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Sprich mit mir

Ostern 2022
von

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Ostersonntag -> Ostereier suchen

Kian

 

Mein Handy machte mich auf eine neue Nachricht aufmerksam. Ich zog es aus meiner Tasche und hoffte einen Moment darauf, dass Adrian mir geschrieben hatte. Was dumm war, schließlich war ich ja einfach abgehauen, und das wusste ich auch. Trotzdem passierte mir das regelmäßig. Ich wäre gern zu ihm gegangen, doch ich hatte Angst.

Warum sollte er mich überhaupt noch sehen wollen? Was wenn ich wieder nur heulte und keinen klaren Satz formulieren konnte? Diese und andere Dinge gingen mir bei diesem Wunsch jedes Mal durch den Kopf.

Aber die Nachricht war kurz und kam von Adrians Schwester. 14:30 Uhr im Pavillon im Park, sei Pünktlich. Ihr seid Idioten. Das war wahrscheinlich besser als eine Ohrfeige von ihr. Mir zog sich trotzdem der Magen zusammen.

Von hinten legte sich eine große Hand auf meinen Kopf und ich zuckte zusammen. Bevor ich protestieren konnte, sagte der Besitzer der Hand: „Dann pack mal deine Sachen und mach dich auf den Weg. Sonst ist der Bus gleich weg.“

Ich wollte sagen, dass ich nicht vorhatte auf diese Nachricht zu reagieren. Doch ich wurde energisch angeschoben begleitet von einem „Los, los“.

 

Eine viertel Stunde später stand ich an der Bushaltestelle und wartete auf den Bus, der hoffentlich in jeder Sekunde um die Ecke biegen würde. Wenn ich ihn schon verpasst hatte, müsste ich eine Stunde warten und das auch nur, weil an der Strecke ein beliebtes Ausflugsziel lag. Vielleicht würden hier sonst nur zwei lausige Schulbusse fahren.

Balthazar und ich hatten uns noch einen Schlagabtausch geliefert, bevor ich nachgegeben hatte. Trotzdem schmollte ich noch etwas, wie ich gestehen musste. Es war Ostern, warum musste ich da unbedingt in einem Park abhängen. Dort würden doch lauter glückliche Familien mit ihren Kindern Eier suchen. Oder Pärchen Picknicks veranstalten. Ich fühlte mich jetzt schon fehl am Platz.

Der Bus kam und schaukelte mich und meine Gedanken durch die Landschaft. Die Fahrt dauerte lange genug um mich vom Schaukeln einlullen zu lassen.

 

In der Nähe des Parks stieg ich immer noch leicht zweifelnd aus, wenn ich den letzten Rest der Strecke zu Fuß hinter mich gebracht hatte, gab es kein Zurück mehr. Ich schlich praktisch zum Park, Kinder und ihre Eltern mit Kinderwagen überholten mich. Jeder Schritt fühlte sich für mich unglaublich schwer an.

Aber als ich beim Pavillon ankam hatte ich noch etwa zehn Minuten Zeit. Zumindest dachte ich das bis ich hineinsehen konnte. Dort stand ein kleines Körbchen mit einem Zettel, der meinen Namen trug. Ich schaute mich um, ob ich sehen konnte, wer ihn abgestellt hatte, konnte aber niemanden in der Nähe entdecken.

Also nahm ich den Zettel in die Hand und faltete ihn vorsichtig auf. Ich hatte keine Ahnung, was das hier sollte oder was ich davon halten konnte. In ordentlichen Druckbuchstaben stand auf dem Zettel:

Ich kann seinen Anblick nicht mehr ertragen, übernimm die Verantwortung dafür. Wenn dir das zu hart formuliert erscheinen sollte, tut es mir nicht leid. Hab Eier in der Hose und steh zu ihm. Du gibst ihm etwas das wir nicht haben. Sollte er heute Abend alleine nach Hause kommen, wird es dir gewaltig leid tun, dafür werde ich sorgen.

Wir alle vermissen euch.

Elisa

 

Das war fast so formuliert wie ich sie in Erinnerung hatte. Elisa versuchte alles auf den Punkt zu bringen. Ich schniefte und gleichzeitig fühlte ich mich etwas besser bei ihren Worten. Es hatte mich irgendwie aufgebaut und mir doch keine Erklärung dafür geliefert, weswegen ich genau hierher kommen sollte. Ich drehte den Zettel in meinen Händen und suchte nach einem Zusatz irgendwo darauf, doch da war nichts.

Ratlos schaute ich mich nochmal um und suchte diesmal mit meinem Blick auch weiter entfernte Bereiche des Parks ab. Als ich wieder niemanden entdecken konnte, setzte ich mich verloren auf eine Bank im Windschatten.

Ich holte mein Handy heraus und überlegte, ob ich Elisa anrufen sollte und eine Erklärung verlangen konnte. Sie hatte mich spontan hier her bestellt, anscheinend damit gerechnet, dass ich dem folgen würde und ließ mich nun wieder alleine. Würde mir gefallen, was sie geplant hatte? Ich wusste es nicht. Wenn ich Adrian sah, würde ich mich entschuldigen müssen, daran hatte ich keine Zweifel. Nur wie ich das machte und ob er mich verstehen wollte, das konnte ich mir nicht ausmalen.

Eine Kinderstimme, die mir wage bekannt vorkam, riss mich aus meinen Gedanken. Ohne mich zu erheben schaute ich mich in dem Teil des Parks um, den ich von meinem Platz im Pavillon aus überblicken konnte.

Erst dachte ich, dass ich mich vertan hatte, weil ich so in Gedanken war. In meinem Blickfeld konnte ich keine vertrauten Gestalten erkennen. Dann hörte ich aber eine weitere fröhliche Kinderstimme. Und dann rief Elisas Stimme, sie wären da ganz falsch, der Osterhase hätte auf der Schatzkarte einen anderen Ort markiert.

Ich stand auf und schaute zwischen ein paar Zweigen hinter mir hindurch. Und tatsächlich, da war Elisa mit ihrer Mutter und Sophie an der Hand und deutete in eine andere Richtung. Sie deutete auf eine Abzweigung vor sich und lenkte damit die Geschwister weg von der Richtung, in die sie los gestürmt waren.

Sophie löste sich von der Hand und lief ein paar Schritte auf ein Blumenbeet zu. Dort bückte sie sich und reckte dann eine Hand in die Luft. Offensichtlich hatte sie schon ein Osterei gefunden. Ihre Mutter hielt ihr ein Körbchen hin, ähnlich dem was noch verloren bei mir stand, soweit ich das erkennen konnte, und sie legte etwas hinein.

Die Jungs hatten alle eigene Körbchen, die sie teilweise wild schwenkten. Scheinbar hatten sie noch nichts oder nur wenig eingesammelt. Sie liefen hin und her und hatten anscheinend viel Spaß, auch Adrian, der zusätzlich noch Anne auf den Schultern trug.

Auf den ersten Blick konnte ich nicht erkennen, weswegen Elisa seinen Anblick nicht mehr ertragen können sollte. Er sah für mich fröhlich aus und neckte seine jüngeren Geschwister wie so oft.

Wie gebannt stand ich da und beobachtete ihn. Jetzt wo ich ihn wiedersah konnte ich mich kaum abwenden. Je länger ich seiner Familie und ihm beim Eiersuchen zusah, desto mehr konnte ich Elisa aber auch verstehen.

Ich sah die Augenringe auch aus der Entfernung, wenn die Sonne sein Gesicht erhellte. Die kleinen Momente in denen er müde erschien blieben mir auch nicht verborgen. Und dann war da einmal dieser abwesende Blick.

In mir wuchs das Bedürfnis ihn in die Arme zu schließen, auch wenn ich mich nicht traute aus meinem sicheren Versteck heraus zu treten. Denn so kam mir mein Beobachtungsposten immer mehr vor. Wie der perfekte Platz um diesem idyllischen Treiben zuzuschauen, was ich mir noch vor Kurzem nicht hatte anschauen wollen.
 

Ich beobachtete wie Elisa Adrian einen Zettel zusteckte und ihm etwas ins Ohr flüsterte. Er sah ratlos aus und sie wurde anscheinend energischer. Ich konnte es nicht mehr gut sehen, sie waren mittlerweile ziemlich weit von mir entfernt. Doch dann setzte Adrian sich in Bewegung.

Er entfernte sich von seiner Familie, ging auf einen Baum zu und schien etwas daran zu suchen. Ich konnte nicht sehen, ob er etwas fand, denn er verschwand hinter dem Stamm und ein paar Büschen. Mit meinem Blick suchte ich ihn. Einige Meter entfernt tauchte er wieder auf. Dieses Mal ging er zielstrebig zu einem Brunnen in meiner Nähe. Ich konnte sehen, wie er sich bückte und einen Zettel aufhob, so nah war er mir nun.

Als er wieder stand schaute er sich suchend um. Ich hielt unbewusst die Luft an, denn er kam genau auf den Pavillon zu. Aus seiner Richtung dürfte er mich noch nicht gesehen haben.

Er bog ab und nun ging er genau auf mich zu. Verzweifelt dachte ich darüber nach doch lieber unsichtbar zu werden. Doch dann erstarrte er in der Bewegung und schaute mir direkt in die Augen. Für Unsichtbarkeit war es nun zu spät.

Ein leises Wort entkam meinen Lippen: „Hi!“



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