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Ein Leben für das Druidentum

von

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Kapitel 2

Ein Abend im Herbst änderte Paracelsas Leben komplett.

Der komplette Tag war regnerisch und kalt. Der Winter würde nicht mehr lange auf sich warten lassen. An diesen Tagen dachte Paracelsa am liebsten an ihren ersten Besuch bei Arduuyen im Elfenwald zurück. Zwei Sommer war das inzwischen her. Seitdem war sie mehrmals mitgekommen und blieb von diesem Wald und all seinen Bewohnern fasziniert.

Paracelsa war den Nachmittag am Waldrand gewesen, um die letzten Kräuter und Blumen zu sammeln. Die Kräuterfrau bekam den Großteil der Pflanzen. Schon den ganzen Tag summte sie die Lieder der Gaukler vor sich her. Sie hatten so viele Geschichten und Lieder mitgebracht. Doch Paracelsa hatte nur ein Lied immer wieder hören wollen: Das von der Elfe und dem sprechenden Baum. Es war eine uralte Geschichte, die aber zeitlos war. Die Gaukler hatten eine wunderschöne Melodie dazu geschrieben.

Der Abend verlief ruhig. Nach dem Abendessen sortierte Paracelsa die gesammelten Pflanzen, während ihr Vater die Messer Schärfte. Doch plötzlich war alles anders. Hunde fingen an zu kläffen und im Stall wurden alle Tier unruhig. Und genau in dem Moment, als Paracelsa und ihr Vater einen Blick austauschten, ertönte ein Schrei!

Kriegsgeschrei war jetzt zu hören, doch es schien nicht von Menschen zu kommen.

Paracelsas Vater ahnte, was das zu bedeuten hatte. Er wies seine Tochter an sich zu versteckten und ruhig zu sein. Was auch immer sie hören würde, sie sollte in ihrem Versteck bleiben!

Paracelsas Vater nahm seinen Dolch, schnappte seinen Mantel und ging nach draußen. Einen letzten Blick warf er noch auf seine Tochter als er in der Tür stand. Diesen Blick voller Angst und Liebe sollte sie nie vergessen.

Das Geschrei war jetzt lauter. So wohl die Tiere als auch die Dorfbewohner waren zu hören. Etwas furchtbares musste passiert sein. Doch darüber durfte Paracelsa nicht weiter nachdenken. Sie schnappte sich ihre Puppe, eine Decke und versteckte sich in der hintersten Ecke der Vorratskammer. Jetzt musste sie warten.

Was auch immer im Dorf los war, es schien schrecklich zu sein. Sie hörte Dorfbewohner, die um Hilfe riefen.

Sie wusste nicht wie lange sie das alles hörte, irgendwann klang es auch so, als wären Häuser eingestürzt. Und dann war alles vorbei. Plötzlich war es ganz ruhig. Sie hörte keine Schreie mehr. Am liebsten wäre sie jetzt nach draußen gegangen, doch sie hörte auf ihren Vater.

Langsam wurde es unbequem in ihrem Versteck. War sie eingeschlafen? Was waren das für Geräusche? Ihr Vater würde bestimmt nicht so durch das Haus poltern. Nachsehen wollte sie nicht. Schließlich hatte ihr Vater ihr aufgetragen, dass sie in ihrem Versteck bleiben sollte. Das Gepolter wurde immer lauter. Paracelsa bekam Angst.

Alles ging furchtbar schnell. Die Vorratskammer wurde aufgebrochen und ausgeräumt. Die Orks nahmen alles mit, was sie gebrauchen konnten. Und sie konnten ALLES an Lebensmitteln gebrauchen. Als der Ork, der die Kammer ausräumte, Paracelsa erblickte, grunzte er und rief dann seinen Kameraden. Dieser stülpte einen Sack über Paracelsa und brauchte sie weg. Sie hatte schreckliche Angst. Sollte sie etwa getötet werden? Wo wurde sie hingebracht?
 

So wie es sich anhörte und anfühlte, wurde sie auf ein Pferd geladen. Wie lange die Reise zu Pferd war, wusste sie nicht. Ihr tat alles weh. Der Sack stank schrecklich. Sie wusste nicht, wonach. Pferd oder Kuh war es nicht. Auch kein anderer tierischer Geruch, den sie kannte.

Das Pferd blieb stehen, die wurde abgeladen und weg getragen. Dann hörte sie wieder ein Poltern – eine Tür wurde aufgestoßen – sie wurde abgeworfen und der Sack öffnete sich.

Ein Ork blickte sie finster an. Er knurrte ihr etwas entgegen, doch das verstand sie nicht. Das fiel dem Ork ebenfalls nach ein paar Versuchen auf. Also packte er sie am Kragen, setzte sie in der kleinen Kammer, in der sie waren ab und nahm den Sack dann mit nach draußen. Sie Tür warf er zu. Paracelsa saß wieder im Dunkeln. Aber jetzt saß sie an einem Fremden Ort im Dunkeln. Kurze Zeit später wurde ihr ein Becher Wasser gegeben. Paracelsa trank begierig, was den Ork – sie wusste nicht, ob es der war, der sie hier abgesetzt hatte – auflachen ließ. Als sie ausgetrunken hatte, nahm er ihr den Becher wieder ab und ging. Natürlich wurde die Tür fest verschlossen.

Paracelsa rollte sie in einer Ecke zusammen und begann zu weinen. Sie wusste nicht wo sie war und auch nicht, was mit ihr hier passieren würde. Orks machten nicht oft Sklaven. Die meisten verkauften sie. Und das bedeutete, dass ihr weiterer Weg so düster und ungewiss wie die Nacht war.

Als der nächste Tag anbrach, erwachte Paracelsa mit den ersten Strahlen der Sonne. Sie stand auf und lief in der kleinen Kammer ein wenig herum. Es gab nicht viel zu sehen: Unverputzte Wände und eine grobe Tür. Durch die einzelnen Bretter fiel etwas Licht.

Als sich die Tür erneut öffnete, trat ein Ork in die Kammer und zerrte Paracelsa hinaus. Wie hatte sie Angst. Sie kannte die Geschichten über Orks und wie sie mit Gefangenen umgingen. Mit etwas Glück würde sie schnell getötet, weil sie wertlos war. Wenn sie Pech hatte, stand ihr ein Leben als Sklavin bevor. Sklaven konnten für alles verwendet werden: Als Haushälter, Köche, Gärtner oder auch für Sex. Die Rasse war manchen Sklavenhaltern egal. Und bei Menschen war es häufig so, dass ihnen das Alter egal war. Sklaven konnten verkauft werden, wie jede andere Ware auch. Es gab nur wenige spezielle Märkte. In den Städten konnte man Sklaven auch auf den Wochenmärkten erstanden werden. Sie hatte Angst davor. Und da sie nicht einmal wusste, was mit ihrem Vater oder ihrem Dorf geschehen war, wuchs ihre Angst ins unermessliche.

Paracelsa wurde zu einer großen Gruppe Orks im Freien geschleift. Bei ihr standen noch andere Mädchen und Frauen. Sie erkannte nur wenige Gesichter. Und die, die sie erkannte, sahen übel zugerichtet aus. Wahrscheinlich hatten sie sich gewehrt, bevor sie gefangen wurden.

Eine nach der anderen wurde nach vorn gezerrt. Die Orks grunzten laut. Dann wurde es Paracelsa plötzlich klar: Es war ihr eigener Markt! Die Orks pickten sich das beste aus ihrer Beute heraus und verkauften den Rest lukrativ weiter!

Sie waren wohl auf dem Dorfplatz. Paracelsa sah einige Häuser und auch Scheunen. Wobei sie sich bei diesen halbverfallenen Gebäuden nicht sicher war. Ein Podest oder so etwas gab es nicht. Sie standen alle auf diesem Dorfplatz.

Von den Orks kam viel Gegrunze als eine nach der anderen vorgezeigt und feil geboten wurde. Schließlich war die Reihe an Paracelsa. Sie wurde nach vorn gezerrt. Gedreht, ihre Zähne wurden gezeigt, ihre Haare wurden präsentiert und dann war alles vorbei. Sie war an Orks verkauft worden. Ihr wurden Fesseln und ein Halsband umgelegt und schließlich wurde sie weg geführt. Das alles hatte nicht länger als eine halbe Stunde gedauert. Paracelsa wurde in eine der merkwürdigen Hütten geführt. Sie wurde die ganze Zeit angegrunzt und verstand erst spät, dass die Orks – ihre neuen Besitzer – mit ihr redeten. Da sie kein Wort verstand, erwiderte sie nichts. Das gefiel ihren neuen Herren natürlich nicht. Sie stießen sie in eine Kammer zu einer Frau, grunzten etwas und gingen. Die Frau sah verängstigt zu dem Ork, dann zu Paracelsa. Sie erklärte Paracelsa, dass der Ork, der sie hierher gebracht hatte, ihr neuer Herr wäre. Er uns seine Familie hatten sie gekauft, Paracelsa musste ihnen dienen. Doch zuerst musste sie die Sprache der Orks lernen. Die Frau – Emiliana war ihr Name – half ihr dabei.

Die ersten Tage musste Paracelsa in der Küche arbeiten. Sie kümmerte sich um das Geschirr und die Töpfe, brachte Abfälle zu den Schweinen, reinigte Herd und Ofen, wenn diese gerade nicht gebraucht wurden oder war sonst wie eine helfende Hand. Emiliana schonte sie nicht. Sie streute mit der Zeit auch immer mehr Ork-Wörter in ihre Sätze. So kam Paracelsa einmal in die Küche und Emiliana sagte ihr ein unverständliches Wort. Sie zeigte dabei auf das auf dem Tisch liegende Sieb. So wuchs Paracelsas Wortschatz kontinuierlich weiter. Doch auch, wenn sie die Worte schnell verstand, weigerte sich ihre Zunge diese auch auszusprechen. Ihre Herren kümmerte das wenig, da sie alles ausführte, was ihr aufgetragen wurde. Und reden sollte sie als Sklavin sowieso nicht, weshalb es ihren Herren gar nicht auffiel, ob sie Orkisch sprechen konnte oder nicht. Und mit Emiliana und den anderen Sklaven konnte sie sich in der Gemeinsprache unterhalten.

Da Paracelsa recht klein war, musste sie häufig hinter oder unter Schränke kriechen.Das Ungeziefer durfte sich auf keinen Fall in der Küche einnisten. Und da sie auch ein gewisses Talent zu Näharbeiten hatte, wurden ihr diese allmählich auch zugeteilt. So übernahm sie mit der Zeit immer weniger Putzaufgaben, dafür musste sie mehr nähen, spinnen und flicken.

Da Paracelsa von der Kräuterfrau ihres Dorfes Kenntnis über Heil- und Würzkräuter hatte, durfte sie ab und an der Köchin zur Hand gehen. Nach zwei Jahren konnte sie im Haus ihrer Herren jede ihr aufgetragene Arbeit zuverlässig erledigen. Wenn ihr also aufgetragen wurde, das Abendessen auf den Tisch zu bringen, kümmerte sie sich um den einen Gang und Gerda - die Köchin – um den anderen. Wenn ihr am Morgen ein Kob mit Kleidung gegeben wurde, waren die Löcher darin am Abend geflickt. Einzig die Waffen und Rüstungen durfte sie nie anrühren. Niemand durfte das.

Von ihren Herren sah sie nur wenig. Sie musste sich im Hintergrund halten, wie alle Sklaven. Arbeiten mussten schnell und diskret erledigt werden. Paracelsa half, wo immer es nötig war – und ihre Hilfe war oft nötig.

Erst Jahre später wurde Paracelsa klar, dass sie riesiges Glück gehabt hatte. Sie bekam Schläge, wenn sie nicht schnell genug arbeitete oder nicht gründlich genug war. Wobei es gerade am Anfang schwierig für sie war zu verstehen, was von ihr verlangt wurde.

Eines Tages änderte sich dieses harte, aber doch sehr ereignislose Leben für sie schlagartig. Paracelsa war gerade dabei den Tisch zu decken, als einer ihrer Herren den Raum betrat. Er war riesig, selbst für einen Ork, und trug immer eine Keule mit sich herum. Er würde das nächste Familienoberhaupt werden. Wenn das jetzige abgetreten war.

Paracelsa wollte sich schnell zurückziehen, wurde aber zurück gerufen. Also trat sie vor ihren Herrn und hielt den Blick gesengt. Ihre Hände hielt sie seitlich am Körper. Sie hatte Angst, durfte jetzt aber keinen Fehler machen – was in erster Linie bedeutete, dass sie sich nicht bewegen durfte.

Aus heiterem Himmel bekam sie eine Ohrfeige. Sie hatte Schwierigkeiten auf den Beinen zu bleiben und machte einen Ausfallschritt. Voller Panik nahm sie schnell wieder ihre Ausgangshaltung an. Ihr Herr blickte auf sie herab und begann zu lachen. Doch schnell besann er sich und sagte Paracelsa, dass sie angeblich vergessen hätte den Tisch zu reinigen.

Ihre gesamte linke Gesichtshälfte tat weh, doch sie rührte sich nicht. Tränen stiegen ihr auf, die sie schnell versuchte weg zublinzeln. Den Blick hielt sie weiterhin gesengt, ihre Hände ballte sie zu Fäusten. Dann bat sie im Entschuldigung und fing von vorne an. Ihr Herr blieb die ganze Zeit mit ihr im Raum und beobachtete jeden ihrer Handgriffe. Als sie ihre Arbeit beendet hatte, fragte sie, ob sie sich entfernen durfte. Noch einmal inspizierte ihr Herr den Tisch, dann ließ er sie gehen.

So etwas wie an diesem Tag war nicht zum ersten Mal vorgefallen. Und es wäre auch nicht das letzte Mal. Orks behandelten jeden ihrer Sklaven wie Ungeziefer, das zufälliger Weise nützliche Arbeiten verrichtete.

Mit stoischem Blick ging sie zurück in die Küche. Sie sah niemanden an, sagte kein Wort, sondern durchschritt die Küche, um zum Brunnen zu gehen.

Emiliana war ihr gefolgt. Doch Paracelsa tat, als hätte sie sie nicht bemerkt. Beide wussten allerdings, dass das nicht stimmte. Doch Emiliana wartete einen Moment, bevor sie nähe zu Paracelsa trat.

Paracelsa hatte sich nicht getäuscht: Sie hatte auf der Wange einen blutenden Schnitt. Die Ringe, die ihre Herren trugen, waren nicht nur Statussymbole. Diese Ringe fungierten auch als erweiterte Krallen. Vorrangig wurden sie genutzt, um die Sklaven zu züchtigen.

Paracelsa pflückte einige Kräuter im Garten und ging damit zurück zum Brunnen. Die Kräuter würde sie zerstampfen, um daraus einen Verband für ihre Wunde anzulegen. Der Schnitt brannte höllisch, das Anlegen des Verbandes wäre noch einmal so schmerzhaft, aber durch ihn würde sie nur eine kleine Narbe – wenn überhaupt – davon tragen.

Emiliana setzte sich zu ihr. Sie hatte Paracelsas Wange gesäubert und die Tränen abgewischt. Paracelsa ließ es geschehen, dann brach der Damm der Gefühle und sie begann bitterlich zu weinen.

Diese Demütigungen, diese ständige Angst – Paracelsa wollte das alles nicht mehr. Ihr Lebensmut sank von Tag zu Tag. Heute war er auf dem Tiefpunkt angelangt.

Eine Sklavin mehr oder weniger im Haus – es würde niemanden kümmern. Sie hatte hier keinerlei Zukunft. Entweder sie würde irgendwann von ihren Herren zu Tode geprügelt werden – was durchaus schon vorgekommen war – oder sie setzte dieser erbärmlichen Existenz selbst ein Ende.

Während sie all das vor sich hin murmelte, hatte sie Emiliana in den Arm genommen. Sie hatte kein Wort gesagt und Paracelsa die ganze Zeit über den Rücken gestrichen.

Als Paracelsa sich wieder beruhigt hatte, schickte Emiliana ins Bett. Die Wunde würde sie sich später noch einmal ansehen.
 

Paracelsa lag noch lange wach an diesem Abend. Sie hatte zum Glück nicht mehr arbeiten müssen. Jetzt dachte sie unentwegt darüber nach, wie es weitergehen sollte. Doch schließlich fasste sie einen Entschluss: Wenn sie hier nicht sterben wollte, musste sie fliehen. Und zwar so schnell wie möglich. Doch sollte sie dafür jemanden ins Vertrauen fassen? Sie war erst 14 Jahre alt und hatte zuvor noch nie versucht zu fliehen oder einen Versuch gesehen. Andererseits wäre es für alle anderen wahrscheinlich sicherer, wenn niemand von ihrem Plan erfuhr.

Über diese Gedanken brütend, schlief sie schließlich ein. Dieses Sklavendasein war die Hölle.



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