

„Der Junge möchte gern ein Pilot werden. Also wollte ich dich fragen ob du ihn mal für einige Stunden unter deinen Flügel nehmen könntest und ihm alles zeigst? Heute ist er erst mal nur noch zum Schnüffeln da und ab nächste Woche wird er dann dementsprechend zugeteilt und bekommt seine Aufgaben.“

Sprach Anderson und Paku sah zu ihm. Alles klar, er wollte das er ihn testet ob er es drauf hat ein Pilot werden zu können. Danach kratzte der Große sich kurz am Hinterkopf. Wirklich? Eigentlich mochte er es nicht wenn man ihn in sowas einspannte. Immerhin wollte er nicht Schuld daran sein wenn Frischlinge ihre Träume nicht erfüllen könnten. Aber was hatte er da schon für eine Wahl? Also schnaufte er kurz und gab dann von sich:

„Natürlich kann ich das gerne machen, aber ich muss erst noch den Flügel stabilisieren und wieder schließen. Wird also noch etwas dauern.“

„Ich kann euch dabei helfen.“

Sprach Saku plötzlich selbstsicher und beide sahen zu ihm. Was sagte er da? Paku schien etwas verwundert über diese lockere und selbstsichere Art wie der Knabe das gesagt hatte und sah ihn auch so an. Darauf sprach der Junge dann weiter und zeigte auf den Flügel hinter dem Großen:

„Ich hab noch keine praktische Erfahrung, aber ich habe etwas darüber gelesen und bin ein schneller Lerner. Außerdem kenne ich mich mit dem Modell sehr gut aus!“

Paku sah neben sich zum Flieger und dann wieder vor zu dem Jungen, als er die Arme locker vor sich verschränkte und nett fragte:

„Ach ja? Um welches Modell handelt es sich denn hier, Küken?“

Er sagte das nicht aus Verachtung. Bei ihm in der Staffel waren alle Neuankömmlinge automatisch junge Adlerküken. Erst wenn sie alles drauf hatten und nicht nach einer Schlacht gefallen waren, dann bekamen sie den Titel weg und wurden stolze Adler. Etwas was bei Kamikaze-Fliegern schwer zu erreichen war. Paku wusste das besser als manch anderer. Er hatte…viele seiner Küken sterben sehen.

Saku sah dann weiter zu dem Flieger und schmunzelte frech. Sofort legte er stolz los:

„ Es ist ein Mitsubishi A6M Zero und einer der erfolgreichsten Flieger der je für den Krieg gebaut wurde. Der „Zero" übertrifft momentan als erstes bordgestütztes Jagdflugzeug die Leistungen landgestützter Jäger und wurde erst vor kurzem sehr erfolgreich im Pazifikkrieg gegen die USA eingesetzt. Am Anfang des Pazifikkriegs war der Zero den amerikanischen Gegnern durch hohe Wendigkeit und extreme Reichweite weit überlegen. Etliche Flugzeuge dieses Typs werden von Selbstopfer-Piloten als „Kamikaze" gegen wichtige Schiffsziele eingesetzt. Der erste bordgestützte Jäger, welcher von Flugzeugträgern aus eingesetzt wurde. Noch dazu ist der Mitsubishi A6M Zero von den Alliierten zunächst nicht richtig ernst genommen worden, obwohl man schon während eines japanischen Feldzuges in China eindeutige Berichte von britischen Piloten erhalten hatte, die vor der exzellenten Manövrierfähigkeit dieses berühmten Kampfflugzeuges warnten. Auch stehen sie im Ruf, die schnellsten und wendigsten aller japanischen Kampfflugzeuge mit der größten Zerstörungskraft zu sein. Amerikanische Piloten haben regelrecht Angst vor diesen Maschinen. Die Schnelligkeit und Manövrierfähigkeit kosten aber meist ihrem Piloten das Leben. Das war der Preis dafür. Es sei denn man ist ein guter Pilot und schafft es dieses Biest zu zähmen, wodurch man das gefährlichste Flieger-Ass aller Zeiten werden könnte…“

Er sagte das sehr stolz und selbstbewusst und wie er das Vehikel dabei ansah…gab Paku ein komisches Gefühl in der Brust. Wow, er war erstaunt. Der Junge hatte echt was im Köpfchen und kannte sich besonders mit dem Modell aus. Alles was er gesagt hatte war völlig richtig gewesen und er musste noch dazu immer auf dem Laufenden gewesen sein, was diese Flieger an ging, denn viele der Punkte waren noch neu und noch nicht lange offiziell. Dieser Knabe war…unglaublich. So das Paku von seiner erstaunten Mine zu einer lockeren und lächelnden wechseln musste. Sie mal einer an…ein vielversprechender Neuzugang. Und dann auch noch gleich ein Zweiter nach einem Jahr. Er sah Saku weiter an und sprach dabei:

„Das ist alles richtig. Du kennst dich gut mit dem Zero aus, was?“

„Sag ich doch.“

Kam es frech und forsch von dem Jungen zu ihm rüber, der ihn auch so ansah. Er war wirklich eine Granate und Paku freute sich plötzlich ihn auf die Probe stellen zu dürfen. Genauso wie Anderson, der noch immer neben Sakutaro stand und ihn ebenfalls erfreut musterte. Wer konnte das nur ahnen? Hatten sie vielleicht eine militärische Perle gefunden? Er könnte viel besser werden als sein Vater. Nein…er war es schon bereits.

Und dann pfiff Paku einmal laut und wie auf Kommando hörten sie hinter dem Zero etwas poltern. Verdutzt sah Sakurai hin und hörte wie Metall schepperte und es klang als würde sich dort jemand aus einem Haufen Schrott raus arbeiten. Was auch so war, denn wenige Sekunden danach hörte er jemanden leicht fluchen:

„Ach scheiße!“

Und dann polterte der auch schon um die Ecke des Fliegers und rieb sich über den Kopf. Offenbar hatte er sich diesen vor Schreck angeschlagen und kam nun langsam und holprig näher. Saku verzog etwas das Gesicht verdutzt. Das war ein Junge. Vielleicht etwas älter als er, aber dennoch einer in der Ausbildung.

Er trug andere Kleidung als der Pilot vor ihm und war nicht wirklich ein gutaussehender Typ. Klang sehr verachtend, war aber leider so. Der Junge, der dann unsicher dreinschauend neben Paku zum stehen kam, war unglaublich klein und kräftig. Naja „dick“ traf es wohl eher. Auch trug er eine platte Kappe und sah den Schwarzhaarigen plötzlich mit einem musternden Blick an. Freundlich, aber doch etwas abstandnehmend. Heh, was wollte er denn genau ab checken? Ob er eine Chance gegen ihn hatte? Wenn ja, dann hatte er äußerlich definitiv schon mal verloren. Saku steckte diesen Moppel locker in die Tasche wenn es um gutes Aussehen und um Muskeln ging. Wie zwei Katzen, die sich nicht ausstehen konnten, standen sie auf Abstand und machten einen mentalen Buckel zueinander. Für den Einen kam es vor als würde ein Feind in sein Territorium eindringen und er müsste angreifen und für den Anderen, als müsste er sich davor verteidigen. Der Dicke war die Katze die versuchte ihr Territorium zu verteidigen. Saku war der forsche Eindringling. Es fühlte sich einfach nach keinem guten Start an. Danach zeigte Paku auf den Moppel neben sich und sprach:

„Das hier ist mein kleiner Mechaniker in der Ausbildung. Spezialisiert auf Flieger, aber da kommt noch mehr drauf. Seit einem Jahr ist er nun schon bei mir und kennt sich genauso gut an dem Zero seiner Mechanik aus wie ich.“

Saku sah von Paku weg und wieder zu dem Moppel. Was? Der? Der sah überhaupt nicht so aus als hätte er Ahnung von einem Zero. Und fliegen konnte der mit seinem Gewicht sicherlich auch keinen. Er war schrecklich vorverurteilend und sah ihn nur scharf an. Aber auch er bekam einen scharfen Blick zurück und dann verbeugte sich der Dicke kurz, verschränkte danach seine Arme schützend vor sich und sprach:

„Hi…Kaizo Oume ist mein Name. Und du?“

Okay er wollte das nicht, aber machte es aus allgemeiner Höflichkeit. Der Dicke setzte eine klare Grenze. Bis hier hin und nicht weiter. Er wollte den Neuen nicht in seinem Dunstkreis haben. Hatte vielleicht sogar Angst Konkurrenz dadurch zu bekommen.

Saku verbeugte sich dann auch kurz, machte es ihm gleich und verschränkte dann auch schützend die Arme vor sich, als er darauf muffig antwortete:

„Sakutaro Sakurai.“

Sie verhielten sich wie mürrische Kinder die sich um ein Spielzeug stritten und Anderson wusste auch schon gleich welches Spielzeug das war. Es ging um den Flieger. Sein Blick wechselte zwischen ihnen hin und er und er lächelte leicht. Das war gut. Man sah ihnen sofort die Rivalität an. Und das war auch berechtigt, denn Sakurai kam als neuer Überflieger in die Runde und Oume musste sich, als einer der schon ein Jahr da war, wehren und seinen Posten verteidigen. Auch wenn sie beide völlig unterschiedliche Richtungen einschlugen ging es um ein Thema bei dem Ganzen: Jeder wollte beweisen das er den Zero besser kannte. Und genau das brauchten die Zwei. Einen Rivalen der sie bei der Stange hielt und an dem sie sich pushen konnten. Paku fand das allerdings nicht ganz so toll. Er sah es auch, aber war ein friedlich veranlagter Mensch wenn es um Kollegen ging. Auf Zoff hatte er keine Lust. Und dann sprach er freundlich zu Kaizo:

„Er wird einige Stunden mit uns arbeiten. Und vielleicht wird er dann auch bleiben. Zeig ihm einige Dinge die du weist und behalte ihn mit im Auge wie er sich macht.“

Der dicke Junge nickte zu ihm hoch und lächelte dann. Obwohl es ein sehr gezwungenes Lächeln war, denn eigentlich wollte er das alles nicht. Er kannte diesen Sakurai nicht mal, aber er mochte ihn schon bereits jetzt überhaupt nicht. Er war arrogant und hielt sich für was Besseres. Sicher weil er so toll aussah und damit alles bekam was er wollte! Aber von so einem ließ sich Kaizo nicht den Platz wegnehmen. So sah er wieder zu Saku rüber, bei dem alles auf Gegenseitigkeit beruhte und der Kaizo auch nicht ausstehen konnte. Normalerweise vorverurteilte er niemanden vorne weg, aber bei ihm hatte er kein gutes Gefühl direkt vom Anfang an. Dieser Dicke war hinterhältig und durchtrieben…Das konnte er riechen, denn er kannte diesen Typ von Jungs aus der Schule. Er verabscheute sie.

Ihre Blickte lagen streng aufeinander und Kaizo bekam einen besonders scharfen Blick zurück geworfen. Doch Oume wusste eines genau: Von diesem Typen ließ er sich nichts gefallen. Niemals. Da konnte er noch so sehr ein Überflieger sein wie er wollte.

Danach folgte ihm dann Sakutaro still nach hinten an den Flieger. Gezwungen mit ihm zu arbeiten. Nie hätte er ahnen können was sie mal verbinden würde. Gutes…so wie auch Schlechtes.
 

Ich sehe dich durch die Menge an Menschen rennen. Dort, ganz am Rand des Dorfes entlang, wo dich keiner weinen und leiden hört. Doch weine nicht, denn du bist nicht allein. Ich lasse dich nicht allein. Es hätte niemals so weit kommen müssen, aber nun zeigen wir ihnen wer du wirklich bist. Raus aus deinem Kokon junger Schmetterling. Erblühe junge Blüte des Winters. Dein Herz schlägt schnell und das Licht in deiner Brust leuchtet hell. Damit gewinnen wir sicherlich diesen Kampf. Doch Hana, lass nicht zu das sie dich niederzwingen. Du weist das du an dem festhalten musst was dir wichtig ist, also glaube mir wenn ich dir sage: Deine Seele ist stärker als jemals zuvor. Schreite also durch diese offene Tür und ich verspreche dir: alles wird gut. Deine Freunde werden immer bei dir sein. Du bist soweit gekommen ohne dich zu unterwerfen, also zieh dich nun nicht zurück. Denn wenn du das tust, dann holt er sich die Krone und das Recht zu herrschen über alles was du liebst. Doch ich sehe dir an dass du es nicht leugnen kannst. Du stehst da und bist völlig verängstigt. Kämpfe, oder stelle dich dem Verlust, du hast die Wahl. Deine Optionen werden immer weniger. Also kämpfe, denn es ist hier unten so dunkel geworden von dem was man dir angetan hat. Halte dich an ihm fest und flieg höher als alle anderen. Berühre die Sonne und fühlt ihre Wärme zusammen. Lass es nicht so enden und beuge dich nicht deiner Angst. Dein Vater sieht hoch zu dir, wo du am Himmel der Ahnen fliegst und deine Mutter betet zum Mond unter dem du geboren wurdest. Doch solltest du diesen Kampf verlieren…wirst du auf ewig gemeinsam mit den Sternen schlafen.
 

Es war bereits gegen Nachmittag und ein warmer Wind fegte durch das Dorf.

Stunden waren vergangen seit dem Hana wieder zurück in sein Dorf gefunden hatte und seine Strafe bekam. Und in dieser Zeit hatte sich einiges getan.

Die ganzen Patcheen, die nichts von der Bestrafung mitbekommen hatten, waren bereits wieder an ihren Arbeiten dran und machten weiter als wäre nichts passiert. Sie räumten auf, kümmerten sich um ihre Kinder und waren auch wieder auf die Felder, oder zum Fischen und Jagen zurückgekehrt. Doch auch ohne dass sie es mitbekommen und gesehen hatten, wussten sie genau was mit dem jungen Sohn des Häuptlings passiert war. Sie wussten was auf ihn zukam und es bestärkte sie nur noch mehr in ihrer Ansicht dass sie ein weiteres böses Blut in ihrer Mitte hatten. Genau das Selbe wie es damals Haos Mutter Asanoha besessen hatte. Und das sah man ihnen an. Sah ihnen an wie sie Hana ansahen und wie sie sich vor ihm fürchteten und ihn eigentlich lieber nicht in diesem Dorf haben wollten. Opacho konnte es nun auch genau sehen.

Sie stand schon eine ganze Weile am Rand des Dorfes und behielt nachdenklich die Patcheen vor sich im Auge.

Es war nicht so als ob sie Wache schieben sollte. Sie tat das von sich aus und dachte über so viele Dinge nach, so viele rote Fäden, dass sie nicht mal wusste WO sie genau anfangen sollte die Fäden anzugehen und zu bearbeiten. Auf der einen Seite war da ihre eigene Arbeit aus der sie, wegen Hana seinem Verschwinden, rausgezogen wurde. Sie war dabei gewesen ein neues Heilmittel zu untersuchen und zu mischen, bis Silva, auf Befehl von Hao, bei ihr aufgekreuzt war und sie den Kleinen suchen sollten. Dann gab es da aber auch noch die gewaltige Baustelle mit Hao selbst. Opacho hatte gesehen wie sehr er unter dem Ganzen gelitten hatte. Unter der Tatsache das Hana das Mal der Schande bekommen hatte. Und das tat ihr ebefalls weh. Sie war seine Tochter, wenn auch nicht leiblich, doch wusste sie sofort wenn ihr Vater litt oder Schmerzen hatte. Das hatte sie ihm deutlich angesehen. Nicht nur als seinem Sohn das Mal verpasst wurde, sondern noch danach als Hana schon längst nicht mehr da gewesen war und sie noch im Wigwam geblieben sind. Das Erste was Hao tat, nachdem Hana raus verschwand, war zu Yoh zu gehen und ihn zu umarmen, denn seine Königin weinte schrecklich über das was ihrem Kind passiert war. Und er wollte es am liebsten auch tun.

Opacho sah ihm an das Hao auch weinen wollte, sich aber für Yoh zusammen riss. Es war ein schrecklicher Anblick für die werdende junge Schamanin. Ihre Eltern so zu sehen tat ihr furchtbar weh. Doch noch schlimmer als das war die Tatsache dass sie genau wusste warum sie so litten. Es war nicht wegen der Wunde…sondern das Gefühl versagt zu haben. Zumindest schien es bei ihrem Vater so zu sein. Hao wollte immer nur das Beste für Hana. Das wusste Opacho seit seiner Geburt. Er liebte seinen Sohn über alles und wollte aus ihm einen starken und prächtigen Anführer machen. Sogar noch besser als er. Doch Hana war leider ein sehr dickköpfiger und sturer Junge und suchte dadurch seinen eigenen Weg. Er war schon immer etwas Besonderes gewesen. Seine Geburt lief nicht glatt ab, er wurde von einem Jungen geboren und hatte als einziger Patchee blonde Haare. Aktuell zumindest und wenn man Asanoha nicht mitzählte. Doch es waren nicht nur diese Dinge, auch sein Verhalten war sehr komisch. Normalerweise sind Patcheen mehr darauf bezogen friedlebend und ruhig zu existieren und zu gedeihen. Hana war aber komplett anders. Er schien den Ärger förmlich zu suchen und anzuziehen. Und egal wie oft er auf den Deckel bekam…er stand immer wieder auf und machte stur weiter. Opacho hatte es selber erlebt, als sie noch bei ihnen gewesen war. Manchmal wunderte sie sich wie Yoh so ruhig und gelassen sein konnte mit diesem kleinen Teufelsbraten am Rockzipfel. Denn es war kein Geheimnis: Der Junge konnte eine kleine Pest sein, aber er war dennoch ihr Bruder und sie liebte ihn über alles. Und so frech und anstrengend er auch war…sie wollte ihn nicht anders. Die Bande zwischen Hao und Hana wieder zu festigen war die zweite Beustelle um die sich Opacho sorgte.

Ja und dann gab es noch dieses dritte Thema. Etwas was Hana mehr beeinflusste und ihn an sich riss als sie es jemals für möglich gehalten hätte…Es waren die Fremden. Nicht nur das Opacho und Silva sie gesehen hatten, sondern das diese Menschen auch noch um Hana herumschwirrten und der Kleine…schien das zu mögen. Es hatte sie wirklich erschrocken zu sehen wie sehr sich der Junge um diese Menschen sorgte und wie gut er sich mit ihnen verstand. Besonders im verbotenen Tal war ihr das aufgefallen.

Sie musste mit ansehen wie Hana sich gegen Onaya erhoben hatte und ihn attackierte, aber der Grund war das was sie erstaunen und fürchten zu gleich ließ. Ihr kleiner Bruder hatte das wegen eines völlig Fremden getan. Wegen diesem schwarzhaarigen Mann der von Onaya gebissen wurde. Und sie hatte nicht nur den Kampf gegen ihren Gott gesehen…sondern auch etwas was kurz davor passiert war. Es war genau DAS was Opacho dazu gebracht hatte nichts zu sagen und was ihr noch immer Kopfzerbrechen verpasste. Ihr so wie auch Silva, der ebenfalls Zeuge von all dem gewesen war…

Sie waren beide krank gewesen von dem Gift ihres Gottes und in dieser Phase…schien es als wollten sich Hana und der Fremde sehr nahe kommen. Näher als sie es eigentlich sollten. Opacho hatte gesehen das sie drauf und dran waren sich paaren zu wollen, ausgelöst durch dieses Gift. Etwas was sie verhindern wollte, aber nicht konnte. Sie durfte nicht eingreifen. Hana hatte den Fluch heraufbeschworen indem er sich mit ihrem Gott angelegt hatte. Indem er in dieses Tal kam. Es war nicht ihr Kampf gewesen und Patcheen griffen nicht in Kämpfe ein die nicht ihre waren, es sei denn das Dorf befand sich in Gefahr, oder Hao befahl es. Beides war nicht vorhanden gewesen, also sah sie nur zu. Doch so sehr sie auch eingreifen und das beenden wollte, nach wenigen Minuten sah sie etwas was ihre Ansichten komplett änderte. Sie wusste nichts über das Gift von Onaya, aber wenn sie Hana und den Fremden so sah dann wirkte es fast…natürlich. Es war komisch und verrückt zugleich, aber wenn sie die Zwei dort unten sah, wie sie sich näherten, sich ansahen und die Berührungen des Anderen offensichtlich genossen, dann wirkte das alles völlig normal. Als würden sie nicht unter einem Fluch stehen sondern als wären das echte Gefühle. Und da fragte sie sich: Waren da vielleicht echte Gefühle im Spiel gewesen? Was wenn das Gift ihres Gottes…nur das hervor gebracht und verstärkt hatte was schon da gewesen war? Was in ihren Herzen lauerte.

Opacho sah wie sehr sich die Zwei nacheinander sehnten und es war natürlich gewesen. Hatte Onaya…Hana vielleicht etwas die Augen geöffnet? Denn nach der Aktion und dem Tod des Wolfs, da verhielt sich der Blonde ganz interessant gegenüber dem Fremden. Besonders die Umarmung am Strand war interessant gewesen. Und ab da war es für Silva und Opacho besiegelt: Sie mussten die Klappe halten. Hana zur liebe denn…sie sahen das er den Fremden mochte. Mehr als er eigentlich sollte. Und dieser gutaussehende Fremde…mochte ihn offenbar auch.

Sie stand noch immer einfach da und ließ diese Gedanken durch ihren Kopf rattern, bis sie Schritte neben sich hörte und dann nach rechts sah. Silva stellte sich neben sie und stützte sich dabei noch an einen Baum rechts von sich, verschränkte auch die Arme und sah mit einem ersten Blick vor zum Lagerfeuer ihres Dorfes, als er dann sprach:

„Denkst du noch immer darüber nach was im Tal passiert ist?“

Opacho sah von ihm weg und auch zum Feuer, als sie darauf nickte.

„Du doch auch, oder?“

Gab sie ihm als Antwort und der große Mann nickte leicht.

„Wie könnte ich nicht? Immerhin hätte ich nie gedacht diesen Tag mal erleben zu dürfen.“

„Welchen meinst du?“

Silva seufzte.

„Den Tag an dem unser kleiner Hana erwachsen wird.“

Sie sah wieder zu ihm, denn er hatte recht. Alles was ihr kleiner Bruder getan hatte war erwachsen gewesen. Er stand für seine Fehler gerade, er hat sich nicht unterbuttern lassen, hatte wie ein tapferer und listenreicher Krieger gekämpft und dabei sogar Hilfe angenommen. Ja und dann hatte er etwas getan was nur Erwachsene taten…er war eine Bindung eingegangen die wahrscheinlich aus Liebe entstand. Opacho war sich nach diesem Ereignis sehr sicher gewesen das Hana verliebt war, auch wenn er es vielleicht selber noch nicht ganz verstanden oder akzeptiert hatte.

Silva sprach dann plötzlich:

„Es war die richtige Entscheidung gewesen ihn zu decken. Hana und diesen Fremden verbindet etwas. Was es ist kann ich noch nicht sagen, aber es ist definitiv da. Ob es nun Liebe ist oder ein anderes Gefühl wird sich noch zeigen. Aber es ist interessant zu sehen, wie der kleine Junge, der als Messias geboren wurde, plötzlich eine Bindung zu völlig fremden Menschen aus der Außenwelt eingeht. Das kann kein Zufall sein.“

Ja, das wirkte sehr verdächtig.

„Meinst du es ist Schicksal?“

Silva lächelte leicht auf diese Frage. Er war weise. Weiser als manch ein anderer der Patcheen und er hatte, genau wie Goldva, meist die Angewohnheit in Rätseln zu sprechen oder mehr zu wissen als er von sich gab. Genau das war wieder einer dieser Momente, als er einfach da stand, zum Feuer rüber lächelte und sprach:

„Nur weil wir abgeschottet von dem Rest der Welt leben, bedeutete das nicht dass die Außenwelt keinen Einfluss auf uns hat. Früher oder später musste es passieren, denn die Welt ist komplett verknüpft mit allem was existiert. Pflanze und Tier, Mensch und Geister, Leben und Tod. Alles ist ein Kreislauf und alles hat einen Anfang und ein Ende bevor es wieder von vorne beginnt. Das sagen auch unsere Legenden…Dyami kam aus dem Reich des Himmels, der Welt der Geister, herab auf die Erde in die Welt der Lebenden. Und damit verknüpfte er zwei Welten miteinander. Er lehrte uns Wissen, eine Verbindung zu den Toten herzustellen und führte unsere Vorfahren. Dafür lernte er von uns Menschen das Gefühl von Menschlichkeit und Liebe kennen. Er verliebte sich in die Tochter des Häuptlings und blieb auf der Erde. Und genau wie dieser Fremde…tauchte auch Dyami damals einfach auf und wurde von einem der unseren gefunden und akzeptiert.“

Opacho sah wieder zu ihm und lächelte sanft, als sie dann sprach:

„Du willst mir doch nicht sagen das dieser Fremde der wiedergeborene Dyami ist, oder?“

Das fände sie dann doch zu weit her geholt. Silva sah zu ihr und starrte sie einige Sekunden lang stumm an. Er wirkte erst wieder etwas ernst, aber seine Mine änderte sich schnell zu einem sanften und sicheren Lächeln, als er abschließend von sich gab:

„Nein…Aber es ist sich verdammt ähnlich, oder? Manchmal…kann sich die Geschichte wiederholen Opacho.“

Und damit wand er sich ab und lief zurück ins Dorf und auf den Platz vor ihnen zu.

Opacho sah ihm noch etwas nachdenklich nach. Diesen Fremden als Dyami zu sehen fand sie bescheuert. Er war kein Gott der vom Himmel gefallen war. Nur ein Fremder aus der Außenwelt. Aber leider musste die dem Großen in etwas zustimmen…es war sich wirklich sehr ähnlich. Hana war der Sohn des Häuptlings und er nahm Kontakt und eine Bindung zu einem Fremden auf der aus einer völlig anderen Welt kam. Weswegen ihr auch wieder die Worte von Yoh einfielen. Keine Ahnung wieso, immerhin war es lange her als er das zu ihr gesagt hatte.

Sie war damals noch klein gewesen, aber genau in dem Moment hörte sie diese in ihrem Hinterkopf klingeln. Die Worte: Zufall und Schicksal sind sehr dicht beieinander. Denn das hatte er damals gesagt nachdem er schwanger geworden war. Sie sah es wieder vor ihrem geistigen Auge. Sah ihre Adoptivmutter auf dem Feld nahe von ihrem Acker sitzen. Dort zwischen wunderschönen roten Blumen und diese glücklich anlächelnd. Opacho hatte sich zu ihr gesetzt und gefragt was los war. Worauf Yoh etwas gesagt hatte was sie damals noch nicht verstand. Er saß da und weinte leicht vor Glück. Hielt sich den Bauch und sprach: „Ich habe es jetzt verstanden. Sie blühte für mich. Kurz bevor ich mich in Hao verliebt habe fing sie an zu blühen. Und vielleicht…blüht sie eines Tages auch für mein Baby. Zufall und Schicksal liegen sehr dicht beieinander.“

Er saß damals zwischen roten Kamelien…die für die Liebe standen. Und er war in dem Moment frisch schwanger gewesen. Opacho hatte endlich verstanden was Yoh damit gemeint hatte und wer er war. Goldva hatte es immer und immer wieder gesagt, aber keiner wollte ihr glauben. Sie tat es aber nun, denn diese ganzen Zufälle konnten einfach keine mehr sein. Hana war der Sohn des Häuptlings. Er fand einen Fremden aus der Außenwelt und fing an sich an diesen zu binden. Verknüpfte zwei Welten miteinander. Hana war der Knoten der sich zwischen diesen zwei Strängen geformt hatte. Ihre Welt und die Außenwelt. Und er war Yoh sein Sohn…einem Jungen aus der direkten Blutlinie von Dyami. Was nur sie und Goldva wussten.

Mit dem Gedanken wand sie sich ab und lief zum Fluss rüber. Sie hatte noch etwas mit jemanden zu besprechen. Jemand der sicherlich noch immer dort sitzen würde und vielleicht an sich selbst zweifelte. Und als sie dann an Hao seinem Wigwam vorbei lief, hinter diesen kam und den Fluss bereits sehen konnte, da sah sie auch genau den nach dem sie suchte. Er war wirklich noch dort. Hatte sich seit einigen Stunden nicht von der Stelle gerührt und tat das was er gerne machte um sich zu beruhigen.

So sah sie Hana wie er vor einem kleinen Beet von Blumen stand und diese sacht mit einem Krug voller Wasser goss. Sein Gesichtsausdruck war völlig neutral gewesen, aber konzentriert denn offenbar wollte er nicht riskieren die Pflanzen zu ertränken. Als Opacho ihn so sah musste sie sich an den Wigwam lehnen und sanft lächeln. Das war so typisch. Er war der sturste Bock den sie kannte und konnte unglaublich laut und aggressiv sein, aber sobald es um Blumen ging war er ein völlig anderer Mensch. Schon als er klein war interessierte er sich mehr für Blumen als für die Jagdkünste seines Vaters. Sicher hatte er daran auch Interesse, aber wenn man ihn entscheiden ließ gewannen immer die Blumen den Kampf. Etwas was Hao nicht so toll fand, aber Yoh dagegen schon. Sein Sohn liebte Blumen und Opacho fragte sich oft ob es daran lag das er geboren wurde als Yoh diesen kleinen Ast mit Blüten im Haar hatte. Ob dieses Ereignis nicht dafür gesorgt hatte das er sie mochte. Eine Mutter war sehr stark mit ihrem Baby verbunden und eine Schamanin noch stärker. Vielleicht ging das Glück und die Freude über die Blüten auf Hana über, als er noch im Leib seiner Mutter war und Hao ihm diese bei der Geburt brachte. Verknüpfte somit etwas Positives mit Blumen. Nämlich Glück und Liebe. Doch das waren nur Vermutungen und man würde es vielleicht niemals erfahren, aber ihn so zu sehen machte auch Opacho automatisch etwas ruhiger. So sah sie ihm leise noch etwas dabei zu. Sah wie er dann den Krug wieder rechts neben sich stellte und sich vor das Beet kniete.

Sie konnte zwar nur seinen Rücken sehen, aber dennoch gut erkennen das er offenbar an dem Beet arbeitete und in der Erde platz schuf. Sah wie er Erde beiseite schob und einige Blumen umsetzte. Er war so ein hübscher Junge. Und es tat ihr ebenfalls weh diese Narbe zu sehen, die er nun zwischen den Schulterblättern hatte und die sich immer mal zeigte wenn seine Haare etwas beiseite gingen. Es sah schlimm aus und schmerzhaft. Sicherlich hatte er auch Schmerzen, aber so wie er war verbarg er diese sehr gut und lenkte sich mit etwas anderem ab. Ganz anders als früher. Denn als er noch klein gewesen war da war er ein sehr empfindliches Kind gewesen. Opacho wollte ihn nicht ein Schreikind nennen, aber Hana hatte die Angewohnheit oft zu schreien…nämlich immer dann wenn er von seiner Mama getrennt wurde. Als Baby war es besonders intensiv. Mutter und Kind zu trennen war fast unmöglich gewesen. Hana fing an wie am Spieß zu schreien, wenn man ihn aus den Armen seiner Mutter nehmen wollte. Und es war kein trotziges Schreien gewesen, als würde es ihm nicht passen. Nein…es war ein herzzerreißendes Weinen und Schreien, als würde man ihm seine Mutter für immer nehmen. Einzig Hao war der gewesen der Hana nehmen konnte ohne das er gleich losbrüllte. Bei allen anderen ging es einfach nicht. Dieses Kind hatte eine so enge Bindung zu seiner Mutter es war unglaublich. Yoh konnte nicht mal für einige Minuten aus dem Sichtfeld seines Sohnes verschwinden da fing Hana an bitterlich zu weinen und zu jammern. Erst als er älter wurde, so ab fünf Jahren, fing es an sich zu bessern. Doch bis heute war diese enge Bindung zu seiner Mutter bestehen geblieben, auch wenn er es nicht zeigte. Opacho hatte es vorhin gesehen. Er sah Yoh anders an als alle anderen und sprach aus anders mit ihm. Ab da verstand sie was seine Mutter meinte.

Hana war noch immer der Selbe. Ein empfindlicher Junge der seine Natur unter einer harten und sturen Schale verbarg. Es war eine Mauer die er um sich gezogen hatte. Eine die er nur gebaut hatte weil ihn niemand als den akzeptierte der er wirklich war. Er war frech, selbstsicher, mutig und draufgängerisch. Alles Eigenschaften seines Vaters. Doch diese paarten sich mit der Güte und Empfindlichkeit seiner Mutter. Und so sehr Goldva auch versuchte in Hana seine Großmutter zu sehen…Hana war nicht wie Asanoha. Nicht so sehr wie Goldva versuchte es allen klar zu machen und es war schlimm genug das sie Hao offenbar schon davon überzeugt hatte. Ihm eingeredet hatte er hätte das böse Blut seiner Mutter an seinen Sohn vererbt. Opacho wusste nicht was es mit der Geschichte von Asanoha auf sich hatte, aber sie wusste wer Hana war und er war kein böser Mensch der sie ins Verderben stürzen wollte! Yoh hatte recht. Er wusste einfach noch nicht wo er hingehörte. Und diese Bindung zu den Fremden verkomplizierte das noch mehr als es eh schon war. Silva wollte offenbar zulassen das Hana weiterhin Kontakt zu dem Fremden knüpfte. Deckte ihn sogar deswegen und wiedersetzte sich den Regeln seiner Mutter. Absolut unglaublich, war er ihr doch immer treu und gehorsam. Aber was wollte sie als Hana seine Schwester?

Sie wollte ihn glücklich sehen, aber nicht einer Gefahr aussetzen. Sie kannten diese Fremden nicht und könnten somit also eine Bedrohung sein, einfach weil sie nicht auf die Insel gehörten. Davor wollte sie ihn schützen. Doch wie könnte sie ihn von etwas fern halten…was ihn glücklich machte? Opacho hatte gesehen wie glücklich er gewesen war. Er war bei ihnen ganz anders als zu den Bewohnern des Dorfs und seiner Familie. Er war frech, neugierig und offen gewesen. Etwas was er nicht mal mehr ganz bei seiner Mutter schaffte. Diese Menschen hatten ihn verändert. Und ganz besonders der Kerl der ihm so nahe gekommen war.

Sie sah wieder vor sich wie nahe sie sich gewesen waren und wie natürlich es wirkte. Als gehörten sie zusammen. Als wären sie ein Vogelpärchen das man seit Ewigkeiten voneinander getrennt hatte und nun wieder vereint war. Es war unglaublich intensiv und wärmend gewesen das zu sehen. Genauso wie der Kuss den Hana ihm dann gegeben hatte, der niemals hätte sein dürfen. Hana wollte sie beide damit von dem Gift heilen. Aber…war das der einzige Grund gewesen? Da war sie sich nicht mehr so sicher nach der Aktion später am Strand. Diese Umarmung. Und ehrlich gesagt wollte Opacho diesen Fremden damals am liebsten von Hana runter zerren und vermöbeln, einfach weil er ihn küsste und sich an ihrem kleinen Bruder vergriff. Doch sie bemerkte: er hatte damit ja nicht angefangen, sondern der Blonde, also hielt sie ihre Instinkte als große Schwester zurück. Dieser Kerl war anders. Besonders. Sonst hätte Hana sich nicht auf ihn eigelassen und würde nicht kontinuierlich seine Nähe suchen. Wie sehr das würde sich noch zeigen. Doch im Gegensatz zu Silva war sie da vorsichtiger und behielt Hana lieber im Auge. Einfach weil sie seine Schwester war und ihn liebte.

Hana machte eine weitere Bewegung und griff links von sich zu einem Korb, den er dort schon vorher stehen hatte. Sanft und mit Vorsicht grub er etwas aus dem Korb aus und Opacho war erstaunt als sie sehen konnte was es war…es war eine Blume. Eine einzelne Blume hatte der Junge dann an einem Klumpen Erde in den Händen und setzte sie danach vorsichtig in das zurechtgemachte Beet vor sich. Sie sah allerdings dass von dieser Blume die Blüte noch verschlossen war. Was sie aber dann nicht mehr sehen konnte war wie Hana sie sanft vor sich in das Beet einbettete und mit Erde zudeckte. Ein sanftes Lächeln lag ganz kurz auf seinen Lippen, als er die Blume vor sich einfach nur ansah. Es war die einzelne Kamelie, die er damals vom Feld mitgebracht hatte und die noch immer nicht auf die Idee gekommen war zu blühen. Er hatte sich um sie gekümmert, immerhin durfte er sie behalten, aber sie wollte einfach nicht blühen, war aber gesund. Das machte ihm etwas Sorgen. Doch seine Mutter hatte ihn beruhigt. Manchmal brauchten einige Blumen halt länger um zu blühen, einfach weil es noch nicht an der Zeit war. Irgendwie sowas hatte sie zu ihm gesagt. Und das war okay. Er würde einfach weiter machen. Entweder blühte sie…oder halt nicht.

Opacho kam danach von dem Wigwam weg und lief rechts sacht auf ihn zu. Sie wusste nicht ob er sie bereits gehört hatte und wollte ihn nicht verschrecken. Aber Hana war nicht blöd und unachtsam. Er wusste dass er beobachtet wurde und er konnte sich gut vorstellen wer es war, denn momentan wollte ihn sicherlich keiner sehen, außer seiner Mutter und Opacho. Und als sie dann rechts von ihm ankam, sah er etwas ernst zu ihr und behielt seine Schwester genau im Blick, die sich etwas auf Abstand zu ihm setzte und sich auf einem geschlossenen Krug am Wigwam niederließ. Neugierig und entspannt sah sie ihn an und er fragte sie dann:

„Was willst du? Bist du gekommen um dich über mich lustig zu machen?“

Opacho warf ihm einen etwas verdutzten Blick zu. Woher nahm er denn diese Annahme? Sie schüttelte dann nur den Kopf leicht und antwortete ihm neutral und ruhig:

„Nein. Warum sollte ich sowas machen?“

Hana sah wieder auf die Blumen vor sich, vor denen er noch immer kniete.

„Weil ich doch genau das bin. Ein Witz. Eine Enttäuschung für jeden und das schon immer. Aber es ist mir egal. Ich habe nichts falsch gemacht.“

Er sagte das sehr zuversichtlich und dennoch konnte sie nicht leugnen einen kleinen Ton von Unsicherheit darunter zu bemerken, unter dieser Schale aus Zuversicht. Zweifelte er vielleicht doch etwas an seinen Handlungen? Früher hätte er das nie getan. Stur wäre er davon überzeugt geblieben. Er hatte sich wirklich verändert. Sie sprach dann zu ihm:

„Wenn du dir so sicher bist, warum bemerke ich dann diesen kleinen Unterton von Unsicherheit in deiner Stimme?“

Hana antwortete nicht und starrte nur weiter auf das Beet. Opacho seufzte.

„Du hast dich wirklich verändert, weist du das Hana? Früher hättest du nie an deinen Worten und Taten gezweifelt. Und nun sitze ich hier und frage mich: Woher dieser Wandel? Ist das etwas was DU bewusst wolltest? Oder mehr: weil du jemanden gefunden hast der dir langsam die Augen öffnet und das es für jede Tat auch Konsequenzen geben kann. Nicht nur für dich sondern für alle in deinem Umfeld.“

„Warum hast du mich nicht verpetzt?“

Krachte Hana ruhig dazwischen und sah dann wieder nach rechts zu seiner großen Schwester, die etwas überrascht schien über diese ehrliche Frage. Das war etwas was sie sich auch lange gefragt hatte, aber sie wusste die Antwort genau. Sagte es aber noch nicht. Hana sprach weiter:

„Du und Silva...Wenn ihr mir wirklich seit dem Tal auf den Fersen wahrt, dann habt ihr Sakutaro und Paku gesehen! Und dennoch habt ihr beide die Backen gehalten und nichts gegenüber dem Rest des Dorfes erwähnt! Ihr lügt meinen Vater an und bringt euch damit selber nur in Schwierigkeiten! Also warum machst ihr das?!“

Sakutaro war sein Name? Anders als das was sie kannte. Aber... Machte er sich etwa Sorgen um sie? Opacho schmunzelte deswegen ganz kurz. Hana war zwar lauter und sauer mit seiner Sprache, aber dennoch zeigte er Sorge und Sympathie mit seinen Worten. Er war ein unglaublicher Dickkopf, aber ein verdammt guter. Danach legte sie ihre Hände verschränkt vor sich an die Brust und gab ihm als Antwort:

„Ich weis nicht warum Silva die „Backen“ hält, wie du so schön gesagt hast, aber ich kann dir sagen warum ich das getan habe…Weil es sich einfach nicht richtig angefühlt hat das zu tun.“

Mit dieser Antwort hatte der junge Sohn des Häuptlings nun nicht gerechnet, weshalb er sie auch etwas verdutzt ansah. Es fühlte sich nicht richtig an? Was meinte sie? Er bekam seinen Kopf nicht um diese Tatsache herum, so dass er sie direkt fragte:

„Was meinst du denn damit?“

Interessant das er so direkt danach fragte. Seine Schwester löste sich von dem Wigwam hinter ihr und kam neben ihn auf den Boden. Somit saß sie rechts von ihm und sah auch auf die Blumen vor sich im Beet. Doch im Gegensatz zu Hana, der sie noch immer verdutzt und muffig ansah, blickte sie nur auf die Blumen und lächelte. Besonders als sie eine bestimmte sah. Es war die einzelne Blume, welche er zuletzt eingesetzt hatte und die noch nicht blühte. Erst konnte man denken dass es komisch wäre, denn immerhin müssten alle Blumen schon in voller Pracht blühen. Aber als sie erkannte um welche Blume es sich handelte, da wusste sie dass alles okay war. Heh, was für ein Zufall. Es war dieselbe Blume zwischen denen damals auch Yoh gesessen hatte. Es war eine rote Kamelie. Und da sie noch nicht erblüht war…war in Hana seinem Herzen offenbar auch noch keine Liebe erblüht.

Bis heute war es ein Phänomen. Nur in Hana seiner Blutlinie schien es eine Verbindung zu der Natur zu geben. Zu den Geistern der Natur und zu dieser Blumensorte. Woran das wohl lag? Wenn die rote Kamelie erblühte, dann blühte auch Liebe im Herz dieser Blutlinie. Und Opacho fragte sich in der Sekunde eine Sache: Besaß Hana auch diese starke Verbindung zu der Natur? War er…wie seine Mutter ein Schamane? Sie riss sich aus den Gedanken los und grinste frech zu ihm rüber, als sie ihm antwortete:

„Naja es sah aus als magst du diesen Fremden sehr der dich unter Onayas-Gift begatten wollte. Wie war sein Name noch mal? Ach ja genau! Sakutaro, nicht wahr?“

Sie lächelte so breit und frech zu ihm rüber, das Hana nicht anders konnte und schlagartig rot anlief. Es war nicht nur die Tatsache, dass sie sich den Namen des Piloten gemerkt hatte und ihn an diese peinliche Situation erinnerte, sondern auch dass sie beide offenbar bei diesem höchst intimen Moment erwischt hatte! Für den sie beide übrigens nichts konnten! Aber seine Schwester war noch nicht fertig und sprach weiter:

„Er ist nicht mein Fall, aber ich muss zugeben dass er wirklich gutaussehend ist. Liegt aber auch in deinem Blut sich für das männliche Geschlecht eher zu interessieren als für das Weibliche. Wäre er kein Außenseiter dann könnte er ne echt tolle Wahl sein. Groß, stark, gutaussehend, da würde guter Nachwuchs draus entstehen und mit deiner natürlichen Schönheit sicherlich noch mehr. Wer würde sich da nicht verlieben?“

Dabei legte sie frech die Hände an den Hinterkopf und schmunzelte mies zu ihm rüber. Sie hatte extra so aufgelegt um ihn zu ärgern und es war erfreulich zu sehen das Hana sich voll darauf einließ. Er zögerte nicht eine Sekunde und fauchte ihr volle Kanne ins Gesicht:

„Ich bin nicht in ihn verliebt!! Er ist ein großer, blöder Idiot der nur Probleme macht!“

„Ist er das ja? Na perfekt dann seit ihr ja schon zu zweit. Deswegen bist du auch so gern bei ihm was? Ich hab doch die Umarmung am Strand gesehen.“

„Ich bin nicht gerne bei ihm!! Ich nutze ihn nur aus, so wie er mich ausnutzt!“

Hana wusste das es eine dreiste Lüge war, aber in der Sekunde war es ihm so peinlich dass er dies aus Reflex gesagt hatte. Denn in Wahrheit war er sehr gerne bei Sakutaro. Und das hatte nichts mit Liebe zu tun. Doch Opacho wusste das er log, aber sie ließ ihn einfach damit in Ruhe. Sie war nicht da um ihn zu ärgern. Besonders nicht nachdem er diese miese Brandnarbe verpasst bekommen hatte und nun ein Geächteter war. Und es war erstaunlich, wenn sie ihn so sah, wie locker er damit umging. Kein Wort fiel über diese Narbe und er hatte auch nicht einmal versucht nach ihr zu fassen. Entweder steckte er das gut weg, oder er konnte es erfolgreich ignorieren. Er war verdammt stark. So das sie ihm frech mit der linken Hand durch den Haarschopf wuschelte und dabei sprach:

„Genau Hana. So wie damals, als du mir sagen wolltest du wärst mit einem weißen Fuchs befreundet, den aber keiner außer dir sehen konnte.“

Hana riss ihre Hand aus seinem blonden Haar und machte es sich wieder muffig zurecht, als er dabei fauchte:

„Ame war keine Einbildung!“

Das hatte er damals immer und immer wieder gesagt. Opacho konnte sich noch gut daran erinnern. Hana war noch klein gewesen, gerade mal vier Jahre alt, als er eines Tages ankam und sagte: er wäre mit einem Fuchs befreundet der weiß wie Schnee wäre. Alle waren deswegen sehr verwirrt gewesen, nicht nur weil er das gesagt hatte, sondern weil er auch einfach alleine durch das Dorf rannte und mit jemanden spielte den keiner sehen konnte. Es kam vor dass Kinder, die einsam waren, sich imaginäre Freunde ausdachten um nicht mehr allein sein zu müssen, aber bei Hana wirkte das alles sehr real. Es sah aus als wäre da wirklich etwas gewesen was keiner sehen konnte. Er nannte den unsichtbaren Fuchs: Ame. Hatte ihm diesen Namen gegeben weil er ihn an einem regnerischen Tag kennengelernt hatte. Viele hielten ihn für verrückt, obwohl er nur ein unschuldiges und einsames Kind war. Obwohl Opacho, zu der Zeit, noch bei ihm gewesen war, fühlte sich Hana offenbar einsam und ausgegrenzt. Konnte man es ihm verübeln? Immerhin fühlte er schon damals dass ihn viele nicht mochten weil er dieselbe Haarfarbe wie Asanoha hatte. Die einzige Person, die ihn nicht wegen seinem Fuchsfreund hänselte, oder für verrückt hielt…war seine Mutter. Yoh hatte ihm immer geglaubt und sogar mitgespielt. Opacho fand das spannend und konnte nicht verstehen warum Yoh Hana seine Fantasie noch so sehr mit ankurbelte. Doch inzwischen konnte sie verstehen warum. Sicherlich wusste Yoh damals schon…das Hana mit einem Geist der Natur spielte. Starke Schamanen waren in der Lage Geister der Natur zu sehen, als wären sie wie Menschen da. Und bei Kindern war das noch ausgeprägter und verlor sich mit dem Altern nach und nach. Doch wenn ein Mensch ein gutes Herz und die Begabung hat, dann ist er auch im Erwachsenenalter in der Lage Geister zu sehen. Oder aber wenn man eine Nahtoderfahrung gemacht hatte, dann konnte sich diese Fähigkeit auch aktivieren. So wie bei ihr.

Sie lächelte und antwortete ihm:

„Natürlich nicht.“

Danach sah sie aber wieder zu seinem Rücken, wo seine langen Haare die Brandnarbe verdeckten. Es tat ihr weh das zu sehen, was Hana bemerkte und ihrem Blick kurz folgte. Es dauerte nicht lange und er verstand, gab als Antwort:

„Halb so wild. Tut schon fast nicht mehr weh. Mach dir deswegen keine Sorgen.“

Sie sah ihn an. Er war so stark.

„Ich mache mir Sorgen um dich Hana. Du hast diese Narbe nur bekommen weil du momentan sehr gefährliche Wege einschlägst. Ich bin deine große Schwester und es stimmt das ich vorhin nicht eingegriffen habe, weil ich wusste ich würde dich so in nur noch größere Probleme steuern. Aber Hana, du musst dir im Klaren sein das es gefährlich ist mit diesen Fremden Kontakt zu halten. Nicht nur für dich, sondern auch für den Rest des Dorfes.“

Sie sagte das sehr vorsichtig und besorgt zu ihm, in der Hoffnung sie würde ihm damit nicht gleich auf den Schlips treten und er dadurch seine Mauern hochfahren. Aber so stur, wie er nun mal war, verschränkte der Junge die Arme vor sich und sah auf das Blumenbeet runter. Sein Blick war ernst und überlegend, aber dennoch wusste er, nach Sekunden des Nachdenkens, sofort was er zu sagen hatte. Also muffte er leicht die Luft aus seiner Nase und sprach:

„Das Dorf ist mir völlig egal. Genauso wie ich ihnen egal bin. Du kannst nicht verstehen wie ich mich fühle und das verlange ich auch nicht von dir. Aber akzeptiere einfach dass ich den Kontakt zu ihnen nicht abbrechen werde. Sie sind vielleicht etwas komisch und nicht von hier, aber das bin ich auch! Ich habe einfach das Gefühl das ich nicht hier her gehöre! Okay ich wurde hier geboren, aber dennoch fühlt es sich an als müsste ich woanders sein. Glaub es mir, oder nicht, aber bei ihnen fühle ich mich wohl.“

Das verstand Opacho wirklich nicht und sie sprach etwas besorgt und eindringlicher:

„Hana das sind fremde Menschen von Außerhalb. Wie lange kennst du sie schon? Einige Tage? Du kennst sie doch nicht mal lange genug um zu wissen dass sie uns nichts Böses wollen. Die Menschen in diesem Dorf kennst du seit deiner Geburt. Mich, deinen Vater, Goldva und Silva. Und deine Mutter kennst du seit du bei ihr im Bauch warst. Wie kannst du einfach so sagen dass du dich bei ihnen wohler fühlst, wenn HIER deine Familie lebt?“

Das waren sehr gute und berechtigte Fragen, weswegen Hana ernst zu ihr sah. Er konnte nicht anders. Er war ehrlich und deswegen sprach er zu ihr:

„Weil sie mich nehmen wie ich bin. Und wenn wir schon dabei sind: DU kennst sie doch überhaupt nicht! Ich kenne Sakutaro jetzt seit drei Tagen. Paku sogar erst seit gestern Abend und ich kann jetzt schon sagen das sie nicht die bösen Menschen sind die IHR gerne haben wollt! Und das ist so typisch! Jeder der anders ist wird bei uns sofort als ein Feind abgestempelt! Dabei ist das völlig unnötig! Ich war am Anfang genauso bescheuert gewesen! Ich habe Saku am Strand gefunden und das erste was ich tat war ihn als Feind anzusehen! Als jemand der mich umringen will, als Monster! Dabei ist er nichts davon! Er war am Anfang nur so gemein und abweisend zu mir weil ich ihm das Gefühl gegeben habe es sein zu müssen! Und das ist eine völlig normale Reaktion! Eine weswegen ich ihm nicht mal böse sein kann. Ja er hat nicht alle Latten am Zaun und ist etwas unberechenbar, aber das ist bei mir auch so!“

Das unberechenbar war bezogen auf seine Aggressionen mit denen er Hana öfters mal fast umgebracht hatte. Doch jedes Mal, wenn er wieder runter kam, hat er ihm geholfen oder gehen lassen! Er war kein böser Mensch, sondern besaß nur eine kurze Zündschnur und war extrem abwehrend anderen gegenüber. Aber auch das legte er langsam bei Seite. Hana hatte das gesehen. Er hatte es am Strand gesehen. Wenn man ihm genug Zeit gab und Vertrauen dann schien er ein korrekter Kerl zu sein der Freundschaft schätzte. Paku hatte sowas auch bereits angedeutet. Und genauso war Hana auch. Wie könnte er jemanden verurteilen und keine Chance geben, wenn er unter demselben Problem litt wie er und wusste was er durchmachte? Oder zumindest dasselbe Problem kannte. Und Saku hatte am Strand gezeigt das er anders sein konnte. Allein was er mit der Schildkröte getan hatte zeigte was für ein guter Mensch unter dieser harten und unnahbaren Schale schlummerte. Und diesen wollte er kennenlernen. Saku akzeptierte ihn wie er war. Vielleicht…könnten sie Freunde sein. Hana wollte das inzwischen sehr gerne, denn er fühlte sich wohl bei ihm. Er mochte es sich mit ihm zu streiten und Hals über Kopf in Abenteuer zu stürzen, egal wie gefährlich diese auch waren. Und das war die Wahrheit. Er sprach weiter:

„Sie sind gute Menschen. Das weis ich einfach. Auch wenn sie ihre eigenen Eigenarten und Probleme haben. Vielleicht auch schlimmere als der Rest bei uns im Dorf, aber genau deswegen mag ich sie so sehr! Sie sind…alle Spinner! Und ich bin auch ein Spinner Opacho! Und genau deswegen fühl ich mich wohl bei ihnen.“

Seine Schwester sah ihn genau an. Das war es also. Es freute sie sehr das Hana so offen und ehrlich zu ihr war, aber dennoch konnte sie das Gefühl nicht abschütteln das etwas Schlimmes passieren könnte wenn er Kontakt zu ihnen hielt. Es lauerte wie ein dunkler Schatten über ihm. Und so sehr sie auch wollte dass er einfach wieder der Junge von damals war…so wusste sie dass es vorbei war. Hana wurde erwachsen und sie musste sein Handeln und seine Entscheidungen akzeptieren lernen. Sie war nicht Hao und auch nicht Yoh. Sie war nur seine Schwester und hatte nicht die Befugnis ihm zu sagen wie er sein Leben zu führen hatte. Konnte ihm nur Ratschläge geben und wenn er diese nicht annahm dann war es halt so. Es klang komisch aber der Kleine war offenbar dabei…sich zu verlieben. Er würde das nicht zugeben und bemerkte es vielleicht selber noch nicht, aber wie er über diesen Fremden sprach war schon sehr eindeutig. Genauso wie das was sie zwischen ihnen gesehen hatte. Vielleicht…fiel ihr das als große Schwester deswegen nicht so leicht. Immerhin…sah sie das kleine Küken, was sie seit seiner Geburt kannte, langsam heranwachsen und erwachsen werden. Und zum Erwachsenwerden…gehörte auch Liebe. Sie wollte für immer dass er ihr kleiner, sturer Bruder blieb. Aber das war unrealistisch. Das hatte sie zu akzeptieren und offenbar früher als sie dachte.

Als sie nichts mehr zu ihm sagte war für Hana das Thema auch bereits beendet gewesen. Er kam auf seine Beine und sah zu ihr runter. Ein Seufzer entfloh seiner Kehle und er sah sie einfach nur an. Es tat ihm leid dass er eben so ehrlich zu ihr gewesen war. Er wollte sie nicht bedrücken und am liebsten einfach das machen was sie sagte damit es ihr besser ging. Immerhin liebte er sie. Aber so lief das nicht. Sie verdiente die Wahrheit und deswegen hatte sie diese auch bekommen. Wenn er es schon nicht bei seiner Mutter sein konnte…dann wenigstens bei seiner geliebten Schwester. Also lief er an ihr vorbei, packte sich hinter ihr, am Wigwam, einen neuen Speer und lief wieder zurück an ihr vorbei, blieb mit dem Rücken zu ihr stehen und sprach:

„Ich mache was mein Herz mir sagt. Und es tut mir leid wenn ich deswegen deinem wehtue. Aber wenn der Weg den ich gehe mir nur Probleme bringt dann ist das okay. Es ist meine Entscheidung. Vielleicht…bin ich wirklich wie meine Großmutter. Denke egoistisch nur an mich und nicht an das Dorf. Aber ich gehe meinen Weg, egal wie viele Narben ich noch verpasst bekomme. Ich beuge mich nicht. So war ich noch nie Opacho und das weist du. Und deswegen gehe ich jetzt zu ihnen. Bitte…halt mich nicht auf.“

Hana wusste das es nur wieder Ärger bringen würde einfach zu gehen. Aber es machte ihm nichts aus. Er war ein Rebell und ehrlich gesagt…fühlte er sich langsam wohl damit. Er akzeptierte seine Rolle im Stamm. Er war der Außenseiter…genau wie Saku.

Opacho sah zu ihm auf und zu seinem Rücken. Leicht konnte sie die Narbe unter seinem Haar sehen, das etwas durcheinander hingen. Sie sah schlimm aus und sollte behandelt werden. Doch es lag nicht an ihr das zu tun. Er würde das nicht wollen, also tat sie etwas komplett anderes. Sie lächelte und kam auf ihre Beine. Noch während sie auf ihn zu lief, fasste sie sich hoch in das Haar und zog Schuck aus diesem. Etwas was sie rechts im Haar klemmen hatte. Es war eine Erinnerung an ihre echte Mutter und sie fasste es fest in ihren Händen, als sie hinter Hana stand und es ansah. Es war ein alter Kamm, den sie mit Steinen selber verziert hatte und immer bei sich trug. Danach blickte sie wieder zu ihm.

Er war…etwas größer geworden. War nun leicht etwas größer als sie. Wirklich nur leicht, aber nun konnte sie es genau sehen, als sie da so standen, denn er war doch immer kleiner als sie gewesen. Er…wurde erwachsen. Und so nahm sie sanft, mit der linken Hand, sein langes Haar und hielt es fest, während sie mit dem Erinnerungsstück ihrer Mutter durch sein blondes Haar kämmte. Hana sah nur vor sich auf den Boden und schloss dann die Augen. Er schnaufte erleichtert. Es tat gut. Es weckte so viele Erinnerungen in ihm. Erinnerungen an eine Zeit als alles viel einfach gewesen war. Wo es nur ihn und sie gab. Als kleine Kinder hatte sie ihm öfters, genau so, die Haare gekämmt. Sagte ihm dabei immer und immer wieder, wie schön sein Haar wäre. Und er hatte dabei gelacht wenn sie in seinen Haaren stecken blieb und jammerte dass sie den Kamm nicht mehr raus bekam. Alles war so viel einfacher gewesen als Kinder. Und wenn er könnte würde er sich nun einfach hinsetzten und sich den ganzen Abend von ihr striegeln lassen. Er liebte das Gefühl. Aber den Luxus hatte er nicht. Nicht mehr. Also löste er sich nach wenigen Minuten von ihr und sah frech über seine rechte Schulter zu ihr hinter. Opacho sah ihn etwas verdutzt an als Hana sprach:

„Wenn man fragt wo ich bin sag einfach: Dort wo ihr Hana nicht auf den Sack geht! Ich bin morgen wieder da!“

Und dann riss er sich komplett los und folgte dem Fluss runter zum Strand. Rannte so schnell er konnte und schien fröhlich dabei. Opacho sah ihm nur nach und wie er dann im Dschungel verschwand. Erst wusste sie nicht wie sie darauf reagieren sollte, aber dann konnte sie nicht anders als zu lächeln. Danach steckte sie ihren Kamm wieder in ihr wolliges Haar und sah auf den Fluss und das laufende Wasser neben sich. In der Sekunde realisierte sie etwas was Hana vorhin gesagt hatte. Es war eigentlich kein wichtiges Detail gewesen, aber für sie hatte es einen ganz anderen Nachgeschmack entwickelt. Am Strand also. Er hatte ihm am Strand gefunden…Im Nu wusste sie das Silva doch nicht nur vor sich hin gelabert hatte. Er hatte wirklich recht. Die Parallelen zu Hana seinem Treffen mit diesem Sakutaro waren sich sehr ähnlich zu dem was in der Legende mit Dyami passiert war. Er war ein Fremder aus der Außenwelt und kein Gott…aber er war am Strand gewesen und Hana hatte ihn so gefunden. Und wenn sie an ihren Bruder dachte…dann bekam sie das Gefühl das er geleitet wurde. Geleitet von diesem Sakutaro. Er war der Alder aus ihrer Legende. Das konnte wirklich kein Zufall mehr sein und sie hoffte einfach nur…das Hana wusste was er da tat. Egal was auch kam, sie stand hinter ihm und würde ihn nicht verraten. Und deswegen überlegte sie sich nun eine bessere Ausrede für ihn. Immerhin musste sie erklären können warum er mal wieder weg war.
 

Die Dämmerung setzte immer mehr ein und hüllte alles in ein warmes Orange.

Sakutaro konnte es genau beobachten, als er nach rechts von sich sah und raus auf den weiten Ozean vor ihm. Er war nun seit gut zwei Stunden wieder am Strand und reparierte bereits an seinem Zero herum. Das nötige Werkzeug hatte er nun wieder dafür. Auch war er endlich mal wieder ordentlich gekleidet. So trug er erneut ein ganzes, weißes Unterhemd und darüber seine Fliegerjacke. Seine Fliegerbrille trug er auch auf seiner Stirn und den langen Schal hatte er in dem Rucksack eingepackt, da es sehr warm geworden war. Er sah eigentlich aus wie immer, nur das er wieder oberhalb etwas trug und nicht so aufreißend am Strand lang stolzierte als wäre er auf einer Strand-Party. Matsumoto hatte ihn da etwas beschämt, obwohl er sich für seinen Körper weis Gott nicht zu schämen hatte. Er sah gut aus, aber er war mehr der verschlossene Typ bei sowas. Demnach fühlte er sich auch endlich wieder wohler in seiner Haut.

Doch Nachdem er das Lager, welches Kaizo hastig aus dem Boden zog, verlassen hatte, da wurde ihm ganz komisch. Es war ein eigenartiges Gefühl gewesen und das lag nicht daran das er auf seinem Rücken einen Rucksack mit sich trug in dem hauptsächlich Werkzeug gewesen war und weil dieser immer schwerer wurde je länger er wanderte. Es war etwas anderes. Fühlte sich an wie Erleichterung. Als würde sich eine Schlinge um den Hals lösen und man konnte wieder frei atmen. Und das war sehr komisch. Immerhin hatte er vor einigen Stunden gesehen dass es den Meisten seiner Truppe gut ging. Kaizo hatte viele vor dem Sturm gerettet und seine Jungs waren auch alle okay, warum war er also nicht fröhlicher darüber? Sollte er nicht erleichtert sein wenn er bei ihnen war? Immerhin war das Militär sein Leben geworden und fast immer gewesen und seine Staffel seine Familie. Dennoch ging es ihm schlagartig viel besser wenn er aus dem Dunstkreis von Kaizo seiner Armee raus kam und einfach am Strand bei seinem Zero sein konnte. Genau hier wo er abgestürzt war. Dort wo er Hana das erste Mal kennengelernt hatte…

So stand er gerade unter dem linken Flügel seines Fliegers und sah weiterhin rechts von sich zu der untergehenden Sonne und dem Ozean der deshalb glitzerte. Ihm wurde klar wie rein und ruhig es an diesem Ort doch war. Schon lange hatte er sich nicht mehr an einem Strand befunden und einfach nur die Natur genossen. Sich fallen lassen um einfach mal abzuschalten. Etwas was er nur sehr schwer konnte, da er durch und durch ein Kämpfer war. Kämpfen und Kriege gewinnen lag ihm im Blut und es war etwas was zu ihm gehörte wie Essen und Trinken. Wie Luft die er zum Atmen brauchte. Doch die letzten Tage war etwas passiert womit er niemals gerechnet hätte…er kam etwas runter. Diese drei Tage der Isolation, von der Außenwelt, hatten etwas mit ihm angestellt. Denn ursprünglich waren sie auf dem Weg zu einem Krieg gewesen. Sein ganzer Körper war bereit für diese Schlacht, die aber dann nicht passierte wegen ihres kleinen Unfalls mit dem Sturm. Hier auf der Insel war es ruhiger geworden und der Krieg fühlte sich so weit weg an wie nie zuvor. Etwas was Saku am Anfang sehr nervös und unruhig machte, war er doch fürs Kämpfen in Schlachten geboren worden. Doch es war nicht so als gäbe es an diesem Ort keine Kämpfe. Hier hatte er stattdessen andere Schlachten zu kämpfen und zu gewinnen. Besonders die gegen Hana. Diese drei Tage mit ihm waren härter und anstrengender gewesen als alle Schlachten die er in der Armee bisher hinter sich gehabt hatte. Dieser Junge trieb ihn an den Rand des Wahnsinns und wieder zurück. Als würde er in einer endlosen Achterbahn festsitzen und darum betteln das sie endlich stoppte. Man konnte sagen: Hana fuhr mit seinem Verstand Achterbahn…und mit seinen Gefühlen auch. Denn am Anfang konnte Saku ihn überhaupt nicht leiden! Wollte einfach nur dass er verschwindet und nie mehr zurück kam. Aber das trat einfach nicht ein, weil der Blonde ein unglaublicher Sturkopf war. Fakt war allerdings: Je länger sie beieinander waren und zusammen Dinge erlebten, umso mehr gewöhnte er sich an ihn…und das machte ihm Angst. Hana war nicht das bösartige und teuflische Balg das er am Anfang in ihm gesehen hatte. Das sich Saku insgeheim in ihm wünschte, denn…er wollte ihn nicht mögen. Er bekam richtig Sorge davor ihn zu mögen. Nicht nur weil Hana einen interessanten Charakter hatte und das Herz am rechten Fleck, sondern auch weil er schön war.

Seit Chiharu hatte Sakurai keinen mehr erlebt der sein Herz so berührte wie es Hana nun tat. Denn wenn er ihn sah…dann sah er Chiharu. Er konnte nicht anders, obwohl er wusste dass es falsch war. Und wenn er zurück an diesen Kuss dachte…dann wurde ihm warm. Es war kein richtiger Kuss gewesen. Irgendwie wusste er das. Er konnte es fühlen. Aber dennoch hatte etwas zwischen ihnen gefunkt in dem Moment und das machte Saku höllische Angst. Er wollte sich nicht wieder…verlieben. Und dann auch noch in einen Jungen. Was war nur mit ihm los? Aber dennoch war er hier. Er kam zurück zum Zero. Dem einzigen Ort den Hana und er zusammen kannten und den er definitiv wiederfinden würde. Erst dachte er er wäre nur an diesen Ort gekommen um seinen Job zu erledigen. Doch Paku hatte vorhin verdammt recht gehabt mit seiner Frage. Denn er war auch wegen Hana hier. Was erhoffte er sich dabei? Er wollte keine enge Bindung mit diesem Bengel von dieser Insel eingehen und dennoch war er hier und schien auf ihn zu hoffen. Zu hoffen das dieses dumme Gesicht jeden Moment über die Sanddüne wandern würde nur um ihm dann mal wieder den Rest des Tages zu versauen. Er…sehnte sich danach. Es fühlte sich natürlich an, als würde er das schon seit Jahren kennen und das innerhalb von drei verdammten Tagen. Er hatte sich verändert und das war etwas wovor er noch mehr Sorge hatte. Jeder physische Krieg war leichter als den den er gerade mit seinen Gefühlen kämpfte.

Also seufzte er plötzlich, woher der auch immer kam und sah hinter sich zu der Düne, über die Hana damals geflohen war. Damals als Saku noch überlegt hatte ihn einfach zu erschießen. Es wirkte plötzlich soweit weg. Und er war froh dass er es nicht getan hatte. Hana war irgendwo ein guter Junge unter dieser ganzen Fassade aus Drecksbalg. Er war meist einfach zu impulsiv und hitzköpfig. Aber dennoch war er klug, frech und wusste genau was er wollte. Er ließ sich nicht ausbremsen und ging stur seinen Weg. Etwas was Saku sehr beeindruckend fand und respektierte. Etwas was ihn an sich selbst erinnerte von vor so langer Zeit. Und wenn er ehrlich war…dann stritt er sich gerne mit Hana. Es fühlte sich erneut sehr natürlich und gut an. Als würde sie sich ewig kennen. Als wären sie zusammen aufgewachsen und durch dick und dünn gegangen. Es gefiel ihm wenn Hana bockig und sadistisch zu ihm war, denn sowas war er nicht gewohnt. Es war eine frische Brise in seinem Leben, denn Chiharu war…ganz anders gewesen. Sie war dagegen sehr sanft und lieb in Erscheinung getreten. Ja sogar schon sehr unterwürfig. Aber auch sie konnte einem zeigen wo der Hase langlief und wenn sie das tat dann liebte er sie nur noch mehr. Es machte ihn wild wenn sie bockig und stur gewesen war. Genau deswegen waren sie auch damals im Bett gelandet. Er sah es wieder genau vor sich als wäre es gestern gewesen: Sie hatten sie an dem Abend etwas gestritten. Er wusste nicht mal mehr um was es ging. Aber kurz darauf hatte er sie gepackt, wie wild geküsst und fiel über sie her. Ja und später fragten sie sich, im Bett und nackt nebeneinander, was passiert war. Wenn er so darüber nachdachte…war er vielleicht etwas masochistisch veranlagt? Er stand nicht auf Schmerzen, aber wenn er nach einem Streit eine sexuelle Erregung spürte konnte da was nicht stimmen. Sowas sollte zumindest nicht normal sein. Als wäre er tief im Innern ein wildes Tier, das in einem Käfig lauerte und nur darauf wartete dass einer mit dem Schlüssel vorbei kam und ihn frei ließ. Aber er war schon immer ein komischer Mensch gewesen. Genau wie Hana. Und er konnte erneut nicht leugnen…dass er es mochte wenn Hana ihm versuchte die Stirn zu bieten und bockig wurde. Anfing sich gegen ihn zu wehren und wusste was er wollte. Er…stand auf Menschen die wussten was sie wollten und ihren eigenen Weg gingen. Er respektierte das mehr als alles andere. Und bei Hana fühlte es sich sehr verbunden an.

Sakurai sah einfach weiter in Gedanken verloren zu dem Sonnenuntergang am Horizont des Wassers…Dabei stellte er sich so viele Fragen. Wie ging er in Zukunft mit dem Thema um? Und noch etwas plagte ihn plötzlich. Nur eine Frage:…Ob Hana kommen würde?

Doch bevor er überhaupt weiter denken konnte, nur wenige Sekunden danach, schob sich etwas vor seine Sicht. Es war ruckartig und hing kopfüber, wie eine Fledermaus plötzlich vor seinem Gesicht von dem Flügel seines Zero runter. Zähne blitzen zu ihm und aus einem lauten Mund krisch ihn etwas an, eine Person die Saku erst durch den Schock nicht erkannte, als die Stimme zu ihm brüllte:

„Überraschung!!“

Der Schock hatte gesessen. Kurz darauf brüllte er auf und fiel nach hinten auf seine vier Buchstaben. Verfolgt wurde er von einem Lachen das dreist und frech zu ihm herunter rang und nicht mehr aufhören wollte. Es war ein mieses, aber doch glockenhelles Lachen, so das er verdutzt und noch immer rasenden Herzens zu dem Flügel über sich auf sah und das blonde Haar, so wie die bernsteinfarbenden Augen zu ihm stachen…die er inzwischen mochte. Noch immer im Sand unter sich sitzend sah er auf. Doch seine Mine wechselte sofort in das mürrische, aller er das freche Grinsen des Jungen über sich sah. Diese kleine Ratte. Er war etwas beschämt, weil er sich so erschreckt hatte und instinktiv kam es dann laut aus ihm raus:

„Verflucht noch mal Hana!! Du willst mich wirklich umbringen, oder?!“

Der Junge über ihm lachte frech und noch immer kopfüber auf, ließ sich dann mit dem Oberköper ebenfalls komplett vom Flügel hängen und sagte dabei, als seine Arme in der Luft baumelten:

„Wenn es so wäre hätte ich dazu schon genug Möglichkeiten gehabt. Aber gerade wollte ich dich einfach nur erschrecken! Du hast so doof raus zum Wasser gesehen da konnte ich einfach nicht anders! Das war die perfekte Vorlage! Hab ich dich erschreckt?“

Saku sah nur genervt zu diesem blonden Äffchen hoch, was da vor seiner Nase an seinem Zero runter baumelte und frech grinste. Wie war er da nur hoch gekommen ohne dass er es bemerkt hatte? Man er musste echt tief in Gedanken gewesen sein wenn Hana sich an ihn anschleichen konnte ohne bemerkt zu werden. Er ließ nach, oder sich zu sehr ablenken. Und da fiel ihm schlagartig wieder ein wie sehr er ihn nicht mochte. Mieser, kleiner, blonder Gremlin! Er machte ihn wahnsinnig und das mit voller Absicht!

Dennoch pochte Saku sein Herz kurz auf, als er den Kleinen so vor sich im Sonnenlicht sah. Erblickte wie das blonde Haar im Licht golden schimmerte und seine Augen ebenfalls glänzten. Er war…schon echt hübsch. Warum sah er ihn anders als noch vor drei Tagen? Woher kamen diese Gefühle nur? Es fing an…seit er diesen Blackout im Tal hatte…

Dann riss er sich aber wieder zusammen und fauchte:

„Du kannst mich mal Hana! Und wenn du mich noch mal so erschreckst dann kann ich nicht dafür garantieren dass ich dich das nächste Mal nicht instinktiv erschieße!“

Dabei fasste er sich, an der Hüfte, mit der rechten Hand an den Waffenholster und zu der neuen Nambu die er aus dem Lager mitgenommen hatte. Da Hana ja so eine Intelligenzbestie gewesen war und seine eigentliche Waffe irgendwo entsorgt hatte, brauchte Saku halt eine Neue. Somit fühlte er sich automatisch auch sicherer als vorher. Nun konnte er sich wenigstens effektiv gegen Monster wehren, wenn noch mal eins auftauchen würde.

Hana sah ihn einfach nur neutral an. Bis er dann lächelte und frech sprach:

„Ach komm schon. Du hast mich einmal nicht erschossen, du wirst es wieder nicht tun. Dafür bist du nicht Kerl genug Saku.“

Schon wieder dieses: „Saku“. Er sollte das doch lassen! Hana bekam einen bösen Blick ab und der Ältere fauchte bedrohlich hoch:

„Willst du es herausfinden du Rotzbalg?!“

Sagte er und hielt noch immer mit der rechten Hand die Waffe in seinem Holster fest. Als Hana aber plötzlich, vor ihm, den Halt verlor und still vom Flügel nach vorne abrutschte, war die Stimmung komplett gekippt. Sein Gewicht, weil er kopfüber hing, zerrte ihn nach unten und genauso fiel er dann auch runter, donnerte mit dem Kopf in den Sand und muffte kurz dabei auf. Saku sah ihn nur verdutzt an…Was war das denn gewesen? Irgendwie hatte er erwartetet das Hana wie eine Katze auf den Füßen landen würde, aber alles was er an Grazie vor sich sah war ein Sack der auf den Boden donnerte. Und sogar noch etwas in der Position verblieb, nämlich das Gesicht im Sand und den Hintern nach oben. Der Pilot sah ihn weiterhin nur verdutzt an und es wurde so still das man nur das Rauschen des Meeres und die Möwen hören konnte die über die Wellen flogen. Kurz darauf regte sich der Blonde aber wieder und setzte sich auf seinen Hintern, wuschelte sich wortlos den Sand aus den Haaren und nieste danach sogar. Die Art wie er genossen hatte war wirklich niedlich gewesen, so das der Schwarzhaarige ihn nur an sah und seine Hand automatisch von der Waffe weg ging. Er sah ihn an und Hana sah zurück während er sich mit der rechten Hand noch im Ohr rumbohrte und versuchte Sand dort raus zu klauben. Was…war das nur? Saku hatte gedacht das der Junge gleich wieder zurückfauchen würde, aber nichts der Gleichen geschah. Hana saß einfach nur da, holte sich den Sand aus den Ohren und rieb ihn von den Augen weg, bis er danach wieder zu dem Älteren sah und frech, aber lieb lächelte, während er sprach:

„Du hast dein Versprechen gehalten. Du bist hier.“

Saku sah ihn erstaunt an. Ja…ja das hatte er wohl. Innerhalb von Sekunden wurde er etwas beschämt, auch wenn er nicht genau wusste wieso und wand seinen Blick von dem Blonden ab, als er dabei die Arme vor sich verschränkte und sprach:

„Ich bin hier um meinen Zero zu reparieren…Und um etwas Vorräte für meine Leute aufzutreiben.“

Total gelogen. Aber er konnte nicht sagen dass er auch wegen ihm hier war. Er schämte sich dafür. Immerhin mochten sie sich ja eigentlich nicht wirklich…Und danach stand er wortlos auf und lief zu dem Rucksack rüber, den er aus dem Lager hergeschleppt hatte. Hana sah ihm nur aufmerksam dabei zu. Ihm war aufgefallen das er eine neue Tasche hatte und diese viel größer war als das Damen-Handtäschchen was er vorher mit sich getragen hatte. Er lernte offenbar dazu, was? Danach sah er auch schon wie Saku etwas an der Seite des Rucksacks abzog und überprüfte. Hana kannte es nicht, aber es sah aus wie ein langer Stock mit einem Spinnenfaden daran, an dessen Ende etwas großes baumelte. Dann sah er noch wie der Ältere sich ein Messer von der Hüfte zückte und auf die Klinge sah. Sie blitzte im Licht der untergehenden Sonne auf und Hana war noch verdutzter. Was hatte er vor? Kurz darauf donnerte der Speer des Jungen, mit dem Griff zuerst, auf dessen Schädel, da er vom Flügel über sich herabgefallen war. Dies riss den Blonden aus seinen Gedanken und er sah zu seiner Waffe neben sich im Sand. So das er sie danach fasste und ebenfalls wieder auf die Beine kam.

Hana war erneut wenig bekleidet, so wie immer. Er trug oberhalb weiterhin nichts, nur seine Federn im Haar und eine weiße Hose die ihm bis zu den Knöcheln ging. Auch hatte er keine Schläppchen mehr an. Am Strand lief er eh lieber Barfuß. Und so stand er da und hielt den Speer rechts neben sich stehend im Sand fest, als er frech fragte:

„Und? Was bringst du mir heute über euch bei? Zeigst du mir wie man deine Waffe benutzt? Oder bauen wir an deinem Vogel rum? Wenn er fertig ist, bringst du mir dann das Fliegen bei?“

Saku sah von der Klinge in seinen Händen weg und zu ihm hinter. Hana schien plötzlich in Redelaune zu sein und warf ihm dabei so einen erwartungsvollen Blick zu als wollte er wirklich was von ihm lernen. Und zum Schock des Älteren: er war dabei mal nett. Was war los mit ihm? Er wirkte Saku gegenüber plötzlich viel offener und interessiert an dessen Herkunft und Kultur. Das machte ihm schon fast Sorgen, denn er war sich noch immer nicht sicher was er Hana sagen sollte und was nicht. Dieser Junge lebte behütet auf dieser Insel. Er sollte nichts von Kriegen und der Krankheit namens Kapitalismus erfahren die außerhalb dieser Insel wuchsen und erblühten. All das…gehörte nicht an diesen Ort. Aber er hatte gleichzeitig das Verlangen ihm etwas beizubringen. Kam sich wie ein großer Bruder vor der seinem kleinen, nervigen Bruder etwas beibringen wollte. Doch was davon konnte er machen…und was nicht? Es war seltsam aber er wollte Hana nicht verletzten. Ihm zeigen dass die Welt da draußen kaputt und korrupt war. Seine Träume damit zerstören. Wann war er nur so…rücksichtsvoll, ihm gegenüber, geworden? Außerhalb seiner Staffel war er das doch sonst auch nicht und selbst innerhalb dieser griff er öfters ordentlich durch wenn es sein musste. Das war sein Job als Staffel-Führer. Hana aber behandelte er plötzlich fast wie ein Küken unter den ganzen Adlern seiner Staffel. Zumindest dachte er so. Komisch…das erinnerte ihn an Paku. An damals als er das erste Mal in den Hangar kam und ihn kennen lernte. Er wurde von dem Großen damals auch so behandelt. War es das was man im Englischen: „passing the torch“ nannte? Wenn man sein Wissen weiter gab? Ein interessantes Gefühl. Eines was er eigentlich seinem Kind mal geben wollte und nicht Hana.

Danach seufzte er und wand sich ab, machte das Messer zurück an seinen Gürtel und warf sich den Stock über die rechte Schulter, als er danach stur an Hana vorbei lief und sprach:

„Angeln.“

Kam es nur plump aus ihm raus und er zog sich dann, hinter dem Blonden, schnell die Stiefel geschickt mit einer Hand aus und warf sie neben seinem Zero in den Sand. Danach schritt er auf den Ozean zu und Hana drehte sich zu ihm um und blinzelte verdutzt. Er verstand nicht was damit gemeint war und folgte ihm einfach nur still und neugierig. War das vielleicht eine neue Kampfart? Also dieses: Angeln? Immerhin hatte er diesen Stock dabei.

So folgte er ihm den Strand links entlang, lief dabei etwas weiter hinter ihm und auf Abstand, bis Saku wieder nach rechts zum Wasser bog und auf einen Felsen stieg. Sprang von Stein zu Stein, bis er auf einem großen an kam und sich dort dann hinsetzte. Hana machte es ihm nach und sprang geschickt ebenfalls von Stein zu Stein, bis er auf dem selben Großen angekommen war und sich still links neben Saku setzte, ihm danach neugierig dabei zu sah was er da mit dem Stock machte, den er nun vor sich hielt und daran rumfummelte. Sakurai bemerkte das und blickte nur kurz zu ihm rüber, war danach aber wieder bei seiner Angel und sprach:

„Was? Noch nie eine Angel gesehen?“

Hana verzog die rechte Augenbraue nach oben und fragte doch tatsächlich:

„Was ist eine Angel?“

Wenn Saku die Hände freigehabt hätte, dann hätte er sich mit voller Wucht gegen die Stirn geschlagen so baff war er. Er konnte einfach nicht glauben das er neben einem Jungen saß der noch nie eine Angel gesehen hatte! So das er anhielt und etwas schockiert fragte:

„Du willst mir doch nicht ernsthaft verklickern das du noch nie in deinem Leben gelangelt hast!?“

Hana sah ihn an und schüttelte den Kopf, so dass er danach bissig muffte:

„Höre ich mich wie jemand an der wüsste was dieses „Angeln“ ist?!“

„Das gibt es doch einfach nicht…“

Sprach Saku leise zu sich selbst und zog dann die Angel komplett aus. Hana sah ihm erstaunt dabei zu wie lang dieser Stock geworden war und war fasziniert. Das wirkte wie Zauberei für ihn. Wie machte er das?! Wie bekam man einen Stock länger als er eigentlich war?! So das er zu ihm sah und laut sprach:

„Du bist ein Hexer! Wie hast du den Stock länger bekommen?!“

Saku sah wieder zu ihm.

„Ähhhhh…indem ich ihn einfach rausziehe? Das hat nichts mit Hexerei zu tun Hana! Das ist einfach ein Gebilde das ineinander gesteckt wurde und das man rausziehen kann! Du benimmst dich ja wie der erste Mensch!“

Was er ihm gegenüber auch irgendwie war, in Anbetracht der Umstände. Aber Hana ging erst gar nicht auf seine Spitzen ein und fragte hektisch:

„Ja, ja was auch immer! Was macht man nun damit?! Kannst du damit kämpfen?! Oder das Wetter verändern?!“

Saku sah ihn fassungslos an. Der Junge hatte definitiv zu viel Fantasie.

„Das glaub ich einfach nicht…“

Kam es erneut leise aus ihm raus und an sich selbst gereichtet, so dass es der Blonde nicht mitbekommen hatte. Hana war nicht dumm, aber dadurch dass er auf dieser Insel lebte war er halt ein Hinterwäldler und kannte nicht mal simple Dinge wie das Angeln. Was ihn erstaunte, denn er fragte sich nun: aßen die Leute in seinem Dorf überhaupt Fisch? Und wenn ja: Wie fingen sie diesen? Doch besser er dachte nicht zu sehr darüber nach, denn er hatte von der Aktion eben schon leichte Kopfweh bekommen. Also schnaubte er und sah vor sich zu der ausgezogenen Angel, die er bereits über das Wasser unter sich hielt, als er anfing zu erklären:

„Okay dann fangen wir mal mit einem Grundkurs im Angeln an. GANZ am Anfang. Also: beim Angeln fängt man Fische. Das verstehst du, oder? Das Ding am Ende des dünnen Fadens nennt man einen „Köder“.“

Er zeigte dabei darauf und Hana sah ebenfalls hin. Saku sprach weiter:

„An den Köder werden in der Regel Essensreste oder kleine Tiere gehängt. Diese dienen als Nahrung und sollen den Fisch anlocken. Wenn er den Köder schluckt und zubeißt, verharkt sich das spitze Metall, was man: „Harken“ nennt, im Maul des Fisches und er hängt fest. Danach dreht man an der Kurbel hier und zieht ihn einfach aus dem Wasser. Mehr ist das nicht und das macht man immer und immer wieder. Es ist allerdings etwas Zeitaufwendig.“

Hana sah zu ihm und dann wieder genau zu der Angel in seiner Hand. Begutachtete sie von oben bis unten. Er sah all das was Saku eben erklärt hatte genau an und verschränkte dabei die Arme vor sich. Nicht gut. Sein Blick war inspizierend und streng, als er das tat, als würde er versuchen den Sinn dahinter zu verstehen. Was er auch tat…aber dieser für ihn einfach nur komisch war. So kam er zu einem Entschluss und sah wieder zu dem Piloten neben sich, sprach dann frech:

„Wirklich? SO fangt ihr Fische? Das ist doch total bescheuert! Ich meine: Sitzt du jetzt wirklich hier auf diesem Stein für mehrere Stunden und wartest darauf das sich ein Fisch erbarmt und in deinen Köder beißt? Denkst du wirklich die sind so doof?“

Und es war wieder vorbei. Gerade als Saku dachte ihm was Nützliches beigebracht zu haben haute Hana wieder mit Axt alles kurz und klein. So typisch. So das er muffig zu ihm sah und sich dann mit dem Kopf wieder abwand, als er dabei genervt sprach:

„Ja es soll Lebewesen geben die SO doof und kurzsichtig sind.“

Es war eine kleine Spitze gegen den Blonden gewesen, das er ihn mit einem dummen Fisch verglich, der hatte das aber nicht verstanden und legte den Kopf dann etwas schief. Was Saku vor hatte klang total langweilig. Da hatte er ja definitiv mehr Spaß dabei zuhause zu sein, wo sein Vater ihn durch Dorf jagen würde wenn er wieder Scheiße baute. Das wirkte viel spaßiger dagegen. Na toll. So viel zu dem lustigen und erfrischenden Tag am Strand. So schnaufte er und kam auf seine Beine. Saku bemerkte das und sah verdutzt zu ihm auf, als Hana hochnäsig und arrogant sprach, während er den Speer rechts von sich hielt:

„Na gut. Dann hock du hier mal und hoffe das die Fische so doof sind und auf deinen Trick reinfallen. ICH fange stattdessen richtig Fische. Mal sehen wer mehr gefangen hat bis die Sonne untergegangen ist.“

Und damit wand er sich ab und lief hinter Saku vorbei. Danach sprang er von dem Felsen und direkt in das Salzwasser unter ihnen. Verdutzt sah ihm der Ältere nach. Sah wie Hana bis zu den Oberschenkeln im Wasser stand und den Speer bereit in den Händen hielt um zuzuschlagen sobald ein Fisch vorbei kam. Er machte das wie die alten Stämme und wollte den Fisch mit dem Speer aufspießen, sobald dieser zu nahe vorbei schwamm. Das ergab Sinn und war nicht blöd. Saku aber runzelte die Stirn wegen etwas Anderem.. Sein Ernst? Machte er nun wirklich einen Wettkampf daraus? Aber mal abgesehen davon: da setzte wohl wieder sein Dickschädel ein. Da wollte Saku ihm was beibringen und Hana schlug es weg und wusste es mal wieder besser. Rotzlöffel. Aber er zuckte nur gleichgültig mit den Schultern und sprach dabei:

„Mach doch was du willst! Wir werden ja später sehen wer mehr Fische gefangen hat! Ich oder du mit deiner primitiven Art sich einfach auf Fische zu schmeißen wie ein Tier!“

Er nahm also die Herausforderung an. Hana sah zu ihm rüber und sie blickten sich gegenseitig muffig und genervt von einander an. Das ließ der Kleine natürlich nicht auf sich sitzen und fauchte zurück:

„Ach ja?! Heul später ja nicht rum wenn ich vor deiner Nase leckeren, gebratenen Fisch verspeise und du mit knurrendem Magen und Hunger daneben sitzen und zusehen darfst!“

Und damit wand er sich auch wieder ab und konzentrierte sich auf die Fische um sich im Wasser. Saku sah auch sauer weg und muffte laut vor sich:

„Fein! Mach doch was du willst du Sturschädel!“

Es war genau wie immer. Erst waren sie auf einer Wellenlänge und kamen gut miteinander aus und am Ende eskalierte es in einem Streit und in Dickköpfigkeit von beiden Seiten. Aber das war schon okay so. So sehr es Saku auch etwas enttäuschte das er versucht hatte Hana etwas beizubringen und der sich nicht darauf einließ, so fühlte es sich doch an wie immer wenn sie zusammen waren. Genau so…wie er es inzwischen irgendwie mochte. Und es war, obwohl sie sich zofften, viel entspannter und freier, als im Lager bei Kaizo. Es tat Sakutaro gut. Etwas von dem er nie gedacht hätte es mal zu erleben. Also das er sich außerhalb der strengen und strikten Armee-Regeln wohl fühlte, welche er seit Jahren befolgt hatte. So sah er nach wenigen Sekunden wieder kurz rechts zu Hana rüber. Nur ganz kurz und sah ihn da aufmerksam und ruhig im Wasser stehen. Wie aufmerksam und ruhig er plötzlich war…Doch danach sah er wieder vor sich zum Wasser. War etwas errötet dabei. Hana war ein sturer Bock…Aber ein verdammt hübscher.

Die Sonne ging immer weiter unter und selbst nach einer Stunde hatten beide noch immer nichts gefangen. Hana hatte definitiv die besten Möglichkeiten dazu gehabt. Die Fische hatten sich an seine Gegenwart im Wasser gewöhnt und schwammen dicht an seinen Beinen entlang. Aber jedes Mal, wenn er zustach, verfehlte er den Fisch und dann schwammen alle anderen auch panisch weg, so das er wieder warten musste das sie sich erneut an ihn ran trauten.

Saku dagegen saß noch immer auf seinem Felsen und seufzte. Er wusste ja das Angeln langweilig war aber SO schlimm hatte er es sich doch nicht vorgestellt. Er zuckte auf als Hana wieder einen Fisch verfehlte, es laut platschte und dann sah zu ihm. Der Blonde schüttelte den Kopf und Wasser spritze herum wie bei einem Hund der aus dem Regen kam. Drollig. Na ob das was wurde? Erneut seufzte Saku und sah wieder nach vorne, als er lauter sprach:

„…Scheint bisher ein klares Unentschieden zu sein, was?“

Damit meinte er: das beide noch nichts gefangen hatten. Der Blonde sah zu ihm rüber und muffte auf. Gab dieser Verlierer schon auf? Er sah ihn mürrisch an und sprach dann laut rüber:

„Geben wir schon auf?! Ich kann zwei Tage ohne Schlaf auskommen wenn es sein muss!“

Saku sah völlig unbeeindruckt nach vorne und schnaubte. Hah, lächerlich. Dann antwortete er emotionslos:

„Und ich zwei Wochen.“

Was stimmte. Als er mal an der Grenze von China gewesen war musste er so lange wach bleiben und im Dschungel überleben, denn sonst wäre er sicherlich nicht mehr hier. War ne harte Zeit gewesen. Doch nun hatte er andere Probleme, die plötzlich viel schwerer zu bewerkstelligen erschienen als im Dschungel zu überleben. Es war wirklich nervig warten zu müssen und so langsam verstand er auch wieder warum er Angeln als Kind immer gehasst hatte. Er war genervt und es wurde immer mehr, Minute zu Minute, je länger das ging. Bei Hana aber artete es langsam extrem in Frustration aus, das er einfach immer wieder die glitschigen Fische verfehlte, aber bei Saku war es dann plötzlich etwas ganz anderes was ihn immer mehr auf die Palme brachte als das Warten und er seine Wut bald nicht mehr unterdrücken könnte. Er saß noch immer da und auch bei ihm hatte bisher nichts angebissen und das nur aus einem Grund: Hana vertrieb mit seinen Aktionen die Fische. Der Aufruhr, den er im Wasser rechts betrieb, kam bis zu ihm rüber und verjagte dort auch alle Fische von seinem Köder, so dass alles in ein unmögliches Unterfangen abzudriften drohte. Wenn das so weiter ging saßen sie beide am Ende des Tages am Lagerfeuer und mussten hungern! Und Saku war egoistisch. Er wollte nicht hungern, also platzte ihm endlich der Kragen, als Hana wieder in das Wasser neben ihm schlug und erneut einen Fisch verfehlt hatte. Er sah wütend zu dem Blonden rüber, der weit über Brust patschnass war und fauchte zu ihm:

„Verflucht noch mal, Hana!! Kannst du endlich mal aufhören wild und stupide im Wasser herumzustochern?! Du verscheuchst mir alle Fische mit deiner bekloppten Aktion!!“

Er fauchte das so giftig und pissig rüber, das Hana verdutzt und etwas überrumpelt zu ihm rüber sah, weil es so aus dem nichts aus ihm geschossen kam. Danach blinzelte er etwas verwirrt und sein Hirn hatte endlich verstanden was Saku eben gesagt hatte. Kurz darauf knurrte er und fauchte genauso laut und genervt zurück:

„Bitte?! Was kann ich denn dafür dass dein dummer Plan, der übrigens von Anfang an schon dumm gewesen ist, nicht funktioniert?! Ich hab dir gesagt das die Fische schlauer sind als du!“

Und es ging los. Saku feuerte zurück:

„Ach ja?! Und schlauer als DU sind sie offenbar auch, oder Hana?! Immerhin schmeißt du dich seit einer guten Stunde wie ein Trottel in das Wasser und hast auch noch nichts gefangen! Nur mit dem Unterschied, das ICH nicht nass bin und mich dabei nicht zum Affen mache!!“

„So wie du da sitzt machst du dich schon längst zum Affen!! Was versuchst du als Nächstes, hä?! Willst du den Fischen gut zureden und sie bitten an deinen Köder zu beißen?! Willst du ihnen etwas vorsingen in der Hoffnung dass sie auf magische Art und Weise dann in deine Arme springen?! DU machst dich lächerlich Sakutaro!!“

„Ich mache mich lächerlich?! Das sagt der Rotzbengel der seit seiner Geburt auf dieser Insel lebt und offenbar nicht mal in der Lage ist sich selbst Essen zu besorgen! Haben Mami und Papi dir immer die gebratenen Tauben ins Maul gelegt und dich gut gefüttert du armes, kleines Küken!?“

„Sagt der „unglaubliche“ Pilot der nach dem ersten Sturm am Horizont schon gleich an einem Strand bruchlanden musste! Da hat dir die Göttin des Windes ganz schön den Arsch versohlt was Sakutaro?!“

„Sowas kann nur ein Bengel von sich geben der keine Ahnung vom Fliegen hat! Die einzige Art des Fliegens die DU kennst ist nach vorne und aufs Maul, oder Hana?! Den besten Beweis sehe ich doch wieder mal vor mir! Du bekommst nichts gebacken, oder du Versager?!“

„Sagt der Trottel dem ich letzte Nacht den Hintern retten musste weil er sich hat von einem Wolfsmenschen beißen lassen wie ein blutiger Anfänger!! Pack dich an deine eigene Nase du Schwächling!!“

„Wer ist hier der Schwächling?! Ich könnte dich locker mit einer Hand packen und alles mit dir machen was ich wollte, weil nichts an dir dran ist du Strich in der Landschaft!!“

„Ach ja?! Dann komm doch her du Feigling!! Dazu hattest du vorher schon nicht die Eier und du hast sie auch jetzt nicht!! Alles was du sein kannst ist ein brutaler Perversling!!“

Unbewusst spielte Hana auf die Aktion im Tal an. Auf die fast gelungene Vergewaltigung und aufgezwungene Nähe des Älteren. Was nicht fair gewesen war, aber er war so in Rage das er einfach nur um sich schlug. Und genau das reichte in dem Moment. Es war wieder komplett eskaliert und Saku sah muffig und sauer zu ihm rüber. Kurz darauf stellte er die Angel vor sich ab, befestigte sie so, zwischen einem Spalt vor sich, dass sie noch stehen konnte und sie weiter angelte während er was zu erledigen hatte. Dann zog er noch seine Lederjacke und Fliegerbrille ab und legte beides direkt daneben. Besonders die Brille, denn er wollte nicht das Risiko eingehen und sie vielleicht im Wasser verlieren. Auch seinen Waffengürtel nahm er ab und warf ihn dazu, da er nun zu diesem Bengel gehen und ihm eine ordentliche Trachtprügel verpassen würde! Die hatte Hana nämlich mal nötig und Saku reichte es auch. NIEMAND nannte ihn einen Schwächling und Feigling! Und erst recht keinen Perversling! Das musste er sich nicht gefallen lassen und da er eh sehr kurz angebunden war, was seine Zündschnur anging, sprang er auch gleich danach neben sich ins Wasser.

Es platschte laut auf und Hana sah erschrocken zu ihm rüber. Irgendwie hatte er nicht damit gerechnet das Saku wirklich von seinem arroganten und hohen Ross runter kommen würde, aber nun hatte er es getan und der Blonde machte sich bereit. Er wollte ihn ja auch nicht verletzen, also stach er seinen Speer neben sich ins Wasser und in den Sand am Boden, knackte sich die Finger zurecht und fauchte:

„Ach trauen wir uns mal was, ja?! Dann komm nur her du großer Ochse!“

Hana hatte keine Angst das Saku ihn umbringen würde. Über den Teil waren sie hoffentlich etwas hinweg gekommen, nach der letzten Nacht, aber er wusste dass der Ältere böse zuhauen konnte. Das hatte er damals an der Klippe gemerkt, als Sakurai ihm immer wieder auf den Schädel schlug als sich Hana in seiner Hand verbissen hatte. Hey, aber wenn dann das volle Programm, oder? Immerhin war er heute schon beleidigt, angeschrien und verbrannt worden, da machten ihm einige Beulen und blaue Flecken, durch eine Prügelei, auch nichts mehr aus. Sakurai wartete näher durch das Wasser und fauchte dabei zu ihm rüber:

„Lauf so lange du noch kannst Hana! Wenn ich dich in die Finger bekomme ich schwöre ich reiß dich in Stücke!!“

„Versuch es doch!!“

Fauchte der Blonde tapfer zurück und dann hatte Sakurai auch schon die Spanne zwischen ihnen überbrückt und den Kleinen erreicht. Er schmiss sich förmlich auf ihn und es fing ein Gerangel an wie man es nur aus schlechten Teenager-Filmen kannte. Hana war der Kleinere und definitiv unterlegen, aber er rang und wehrte sich gegen den Großen wie ein Weltmeister, der immer wieder versuchte ihn ins Wasser zu drücken und niederzuringen. Hana fauchte und schrie dabei immer wieder mal auf, kam wieder aus dem Wasser, holte Luft und rollte sich dann über Saku, der auch mal den Halt verlor und dann selber unter Wasser war. Wenn man es nicht besser wüsste würde man denken da kämpften zwei kleine Leoparden im Wasser und rollten sich dabei spielerisch herum. Doch es war ernster als das. Sie taten sich nicht wirklich weh. Es folgten keine harten Schläge, oder Tritte. Lediglich Hana biss ab und an mal zu und brachte Saku dazu aufzuschrecken und wieder das Blatt zu wenden indem er Hana wieder versuchte an den Grund des Wassers festzunageln. Das ging sogar eine ordentliche Weile so weiter. Keiner wollte aufgeben, wie immer.

Der Ältere drückte ihn am Nacken unter Wasser und stützte sich auf allen Vieren über Hana ab. Zu dumm das Saku dabei die rechte Hand neben dem Blonden im Sand hatte und der dann da rein biss. Danach ließ der Ältere ab und Hana kam wieder hoch, sprang ihn frontal an, so dass er danach auf dem Schoß des Piloten saß, ihn am Oberteil, mit beiden Händen, gepackt hatte und keuchend fauchte:

„Gibt’s…du…auf?!“

Saku sah ihn ebenfalls keuchend und patschnass an, was sie beide übrigens waren. Natürlich gab er nicht auf! Er fuhr gerade erst richtig hoch! Saß da und stützte sich mit dem linken Arm hinter sich ab. So wollte er weiter machen aber…hielt kurz inne. Er konnte nicht anders und sah den Jungen vor sich nur an. Und er war fasziniert. Es war als würde man ihm mit einer Pfanne eine verpassen und ihn zur Besinnung holen. Er sah ihn einfach nur an.

Hana saß auf seinem Schoß und war patschnass. Das blonde Haar, welches im orangenen Licht der Sonne golden schimmerte, hing ihm klebrig und verspielt ins Gesicht und nass auf den Schulter daneben. Wassertropfen glänzten wunderschön auf seiner hellen und weichen Haut, welche Saku mit einer Hand spüren konnte, da seine Rechte Hana an der Seite vom Bauch fest hielt. Und sein Atem war schnell und zittrig vor Anstrengung. Saku war erschrocken von sich selbst. Warum…machte ihn dieser Anblick plötzlich so wild? War das der Grund warum sein Herz plötzlich schneller schlug, oder war es das Gerangel von vorher? Er konnte dies nicht mehr unterscheiden, nur noch Hana ansehen, dessen Augen so wunderschön glänzten wenn das Licht darauf fiel. Warum…war ihm das vorher nie aufgefallen? Was war nur…in jener Nacht mit ihm passiert? Warum löste dieser Bengel dieses Gefühl in ihm aus, wenn er so auf ihm saß? Ein Urinstinkt kroch in ihm hoch. Genau wie damals bei Chiharu. Er wollte Hana plötzlich packen…und ihn zu seinem Eigentum machen. Er hatte den Drang danach.

Doch der Blick des Jungen änderte sich plötzlich vor ihm, weswegen es den Älteren aus seinen romantischen Fantasien riss und er Hana verdutzt ansah…der dann plötzlich lachte. Er lachte so glockenhell und ehrlich das Saku doch tatsächlich dabei kurz rot anlief. Es war so ein…wunderschönes Lachen. Und dann zeigte der Junge mit der rechten Hand hoch auf den Haarschopf des Piloten und sprach:

„Der erste Fang des Tages!“

Sakurai verstand nicht ganz und blickte nach oben. Er konnte nur teils etwas sehen und das waren Scheren. Auf seinem Kopf saß ein großer Krebs und zwackte mit den Zangen immer wieder in der Luft zu. Er saß da völlig regungslos und drohte, hielt die Zangen dann vor sich hoch und zwackte wieder in die Luft, als würde er versuchen Saku zu beschützen. Hana lachte erneut und fasste sich dabei an den Bauch. Den Bewohner hatten sie wohl eben mit aus dem Sand unter ihnen gezerrt als es etwas holpriger wurde. Zum Glück hatte er niemanden dabei gezwackt. Und während der Kleine so lachte und Saku wieder zu ihm vor sah, noch immer etwas verdutzt wirkte…da konnte er plötzlich nicht mehr anders. Es war ansteckend. Hana sein Lachen war ansteckend und kurz darauf lachte auch Sakutaro zum ersten Mal wieder richtiger herzhaft dabei auf. Es war so ein warmes Lachen und ehrlich noch dazu, so das Hana aufhörte und ihn überrascht ansah. Noch nie…hatte er ihn lachen sehen. Da saß dieser knallharte und gefährliche Zero-Pilot, der bereits viele Menschen getötet hatte, einfach vor ihm und…lachte wie ein normaler Mensch. Und Hana wusste nicht warum aber es gefiel ihm. Es gefiel ihm so sehr das er etwas rot dabei anlief. Nicht weil er sich schämte…sondern weil ihm dieser lachende Trottel vor ihm plötzlich gefiel. Noch mehr als sonst.

Saku hatte…ein warmes Lachen und ein sehr schönes. Es erwärmte Hana sein Herz und er konnte nichts weiter tun als ihm dabei zuzusehen. Wollte sich jede Sekunde davon einprägen und dies nicht mehr vergessen. Und er erinnerte sich plötzlich an etwas. Der Einzige, der ihn jemals genauso warm und stark angelacht hatte…war sein Vater gewesen. Doch es war bereist so lange her, dass es nur noch eine wage Erinnerung im Hinterkopf war. War er ja damals noch so klein gewesen. Aber das Gefühl war dennoch da und völlig anders. Bei Hao fühlte es sich nach Geborgenheit und Freude an. Wie bei einem Vater dem man über alles liebte und bei dem man zuhause war. Doch bei Saku war es anders. Es fühlte sich auch nach Geborgenheit an…aber löste ein Kribbeln in ihm aus und ließ sein Herz schneller schlagen. Gefühle die er nicht kannte. War es das was man…Liebe nannte? Er wusste es nicht. Aber er mochte das Gefühl in seiner Brust und seinem Bauch.

Kurz darauf hörte Saku auch schon auf und fasste sich vorsichtig hoch an den Haarschopf. Geschickt packte er den Krebs mit der rechten Hand am Hinterleib und zog ihn von sich runter. Danach hielt er ihn vor sich und Hana, ließ das Tier mit den Beinen strampeln und sprach dabei locker:

„Toller erster Fang. Krabbensuppe mit einer Krabbe. Oh ja, davon wird jeder satt.“

Es war sarkastisch gemeint gewesen. Er kam sich so doof vor und dennoch lächelte er sanft und warf das Tier dann neben sich ins Wasser und weg. Das Teil machte keinen satt. So sah er dann wieder zu Hana und bemerkte wie der ihn ansah als würde er ihn anhimmeln, so das er verdutzt fragte:

„Was ist? Sag nicht du wolltest das Ding wirklich essen?“

Nein das war nicht der Fall. Er wollte plötzlich etwas anderes fressen…nämlich ihn. Es überkam Hana einfach dieses völlig neue Gefühl und ein Drang den er nicht kannte. Doch er wusste genau wo er diesen einzusortieren hatte. Etwas was er nie von sich gedacht hätte das er es jemals erleben würde. Und es schockierte ihn das es plötzlich da war, wenn er diesen nassen Trottel dort vor sich sitzen sah, der dabei unglaublich gut aussah und stark gebaut war. Er lief etwas rot an…Er wusste welcher Drang das war, denn er war nicht dumm…Es war der Drang sich zu paaren. Er fühlte sich wie ein Weibchen das von diesem starken Männchen Junge haben wollte. Und Hana…bekam Angst davor.

Ein lautes Platschen riss ihn aus seinen Gedanken und ließ ihn aufschrecken, so wie auch Sakutaro, der verwirrt hinter sich sah und weiter weg den Felsen hoch, an dem er vorher noch gesessen hatte. Seine Angel bewegte sich plötzlich hektisch und sofort setzte bei ihm die Realisation ein das ein Fisch angebissen hatte und er schrie kurz auf, dann riss er sich von Hana los, der verdutzt im Wasser sitzen blieb und ihm einfach nur nach sah. Der Pilot versuchte durch das Wasser zu rennen und kam einigermaßen schnell bei dem Felsen an. An diesen hievte er sich dann aus dem Wasser und packte patschnass seine Angel mit beiden Händen und das noch kurz bevor sie sich aus der Felsspalte lösen konnte, in die er sie gesteckt hatte. Dann sprach er laut:

„Ha! Da hat einer angebissen!“

Hana sah rechts neben sich zu dem Wasser wo die Angel drin angelte. Das laute Platschen, welches ihn aus seinen Gedanken gerissen hatte, war das eines Fisches gewesen der mit dem Köder kämpfte. Und der schien nicht mal klein zu sein, denn der Blonde sah die Wellen die er schlug und wie Saku die Angel wirklich stark festhalten musste um diesen Kampf nicht zu verlieren. Er zerrte und zog von links nach rechts und rollte dabei die Leine auf. Das war ein ganz schöner Brocken denn er wehrte sich heftig! Verblüffend das er überhaupt zugebissen hatte und das so völlig ohne Essen am Köder. Ehrlich gesagt wusste er nicht ob er ihn alleine aus dem Wasser bekam. Doch dann fühlte er plötzlich wie sich jemand von hinten näherte und um ihn herum packte. Ebenfalls die Angel griff und mit nach hinten zerrte. Verwirrt sah Saku über seine rechte Schulter hinter und erblickte Hana, der verbissen zerrte und dann fauchte:

„Lass ihn ja nicht entkommen! Das ist unser verdammtes Abendessen!“

Sakutaro sah ihn erstaunt an und musste plötzlich sanft schmunzeln. UNSER Abendessen, ja? Wessen Angel war es denn? Und dann zerrten sie beide nach hinten. Mit vereinen Kräften zogen sie schließlich einen verdammt großen Fisch aus dem Wasser. Hana hielt die Angel weiter fest, als Saku vorrannte und an der Leine den Fisch in Empfang nahm. Es war ein großer Thunfisch und schimmerte in den schönsten Blautönen. Hana überkam ein breites Lächeln, als er den gewaltigen Fisch sah den Sakurai da auf den Felsen zerrte und der halb so groß war wie der Blond selbst! Noch nie hatte er so einen großen Fisch gefangen! Und das war nur möglich gewesen wegen diesem Trottel und seinen verrückten Werkzeugen. Kurz darauf haute der Ältere, mit der Rückseite seines Messers, den Fisch auch schon bewusstlos, so dass er aufhörte zu zappeln. Kein schöner Anblick, aber humaner als ihm bei Bewusstsein aufzuschneiden. Auch Saku keuchte kurz und sah rüber zu Hana, der die Angel locker in den Händen hielt. Beide lächelten sich kurz an und dann sprach der Pilot:

„Gibt wohl heute Abend Fisch.“

In der Tat. Der Blonde lächelte nur sanft zurück und gemeinsam packten sie alle von Saku seinen Sachen ein und liefen zurück zum Zero. Der Große trug natürlich den Fisch auf der rechten Schulter und Hana den Rucksack so wie auch die Angel. Endlich mal ein Erflog an diesem sehr komischen Tag. Und Hana seine Gefühle, die er vorhin empfunden hatte, waren plötzlich wieder komplett verschwunden. Er dachte auch nicht mehr darüber nach. Alles an was er nun dachte war das leckere Abendessen. Das erste gemeinsame mit Saku. Und wie fröhlich er doch war. Die Sonne war kurz darauf auch völlig verschwunden und der Nachthimmel fing an alles wie ein warmes Tuch zu umhüllen.

Hana hatte kurz darauf Holz gesammelt. Dieses legte er in den Sand, dicht neben dem Zero und kurz vor dem Flügel unter dem sie vorhin gewesen waren. Es war alles bereit für ein Lagerfeuer und der Blonde sah Sakurai erstaunt dabei zu wie er das Feuer entzündete. Dafür benutze er etwas kleines, was er in der Hand hielt und einen Funken erzeugte. Wahnsinn was er für komische Werkzeuge besaß. Feuer zumachen wirkte plötzlich so leicht. Leichter als es mit Stock und Stein zu versuchen. Hana konnte nicht anders als fasziniert zu sein. All das kam aus einer Welt die er nicht kannte. Und immer wieder fragte er sich bei sowas: Wie sah die Welt aus von der Sakutaro kam? Gab es dort hohe Bäume? Waren einzelne Berge so hoch bis zum Himmel? Und in was lebten sie? Alles Fragen die er ihm gerne stellen wollte, aber es wieder vergaß als er so vor dem Feuer saß und Saku rechts neben ihm darüber nachdachte wie er den Fisch filetieren sollte. Ehrlich gesagt hatte er sowas noch nie gemacht. Denn immerhin hatte er nur kleinere Fische sein Leben lang gefangen und die musste man nur auf Stöcke spießen. So saß er da mit dem Messer und dachte nach wie er den Fisch zerlegen sollte und Hana konnte sich das einfach nicht mehr länger mit ansehen. So seufzte er genervt und nahm dem Piloten das Messer aus der rechten Hand, sagte dabei:

„Gib mal her! Das kann man sich ja nicht ansehen!“

Und danach zerrte er den Fisch zu sich rüber und durch den Sand. Er wurde aber nicht sandig, denn vorher hatten sie ihn auf ein großes Palmenblatt gelegt, welches Hana mit zerrte. Verdutzt sah Saku ihm einfach dabei zu und war erstaunt wie geschickt und gezielt der Junge da den Fisch zerlegte. Mit einem langen Schnitt machte er den Bauch des Tieres auf und sortierte alles an Orangen raus was keiner essen würde. Diese legte er neben sich in den Sand und fing an einzelne Teile des Fleisches in Stücken abzuschneiden. Saku blickte zu den Innereien und fragte neugierig:

„Woher weist du was du entfernen musst und was nicht?“

„Ich habe das schon öfters gemacht. Meine Mutter hat mir genau gezeigt wie man einen Fisch zerlegt, oder auch andere Tiere. Ich helfe ihr viel bei der Zubereitung unseres Essens.“

Kam es neutral von Hana während er einfach weiter den Fisch aufteilte. Verstehe, also konnte er kochen? Mal so neben die Tüte gekotzt: Er war ein Junge und konnte die Arbeit seiner Mutter verrichten? Sollte er nicht eher wie sein Vater jagen können und nicht den Haushalt schmeißen? Das fand Saku etwas komisch und sah ihm einfach nur weiter dabei zu. Er sagte nichts mehr und ließ Hana seine Arbeit machen, die er auch wirklich sauber und schnell verrichtete. Im Nu hatte er einige Stücke geschnitten. Große Stücke von denen jeder satt werden könnte. Danach legte er das Messer neben sich in den Sand und schob Saku wieder das Blatt mit dem Fleisch zu, der etwas verdutzt zu ihm sah und als Antwort bekam:

„Was? Auf Stöcke und dann über das Feuer wirst du sie ja wohl stecken können, oder Sakutaro?“

Klar konnte er das. So nahm er sie muffig an und ließ alles noch vor sich auf dem Boden liegen. Er saß direkt davor und griff dann rechts von sich in seinen Rucksack. Sakurai saß mit dem Rücken an seinem Zero und links von ihm, um das Feuer herum, saß dann Hana. Der sah ihm neugierig dabei zu wie er etwas aus seinem Rucksack zückte. Es sah aus wie eine kleine Vase, eine sehr kleine und die konnte er sogar öffnen. Vorsichtig streute er etwas über das Fleisch und Hana fauchte plötzlich:

„Hey was machst du da?!“

Saku sah ihn verdutzt an und fragte:

„Was?“

„Was machst du da über das Essen?! Hör auf damit!“

Was wollte er? Verwirrt sah er zu der Gewürzdose in seiner Hand und dann wieder zu Hana rüber, der ihn noch immer ansah als wollte Saku ihn vergiften. Ah okay, er verstand. Natürlich kannte er sowas nicht, so das er ihm die Dose zeigte und sprach:

„Das sind nur Gewürze. Damit würzt man das essen und dann schmeckt es besser. Ich hab sie aus dem Lager mitgebracht. Noch nie sowas gesehen, was?“

Gewürze? Hana kannte Gewürze, denn sie würzten sich auch ihr Essen mit Kräutern, aber sowas hatte er noch nie gesehen. Dann klappte Saku, mit dem rechten Daumen, den Deckel der Dose runter und schloss sie damit, nur damit er sie dann locker zu Hana rüber werfen konnte und der sie mit beiden Händen auffing. Etwas verunsichert und misstrauisch sah er die weiße Dose in seinen Händen an und machte den Älteren nach. Allerdings öffnete er die Dose, anstatt sie zu schließen und roch vorsichtig daran. Hana rümpfte die Nase. Es roch streng, aber nicht schlecht. Diesen Geruch kannte er nicht. Und dann sah er wieder misstrauisch zu Saku rüber, der etwas frech schmunzelte und sprach:

„Denkst du echt ich vergifte dich jetzt, obwohl ich dich vorhin hätte ertränken können?“

Der Blonde schloss die Dose wieder und warf sie zurück, so das Saku sie geschickt mit der linken Hand fing und sie wieder in seinen Rucksack packte, als Hana antwortete:

„Du hättest mich nicht ertränken können! Ich hatte dich genau da wo ich dich haben wollte! Und wenn du vorhin nicht aufgegeben hättest, was du ja glücklicherweise getan hast, dann würdest du jetzt ganz schön viel Salzwasser im Bauch haben Blödmann!“

Verstehe, Saku hatte also aufgebeben ja? Nur in seinen Träumen. Doch der Ältere schnaufte nur und schüttelte etwas amüsiert den Kopf. Langsam fing er dabei an das Fleisch auf kleine Stöcke zu stechen und diese dann ans Lagerfeuer zu stellen um es braten zu lassen. Hana war diese dumme Geste aber nicht entgangen und er muffte leicht genervt:

„Was? Willst du mir was sagen?“

Saku machte einfach weiter und sprach dabei ziemlich locker:

„Weist du…du könntest richtig lieb und sogar süß sein, wenn du nicht gerade ein riesen großes Arschloch und ein Dickkopf bist.“

Mal von den Beleidigungen abgesehen errötete Hana ganz kurz und wand dann seinen Kopf stur und arrogant nach links von Saku weg. Konnte ihm doch egal sein was er dachte! Und er war nicht süß! Wenn er glaubte ihn um den Finger wickeln zu können, indem er ihn „süß“ und „lieb“ nannte, dann war er aber schief gewickelt! So muffte er:

„Sagt das größte Arschloch dem ich je begegnet bin!“

Saku schnaubte und musste erneut schmunzeln.

„Und dennoch bist du hier.“

Was? Hana sah wieder zu ihm rüber, denn das verstand er nicht. So das er fragte:

„Was soll dass den wieder bedeuten?“

Manchmal sprach er wie in Rätseln für den Kleinen. Saku bemerkte dass auch sofort, also das Hana nichts verstand und sprach weiter:

„Egal wie schlecht ich dich behandelt habe und wie gemein ich zu dir bin…du kommst einfach immer wieder zurück. Und ehrlich gesagt verstehe ich das nicht so ganz. Kannst du mir das erklären?“

Ja könnte er…aber er wollte nicht, denn dann gab er zu viel von sich preis. Er mochte Saku in seiner Nähe, aber zu nah wollte er ihn nun auch wieder nicht ranlassen. Zumindest nicht an seine Gefühle. Hana war es gewohnt sich vor anderen zu verschließen und nicht über seine Gefühle zu sprechen, es sei denn ihm platze es emotional und spontan raus. Und auch dieser Drang vorhin machte ihm sorgen. Das war seit gestern Nacht so. Seit sie verflucht gewesen waren. Fast als hätte es etwas in ihm wachgerüttelt. Einen Arschritt gegeben den er nötig gehabt hätte, von dem er aber nichts wusste. So sah er vor sich in das Feuer und sprach abwehrend:

„Keine Ahnung was du meinst. Ich bin hier weil ich mehr von dir lernen will, mehr nicht.“

Aber das war gelogen. Nur ein Teil der Wahrheit, so das ihm leise hinterher rutschte:

„…Und weil ich hier einfach ich selbst sein kann.“

Saku hatte diesen wehleidigen Ton gehört den Hana in seiner Stimme gehabt hatte und sah ihn scharf und stechend an. Weil er er selbst sein konnte? Was meinte er damit? Durfte er das zuhause etwa nicht sein? Und warum kümmerte ihn das? Er wollte dennoch nachharken, aber Hana sah wieder frech zu ihm und sprang dann auf. In wenigen Sekunden lief er links um das Feuer herum und kam rechts von Saku an seinem Rucksack an. Er packte sich diesen dreist, lief wieder um das Feuer zurück und setzte sich erneut auf seinen Platz. Der Ältere sah ihn nun verwirrt an und Hana grinste als er den Rucksack vor sich stehen hatte und frech sprach:

„Was hast du denn noch für komische Dinge aus deinem Dorf mitgebracht?“

Total anders. Saku war verwirrt das der Junge plötzlich so total anders war. Seine Traurigkeit war wie weggesperrt und er strahlte frech bis zu beiden Ohren, als er den Rucksack oben aufklappte und mit seinem Kopf förmlich darin versank, als er da so wühlte und suchte. Wonach auch immer er suchte, Saku war es egal, da drin war nichts womit er was anfangen konnte, oder was er verstand. Das war der Vorteil wenn man einen Hinterwäldler auf moderne Sachen losließ, der wusste nichts damit anzufangen und war somit harmlos. So das er schnaufte und Hana wieder seinen Kopf aus dem Rucksack zog. Erstaunt hielt er etwas in der rechten Hand und sah es verwirrt an. Es war rund und in der Mitte bewegte sich etwas was wie ein Pfeil aussah, aber rot war. Das verstand er nicht und fragte, während er das Teil umdrehte und inspizierte:

„Was ist DAS denn? Kann man damit Leute umbringen? Ist das eine von euren modernen und tödlichen Waffen?“

Saku sah ihn nur erschöpft und etwas überfordert an. Oh mann wie sollte er ihm einen Kompass erklären? Der verstand doch noch nicht mal was eine Angel war. Aber Hana seine Fragen waren schon lustig. Saku stellte sich vor wie er dem Feind einen Kompass an den Hinterkopf warf um ihn damit zu töten…Nicht wirklich effektiv. So seufzte er und zeigte darauf, als er antwortete:

„Das nennt man einen Kompass. Sowas trägt man bei sich um sich auf, oder über dem Ozean nicht zu verlaufen. Die rote Nadel zeigt immer nach Norden, dadurch weis man in welche Richtung man fliegt und hat so den Überblick. Aber pass auf das da kein Sand rein kommt sonst…“

Hana knallte, in jener Sekunde als Saku das gesagt hatte, den Kompass volle Kanne nach unten in den Sand und zog ihn dann wieder verdutzt hoch und schüttelte ihn. Saku beendete:

„…könnte es sein das er dabei kaputt geht…“

Unbeeindruckt warf der Blonde den Kompass dann hinter sich ins Dunkel und versank wieder, mit dem Kopf und den Armen, in dem Rucksack vor sich…Womit hatte Sakurai das nur verdient? Was hatte er nur getan das ihm das Schicksal diesen Teufel an die Seite stellte. Kurz darauf kam Hana wieder mit etwas hervor und sah es neugierig an. Dieses Teil kannte er aber und grinste darauf. Das Licht reflektierte sich in den kaputten Gläsern und schimmerte wunderschön. Es war Saku seine Fliegerbrille. Dem Älteren klemmte sich sofort die Brust etwas enger als er das sah und Hana sprach einfach nur freudig:

„Hey das kenne ich! Paku hat mir davon erzählt! Das ist eine Fliegerbrille! Die benutzt ein Pilot um in den Wolken besser sehen zu können wenn es zu hell ist!“

Sakurai sah ihn erstaunt an. Wow da hatte sich jemand was gemerkt…Warum klappte das bei Paku und nicht bei ihm? Irgendwas machte der Große anders als er selbst, so das Hana ihm zuhörte, aber keine Ahnung was. Er fühlte sich etwas beleidigt, aber als er sah wie Hana das Teil sofort auf seine Stirn zog und dort fest machte, da wurde ihm anders. Der Junge strahle dagegen und sprach dann frech rüber:

„Siehst du? Jetzt sehe ich genauso bescheuert aus wie du, hehe!“

Sehr witzig. Nein war es nicht, denn Saku streckte sofort seinen linken Arm zu Hana rüber und sprach in einer sehr ernsten Mine:

„Abziehen und hergeben Hana.“

Wegen dieser Worte sah der Junge zu ihm rüber und nahm die Hände von der Brille auf seiner Stirn runter, die dort perfekt saß, als er verdutzt fragte:

„Hä, wieso? Du brauchst sie doch eh gerade nicht.“

„Gib sie sofort her Hana!“

Donnerte es etwas lauter und befehlend zu dem Blonden, der dabei sogar etwas zusammen zuckte. Was war nur mit ihm? Warum stellte er sich wegen einer doofen Brille so an? Okay zugegeben Hana fand sie selber gar nicht so doof, sondern ziemlich cool, weshalb er sie auch gerne trug. Aber er bemerkte das Saku plötzlich sehr ernst und angespannt wirkte. Und er wusste nicht wieso aber er nahm sie wortlos wieder ab und reichte sie ihm muffig, in der rechten Hand, rüber. Anscheinend war ihm diese Brille sehr wichtig. Warum würde er sonst so reagieren? Und noch während er sie ihm reichte…schoss ein Schmerz durch seinen Körper.

Hana zuckte zusammen, ließ die Brille beim Überreichen fallen und fasste sich, mit beiden Händen, schmerzhaft auf die Brust. Es war nicht der Ort woher der Schmerz kam, sondern nur eine Verkrampfung, weshalb er in diese Pose ging und sich dabei leicht krümmte. Der eigentliche Schmerz…kam von seinem Rücken. So das er sich reflexartig, mit der rechten Hand, dann hinter und über die linke Schulter fasste. Er wollte die Stelle berühren die brannte und schmerzte, aber kam nicht wirklich ran, also ließ er die Hand auf der Schulter ruhen. Sakutaro erschrak als Hana so zusammen zuckte und kam etwas besorgt vor. Ignorierte sogar das seine Brille im Sand lag, als er fragte:

„Hey! Alles okay? Was ist los?“

Er sah Hana an das er Schmerzen hatte, aber wusste nicht warum. Es kam einfach so aus dem Nichts und der Junge sah nur vor sich auf den Boden, atmete schwer dabei. Das war klar. Es musste ja passieren. Lange hatte er diesen Schmerz unterdrückt und durch das Salzwasser schlug er nun noch mal mit ganzer Härte zurück. Er hätte das nicht tun dürfen. Dieses Gerangel vorhin war dumm und unüberlegt gewesen. Das Wasser brannte auf seiner Wunde nach und sie entzündete sich sicherlich gerade. Er war so blöd…

Kein Wort kam über seine Lippen und er saß einfach nur da. Er wollte Saku nicht antworten und starrte nur vor sich in den Sand. Veratmete damit auch die Schmerzen. Aber sein Nachbar war nicht blöd. Er bekam mit das Hana dicht machte und sah scharf zu dessen Hand die auf der Schulter ruhte. Hatte er…Schmerzen am Rücken? Immerhin hatte er versucht nach hinten zu greifen. So kleine Details eingingen dem geschulten Auge des Piloten nicht. Und er reagierte darauf. Instinktiv kam er auf die Beine und lief hinter den Jungen, der nun auch endlich wieder reagierte und ihm verschreckt nachsah. Hana wollte sich bewegen und entfernen, aber Saku war schneller hinter ihm gewesen und hatte ihn dann fest, am rechten Arm, im Griff. Erschrocken stammelte der Blonde:

„N-nicht! Was machst du denn da?! Saku!“

Er wurde nervös. Er mochte es nicht wenn er so hinter ihm war. Es…weckte Erinnerungen von letzter Nacht. Als er ihn von hinten gepackt und gebissen hatte. Sich mit ihm paaren wollte. Es machte ihn innerlich unruhig und sein Herz klopfte wieder etwas schneller. Doch das würde nicht passieren.

Sakurai war, in der Hinsicht, da sehr direkt und skrupellos. Also zögerte er auch nicht und schob mit der linken Hand dann sanft die blonden Haare links beiseite…und sah auch schon sofort was dort schmerzte. Er konnte nicht anders als die Wunde erschrocken anzusehen und zu verarbeiten was er dort sah. Da war eine Wunde. Und so wie sie aussah und sich aufblähte eine Brandwunde, die zwischen den Schulterblättern des Jungen hauste. Kaum zu glauben, aber auch Saku musste da etwas das Gesicht schmerzhaft verzerren, wenn er sie sah. Nicht nur das sie rot war und sicherlich entzündet, sie quoll an einigen Stellen auch leicht auf und entwickelte Blasen. Das musste höllisch wehtun und konnte nicht seit wenigen Minuten so sein. Woher auch? Immerhin hatte Hana sich nirgendswo verbrennen können. Woher hatte er dann diese Wunde? Hatte er sie etwa schon seit Stunden und nichts gesagt?! Er ist im Wasser rumgesprungen! Das Salzwasser machte das alles nur noch schlimmer und half beim Entzünden! Wie konnte er nur so dumm sein?!

Er konnte es nicht fassen, aber legte dann sanft Hana seine Haare über die linke Schulter und fasste mit seiner eigenen linken Hand danach auch sanft über die Haut und um die Wunde herum. Wollte sehen wie empfindlich die Haut und wie weit die Entzündung schon gekommen war. Hana zuckte sofort zusammen. Realisierte was er da tat und beruhigte sich wieder etwas. Er wollte ihn nicht…Es tat weh und er war nicht in der Lage sich zu wehren. Es brannte…und nicht nur die Wunde. Die Berührungen brannten. Saku konnte nicht anders. Es ging ihn nichts an, aber er musste es tun. Erschrocken fragte er dann:

„Wo hast du die her?! Läufst du seit Stunden, völlig unbehandelt, mit dieser Wunde herum?!“

Hana sagte nichts drauf. Er schwieg einfach nur. Er konnte nichts sagen. Er konnte einfach nicht und Saku sah ihm dabei nur scharf in den Rücken. Er fühlte sich nicht wohl bei der Sache. Und dass er nichts dazu sagte machte es nicht besser. Hana hatte sie definitiv nicht gehabt als sie sich am Mittag getrennt hatten. Er ging danach direkt nachhause. Dann konnte diese nur von…Er schluckte und fühlte sich schlecht. Hoffte dass er nicht recht behalten würde, mit dem was er dachte, als er fragte:

„…Hast du die wegen mir bekommen?“

Und Hana zuckte nur leicht zusammen bei der Frage. Musste dann sogar verzweifelt lächeln, als er endlich wieder was von sich gab und sprach:

„Heh…es dreht sich nicht immer alles nur um dich, Sakutaro…“

Aber es war die Wahrheit. Indirekt hatte er sie wegen ihm bekommen, weil er sich, wegen ihm, mit einem Gott angelegt hatte. Und diese Antwort war genau das was Sakurai nicht hören wollte. Er sah Hana plötzlich trauriger an und es ließ seine größte Sorge aufs Neue aufkeimen…Nämlich das der Junge, wegen ihm, nur in Schwierigkeiten geraten würde. Diese Brandnarbe war erst der Anfang. Eine die er wegen ihm verpasst bekommen hatte und das von den Menschen aus seiner Heimat. Und das das machte Saku plötzlich…unheimlich sauer. Es war nicht gerecht und falsch einem Jungen wie ihm so eine schlimme Wunde als Warnung zu verpassen. Was war bei denen nur los?! Wie konnte man so einen hübschen und aufrichtigen Jungen so verstümmeln?! Er regte sich mehr darüber auf als er sollte, aber er musste sich beruhigen. Das war…eigentlich nicht sein Problem. Dennoch fühlte er sich für diese Wunde mitverantwortlich. Weshalb er etwas tat was das einzig Richtige war.

Er griff sofort um Hana herum und zog seinen Rucksack zu sich hinter. Hana sah verwirrt nach und über seine Schulter hinter, als er sah wie Saku Dinge herauszog die er nicht kannte. Das Erste war eine Salbe gegen Entzündungen und das Zweite ein großes Pflaster. Sakurai hatte wirklich gut mitgedacht und alles notwendige, was man brauchte, eingepackt bevor er das Lager verlassen hatte. Praktisch denn so konnte er sich um Hana seine Wunde kümmern und strich ihm dann sanft Salbe auf die Wunde. Der Junge zuckte auf und fauchte nach vorne:

„Aua! Was machst du da?! Hör auf!“

Es brannte und tat weh, aber Saku sprach locker, aber streng:

„Sei still. Ich verarzte deine Wunde. Du kannst mit der nicht so rumlaufen und wenn du sie nicht behandelst wird es nur noch schlimmer. Also bleib einfach still sitzen und halt die Klappe Hana.“

Da er gut Ausgebildet war kannte er sich mit gewissen Behandlungen von Wunden gut aus. Musste er, denn wenn er allein im Gefecht verwundet wurde, dann war er der Einzige der sich selbst helfen konnte. Und sein Ton war wieder sehr befehlend gewesen und komischerweise…gehorchte Hana ihm. Er spürte das Saku ihm nichts Böses wollte und ließ seinen Kopf einfach wieder, vor sich, nach unten hängen. Spürte die zarten und vorsichtigen Bewegungen mit denen der Pilot über die Wunde strich und die Salbe einrieb. Hana wusste nicht das er so sanft sein konnte und es war schön. Er genoss diese Berührungen. Schon lange wurde er nicht mehr so sanft berührt. Als er noch klein gewesen war kam das öfters vor…Seine Vergangenheit holte ihn ein und dann…fing es einfach an.

Ohne Warnung rannte eine Träne aus seinem rechten Augenwinkel und rollte die errötete du heiße Wange hinab. Saku bekam erst nichts davon mit und befestigte sanft das Pflaster auf der Wunde. Er hatte Glück und es bedeckte alles sehr gut. War die richtige Größe gewesen. Doch kurz darauf bemerkte auch er was los war…nämlich als Hana plötzlich anfing zu zittern und zu weinen. Was den Älteren in einen kleinen Schock versetzte.

Hana ließ die Tränen einfach nur noch rennen und heulte schließlich laut und erbärmlich vor sich hin. Es war so laut und wehleidig gewesen, als würde man ihm das Liebste nehmen was er besaß. Und er konnte es einfach nicht stoppen. Berechtigt, denn schon lange war das überfällig gewesen und nun kam es einfach aus ihm raus. Es war zu viel. Der Schmerz, die Verachtung und die Einsamkeit. Alles wurde zu viel und er konnte nur noch bitterlich weinen und jammern. Und ihn so zu sehen…tat auch Sakurai plötzlich sehr weh.

Erst war er nur erschrocken über das Weinen gewesen. Immerhin konnte er mit sowas nicht umgehen. Also wenn jemand vor ihm weinte. Doch dann war es auch die Tatsache: das er noch nie zuvor Hana hatte weinen sehen und er war etwas überfordert mit der Aktion. So wusste er nicht was er tun sollte und saß etwas hilflos hinter dem Blonden. Sah ihm dabei nur in den Rücken. Doch eines wusste er: Er wollte das nicht. Mochte es nicht wenn jemand so wehleidig vor ihm weinte und das aus Schmerzen die nicht von einer Wunde kamen. Sondern aus der Seele. Und genau das war hier der Fall gewesen. Saku verstand das. Er kannte das nur zu gut, denn das Selbe hatte er auch mal erlebt…an dem Tag an dem er Chiharu verloren hatte.

Es war ein schrecklicher Schmerz. Schlimmer als die größte Fleischwunde. Und er erinnerte sich an den Moment zurück. Damals als er so verloren hatte, sie in seinen Armen lag und er einfach nichts dagegen tun konnte. Auf dem Schlachtfeld war er wie der Tod und dann saß er da…und konnte den Tod nicht besiegen. Er war hilflos gewesen und nichts hasste er mehr. Auch war keiner für ihn da gewesen. Er musste allein weinen und mit dem Schmerz zurecht kommen den er erlitt. Währenddessen und bis heute noch.

Aber wenn er Hana so vor sich sah, der denselben Schmerz erlitt…da wusste Saku was er zu tun hatte. Etwas was er sich damals gewünscht hatte. Etwas was er so sehr wollte als er Chiharu verlor, aber niemals bekommen hatte. Es war ein Instinkt und er dachte auch nicht lange darüber nach. Und es half ihm dass dieser Junge seine Mauern vor ihm eingerissen hatte und ihn an seinem Schmerz teilhaben ließ. Es war offen und ehrlich und ein Moment der Schwäche, den Hana niemals freiwillig zulassen würde. Aber dennoch tat er es. Es zeugte von Vertrauen. Und Saku…ließ dieses Vertauen und diese Offenheit…nicht allein. Er ließ ihn nicht allein damit.

Also kam er ganz nahe, beugte sich, auf den Knien, vor und umarmte ihn sacht von hinten. Da er etwas größer war, als Hana, sah es fast so aus als würde er ihn mit seinem Körper schützen und unter sich begraben. Ihn vor allem schützen was ihm an Leid zufügen wollte. Wie eine Adlermutter die ihr Küken unter den Flügeln vor dem Regen bewahrte und wärmte. Und er machte das sehr vorsichtig, so wie auch sanft, umschlang den Jungen mit seinen Armen und drückte diesen an sich. Seinen Kopf ließ er dann rechts an Hana seinem Haarschopf ruhen und dabei schloss er die Augen. Saku konnte es spüren. Da war es wieder. Und auch dieser Geruch war wieder da. Der Duft nach Winterblüten. Frisch und rein. Er roch so gut und Saku wurde selber etwas warm in der Brust als er ihn so in den Armen hielt. Noch nie zuvor hatte er sowas getan. Nicht mal…bei Chiharu. Was war nur los mit ihm? Warum löste dieser Junge das in ihm aus? Was machte er mit ihm? Aber es war richtig so. Es war das einzig Richtige.

Und Hana weinte einfach weiter. Dies war ein ruhiger und zarter Moment zwischen ihnen, auch wenn er weiter in die Nacht jammerte und solche Schmerzen hatte. Sein Herz tat so schrecklich weh und seine Wangen waren nass wegen der Tränen, die einfach nicht stoppen wollten. Doch unter all dem Schmerz war noch etwas anderes aufgetaucht…Es war Glück. Er war glücklich an diesen Strand gekommen zu sein. Sakutaro gefunden zu haben. Denn hier konnte er sich fallen lassen. Hier konnte er sein wer er wirklich war. Und so weinte er einfach weiter und schmuste sich plötzlich sanft und zittrig nach rechts an das Gesicht des Mannes der ihn noch immer versuchte,mit seiner Nähe, ihn zu beruhigen und Schutz gab. Saku ließ einfach die Augen zu und Hana gewähren. Er sollte einfach nur aufhören zu weinen. Er wollte ihn nicht weinen sehen. Und das war die Wahrheit. Er ließ ihn nicht allein und Hana fühlte das, was ihn nur noch glücklicher machte. So sprach er mit seiner jammernden Stimme leise:

„Saku…“

Es tat so weh. Seine Wunde tat so weh. Aber bei ihm war es nicht mehr so schlimm. Und als der Pilot ihn so sanft und schwach seinen Namen sagten hörte…da kam es über ihn. Er drückte sein Gesicht sanft zurück an das des Blonden und gab ihm als Antwort:

„Es ist übrigens okay…Du…darfst mich ruhig so nennen, Hana…“

Und damit brach er einen der vielen Zäune nieder, mir denen er sein Herz umschlossen hatte und ließ den Blonden näher an sich heran. Denn nur Menschen, die ihm etwas bedeuteten, durften ihn so nennen. Er akzeptierte Hana…Zeigte ihm das mit diesen Worten und das machte den Kleinen unglaublich glücklich. So wie alles in der Sekunde. Die Streitereien, das Gerangel, das gemeinsame Lachen, die Nähe, einfach alles. Er wusste nicht warum seine Gefühle so eine Achterbahn fuhren und was los war. Endlich hatte Hana das Gefühl: Sie hatten eine Hürde geschafft. Sie kamen sich näher und konnten vielleicht Freunde werden.

Er war bei Saku in dieser klaren Nacht und mit dem wunderschönen Sternenhimmel über ihnen. Nirgendwo anders wollte er gerade lieber sein. Weder, allein im Dschungel, noch bei seiner Familie. Seine Mama wäre sicherlich stolz auf ihn ihn so zu sehen. Er wollte dass diese Nacht nicht aufhörte, denn hier war er gerade glücklich, auch wenn er weinte. Er hatte jemanden gefunden der genauso ein Mensch war wie er. Und diesen wollte er nicht mehr verlieren. Für Hana war er bereits sowas wie ein Freund geworden und er hoffte das ihm eines Tages mal sagen zu können. Er wollte nicht zurück ins Dorf. Denn hier…war er zuhause. Genau hier. Bei Sakutaro.
 

Wo haben wir uns bereits getroffen? Ich er kenne dein Lächeln und deine Stimme sofort. Du redest mit mir und ich lächel sofort zurück. Ich glaube nicht an Zufälle und Fantasien. Dieselbe Kleidung, die du trägst, erinnert mich an etwas was ich nicht vergessen kann. Das selbe Lied und der Ton in deiner Stimme…Bitte sag mir das es kein Traum ist. Du bekommst meine Füße auch nicht zurück auf den Boden der Tatsachen. Nicht wenn ich dich sehe. Ich werde von dir ausgespielt, oder? Denn ich sah die Funken in deinen Augen und deine sanften Worte gaben mir das Gefühl am Leben zu sein. Und ich wäre dir dankbar wenn du in meiner Nähe bleiben würdest. Lass uns dieses Mysterium gemeinsam lüften das in mir schlummert. Dieselben Worte kommen aus dir, als wäre es das erste Mal. Als würde ich im Kreis wandern. Somit bin ich verloren in dieser süßen Illusion. Geb mir das Gefühl nach dem ich mich so sehr sehne. Bring mich einfach dort hin wo die Sterne noch immer schlafen. Dort wo du und ich für immer sein können. Ich folgte dir egal wo hin, denn du bist mein Schicksal.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (0)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.

Noch keine Kommentare



Zurück