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und dann war alles anders

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Dienstag, 4. September 2018 - Nachmittag

„Das ist mal wieder typisch Elli.“, verkündete Grace, als wir nur zu dritt – mit Lavinia – aus der Mädchenumkleide traten. Die beiden wickelten sich ihre Handtücher um die Hüfte – ich durfte noch keinen Sport mitmachen wegen meines Autounfalls – und wir schlugen den Weg in Richtung Pool ein.

„Ständig schwänzt sie den Schwimmunterricht!“

Ich lachte: „Falsch, sie schwänzt Sport im allgemeinen.“

Grace stimmte mir missmutig zu und Lavinia kicherte.

„Weißt du denn nicht warum?“

„Doch, klar.“, meinte Grace.

„Ist kein großes Geheimnis, dass Elli sich für ihre Maße schämt. Und sie will halt nicht vor dem ganzen Jahrgang als Versagerin dastehen, nur weil sie in Sport eine Niete ist.“, erklärte ich unserer Pinken und die nickte verstehend.

„Ach so… hm, kann ich irgendwie verstehen.“

„Ist dir noch nie aufgefallen, dass Elli Sport konsequent schwänzt?“, fragte ich sie verwirrt.

„Na ja… also… nein, irgendwie nicht.“, gab sie lachend zu und ich stimmte ein.

„Aber eigentlich muss sie sich wirklich keine Sorgen machen, dass sie ausgelacht werden würde. Wenn sich das jemand trauen würde, dann wüsste ich da jemanden, der direkt an die Decke geht.“, Grace kicherte und Lavinia und ich sahen uns nachdenklich an.

„Du?“, fragte Vini dann gerade heraus.

„Ok, ja, auch, aber wenn es danach geht dann wüsste ich fünf Leute – sechs, falls Marco tatsächlich so freundlich ist, wie er sich gibt.“

Ich ließ mich auf die unterste Bank der Ränge fallen und sah angestrengt auf meine Fußspitzen.

Marco – er war ein Thema für sich.

In den ganzen Tag mit Lavinia zu sehen war grausam… Und je länger ich nachdachte und unsere vergangene Nacht Revue passieren ließ, desto mehr stellte ich mir die Frage: War da nicht etwas zwischen uns vorgefallen?

Oder bildete ich es mir nur ein, weil ich es mir wünschte?

Wie er mich berührte und streichelte…

Vielleicht lag das alles nur an Lavinia? Konnte das sein? Wollte er sich nur wegen ihr mit mir gut stellen?

„Ja, schon klar, aber ich meine dich ganz besonders.“, sprach Lavinia weiter ohne die von Grace genannte Anzahl an Personen durchzugehen.

Ich dagegen überlegt: Nahele, Lavinia, Grace, ich – vielleicht noch Marco – aber wer war der letzte?

„Wieso denn ich ganz besonders?“, fragte die Blonde verwirrt und legte neben mir fein säuberlich gefaltet das Handtuch auf die Bank.

„Sera und Hele haben am Wochenende die Theorie aufgestellt, dass du und Elli etwas miteinander haben!“, fiel Vini sofort mit der Kirche ins Dorf und ich sah sie überrascht an.

Nahele hatte ihr das also erzählt?

Na klar, was war ich auch so doof.

Ich sah zu Grace, der gerade die Gesichtszüge entglitten.

„Bitte was? Nein! Ganz und gar nicht!“, wehrte sie sofort ab und sah zu mir. „Wie kommt ihr denn auf diesen Müll?“

„Na ihr beide seid in letzter Zeit ständig verhindert und habt Geheimnisse vor uns…“, rechtfertigte ich mich.

„Und da denkst du direkt, dass Elli und ich ein Paar sind? Boa, Serena!“, fluchte sie. „Nein! Natürlich nicht! Auf keinen Fall! Wir haben beide einfach nur jemanden kennen gelernt. Also nicht die gleiche Person. Zwei unterschiedliche natürlich.“

Lavinia und ich sahen uns an, dann grinsten wir.

„Und?“, fragte sie langgezogen.

„Wer sind sie?“, forderte ich weiter auf, aber Grace schüttelte den Kopf und machte ein gespielt beleidigtes Geräusch.

„Vergesst es! Euch sage ich gar nichts mehr!“, flötete sie.

„Sera, sie will es uns nicht sagen!“, schmollte Vini offensichtlich.

„Ich weiß… Strafe?“, fragte ich und hob beide Hände. Grinsend wackelte ich mit den Fingern. Lavinia grinste und mit einem Satz hatten wir uns beide um die kreischende Grace gewickelt, um sie abzukitzeln.

„Gestehe!“, rief Lavinia kichernd, aber Grace schrie nur um Hilfe.

Dass wir bereits dumme Blicke kassierten war egal.

„Lavinia, Grace, wenn ihr nicht sofort im Wasser seid, schicke ich euch zum Nachsitzen!“, brüllte die tiefe Stimme von Coach Graham zu uns herüber. „Serena, wenn du so fit bist, dass du Unsinn treiben kannst, dann kannst du auch Schwimmen!“

„Entschuldigung, Coach Graham“, riefen wir drei im Einklang rüber. Kurz glitten meine Blicke über die anderen unseres Kurses, die sich kichernd hinter ihren Händen versteckten.

Grace strich Lavinia aufmunternd über den Rücken, damit sie sich das Gelächter nicht so zu Herzen nahm.

„Sera, dein Telefon klingelt.“, bemerkte die Pinke da und wies auf das Gerät, das neben ihrem über die Bank vibrierte.

Elli rief an – das zeigte mir ihr Foto, auf dem sie in die Kamera zwinkerte und ihre Lippen zu einem dicken Kuss spitzte.

„Oh, was die wohl will…“, überlegte ich und nahm schon an, als die anderen beiden umständlich aus ihren Badelatschen stiegen – sie ließen sich besonders viel Zeit um mitzuhören.

„Hi Süße, du weißt, dass wir Unterricht haben, oder?“, fragte ich grinsend.

„Ja, sorry… mir ist nicht wirklich gut heute… Kannst du Grace mal kurz zu mir schicken?“

Ich hob eine Augenbraue.

„Wo bist du?“ – unsere anderen beiden Freundinnen sahen neugierig auf.

„Hier hinten am Tor zu den Umkleidekabinen.“

Ich sah auf, die Mädels folgten meinem Blick.

Tatsächlich, hinter dem hohen Blickschutz versteck, lugte Elli hervor und winkte wild.

„Oh, oh“, machte Lavinia plötzlich alarmiert und wies in Richtung unseres Lehrers.

Mr Graham hatte uns wohl beobachtet, weil die beiden noch immer nicht im Wasser waren und ich nun auch noch telefonierte und so bemerkt, dass wir plötzlich alle drei zu dem Tor sahen, als wollten wir flüchten.

Natürlich war er nun dorthin unterwegs.

„Oh Shit! Elli! Verschwinde! Mr Graham ist…“, zu spät. Er hatte die Tür erreicht und Elli entdeckt.

Mit riesigen erschrockenen Augen sah unsere Freundin zu ihm auf.

Die Verbindung wurde unterbrochen.

„Auweia… Das gibt Ärger!“, verkündete ich und Lavinia nickte zustimmend. Auch Grace machte ein alarmiertes Gesicht.

„Beim Schwänzen erwischt. Na wunderbar. Ob das gut geht?“

Alle drei schüttelten wir den Kopf.

„Kommt! Lasst uns aufpassen, dass er ihr nicht den Kopf abreißt!“, bat ich die beiden und lief schon vor.

„Hey!“, tönte es vom Wasser her und Nahele stemmte sich aus dem Becken. Er hielt uns auf. „Wollt ihr unbedingt nachsitzen? Heute ist Dienstag! Kein Training! Heißt wir könnten hier nach endlich mal wieder was zusammen unternehmen!“

„Erst Elli!“, entschied Lavinia und wir huschten weiter.

„Hä? Wie jetzt? Was ist mit Elli?“, verwirrt folgte er uns und raus aus dem Badebereich.

„Psst“, zischelte Grace ihm zu und wir sahen uns um.

Es raschelte zu unserer linken, wo zwischen der Hecke hinter den Rängen vom Pool und der Wand der Sporthalle ein schmaler Plattenweg entlang führte.

„Bleib jetzt hier!“, hörten wir gedämpft die tiefe Stimme unseres Lehrers.

Sofort huschte Grace hinterher und versuchte durch das Grün zu spähen, hielt uns andere aber auf, ehe wir zu weit in den Weg hineingelaufen wären.

Diese Szene erinnerte mich daran, was ich vor einigen Wochen im Flur beobachten konnte.

Unsere Freundin stand mit dem Rücken zur Wand, die Arme vor der Brust verschränkte und den Kopf abgewandt, während Mr Graham versuchte auf sie einzureden.

Vergebens.

Sie erwiderte etwas in einer Mischung aus Trotz und Verzweiflung.

Ergeben rollte er mit den Augen und folgte der Geste mit dem ganzen Kopf, dann stützte er eine Hand an der Fassade hinter ihr ab.

Wesentlich ruhiger und mit leichten Gesten versuchte er das, was er sagte, zu untermauern – doch Elli schüttelte nur den Kopf und wandte den Blick wieder ab.

Irgendwie war der Anblick drollig – er groß und bullig (eben der Footballcoach und selbst ehemaliger Footballer) und sie klein und süß.

Nur was hatten die beiden ständig –genau genommen nun zum zweiten Mal – zu bereden?

Er versuchte ihren Blick zu fangen, aber sie senkte den Kopf.

„Oh mein Gott!“, hauchte Vini, als er eine Hand hob und ihr Gesicht sanft mit einem Finger an ihrem Kinn zu sich drehte.

„Küssen die sich gleich, oder was?“, raunte Nahele. „Das kann doch nicht sein!“

„Weg hier! Weg!“, Grace fuhr plötzlich herum und schob uns alle weiter. „Schnell wieder zum Pool! Er kommt!“

Ich musste gestehen, dass er gar nicht den Eindruck gemacht hatte, aber ich war zu perplex um etwas dazu zu sagen.

Außerdem hätte es wirklich Ärger gegeben, wenn er uns beim Spionieren ertappt hätte.

Wir eilten zurück zum Rest des Kurses, wo Nahele und meine Freundinnen direkt in den Pool stiegen und so taten als wäre nichts.

Ich eilte hinüber zu den Handtüchern und den Telefonen und setzte mich auf die Bank.

Im selben Moment wo ich wieder aufsah, betrat Coach Graham das Schwimmgelände. Sein Blick war auf den Boden geheftet, als verfolge er einer Spur – und das tat er tatsächlich! Er folgte den nassen Spuren, die Nahele hinterlassen hatte, bis zum Poolrand, wo er sich ins Wasser hatte gleiten lassen.

Angespannt sah er auf und prüfend in das Gesicht von jedem seiner Schüler, doch niemand schien verdächtig.

Selbst Nahele, Grace und Lavinia schwammen ihre Züge und unterhielten sich vollkommen unauffällig.

Coach Graham sah auf und begegnete meinem Blick.

Sofort zählte er eins und eins zusammen – ich konnte es ihm ansehen, als sein Blick sich verfinsterte.

Ob Elli wirklich etwas mit unserem Sportlehrer hatte?

Das konnte doch nicht wahr sein!

Oder doch?

Er kam auf mich zu und ich überlegte krampfhaft wie ich so tun könnte, als wäre nichts, aber mit dem Handy durfte ich ja auch nicht spielen, selbst wenn ich zum Nichtstun am Rande des Pools verdammt war.

„Serena, wenn du nicht mitmachen kannst, dann kannst du mir zumindest helfen.“, bat er herrisch – in seiner Stimme ließ er sich nichts anmerken und winkte mir ihm zu folgen.

Hektisch stand ich auf und folgte seinen langen Schritten. Am Kopfende der Bahnen hob er eine Startklappe vom Boden auf und reichte sie mir.

„Wir werden eine Leistungskontrolle Brustschwimmen machen. Ich stelle mich dort hinten hin und wenn ich einen Arm hebe, dann machst du „Auf-die-Plätze-Fertig-Los“ und bei „los“ schlägst du die Klappe.“

Erleichtert stieß ich die Luft aus und nickte.

„Gut. Und Serena?“

„Coach?“

„Gruß an deine Freunde: Ich habe Elli zur Schulkrankenschwester geschickt. Ihr geht es nicht gut. Ihr könnt sie dort sicher nachher abholen.“

Ich nickte: „Alles klar, danke, Coach.“

„Spionieren ist nicht nötig.“, damit ging er, ohne den Zwischenfall weiter zu kommentieren.

Ich sah ihm nach.

Verdammt, da lief doch etwas! Ich war mir absolut sicher! Ellis heimliche Beziehung war Mr Graham…

Und mit wem traf sich dann Grace in unserer Abwesenheit?



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