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Camp Kawacatoose

Boston Boys 1
von

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Der sich sehnt

Und so lag ich wach, bis völlige Ruhe eingekehrt war. Fast erschrak ich, als ich plötzlich Peters Stimme vernahm. „Kommst du rüber?“
 

Das ließ ich mir nicht zweimal sagen und zog mich wieder zu ihm ins Bett herüber. Dort setzte ich mich neben ihn mit dem Rücken an die Wand. Vorsichtig fragte ich: „Was meintest du mit: Du wolltest mal wissen, wie es richtig sein muss.“
 

Ich dachte schon, er würde nicht mehr antworten, da lange nichts kam, doch dann fand er wohl die richtigen Worte. „Naja, bisher lief es immer so: Mein Gegenüber hat sein Interesse bekundet, wir haben die Regeln ausgehandelt, hatten Sex und das war’s dann. Ich wollte einfach wissen, wie es ist, wenn man – Wie soll ich es nennen? – umworben? wird. Wenn eben einfach alles ganz normal läuft. Man lernt sich kennen, entwickelt vielleicht Zuneigung, verliebt sich und landet erst dann vielleicht mal irgendwann im Bett. Du verstehst, was ich meine?“
 

Langsam nickte ich. „Was meinst du mit Regeln aushandeln? Und wie viele Partner hattest du schon?“

„Eben was wir machen und was erlaubt ist und ... solche Sachen eben.“ Ich hatte das Gefühl, er hätte statt dem letzten noch Konkretes nennen wollen, es sich dann aber ganz schnell anders überlegt. Was er wohl sonst hätte sagen wollen? „Und wie viele? Keine Ahnung. Einige. Ist das wirklich wichtig?“
 

Sicher hätte es mich interessiert, aber es klang nicht, als wollte er genauer darauf eingehen, daher schüttelte ich den Kopf. „Und trotzdem hast du dich nie verliebt? Oder mal vorher ausprobiert, wie es ist, sich erst kennenzulernen?“
 

„Nein. Ich hatte... ich hatte einfach nicht die Zeit dazu. Es ist in den letzten Jahren einfach zu viel passiert, als dass ich mich auf jemand anderen als mich selbst und Mat hätte konzentrieren können. Erst seitdem wir bei Chris sind, kann ich mich langsam wieder auf andere einlassen. Vorher war es einfach nicht möglich. Da gab es nur Mat und mich.“ Peter hatte den Blick vor sich auf die Matratze gerichtet. So ganz wohl schien ihm bei unserem Gespräch nicht zu sein.
 

„Du hast Mat wirklich gern, oder? Und er dich auch. Man merkt es euch ziemlich an, dass ihr euch nähersteht als die meisten Geschwister. Ich dachte sogar zwischendurch, dass ihr nur behauptet, dass ihr Brüder seid, damit niemand merkt, dass ihr ein Paar seid.“ Mittlerweile musste ich wirklich über diesen Gedanken schmunzeln.

Und Peter schien ihn auch lustig zu finden, denn er lachte leise. „Wie kamst du denn darauf?“
 

„Es wirkte, als wäre es nicht das erste Mal, dass ihr euch geküsst habt am Lagerfeuer. Und normalerweise küsst man seinen Bruder nicht. Also zumindest nicht so. Und auch nicht seinen besten Freund.“ Schon wenn ich daran dachte, Terrence zu küssen, stellten sich mir die Nackenhaare auf.
 

Peter klang nachdenklich, als er antwortete: „Mhm, stimmt wohl. Aber bei Mat und mir ist es etwas... anderes. Es bedeutet uns nichts, wenn wir uns küssen. Es ist eher... wie ein Spiel. Viele kann man damit ziemlich verrückt machen. Und das haben wir uns früher oft zunutze gemacht. Mittlerweile machen wir das eigentlich nicht mehr. Aber Mat... naja, es wäre einfach scheiße gewesen, wenn jemand anderes ihn geküsst hätte. Daher hab ich ihn dann einfach geküsst, es ist ja nichts dabei.“
 

„Und wenn dich jemand anders küssen würde? Wäre da auch nichts dabei?“, fragte ich einer plötzlichen Eingebung folgend.

Ich konnte es nicht wirklich sehen, aber ich hörte es in seiner Stimme: Peter schmunzelte bei seiner Antwort. „Kommt drauf an, wer es ist.“
 

Langsam, um ihm die Möglichkeit zu geben, sich zurückzuziehen, legte ich meine Hand in seinen Nacken und zog ihn zu mir. Zuerst bewegten sich nur unsere Lippen gegeneinander, dann öffnete er seine leicht und ließ meine Zunge ein. Seine Küsse sahen nicht nur heiß aus, sie waren es auch. Zumindest dieser hier. Nicht nur er ließ ein wohliges Seufzen hören, als ich den Kuss wieder löste.
 

„Nein, das lässt mich nicht kalt“, sagte er nach einem Moment.

„Gut.“ Noch einmal küsste ich ihn. Dabei ignorierte ich den Drang, ihn aufs Bett hinunter zu drücken. Dafür war hier einfach der falsche Ort.
 

Dennoch schien ihm das nicht zu entgehen. „Was soll das werden? Willst du mich in dein Bett kriegen?“

„Warum der Umweg? Ich bin doch schon in deinem“, versuchte ich meine Verlegenheit zu überspielen. Leise lachte er. Dann nahm ich meine Hand aus seinem Nacken und antwortete ernster: „Aber nein, eigentlich nicht. Ich wollte nur wissen, ob die Küsse so gut sind, wie sie aussehen. Und dann, ob es nur ein Glückstreffer war. Für alles andere ist hier eindeutig nicht der richtige Ort.“

„Du hast wohl recht. Aber du würdest?“ Ich konnte seiner Stimme nicht wirklich entnehmen, ob er darauf hoffte oder wie er sonst dazu stand. Tatsächlich klang er dabei erschreckend neutral.
 

Einen Moment überlegte ich, wie ich meine Antwort am besten formulierte. Er machte mich wirklich an. Seine Bewegungen, sein Auftreten, sein Körper, nach neuester Erkenntnis auch seine Küsse, aber mich schreckte immer noch die Entfernung ab. Und seine manchmal merkwürdigen Eigenheiten und seine bisher sehr undurchsichtige Vergangenheit.

Ich hatte das Gefühl, dass es alles sehr kompliziert machen würde. Und darauf hatte ich nicht so wirklich Lust. Vielleicht, wenn ich mich wirklich in ihn verlieben würde, aber im Moment war es nur körperliche Anziehung und Neugierde auf einen offenbar erfahreneren Jungen. „Ich weiß nicht. Ich würde eher dein Angebot annehmen und erst mal sehen, wohin das alles führt. Ich steh wirklich auf dich und mag es nicht überstürzen, damit es so endet wie sonst bei dir.“
 

„Wäre ich nicht draufgekommen, nachdem du meinen Namen durch den halben Wald gestöhnt hast.“ Das hämische Grinsen war deutlich in seiner Stimme zu hören.

Einen Moment war ich völlig sprachlos. Er hatte es also doch gehört! War dann... Hatte er sich wirklich am Abend rächen wollen? So wie er sich gerade gab, war es wirklich kein Versehen gewesen, dass ich aufgewacht war. „Du, kleiner...!“
 

Diesmal drückte ich ihn wirklich aufs Bett. Sobald er lag, setzte ich mich auf seine Beine und hielt seine Arme fest. Mit unterdrücktem Lachen versuchte er sich zu befreien. Plötzlich gab es einen Stoß von unten gegen die Matratze und wir konnten Mats gezischte Stimme hören: „Vögelt woanders!“

„Sorry“, flüsterten wir beide nach unten. Dennoch ließ ich Peter nicht los.
 

„Was ist, ich dachte nicht hier?“, fragte Peter.

„Will ich auch nicht“, antwortete ich lächelnd und beugte mich etwas weiter über ihn, bis ich seine Augen erkennen konnte.

„Was hast du sonst vor?“ Seine Stimme klang leicht rau.
 

„Mal sehen.“ Mittlerweile war ich sehr nah über seinem Gesicht und sah ihm direkt in die Augen, von denen durch die Dunkelheit im Raum nicht viel zu erkennen war. Meine Lippen berührten seine beim Sprechen fast. So blieb ich eine ganze Weile und versuchte dabei den Fakt zu ignorieren, dass offensichtlich nicht nur mich die Situation anmachte.

Wie ich erwartet hatte, schnellte Peters Kopf plötzlich hoch und er versuchte meine Lippen zu erwischen, doch ich zog meinen Kopf einfach zurück und lachte ihn dann an. „Zu langsam.“

Er ließ sich wieder sinken. Ich folgte, bis ich ihn wieder fast berührte. Nach einem Moment versuchte er es erneut, doch wieder war ich schneller. So ging das Spiel einige Mal hin und her, wobei wir immer mehr ins Lachen verfielen.
 

Dann folgte ein erneuter Ruck von unten. „Seid ihr jetzt mal fertig? Oder wollt ihr alle wecken?“

Mat hatte wohl Recht, das wollten wir definitiv nicht. Daher legte ich meine Lippen kurz fest auf Peters und ließ mich dann vorsichtig fallen, sodass ich auf ihm zu liegen kam. Nachdem ich den Kuss gelöst hatte, seufzte ich resignierend. „Ich sollte wieder rüber.“
 

Ganz leicht verhakten sich Peters Finger mit meinen. „Schlaf doch wieder hier.“

Auf das Angebot erklang von unten ein genervtes Stöhnen. Ich jedoch musste schmunzeln. Ich hatte Peter bisher wegen solcher Sachen eher für arglos, vielleicht auch naiv, gehalten, doch scheinbar wusste er ziemlich genau, was sie in mir auslösten und setzte sie auch bewusst ein. Wie häufig er das wohl schon ausgenutzt hatte?

Ich rollte mich von ihm herunter und legte mich neben ihn. „Ist gut.“
 

Er zog die Decke unter sich hervor und deckte uns beide damit zu. Wieder musste ich mich an ihn kuscheln und den Arm um ihn legen, damit wir halbwegs bequem liegen konnten. Doch diesmal war keine Decke zwischen uns, die verhinderte, dass er meine Erregung spüren konnte. Aber jetzt war es auch egal, er wusste es ja sowieso. Dennoch drehte ich mich etwas weg, damit es dadurch für ihn nicht unbequem wurde. Nachdem wir uns gegenseitig eine gute Nacht gewünscht hatten, schliefen wir recht schnell ein.
 

Nachdem wir am nächsten Tag unsere Eltern verabschiedet hatten, lief die letzte Woche im Camp weiterhin in normalen Bahnen. Wir machten in der Freizeit viel zu dritt, spielten zusammen etwas, gingen spazieren, hörten Musik oder hingen am See rum.
 

Dabei erfuhr ich auch, dass sich sowohl Peter als auch Mat wegen ihrer Narben an den Armen schämten und daher immer Klamotten mit langen Ärmeln trugen. Sie wollten einfach nicht, dass ständig jemand nachfragte, woher sie kamen. Daher hielt auch ich mich mit der Frage zurück. Aus demselben Grund trug Mat wohl auch keine kurzen Hosen.
 

Außerdem erfuhr ich, dass selbst ohne die Narben Peter nicht mit ins Wasser gekommen wäre, da er nicht schwimmen konnte. Natürlich wunderte ich mich, dass er so tanzen, aber überhaupt nicht schwimmen konnte. Er erklärte es damit, dass seine Mutter früher Tänzerin gewesen wäre, bevor sie angefangen hatte, zu viel Alkohol zu trinken. Als jüngster von vier Brüdern und mit nur einer jüngeren Schwester hätte er dann natürlich auch die Frauenschritte lernen müssen. Ich versprach ihm bei unseren gegenseitigen Besuchen das Schwimmen beizubringen.
 

Denn, dass wir uns besuchen wollten, stand mittlerweile fest, auch wenn wir noch nicht wussten, wann es so weit war. Zwar hatten wir drei uns gegenseitig zu unseren Geburtstagen eingeladen und meiner lag an einem Freitag, mit durch Labor Day verlängertem Wochenende, recht günstig, aber er war bereits in zwei Wochen und daher war noch nicht klar, ob es unseren Eltern recht wäre, wenn dann schon wieder so viel Geld für Flüge draufgehen würde. Weder meine, noch die Familie der beiden Brüder, nagte am Hungertuch, aber nach den Flügen der letzten Wochen, um uns zu besuchen, war so eine spontane Ausgabe nicht so einfach. Dennoch wollten wir es versuchen und hatten auch Telefonnummern ausgetauscht. Zu Peters Geburtstag eineinhalb Wochen später sah es nicht besser aus, zumal er unter der Woche hatte und wir dann schon wieder zur Schule mussten. Sie mussten nach meinem Geburtstag wieder hin, ich sogar schon nächsten Montag wieder. Unsere Hoffnungen hingen daher an Mats achtzehnten Geburtstag, da er am Sonntag nach Thanksgiving hatte und somit vier Tage frei waren.
 

Immerhin schlief ich in der letzten Woche jede Nacht bei Peter, auch wenn Mat dagegen durchaus was zu meckern hatte, da wir ihn das ein oder andere Mal weckten, wenn wir uns gegenseitig neckten. Aber mittlerweile wusste ich auch, dass man das bei ihm nicht allzu ernst nehmen musste. Wenn man erst einmal dahintergekommen war, dass er häufig missgelaunter tat, als er eigentlich war, war er ein ziemlich netter Zeitgenosse und man konnte gut mit ihm herumalbern.
 

Das war auch dringend nötig, dass wir uns so gut verstanden, denn natürlich hatten alle meine Aktion beim Tanzen mitbekommen und hatten es nun auch auf mich abgesehen, nachdem sie mich vorher eher ignoriert hatten. Aber es war okay. Nachdem man Kylian nach Hause geschickt hatte und alle anderen Angreifer, bis auf Ayden, nun ziemlich kleinlaut geworden waren, gab es keine körperlichen Angriffe mehr und die verbalen beschränkten sich wieder auf ein paar dumme Sprüche.
 

Ich begegnete denen ziemlich selbstsicher und stand dazu, dass ich auf Jungs stand. Immerhin tat ich das ja sonst auch. Das schien auch bei Mat und Peter etwas auszulösen. Der Jüngere begann ebenso selbstbewusst damit umzugehen wie ich, wobei er dennoch häufig genug auch von Mädchen redete – scheinbar stand er auch auf sie, obwohl er selbst behauptete, noch nie etwas mit einem gehabt zu haben –, während der Ältere nun häufiger mit lockeren Gegensprüchen reagierte, statt aggressiv zu werden.
 

Am Sonntag wachte ich wieder früh auf, Peter in meinen Armen rührte sich noch überhaupt nicht. Ich wollte noch nicht aufstehen. Immerhin wusste ich nicht, für wie lange es das letzte Mal sein würde, dass ich ihn im Arm halten konnte. Meine Meinung zu einer Beziehung mit ihm hatte sich zwar nicht geändert, dennoch empfand ich es als schön neben ihm aufzuwachen. Ich mochte das Gefühl, begehrt zu werden, das er mir gab, obwohl wir uns seit dem letzten Samstag nicht weiter angenähert hatten. Es hatte keine Küsse mehr gegeben und die einzige Berührung war die beim Tanzen geblieben. Danach hatten wir dem anderen maximal über den Arm gestreichelt oder oberhalb des T-Shirts. Und dennoch merkte ich, dass er mehr wollte, genau wie ich.
 

Doch nun lockte mich der Anblick seines Nackens direkt vor meinen Augen viel zu sehr. Ich streichelte über seinen Arm, um ihn vorsichtig zu wecken und als er sich im Halbschlaf etwas mehr an mich kuschelte, legte ich leicht meine Lippen direkt unter den Haaransatz. Sofort bildete sich eine Gänsehaut und er zog die Schultern an. Ich packte ihn etwas fester, damit er nicht wegrutschen konnte und nuschelte dagegen: „Ich wollte das schon ’ne ganze Weile machen. Du bist hier wirklich empfindlich, oder?“
 

Natürlich wusste ich, dass meine Lippen beim Sprechen leicht über seine Haut strichen, genauso wie mein Atem. Und der erneute Schauer, der durch seinen Körper lief, erfreute mich. Doch er drehte sich in meinen Armen um, legte kurz seine Lippen auf meine und murmelte dann: „Solltest du nicht in dein Bett?“

„Ich will nicht“, grummelte ich zurück und drückte mich näher an ihn. „Wir fahren doch nachher eh, darf ich hierbleiben?“
 

Er schien einen Moment zu überlegen, bevor er nickte. Mit einem Lächeln drückte ich meine Lippen auf seine und forderte dann mit der Zunge Einlass in seinen Mund. Wenn sie uns schon so sehen würden, dann gerne auch richtig, es sollte sich ja lohnen.
 

Als ich Luther vor der Tür hörte, wurde ich noch einmal fordernder und rollte ich mich mit einem Grinsen auf Peter, der beides erwiderte. Ganz vorsichtig bewegte ich meine Hüfte gegen seine, als die Tür aufging.

„Guten Morgen, Jungs. Aufstehen und fertigmachen, in einer halben Stunde ist...“, unterbrach der Betreuer seine morgendliche Litanei und wechselte in ein Brüllen, als er uns entdeckte. „Ihr kleinen...! Raus aus dem Bett und zwar alle beide! Sofort!“
 

Wie ertappt hörte ich auf, mich zu bewegen und zog die Decke fester über uns, ehe ich stammelte: „Ehm... Ist grad ganz ungünstig.“

„RAUS DA!“ Luthers Kopf wurde hoch rot und er kam auf das Bett von Mat und Peter zu.

„Sicher? Das wollen Sie nicht sehen...“, spielte Peter mit. Luther stand nun fast vor dem Bett und Mat schlüpfte noch an ihm vorbei heraus.
 

„Boah, endlich hört ihr auf. Das geht schon seit ’ner halben Stunde so, ich dachte schon, ich werd seekrank. Aber das will wirklich keiner sehen, wenn die beiden jetzt aufstehen.“ Mit angewidertem Blick wendete er dem Bett den Rücken zu. Natürlich sahen mittlerweile auch alle anderen neugierig zu uns.
 

„Wenn ihr jetzt nicht SOFORT aufsteht, dann zieh ich euch aus dem Bett!“, drohte der Betreuer.

„Schon gut, schon gut. Aber Sie sollten wirklich wegsehen. Das gehört sich nicht“, meinte ich, kurz bevor ich Peter noch einen leichten Kuss gab und die Decke etwas anhob. Tatsächlich sah Luther etwas zur Seite. Eilig standen wir auf und sprangen aus dem Bett.
 

Kaum kamen wir auf dem Boden zu stehen, sah er wieder zu uns. Ihm entgleisten alle Gesichtszüge. Kein Wunder, wir standen ja auch vollständig mit Schlafklamotten bekleidet vor ihm und man konnte kein Zeichen von Erregung sehen. Nicht, dass sie nicht da gewesen wäre, aber sobald er den Raum betreten hatte, war sie bei uns beiden verflogen. Er griff an uns vorbei zur Bettdecke, hob sie an und fühlte auf dem Bettlaken.
 

„Pft, da werden Sie nichts finden. Für wie blöd halten Sie die beiden? Die fangen doch nicht ernsthaft an rumzumachen, wenn gleich jemand zum Wecken kommt“, warf Mat ein und grinste uns beide dann an. Ihm schien der Scherz ebenfalls gefallen zu haben. Und auch von den anderen Jungs grinsten, bis auf Blaine, alle vor sich hin.
 

„Was hattest du in Peters Bett zu suchen?“, herrschte mich Luther an.

Ich zuckte mit den Schultern. „Wir waren schon wach und wollten quatschen ohne jemanden aufzuwecken. Also bin ich zu ihm rüber.“

„Und was sollte das Theater?“ Diesmal wurde Peter angesehen.

„War ’ne spontane Idee, weil doch sowieso alle glauben, dass wir drei ständig miteinander rummachen“, griff Peter meinen Gedanken auf.

„Lasst den Blödsinn sein und geht euch umziehen! Ihr müsst noch eure Klamotten packen.“ Wir gehorchten und trotteten von dannen, um uns fertig zu machen. Es war gut zu wissen, dass er uns für den Mist nichts konnte.
 

Nach dem Frühstück gab es noch das obligatorische Gruppenphoto am Ende eines solchen Camps. Als ich sah, dass sich Mat und Peter einige Schritte abseits der Gruppe aufstellten, ging ich zu ihnen herüber, stellte mich zwischen sie und legte jedem von ihnen eine Hand auf die Schulter. Sie taten es mir gleich und legten ihre Hände grinsend auf meine Schultern. Tatsächlich schafften wir es das Grinsen aufrecht zu erhalten, bis der Photograph endlich abgedrückt hatte.
 

Danach ging es Sachen holen und dann in den Bus. Dort sah ich, dass wieder Willis dem schwächlichen Finn bei seinem Koffer half. Da noch einmal kontrolliert wurde, ob alle da waren, mussten wir in derselben Reihenfolge einsteigen, in der wir ausgestiegen waren. Ich suchte mir wieder einen Platz recht weit vorne, da dort die Chance groß war, dass entweder eine Reihe davor oder dahinter noch für Mat und Peter Platz blieb. Abgesehen davon, dass wohl sowieso keiner zu nah an mir oder den beiden sitzen wollte.
 

Da noch beide frei waren, als Peter einstieg, entschied er sich für die Reihe vor mir. Als Mat als vorletztes den Bus betrat, stand Peter auf. Ich ging davon aus, da Mat auch schon auf der Hinfahrt am Fenster gesessen hatte, dass er seinen Bruder durchlassen wollte, damit er wieder dorthin konnte, aber tatsächlich setzte er sich neben mich und grinste nur, als ich ihn verwundert ansah.
 

„Toby, kann ich deinen Walkman haben? Dann könnt ihr beide mit unserem hören“, bat Mat auch schon im nächsten Moment. Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass die beiden das vorher irgendwann unauffällig ausgeheckt hatten, ohne dass ich es mitbekommen hatte.

Ich reichte Mat meinen Walkman, der im Gegensatz zu ihrem nur einen Kopfhöreranschluss hatte. Außerdem durfte er sich aus beiden Sammlungen zuerst eine Kassette aussuchen.
 

Die Fahrt verlief ziemlich ruhig. Zuerst unterhielten wir uns noch zu dritt, dann setzte sich Mat die Kopfhörer auf und holte sein Buch heraus. Noch eine Weile redete ich mit Peter, schmiedete mit ihm Pläne, was man anstellen konnte, wenn man sich gegenseitig besuchen kam, dann ging uns der Gesprächsstoff aus. Ich lehnte mich gegen das Fenster und ließ mich von der Musik beschallen, während Peter etwas las. Leider war mir das nicht vergönnt, da mir davon schlecht wurde.
 

Kurz vor Portland polterte plötzlich Peters Buch zu Boden. Etwas verwirrt sah er durch die Gegend, dann hob er es auf und setzte sich wieder hin. Nachdem er es in seinem Rucksack verstaut hatte, drehte ich mich etwas zu ihm, sodass ich mit dem Rücken, der Sitzlehne und dem Fenster ein Dreieck bildete, und zog ihn an der Schulter zu mir. Etwas widerwillig ließ er es geschehen und legte seinen Kopf gegen meine Brust. Dort schlief er dann auch direkt weiter, während ich ihm über Kopf und Schultern streichelte.
 

Ich merkte noch, wie Mat in seinem Rucksack kramte und etwas Größeres hervorholte, schenkte dem aber keine weitere Beachtung, sondern sah weiter Peter an, bis der Ältere sich plötzlich umdrehte, es einmal kurz heller wurde und ein Klicken und dann ein Surren zu hören war.

Verwundert sah ich zu ihm, wie er gerade ein Polaroid aus der Kamera in seiner Hand zog. Seit wann hatte er denn eine dabei? Sogar Peter regte sich wieder und sah seinen Bruder böse an. Sofort erklärte dieser: „Sorry, Chris hat Sonntag immer noch keine Ruhe gegeben, weil er sich Sorgen gemacht hat... Du weißt schon, dass Toby dich ausnutzt und so. Ich wollte ihm zeigen, dass es nicht so ist, deswegen hat er die Kamera dagelassen. Eigentlich wollte ich euch beim Händchenhalten nachts photographieren, aber ihr habt ja lieber zusammen im Bett geschlafen und da dachte ich, dass das falsch aussehen könnte. Und der Blitz hätte sicher die anderen geweckt. Ich wollte nicht, dass sich Chris das mit der Einladung nochmal überlegt, nur weil er Angst hat, dass Toby dich zu irgendwas überredet.“
 

Peter hatte mir in der Woche erzählt, dass sein Vater ihn nach dem Tanz mit nach draußen gebeten hatte, um ihn zu ermahnen, dass er sich von mir zu nichts überreden oder drängen lassen sollte. So wie ich es heraushörte, war das wohl bei beiden Brüdern schon vorgekommen. Daher fand ich die Idee von Mat umso süßer. Zumal so ein Photo sicher schön war. Ich grinste den Älteren an. „Bekomm ich auch eins?“

„Klar. Moment... Stillhalten...“ Gerade als Mat abdrückte, hob Peter die Hand und zeigte den Mittelfinger in die Kamera. Lachend wurde mir das zweite Photo überreicht.
 

Als es fertig entwickelt war, sah ich es mir an. Es passte wirklich gut. Peter, wie er an mich gekuschelt lag, die Augen verschlafen halb geöffnet, meine Hand noch in seinen Haaren und seine zu einer obszönen Geste gehoben. Es entsprach Peter um einiges mehr als das erste Photo, das ich mir ebenfalls zeigen ließ. Dort schaute keiner von uns in die Kamera. Peter schlief noch und ich sah zu ihm herunter. Es war eine friedliche Atmosphäre. Ich reichte das erste Photo zurück und streichelte Peter durch die Haare. „Du bist wirklich süß, wenn du schläfst.“
 

„Schön. Lasst ihr mich jetzt weiterschlafen?“, grummelte dieser nur als Antwort. Natürlich ließen wir ihn in Ruhe und Mat drehte sich wieder um und schlief nach einer Weile ebenfalls. Und auch mir fielen die Augen zu.
 

Erst als einer der Betreuer Boston als nächsten Halt ankündigte, kam wieder Leben in uns. Wir tauschten unsere Geräte und Kassetten zurück, wobei wir uns noch gegenseitig welche ausliehen, und Mat und Peter begannen sich zum Aussteigen fertig zu machen. Als der Bus hielt, standen beide auf. Ich tat es ihnen gleich und umarmte beide noch zum Abschied. „Wir sehen uns. Und vergesst nicht, zu schreiben oder anzurufen.“

„Machen wir. Komm noch gut heim und lass dich von den Idioten nicht ärgern“, wünschten sie mir noch, dann verließen sie den Bus.
 

Aus dem Fenster sah ich ihnen zu, wie sie zuerst Chris begrüßten und dann mit seiner Hilfe ihre Taschen aus dem Bus hievten. Willis half Finn beim Ausladen seines Koffers. Mehr konnte er dann auch nicht mehr tun. Ich sah, wie der Schmächtige mit dem großen Koffer zu seinen Eltern trottete und direkt mit einer Ohrfeige begrüßt wurde. Dem anderen war deutlich anzusehen, dass er mit den Zähnen knirschte. Auch sie hatten sich wohl wirklich angefreundet.
 

Als der Bus wieder anfuhr, drehten sich die ungleichen Brüder und ihr Vater zu mir um und winkten mir zum Abschied zu. Hoffentlich ein Abschied, der nicht allzu lange währen würde.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Das war's, das war das letzte Kapitel O_O
Es folgt nächste Woche noch ein Epilog, der den Anschluss an Samsas Traum bilden wird und dann ist diese kleine Geschichte auch schon wieder beendet. Komplett anzeigen

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