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Verwünscht

[ein gar märchenhafter Nami & Sanji~OS]
von

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Verwünscht


 

Verwünscht

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Gebannt hing der Kapitän der Strohhut-Piraten an den Lippen der Navigatorin. Denn diese war bei der wöchentlichen Putzaktion, und dem Säubern ihrer Kajüte, auf ein Buch gestoßen, das man seit ein paar Tagen als ihren getreuen Begleiter betiteln konnte. Alt und vergriffen zeigte sich der Einband des Werkes, so, als es wäre bereits durch viele hundert Hände gegangen. Abermals erfüllte die Stimme der jungen Frau die Kombüse:

»›Geneigt will ich sein, Euch zuzuhören ... Doch was hätt' ein gar schleimig kriechendes Getier mir schon zu sagen? So sprecht, Frosch. Sprecht rasch, bevor meine Geduld ihr Ende findet.‹ Doch noch eh der Frosch einen Laut zustande brächte, erhob sich die eitle Maid und schritt mit flinken Füßen über das begrünte Erdenreich.‹«

Ruffy, der im Schneidersitz auf dem wackeligen Stuhl saß, lauschte den Worten und nickte bedächtig. »Und dann?«

»Ruffy«, stöhnte Lysop und schüttelte das lockige, rabenschwarze Haupt. »Das weiß doch jedes Kind.«

»Ach ja? Na dann erzähl' mir doch, wie es weitergeht, du Besserwisser«, rief der Kapitän und warf die Hände in die Luft.

»Jetzt beruhigt euch mal!«, murmelte Sanji und trat auf seine Kameraden zu, um den zuvor bereiteten nachmittaglichen Snack in die Mitte des Tisches zu stellen. »Das sind Märchen«, fuhr der Smutje fort. »Aber Lysop hat nicht Unrecht. Eigentlich kennt jedes Kind diese Geschichten.« Mit einem Zucken der Schultern wandte sich der junge Mann wieder der Kochstelle zu, um die Vorbereitungen für das Abendessen zu treffen.

»Hey, Nami«, hob Ruffy an, als er bemerkte, dass die Navigatorin das Buch zuklappte und sich von ihrem Platz erhob.

»Ich habe ein bisschen Kopfschmerzen, wir lesen später weiter, ja?« Ein mildes Lächeln umspielte ihre Lippen, während sich Nami daran machte, der Kombüse zu entfliehen.
 

Fröstelnd fuhr sich die junge Frau über die Arme. Seit den letzten Tagen hatte das Wetter wahrlich Kapriolen geschlagen, die alles andere als erheiternd waren. So waren sie von glühender Hitze in eisig kalte Gefilde geschlittert. Ein Umschwung jagte den nächsten. Unglücklicherweise besaß die Navigatorin ein gutes, um nicht zu sagen fabelhaftes Gespür für derartige Wetterwechsel, die jedoch nicht ohne Folgen blieben. Noch fehlte ihnen ein Arzt an Bord und die Versorgung mit Medikamenten schien eher dürftig und auf ein Minimum beschränkt. Ein paar Tabletten gegen Übelkeit und Kopfweh, Mullbinden, Tupfer und Pflaster, all das tummelte sich in dem kleinen Schränkchen, das über dem Waschbecken neben dem Spiegel im Bad angebracht war.

Hastig eilte Nami in ihre Kajüte, warf das alte Buch auf die Tagesdecke ihres Bettes und griff nach dem erstbesten Pullover, der ihr in die Finger kam. Die Luft schien zwar nicht frostig, doch um an Deck bleiben zu können, musste etwas Wärmendes her. Langsam befühlte die junge Frau ihre Stirn.

»Kein Fieber, zum Glück«, japste sie. Auch ihre Nase war kühl, die Wangen jedoch leicht gerötet.

Mit trägen Schritten erklomm Nami die Sprossen zum Speicher hinauf und als die Tür des Lagers ins Schloss fiel, zeigte sich auf ihrem Gesicht ein fragender Ausdruck. »Zorro!!«, donnerte sie und scheuchte damit den Rest der Mannschaft aus der Kombüse.

»Hey Jungs, da ist eine Insel«, bemerkte Ruffy überflüssig.

Der Schwertkämpfer und einstige Kopfgeldjäger scherte sich jedoch nicht um den zornigen Ausdruck auf dem Gesicht des Mädchens, auch die Worte des Kapitäns ließen ihn nur knapp die massigen Schultern zucken.

»Die Insel sieht komisch aus«, brachte Lysop hervor, zog sich seine Brille über die Augen und stellte die nötige Schärfe ein, um sich so einen besseren Überblick zu verschaffen.

»Wieso? Was ist denn so komisch daran?«, fragte Ruffy und war schon im Versuch, dem Kanonier das Gestell vom Haupt zu zerren.

»Nichts«, fauchte Lysop und entwandt sich Ruffys gierenden Händen. »Sie ist einfach nur komisch geformt.«

»Geformt?« Nami trat näher an den Bug heran und begutachtete die absurde Struktur des Eilands. Starr konzentrierte sie sich auf das, was sich vor ihren Augen auftat, ehe jene zu brennen begannen und sie den Blick abwenden musste. »Ich kann nichts Ungewöhnliches erkennen.«

»Dann warten wir eben, bis wir dort anlegen!«, meinte der Kapitän bestimmend.

Und so geschah es.
 

Mit vor der Brust verschränkten Armen, und mit dem Fuß auf den Dielen tippend, ließ Ruffy seinen Blick über die kleine Bucht schweifen, an der sie ankerten. »Was soll daran denn jetzt komisch sein?« Noch immer schien er an der Aussage des Kanoniers zu zweifeln, was das Äußere der Insel betraf.

»Vielleicht hab' ich mich auch verguckt«, lenkte Lysop ein und zuckte die schmächtigen Schultern.

»Ist doch egal, los Leute«, drängte Zorro und sprang noch vor allen anderen von Bord.

»Hey Zorro!«, erhob Ruffy keifend die Stimme. »Ich sage wann wir von Bord gehen!«

Doch der Schwertkämpfer hatte bereits einige Meter zurückgelegt.

»Und wer bleibt dieses Mal hier?«, verlangte Nami zu wissen und besah sich die restlichen Mitglieder der Crew. Ruffy wäre definitiv nicht dafür, das Schiff zu bewachen und Lysop, ob er nun mitkäme oder dort bliebe, ohnehin ein viel zu großes Risiko.

»Ich bleibe«, bot sich Sanji an. »So viel wird hier sicherlich nicht zu sehen sein.«

»Na, wenn du dich da mal nicht irrst«, meinte die Navigatorin zögernd, doch der Smutje wirkte dennoch recht zuversichtlich. »Ihr wartet!«, befahl sie den anderen Beiden. »Ich gehe mein Vermessungswerkzeug holen.«

Wenige Minuten später prangte ein großer Rucksack auf dem schmalen Rücken der jungen Frau. Lysop bekam den Rest der Ausrüstung in die Hand gedrückt, während Nami mit dem Gedanken spielte, dem Kapitän eine Leine anzulegen, damit dieser nicht, ähnlich dem Schwertkämpfer, einfach ausbüxte.

»Sanji«, hob Nami an und wandte sich zu dem Smutje um, der noch immer über ihnen an der Reling stand. »Wir gehen dann los.«

»Okay«, gab dieser knapp zurück, »und solltet ihr etwas Essbares finden, dann wisst ihr ja ...«

»Ja«, unterbrach ihn Lysop rüde. »Ja, dann bringen wir es mit. Hoffentlich gibt es hier keine Dinosaurier oder andere seltsamen Kreaturen.«

»Oh lecker«, frohlockte Ruffy und Rinnsal Speichel tropfte ihm bereits vom Kinn.

»Ruffy, jetzt reiß dich mal zusammen!«, fauchte Lysop und so machte sich das Trio auf, nicht nur die Insel zu erkunden, sondern auch einen orientierungslosen, ehemaligen Kopfgeldjäger aufzuspüren, der ihnen abhanden gekommen war.
 

Mit einer Kordel um den Bauch geschlungen, und verdrießlicher Miene, stapfte das Oberhaupt der Strohhüte vor seinen Freunden her.

»Ruffy«, seufzte Nami und schüttelte den Kopf. »Ich habe dir doch mehr als deutlich zu verstehen gegeben, dass uns dein überschwänglicher Ausbruch nichts als Ärger einbringt. Jetzt hör' auf zu schmollen!«

»Ja ja«, murmelte der junge Kapitän und wurde abrupt durch einen Ruck zum Stehen verbannt.

»Ich hätte dich nicht anleinen müssen, wärst du nicht schon wieder so übermütig gewesen und wie ein Wahnsinniger über den Strand gefegt«, fauchte sie und erntete ein bestätigendes Nicken des Kanoniers. »Wir sollten Zorro suchen, sonst sind wir noch die halbe Nacht beschäftigt.«

Doch nur wenige Augenblicke später sollte die Navigatorin ihren Vorschlag bereuen:

Noch eh sie den Satz beendet hatte, fiel der ohrenbetäubende Schall Ruffys Stimme über sie her, wie eine Horde Bienen an einem heißen Sommertag. Nami gab es auf, den Jungen länger zu halten und band ihm das Tau von den Hüften. Solle er doch die halbe Insel in Aufruhr versetzen, sofern es hier Bewohner gab. Sie scheuchte ihren anderen Begleiter weiterhin durch den Wald, der sich vor ihnen auftat, sobald sie den Küstenstreifen hinter sich ließen.

Nichts von all dem ahnend, befasste sich das letzte Mitglied der Strohhut-Piraten mit dem Braten von Fisch und anderen Köstlichkeiten. Ein Rumpeln jedoch war es, das ihn von seiner Tätigkeit aufschauen ließ. Die Tür zur Küche stand sperrangelweit auf, sodass er trotz des Kochens noch immer vermeintliche Unannehmlichkeiten oder Vorkommnisse mitbekäme. Sich die Hände an einem Tuch trocknend, trat er in den nahenden Abend hinaus und erspähte eine kleine Gestalt, die in Mitten des Decks stand.

»Wer bist du?«, verlangte er zu wissen und war schon im Begriff, die Stufen hinabzusteigen, als jenes fremde Wesen zum Sprunge anhielt und sich vor ihm auf dem hölzernen Geländer, einer Feder gleich, niederließ.

Verblüffung zierte die Miene des Smutjes. »Bist du ein Vogel?«

Doch die Gestalt spie nur ein leises Kichern aus. Eingehüllt in eine dunkle Kutte, deren Kapuze das Gesicht des Fremdlings barg. Schwarze Augen blitzen unter dem Stoff hervor, sodass der junge Koch zurückstolperte.

»Was bist du?«, herrschte er und wand eiligst den Blick nach allen Seiten, vielleicht in der Hoffnung, seine Kameraden zu erspähen. Doch niemand war dort, um ihm beizustehen.

»Ich habe auf dich gewartet«, gackerte das Wesen und aus den finsteren Perlen drang helles, himmlisches Blau. Das Gewand der Gestalt fiel ihm von den Schultern und gab ein blondes Mädchen preis. Mit galantem Schwung, einer Prinzessin würdig, fanden ihre Füße festen Stand auf den blankpolierten Dielen. Und als jenes Mädchen den Blick hob, umwogen helle Locken ihr liebliches Gesicht, das zart war, vollkommen, ohne einen Makel entstellt.

»Sei du mein Prinz«, rief sie entzückt und schlang sogleich die bleichen Arme um den Hals des jungen Mannes. Und noch eh der Smutje sich jenem verwehren wollte, fanden die Lippen des Mädchens seinen Mund.
 

Sprachlos und mit großen Augen blickte das Trio zu dem hohen Turm hinauf, an dessen steinernen Mauern der Schwertkämpfer saß und offenkundig seinem Steckenpferd frönte.

»ZORRO!« Erst die mahnenden Worte der Drei, ließen ihn blinzeln.

»Oh, hey, was macht ihr denn hier?«, verlangte dieser, nach einem herzhaften Gähnen, zu wissen.

»Dasselbe könnten wir dich fragen!«, fauchte Nami und stemmte die Hände in die Hüften. »Du hattest es ja sehr eilig.«

»Was?«, schnaubte Zorro verächtlich. »Wo von redest du, Nami?«

Irritiert wandte sich die junge Frau ihren Kameraden um. Zu ihrem Glück sprang ihr Lysop sofort zur Seite: »Sag mal, pennst du etwa immer noch?«

»Warum regt ihr euch denn so auf?«, beschwerte sich der Schwertkämpfer und erlag dem Versuch, sich zu erheben, doch es gelang ihm nicht. »Was zum -«

»Hey, Zorro«, meinte Ruffy und wollte einen Schritt auf ihn zugehen.

»Bleib wo du bist, Ruffy!«, zischte Zorro und der Kapitän hielt abrupt inne. »Ich habe keine Ahnung was das hier soll.«

»Wie kannst du keine Ahnung haben?«, keifte Lysop.

»Ich kann mich nicht bewegen.« Zorro bemühte sich sichtlich um Ruhe, doch dass man ihn derart einschränkte, behagte ihm nicht. »Ich weiß ja nicht einmal, wie ich hier her gekommen bin!«

»Das hatten wir schon«, fuhr der Kanonier fort.

»Da war so ein Mädchen«, hob Zorro an und schien in seinen Erinnerungen versunken.

»Ein Mädchen?«, wiederholte Nami und bekam nur ein Schulternzucken der anderen Beiden als Antwort.

»Ja, eine Blondine, mit Locken«, fuhr Zorro fort. »Sie hat mich hierher geführt und dann war sie mit einem Mal verschwunden.«

»Sehr hilfreich«, spottete Lysop. »Kannst du dich jetzt wieder bewegen?«

»Nein, du Vollidiot, kann ich ...«, knurrte der mürrische Schwertkämpfer, ehe er sich selbst unterbrach und aus der starren Haltung löste. »Na so was. Ha, wer sagt's denn!«

»Findet ihr das nicht auch ein bisschen ... komsich?«, fragte Nami an Ruffy und Lysop gewandt.

»Fangt ihr schon wieder damit an?«, schnarrte Zorro und trat auf die Gruppe zu, ehe auch er sich zu dem Turm in seinem Rücken umdrehte. »Woah, was für ein Bau! Ich will gar nicht wissen, wer da drinnen verrotten muss.«

»Sei still!«, zischte die Navigatorin.

»Wie cool!« Die Augen des Kapitäns begannen gefährlich zu glitzern. »Vielleicht können wir demjenigen einen Besuch abstatten?«

»Bist du wahnsinnig?!« Die Stimmen von Kanonier und Navigatorin hallten in den Ohren des naiven Jungen nach, während diese den Anschein erweckten, nicht schnell genug von der Lichtung fortzukommen.

»Okay, dann nicht«, murmelte Ruffy betrübt und ließ sich widerwillig von seinen Freunden und jenem, merkwürdigen Ort wegzerren.
 

Murrend wandte sich der junge Mann aus einem unruhigen Schlaf. Ein Traum? ...

Ein solch schönes, gar bezauberndes Mädchen musste eine Traumgestalt sein! Denn noch nie war ihm ein so graziles, anmutiges, himmlisches Wesen so nah gekommen. Lippen, so weich und warm, dass ihm die Sinne schwanden.

Doch all dem Sehnen und Schmachten folgten pochende Schmerzen. Das liebreizende Fräulein - Welchen Bann hatte sie über ihn gebracht? Der Kopf tat ihm weh, seine Glieder waren von einer Schwere erfüllt, die ihm nicht geheuer war. Ein stöhnender Laut wollte ihm aus der Kehle steigen, doch jene Töne der Erleichterung blieben ihm versagt. Stattdessen echote, aus weiter Ferne, ein Geräusch. Fremd, merkwürdig und ... quakend.

Nervös blinzelte der Smutje Erstaunen und Verwirrung fort, doch die Perspektive, die sich ihm bot, glich einer verkehrten Welt. Selten war er dem Boden so nah gewesen, hatte die Maserungen der Dielen bemerkt, oder den Staub, der ihm unangenehm in der Nase brannte.

Wo war sie? Wo war das Mädchen, die Prinzessin, die ihn so mit ihren Lippen und Worten betörte?

Abermals versuchte sich der junge Mann an einem Laut des Protestes, der seine Leiden mildern sollte, doch wieder drang nur dumpfes, entferntes Grummeln an sein Gehör. Dann, ganz plötzlich, begann der Boden unter seinem schlaffen Leib zu beben. Ein Zucken, Zittern, das ihm Angst bereitete. Ein Seebeben etwa, welches das Meer erschaudern ließ? Ein Vulkan, tief unten auf dem Grund der See, der einem Ausbruch nahe war? Nein ...

»Sanji? Sanji?«

Töne, so schrill, dass ihm der Kopf zu platzen drohte. Welch schreckliche Lage, in der er sich befand! Warum rief man seinen Namen? Er lag doch hier, an Deck. Noch immer dort, wo das Zusammentreffen zweier Seelen begonnen hatte. Erneut übte er sich an einem Laut. Wieder entkam nur Luft seinen Lungen.

»Ihhhhh. Was ist das?«

Der Smutje horchte auf. Über ihm ragten die Gestalten seiner Freunde auf. Doch statt ihn freudig zu begrüßen, sah er nur Ekel und Widerstreben in ihren Gesichtern.

»Wie kommt ein Frosch hier her?«, fragte der Kapitän in die Runde. Ratlosigkeit spiegelte sich auf den Mienen der Mannschaft. Ein Duft kitzelte ihm die Nase. Orangen, überall würde er sie erkennen. Er hob den Blick und erschrak, als er den angewiderten Ausdruck auf dem hübschen Antlitz der Navigatorin sah.

»Frösche sind widerlich!«, spie sie aus. »Macht ihn weg! Los, macht schon!«

»Was hast du denn gegen Frösche?«, fragte der Kanonier und hob den Eindringling auf seine Hand. Jenem wirbelte der Mageninhalt umher und ein blubbernder Laut entfloh dem Tier.

»Sie sind schleimig, ekelig und man bekommt Warzen, wenn man sie anfasst. Also, schmeiß' ihn über Bord und dann suchen wir Sanji!«, befahl Nami und wandte sich zum Gehen.

»Ich bin hier«, spie der Smutje aus, doch statt Worten war nur brummendes Quaken auszumachen.

»Du, Nami«, hob Lysop an, »ich glaube, deine Idee gefällt ihm nicht.«

»Und wenn schon, mir doch egal! Wir können ihn ja braten«, schnappte das Mädchen.

»Ja, Froschsuppe. Froschschenkel ... Sanji! Ich hab Hunger, wo bist du?« Bei den schmachtenden Worten Kapitäns, entkamen der jungen Frau nur würgende Laute.

»Ich hab den Kerl nirgendwo gesehen«, ließ Zorro vernehmen. Ihn hatte man unter Deck geschickt, um die Kajüten der Männer und die anderen Räumlichkeiten abzusuchen. »Was habt ihr denn da?«

»Abendessen«, kicherte Ruffy.

Wieder verzog die Navigatorin bei der Bemerkung des Kapitäns das Gesicht. »Ihr seid abartig!«

Ein knurrender Ton wallte in dem Smutje auf. Offenbar hatte sich der Rest der Mannschaft, während er das Schiff bewachte, zusammengetan, um ihm einen Streich zu spielen.

»Hey seht mal, der Frosch wechselt die Farbe und er bläht die Backen auf, das sieht witzig aus!« Doch niemand mochte den heiteren Ausbruch Ruffys teilen.

»Habt ihr den Frosch immer noch nicht weggeworfen?«, zischte Nami und trat, nachdem sie ihr Equipment wieder verstaut hatte, auf die Truppe zu. Ohne ein weiteres Wort nahm sie Lysop das Tier aus der Hand, rannte zur Reling und war gerade im Begriff, das schleimig-warzige Ungetüm den Fluten zu übergeben, als sie eine kräftige Hand spürte, die sie zurückhielt.

»Warte, Nami!«, drohte Zorro. »Ich weiß zwar nicht, was das alles soll, oder wie der Frosch hier her kommt, oder wie ich zu diesem Turm kam, aber ...«

»Zorro«, jammerte sie ungeduldig, da das kalte, glitschige Ding in ihrer Hand ein allmähliches Übelkeitsgefühl in ihr auslöste.

»Sieh ihn dir an!«, forderte er und nun waren auch Lysop und Ruffy von Neugier gepackt.

»Ich schau' mir das Ding bestimmt nicht aus der Nähe an!«, fauchte Nami und erntete nur ein bedauerndes Quaken, das in ihrer Hand widerhallte.

»Habt ihr alle Tomaten auf den Augen?«, knurrte Zorro und nahm ihr schlappen, schlaffen Lurch aus der Hand. »Das ist der Gemüseraspler!!«

»Was?« Verdutzt starrte Nami zu ihrem Kameraden auf. »Hast du den Verstand verloren? Sanji ist hier irgendwo und das ist nur eine schleimige ...«

»Guckt mal«, fiel Ruffy in ihre Schimpftirade ein. »Der hat 'ne gekringelte Augenbraue!«

»Ein Frosch mit Kringelbraue?«, geierte Lysop und begann ebenso haltlos zu wiehern, wie es sein Kapitän tat. Schallendes Gelächter erfüllte die Flying Lamb, während im Stillen der Bäume ein gar liebliches Wesen vor ebensolcher boshafter Freude verging.
 

Skeptisch betrachteten ihn braune Augen aus der Ferne. Nami hatte sich bis ans Ende des Zimmers zurückgezogen, um dem verzauberten Smutje nicht zu nahe zu kommen, während man ihn in die Mitte des Tisches verfrachtet hatte. Da waren sie, seine Freunde. Doch er ... er war nur ein quakendes, glitschiges, schleimiges Etwas, mit Warzen übersät. Keine lieblichen Worte, die von seinen Lippen kamen und die Schönheit der Mädchen priesen, stattdessen nur Laute, die alles andere als volltönend waren. Ein Platschen erklang, als er einen Satz zur Tischkante machte.

»Du bist also unser Smutje?« Ruffy, der vor ihm saß, stupste ihn mit dem Finger in den Bauch, sodass der Lurch den Halt verlor und auf dem Rücken landete. Ein protestierender Laut entfloh ihm und abermals blies das Tier die Backen auf.

»Widerlich«, vernahm man nur die Worte der Navigatorin, deren Körper sich vor Ekel zu schütteln begann.

»Lass das lieber, sonst küsst sie dich nie«, meinte Lysop kichernd an die Kröte gewandt.

»Ich küsse hier niemanden. Weder einen von euch, noch dieses ... dieses Ding da!«, schnappte das Mädchen wütend und machte Anstalten, die Küche zu verlassen.

»Hey Nami, und wer kocht jetzt?«, fragte Zorro.

Die einstige Diebin wandte sich mit einem schelmischen Grinsen zu ihm um: »Na, der Smutje, wer sonst?«

»Das finde ich weniger witzig«, ließ Ruffy verklingen und stupste dem Frosch von Neuem den Bauch.

Mit trüben, wässrigen Augen sah der Smutje dem Mädchen nach. Wieder versuchte er, den peinigenden Fingern des Kapitäns zu entkommen. Ein kräftiger Sprung, ausgehend von den Hinterbeinen und der Frosch fiel vom Tisch und landete mit einem klatschenden Geräusch auf dem Kombüsenboden. Hüpfend, platschend ... Als er die vielen Meter bis zur Tür hopste, wandte er sich mit einem lauten Quaken an seine Freunde.

»Was will er denn?«, fragte Ruffy.

»Offenbar nach draußen«, gab Lysop zurück, der dem Frosch den Wunsch erfüllte.
 

Das Vibrieren unter seinen Finger- und Zehenspitzen verriet ihm, dass das gesamte Schiff in Aufruhr schien. Oder kamen jene Bewegungen einzig und allein von dem Mädchen, das sich, aus Angst und Ekel vor ihm, in ihrem Zimmer verschanzte?

Polternde Laute erklangen, ehe er ein Scheppern vernahm. Dann klappte eine Tür, nicht weit von ihm entfernt. Schwere Schritte ließen ihn den Kopf gen Himmel strecken.

»Du bist also jetzt an Deck?« Ihre Stimme war kalt, abschätzig, als sie sich über ihm erhob. Typisch für sie, und doch schien etwas anderes darin mitzuschwingen. Furcht? Doch was konnte er schon für jene Gestalt, in die man ihn verbannt hatte?

Nami presste ihren Rücken ganz fest gegen das Holz, während sie sich an der Wand entlang in Richtung Kombüse bewegte, ohne das Getier aus den Augen zu lassen. »Bleib mir fern!«, fauchte sie, während ihre Finger nach der Klinke suchten. Rasch berührten ihre Hände das kühle Metall, ehe sie die Pforte öffnete und eiligst in den Raum schlüpfte.

»Hey Nami«, begrüßte sie Ruffy. »Du hast Sanji mitgebracht.«

»Was?« Abrupt glitt ihr Blick nach unten, suchte neben sich und die junge Frau erschrak. Da saß er und gab keinen Ton von sich. »Wie? Was?«

Doch statt sich um sie zu scheren, hüpfte der Frosch von dannen. Immer vorwärts. Bis er vor den Füßen des Schwertkämpfers zum Stehen kam. Ein blubbernder Laut erklang, dem das abfällige Schnalzen einer Zunge folgte und Zorro sich erbarmte, das glitschige Tier wieder auf den Tisch zu bugsieren. Dann, mit einem Male, entwich dem Lurch ein Röcheln, dann Krächzen. Dann erhob er seine Stimme:

»Ein paar schöne Freunde seid ihr mir!«

»Sanji.« Überschwänglich begann der Kapitän zu jauchzen. Auch wenn die wenigen Worte leicht verzerrt und seltsam klingend aus der Kehle des Tieres drangen, waren sie dennoch verständlich und brachten Verwirrung mit sich.

Worte, so viele, prasselten auf ihn nieder wie Hagelkörner. Drangen grob und abgehackt an sein empfindliches Gehör. Doch das Wie und Warum schien allgegenwärtig. Der Smutje, in Froschgestalt, wartete geduldig, bis die Flut abebbte und man ihn sprechen ließ. Er erzählte von der Gestalt, die ihm an Deck begegnet war. Beschrieb jenes Wesen, das ihm erst voller Bosheit entgegenblickte und sich dann als Schönheit entpuppte, wie ein gar zarter Schmetterling, der seinem Kokon entschlüpfte.

»Wie? Blond mit Locken?«, echoten Lysop und Ruffy erstaunt, und auch Zorro schien in Alarmbereitschaft. »Sag das noch mal!«

Verblüfft über jene Reaktion, wiederholte die Kröte abermals die Beschreibungen der schönen Frau und ein verächtliches Schnauben war zu hören.

»Natürlich ist ein bezauberndes Mädchen Schuld, an deinem Dilemma«, die fauchenden, zornigen Worte hatten ihren Mund verlassen, noch ehe sich Nami dessen gewahr wurde. »Zorro hat dasselbe erzählt, aber offenbar hat sie es nur auf dich abgesehen.«

»Ja, vielleicht war Zorro ihr nicht hübsch genug«, feixte Lysop und erntete einen bösen Blick sowohl vom Schwertkämpfer, als auch von dem Smutje. »Oder einfach nicht ihr Typ.«

»Oder er war ihr zu ... wie sagt man noch?«, hob Ruffy an und spürte sogleich eine Schwertspitze, die gefährlich nahe vor seiner Nase umher wackelte.

»Sprich weiter, Kapitän!«, drohte Zorro und Ruffy wand sich in haltlosen Erklärungsversuchen.

»Brutal, affig, arrogant ...«, legte Sanji nach und spürte bereits, wie ihm die Bodenhaftung entglitt. Ein Klatschen ertönte, und der Frosch landete an der gegenüberliegenden Wand und fiel vor die Füße der Navigatorin.

»Zorro, sag mal, bist du jetzt auch schon von allen, guten Geistern verlassen? Wenn er stirbt ...«, ereiferte sich das Mädchen, auch wenn sie noch immer einen großen Schritt um das schleimige Häufchen herum tat.

»Der lebt noch«, meinte der Schwertkämpfer abfällig. »Da, siehst du?«

Und tatsächlich regte sich das Tier. Doch statt sich seiner anzunehmen, hielt es Nami für angenehmer, dem Lurch so schnell wie möglich zu entkommen. Kränkung zeigte sich, nachdem er die Besinnung wiederfand, auf seinem krötenhaften Gesicht. Dennoch hüpfte der Frosch erneut auf den Tisch zu und ließ sich vom Kanonier aufhelfen.

»Sie nannte mich Prinz ...«, fuhr Sanji unbeirrt fort. Das verächtliche, höhnische Schnauben von Schwertkämpfer und Navigatorin ignorierte er, wobei Letztere ihm einen Blick entgegenbrachte, den er nicht zu deuten wusste. »Und dann ...«

»Was dann?«, fragte Nami und stellte ihre Abneigung mit vor der Brust verschränkten Armen nur allzu deutlich zur Schau.

»Dann hat sie mich geküsst«, endete der Lurch und Stille trat ein.
 

Verdutzt starrten die Strohhut-Piraten einander an.

»Wenn Zorro also nicht so ein barbarischer Grobian wäre, dann wäre er jetzt in dieser Misere, ja?« Lysop schien wirklich alle Mühe aufzubringen, um nicht laut loszulachen.

»Wie bitte?«, knurrte dieser und drohte abermals einen Streit vom Zaun zu brechen.

»Wenn dieses Mädchen dich verwandelt hat, dann kann sie dich doch auch wieder zurückverwandeln, oder?«, fragte Ruffy und schien die Situation weitaus ernster zu betrachten, als die Mannschaft es gewohnt war. Schwach brachte der Frosch ein lahmes Nicken zustande. »Dann sollten wir sie suchen.«

»Ist ja alles schön und gut, aber ich will nicht in aller tiefster Dunkelheit durch einen Wald irren, in dem es vor Hexen, Feen oder anderen Monstern nur so wimmelt. Wer sagt uns denn, dass die uns nicht auch verwandeln will?«, bemerkte Nami und löste sich aus der starren Haltung, ehe sie ihre verkrampften Arme ausschüttelte. »Wir sollten bis morgen früh warten.«

Noch ehe die letzten Worte des Mädchens verklangen, schwang die Tür zur Kombüse auf. Nami stieß einen spitzen Schrei aus, während die anderen verwirrt dreinblickten.

»Vielleicht war das ihr Geist?«, bibberte Lysop hinter Ruffys Rücken.

»Unsinn!«, fauchte Nami, die sich offenbar schnell wieder gefangen hatte. »Wer ist da? Was willst du?«

Doch statt einer Antwort wehte nur der eisige Wind um das kleine Schiff, ließ die Äste der Orangenbäume knacken, das Holz ächzen und hielt ein heulendes Klagelied bereit. Mutiger als sie sich fühlte, trat die Navigatorin in die Nacht hinaus. »Jungs!« Ihrem Rufen folgten die jungen Männer nach. Selbst der Frosch hüpfte ihnen hinterher.

»Das ist sie!«, knurrte Zorro und zückte sogleich seine Schwerter. Vor ihnen, abermals in der Mitte des Decks stehend, tat sich jene Gestalt auf, die Sanji und Zorro zuvor beschrieben hatten. Das lange, üppige, sonnengelbe Haar wehte im Wind, der an ihren Locken zerrte.

»Mein Geliebter«, hauchte sie voll Trauer. »Was ist mit dir geschehen? Was haben sie dir angetan?«

»Meint die uns?«, fragte Ruffy und tat seine Verwirrung kund. »Hey«, legte er nach, »was hast du mit unserem Smutje gemacht?«

Doch das Mädchen überging die brüsken Anschuldigungen. Immer wieder vernahm man ihre Worte, während sie um ihren Liebsten trauerte. »Mein Geliebter ...«

»Jungs? Hey, Jungs? Was macht ihr denn?« Fassungslos starrte die Navigatorin zu ihren Kameraden, deren Feindseligkeit abrupt von ihnen abfiel. Wie in Trance schienen sie, einzig angezogen von der liebreizenden Gestalt des Kindes, das jedoch nur Augen für den Smutje in Krötengestalt zu haben schien.

»Was hast du mit ihnen gemacht?«, brüllte Nami dem tosenden Wind entgegen und erschrak, als das Wesen, gänzlich ungerührt, dem Sturm trotzte und plötzlich vor ihr aufragte. Einzig der Lurch schien ihrem Zauber nicht erlegen, stattdessen hielten die anderen Drei ihre Waffen auf die Navigatorin gerichtet.

»Was soll das?«, wimmerte Nami und zuckte, als sie die kalte Spitze von Zorros Schwert an ihrer Kehle spürte.

»So viele Jünglinge ... und alle sind dir zugetan. Besonders er.« Der Blick der jungen Frau ruhte auf dem Frosch, der vor Angst zitterte. »Wenngleich die anderen dir nur Kameradschaft zollen, so liegst du ihm so viel mehr am Herzen. Sein Herz kennt nur dich. Und sieh' was deine Liebe ihm angetan hat, da er mich verschmähte. Mein Zorn kam über ihn und machte ihn dazu.«

Ein schaubender Laut entwicht den Lippen der Navigatorin. »Und was ist mit Zorro?«

»Er war ein Test. Er ließ sich betören, doch war sein Starrsinn übermächtig«, erklärte das Mädchen bereitwillig. »Und die anderen dienen meiner Belustigung.«

»Was bist du?«, zischte Nami und spürte etwas kühles, feuchtes an ihrem Fuß. Sanji hatte sich auf ihrer Sandale niedergelassen und blickte mit schwarzen Augen, die ein zorniges Schimmern bargen, zu dem schönen Wesen auf.

»Du hast Zeit bis morgen Mitternacht«, sprach das hübsche Kind und verschwand so rasch, wie es gekommen war.

»Bis morgen Mitternacht? Was auch immer das heißen mag ... Geh runter!«, damit scheuchte und schüttelte sie den Smutje von ihrem Schuh. »Und ihr? Seid ihr auch wieder wach?«

»Wach? Wieso?«, fragte das Trio verschlafen.

»Weil euch diese blöde Kuh unter ihrer Fuchtel hatte!«, knurrte Nami wütend und stapfte davon.
 

Schweigend blickte die Navigatorin in ihr eigenes Antlitz, das sich im Bullauge der Kombüse spiegelte. Die Nacht war dunkel, finster und nicht ein Stern am Himmel auszumachen.

Als die Fremde abrupt und schnell verschwand, waren bereits Rätsel und Zweifel unter den Strohhüten gesät. Der Frosch, einst Smutje, hatte Mühe den großen Schritten seiner Kameraden zu folgen. Da auch Nami endlich die Küche betrat, wandte er den Blick ab und begnügte sich mit dem lackierten Holz unter seinen Fingerballen.

»Du sagst, sie hat uns verhext?«, fragte Ruffy und die junge Frau nickte.

»Das war ziemlich offensichtlich, aber ...«, hob Nami an und sah dann mit ernstem Gesicht zu ihren Freunden. »Ich habe keinen Schimmer, wie sie es angestellt hat.«

»Sind wir etwa so leicht abzulenken?«, hakte Zorro nach und schien über seine geringe, geistige Stärke empört.

»Keine Ahnung«, entkam es der Navigatorin, die nur schwach die Schultern hob und wieder sinken ließ, ehe sie ihren Fokus auf den Lurch in der Tischmitte richtete. »Aber sie schien in Sanji ein geeignetes Objekt, - Opfer - gefunden zu haben, das sich ihrem Willen beugt. Kein Wunder ...« Die letzten Worte hatte sie mit solcher Geringschätzung gesprochen, dass die Unke zusammenfuhr.

»Vielleicht war es gar nicht Sanjis Schuld?«, merkte Ruffy an, doch Nami wischte seine Vermutung nur abfällig beiseite. Gerade, als sich eine Antwort auf ihrer Zunge niederließ, stieß Lysop die Tür mit vollem Schwung auf. Krachend schlug diese gegen die Vertäfelung und auch wenn der Kanonier sonst so bedacht schien, was das Hegen und Pflegen und die Wartung des getreuen Kahns anbetraf, zeigten die roten Wangen zur allzu deutlich, dass ihm eine Idee gekommen sein musste, die alles andere in den Hintergrund rückte.

»Hier«, sagte er stolz und wuchtete ein Einmachglas auf den Tisch. Das Innere glich einem kleinen Tümpel, mit einer Pfütze aus grünlichem Wasser, angefüllt mit Algen und einer Seerose.

»Wow.« Mit großen, funkelnden Augen besah sich Ruffy das Gefäß.

»Wo hast du das denn so schnell aufgetrieben?«, verlangte die Navigatorin zu wissen, doch auf Lysops Gesicht zeigte sich nur ein großspuriges, breites Grinsen.

»Hey, Frosch«, spie Zorro überraschend aus und lenkte so das Interesse auf jenes Tier, das mit kurzen, abgehackten Sprüngen versuchte, vom Tisch zu hopsen.

»Hier geblieben!«, lachte Ruffy laut schallend und haschte nach seinem Freund. Postwendend entkam dem Smutje ein protestierendes Quaken und er versuchte den Händen des Kapitäns zu entwischen. Als die warmen Finger nach ihm langten, entflutschte der Lurch dem drohenden Gefängnis, schlitterte über die lackierte Tafel und fiel der Navigatorin in den Schoß. Und noch ehe diese einen Schrei ausstoßen konnte, hüpfte der Frosch von ihren nackten Schenkeln und landete platschend auf dem Boden. So schnell ihn seine Beinchen trugen, hechtete Sanji dem Wirrwarr davon und verkroch sich in der nächstgelegenen Ecke. Bibbernd und bebend zuckte der dunkle, kleine Körper und glich eher einem nassen Stein, als einem Lebewesen.

»Vielleicht ist er eine Erdkröte?«, überlegte der Kapitän laut, doch auf eine Reaktion selbiger hoffte er vergebens.

»Du hast ihn beleidigt«, sanft, aber dennoch angespannt drangen die Worte des Mädchens an seine Ohren.

»Wie wäre es denn, wenn du ihn ins Glas zwängst?« Das Grinsen auf Lysops Gesicht war noch immer breit und schien nun mit einem fiesen Hauch an Scheinheiligkeit versetzt.

»Ich fasse ihn nicht an!«, fauchte Nami wütend.

»Aber wir müssen ihn wieder zurückverwandeln! Und bis wir wissen, wie das funktionieren soll, muss er es doch wenigstens angenehm haben, oder?«, lockte der Kanonier.

»Wenn du so gern schleimige Dinge anfasst, dann nimm du ihn doch und steck' in das Glas!« Erneute, gezischte Worte erfüllten die kleine Kombüse. Der Frosch stieß einen blubbernden Laut aus, ehe er sich zu seinen Freunden umwandte und auf diese zu hielt. Eiligst schwang Nami ihre Beine auf die Sitzbank, während ihr Blick unentwegt auf die glitschige Kreatur gerichtet war.

Schwarze Augen stierten zu dem Kanonier empor. Zufrieden hielt ihm Lysop die Hand auf und der Smutje ließ sich in das Gefäß gleiten.

»Wir sollten ihm eine Leiter ins Glas stellen«, höhne Zorro, doch Sanji gab nur ein klagendes Quaken von sich. Die gelockte Augenbraue bog sich in einem gefährlichen Winkel gen Norden.

»Der macht sich bestimmt gut, als Wetterfrosch.« Seinen eigenen Worten folgte sogleich ein Ausbruch tiefster Heiterkeit. Laut hallte das dröhnende Lachen des Schwertkämpfers von den Wänden.

»Dann bin ich wohl überflüssig«, zischte Nami spitz.

»Wieso?«, fragte Ruffy, als sei er sich nicht bewusst, was die Navigatorin hatte sagen wollen.

»Wenn er wenigstens im Glas bleibt!«, schnarrte die junge Frau und auch wenn die schleimig-grüne Haut des Frosches peinliche Röte zu verbergen wusste, tat der Ausdruck auf dem krötenhaften Gesicht des einstigen Smutjes sein Übriges.

»Jetzt mach ihn doch nicht so fertig«, forderte Ruffy, überbrückte mit wenigen Schritten die Distanz zwischen sich und dem Mädchen und baute sich ihr auf. »Ich bin immer noch der Meinung, dass es nicht Sanjis Schuld war. Und damit du deine Einstellung änderst, bleibt er heute Nacht bei dir! Keine Widerrede!«

»Wa -? Hör mal, Ruffy! Ich werde bestimmt nicht mit diesem Untier das Bett teilen«, fauchte Nami, während Zornesröte und Scham gleichermaßen über ihre Wangen herfielen.

»Das habe ich auch nicht behauptet«, knurrte der Grünschnabel und verschränkte gebieterisch die Arme vor der Brust.

»Andererseits ...«, bemerkte Lysop mit erhobenem Finger und mischte sich so ungefragt in die Diskussion, »könntet ihr es natürlich auch so, wie in dem Märchen ...«

»Vergiss es!«, schnappte die junge Frau barsch. Dann glitt ihr Blick zu dem Frosch, der eher gelangweilt dasaß und nicht einen Mucks von sich gab. Ein dumpfes Scheppern erklang, dann schnellte der Deckel auf den Glasrand und metallisches Schnalzen verriet, dass Sanji in der Falle saß. Schwankend und wackelnd scheuchte man ihn hin und her. Das Schaukeln löste ihm ein mulmiges Gefühl, irgendwo in der Magengegend aus. Eiligst suchte der Smutje Schutz in dem trüben, kleinen Pfuhl und hoffte, dass jene Tortur alsbald ihr Ende fand.
 

In höchstem Maße unerfreut zeigte sich die Navigatorin, als das Glas seinen Platz auf dem kleinen, runden Tisch fand, der inmitten des Zimmers verharrte. Schweigend betrachtete sie den Inhalt und kniff die Augen zusammen, um die Kröte zu taxieren. Die schwarzen Perlen sahen zu ihr auf, dennoch hielt es der Lurch nicht für nötig, aus dem Nass emporzukommen.

Die junge Frau kehrte dem Gefäß samt Insassen den Rücken, schnappte nach ihrer Kleidung für die Nacht und ließ den Gast allein zurück. Stille hatte sich in der Kajüte ausgebreitet. Nur das kleine Lämpchen auf dem Beistelltisch neben dem Bett spendete schummriges Licht. Polternde Schritte rissen den Smutje aus seiner Starre:

Vor ihm tat sich der Kanonier auf. Mit einem Finger an Lippen gebot dieser ihm, nicht einen Laut zu tun. Klackernd fiel der Deckel des Glases hintenüber und Luft strömte in das transparente Gefängnis.

»Sei bloß still!«, mahnte Lysop. »Wenn Nami rauskriegt, dass ich dich freigelassen habe, dann macht sie mich einen Kopf kürzer.«

Lautlos blähte der Smutje die Backen auf. Er hatte verstanden. Etwas ungelenk haschte der Junge nach seinem glitschigen Leib, doch nach einigen vergeblichen Versuchen, gelang es dem Schützen, den kalten Frosch auf den Teppichboden abzusetzen.

»Ich gehe jetzt«, flüsterte Lysop. »Oder soll ich dich lieber gleich in ihr Bett legen? Dann hättest du es nicht mehr so weit?« Der Kanonier schien sich wahrlich in Beherrschung zu üben. Doch seine Mundwinkel und das Beben des schmächtigen Körpers verrieten, wie amüsant er die missliche Lage fand, in der der Smutje steckte. »Sie ist nur etwas ... eigensinnig und stur. Nichts, das wir nicht kennen würden. Trotzdem würde ich mich anstrengen, wenn ich du wäre, sonst bleibst du in dieser Gestalt und musst dich von Fliegen und Larven ernähren. Obwohl ich kein Problem damit hätte ...«

Das Klappen einer Tür verriet ihm, dass er sich sputen musste. Eiligst wandte sich der Kanonier zum Gehen, doch die Schritte, die nicht unweit über ihm erklangen, ließen ihn panisch dreinblicken. Dann fiel ihm der Notausgang wieder ein, der den Zugang zum Zimmer der Jungen bereithielt. Schnell war der Riegel verschoben, die Luke geöffnet und der schwarze Lockenkopf gerade noch rechtzeitig einem nahenden Donnerwetter entronnen.

Blubbernd verharrte der Smutje auf dem Teppich. Er tat einen Hüpfer, als er die leichtfüßigen Schritte vernahm, die von der hölzernen Treppe zu ihm herüber wehten. Nami hielt inne und starrte auf den dunklen Fleck, der einen plötzlichen Laut ausstieß.

»Was zum -?«, herrschte Nami und nahm die letzten Stufen, ehe sie sich vor ihm erhob. Hastig inspizierte sie die Räumlichkeit. Sah das offene Glas und bemerkte, aus dem Augenwinkel, dass der Haken, der sonst in der Öse verharrte und den Zugang zum Jungenzimmer versperrte, träge vor sich hin baumelte.

»So ist das also?!« Das Kinn gereckt, bedachte sie den Lurch mit erhabenem Blick. Sanji, in seiner Position, schluckte schwer. »Erwarte nicht ja nicht von mir, dass ich dich in meinem Bett schlafen lasse. Märchen hin oder her. Nur eine falsche Bewegung und du landest wieder im Glas, hast du verstanden?«

Betreten quakte der Frosch.

»Antworte mir! Ich weiß, dass du sprechen kannst«, forderte die junge Frau und stemmte die Hände in die schmalen Hüften.

»Aber du willst es doch gar nicht hören«, gab der Smutje mit einem Zittern in der Stimme nach.

»Du bleibst auf dem Teppich!«, fauchte sie. »Ich fasse dich nicht an.«

Abermals blies der Frosch die Backen auf und gab einen grollenden, vor Kummer geplagten Laut von sich. Nami ließ sich auf das Bett sinken und betrachtete den Fremdling mit feindseliger Vorsicht. »Versuch' gar nicht erst, mir ein schlechtes Gewissen einzu ... quaken

Wieder folgte ihren Worten nur ein Blubbern. »Tu' ich nicht«, verteidigte sich der Lurch und wandte sich ab. Irgendwo ließe sich doch ein Plätzchen für ihn finden, wo er sich dem angewiderten Ausdruck im Antlitz des Mädchens nicht länger ausgesetzt sah.

»Wo willst du hin?«, verlangte sie zu wissen.

Sanji horchte auf, als er gerade zum Sprunge ansetzen wollte. »Weg«, brummte er und spuckte, aus Versehen, einen Schwall braunes Wasser auf den Boden.

»Weg? Du kannst nicht weg!«, meinte Nami und hielt inne, als sie das gurgelnde Geräusch vernahm, ehe sie abermals das Gesicht verzog.

»Ich habe mir das nicht ausgesucht«, quakte der Frosch und tat einen Hopser.

Gerade wollte die Navigatorin etwas Unfeines erwidern, da trat ein Ausdruck von Mitleid in ihr Gesicht. »Sanji«, gab die junge Frau nach. »Bleib hier.«

Doch die Kröte blubberte nur betreten. Langsam erhob sich Nami vom Bett und trat vorsichtig an ihn heran. Sie ging vor ihm in die Hocke und stützte ihre Ellenbogen auf den Knien. Ihre Lippen waren zu einem schmalen Strich zusammengepresst. Schweigend betrachtete sie ihren Kameraden, dem das Schicksal in den vergangenen Stunden wahrlich nicht wohlgesonnen war.

»Es tut mir leid.«

Sanji lauschte ihren Worten, doch dann sank ihm der Mut. Er wollte sich zu ihr herumdrehen, doch er konnte das Mädchen, dessen Stimme so voll Mitleid war, nicht ansehen. »Muss es nicht«, quakte er. »Ich bin selbst Schuld.«

»Das habe ich doch gar nicht so gemeint«, erwiderte Nami träge und erlag dem Versuch, den Frosch mit dem Zeigefinger zu stupsen. Gerade, als sie ihn berühren wollte, machte der Smutje einen Satz. Eiligst zog Nami ihre Hand zurück. Ein frustrierter Seufzer verließ ihre Lippen, als der Schatten über dem kleinen Körper verschwand. Still verharrte der Lurch, ehe das Beben unter ihm verriet, dass sich die Navigatorin erhoben hatte. Wie eine Elfe erschien sie ihm, schwebend, adrett gar zauberhaft. Das Ratschen von Schubladen erklang, sowie das Öffnen von Schranktüren.

Deutlich hörte er sie Worte murmeln, vermochte aber trotz allem nichts verstehen. »Irgendwo ...«, nuschelte sie und ihr Oberkörper versank bis zur Hälfte in den Unweiten eines Kleiderschrankes. »Ah! Da ist es ja. Wusste ich doch, dass ich das eines Tages mal brauchen würde!« Dann entzog sich Nami dem Mobiliar und lief mit eiligen Schritten die Treppe zum Speicher hinauf.

Der Smutje verharrte noch immer dort, wo sie ihn zurückgelassen hatte. Jetzt wäre dem Kanonier ihre Rache gewiss, schoss es ihm ein. Weit über ihm konnte er Stimmen hören. Ein tiefes Brummen und helles Keifen. Offenbar steckte die junge Frau in einer hitzigen Diskussion mit dem Schwertkämpfer.

»Mir doch egal, wann du dich wäschst! Ich muss da rein!«, vernahm er, ehe die Luke zum Zimmer abermals geöffnet wurde.

Langsam und bedächtig balancierte Nami etwas, das er nicht zu erkennen vermochte, vor sich her. Als ihre Füße den Boden berührten, seufzte sie erleichtert auf. Ihr Gesicht lag im Halbdunkel, dennoch spürte er ihre Nähe. Wieder ging sie vor ihm in die Knie.

»Hier«, sagte sie und deutete auf einen grünen Napf, der einer Muschel nicht unähnlich war. »Meinst du, du schaffst es, hier reinzuhüpfen?«

Verdutzt blubberte der Frosch. Der Rand des Schälchens war nicht hoch, dennoch bezweifelte er, dass sich die Navigatorin mit den Folgen seines Tuns einverstanden sah. Erneut blähte er die Backen auf.

»Na los, Sanji!«, forderte sie, doch der Lurch rührte sich nicht. Ein Schnaufen erklang, ehe das Mädchen mit den Augen rollte. »Du willst also nicht? Na gut, dann bleib da unten!«, entfuhr es ihr schroff.

»Doch«, quakte der Smutje. »Doch ... aber der Teppich.«

Nami legte den Kopf schief und taxierte die Kröte mit einem skeptischen Blick. »Du hast schon auf meinen Teppich ... gespuckt.«

Ein Blubbern folgte, dann setzte der Frosch zum Sprunge an. Doch plötzlich wurde ihm das Gefäß entrissen, sodass er abermals den weichen Belag unter seinen Fingern und Füßen spürte. Mit großen Augen sah er zu ihr auf. Nami jedoch verzog keine Miene. Kein Lächeln, kein hämisches Grinsen.

»Auch wenn ich mir gleich die Hand zehn Mal waschen muss«, entfuhr es ihr und Sanji sah, wie viel Überwindung es sie kosten musste, ihm ihre flache Hand zu reichen. »Na los!«, sagte sie erneut und nach einem kurzen Zögern, hüpfte ihr der Frosch auf die Handfläche.

»Bitte«, wimmerte Sanji quakend, »wirf mich nicht gegen die Wand!«

Doch Nami ließ ihn sanft in das Schälchen gleiten, ohne, dass ein Tropfen auf den Teppich fiel. Der Frosch hob den Blick und sah das Gefühl nur allzu deutlich, welches durch ihren Körper jagte. Schnell hatte sie die Schale auf den kleinen Nachttisch gestellt und flink die Stufen abermals erklommen, um sich die schleimige Konsistenz, die sein Körper hinterließ, von der Haut zu waschen.

Lang blieb er allein in diesem Gefängnis, das ihm zwar einen besseren Überblick bot, dennoch war ihm nicht wohl, die nächsten Stunden in dieser Pfütze verbringen zu müssen. Das Nass genügte ihm gerade gut genug, um seinen Körper zu benetzen, doch mehr Spielraum gab das Seifenschälchen nicht her. Ein tiefer, schwerer Seufzer entfloh seinem Maul. Sanji grübelte, und auch wenn ihm die Glieder allmählich schwerer wurden, hievte er sich an den Rand Schüssel. Zaghaft streckte er ein Beinchen nach vorn aus. Würde es ihm gelingen, aus diesem Gefäß zu entkommen? Er zuckte zusammen, als er die Navigatorin bemerkte.

Laut gähnend erschien diese soeben im Zimmer, reckte und streckte sich, ehe sie auf ihr Bett zuhielt. Rasch hatte Sanji seinen Versuch unterbrochen und blieb am Rande der Muschel. Kurz traf ihn ihr Blick. Wie lang sie ihn betrachtete, vermochte er nicht bestimmen. Auch in ihrem Gesicht lesen gelang ihm nicht. Schweigend schlug sie die Decke zurück, bettete ihren Leib auf der weichen Matratze und kehrte ihm den Rücken. Stille, nicht ein Wort war von ihren Lippen gekommen und der Smutje konnte nur ihrem Atem lauschen.

In den wenigen Stunden, die ihm vergönnt waren, erlag der Frosch dem Versuch, zu ruhen. Doch die Begegnung mit der Fremden, die ihn in diese verzwickte Lage gebracht hatte, trieb seine Gedanken umher. Weder ihm, noch der Navigatorin gelang es, Erholung zu finden. Immer wieder warf sie sich in die Kissen, stieß murrende Laute aus.

Die Gefahr erschien ihm groß, wenn er sich davon stahl. Und auch die Höhe des Tisches war für ihn, in dieser Situation, alles andere als angenehm. Ein Murmeln ließ ihn innehalten. Nur mäßig gelang es ihm, aus den verzerrten Worten etwas zu erkennen. Der Smutje nahm all seinen Mut zusammen und krabbelte über den Schalenrand. Nun saß er auf dem polierten Holz, nicht weit der Navigatorin entfernt. Wäre dieser Moment nicht so verquer, hätte er wohl den Anblick genossen.

Ihr Haar lag wirr auf den Kissen, Arme und Beine waren um Kissen und Decke geschlungen. Seufzende, keuchende Laute erklangen.

Mit einem mutigen Hüpfer landete der Frosch auf dem Laken. Links neben ihm erhob sich das monströse Gebilde einer Daunendecke, rechts von ihm ein zerknülltes Kissen. Vor sich sah er den bebenden Leib des Mädchens, der sich hob und senkte. Ein nasser Fleck bereitete sich unter ihm aus. Nami würde ihn, ohne zu zögern, bei diesem Anblick quer durch das Zimmer schleudern. Also blieb der Smutje still, reglos und begnügte sich mit der Nähe zu ihr.
 

Mehr schlecht als recht fielen dem Lurch irgendwann die Äuglein zu. Er bemühte sich, sich nicht an den Bewegungen des Mädchens zu stören, doch als eine Hand unfein auf ihn niederging, schreckte er auf. Auch Nami, wenn noch leicht verschlafen, schielte neben sich und rief abrupt einen Schrei aus. Rasch erhob sie sich und stieß mit dem Rücken unsanft gegen die Wand hinter sich.

»Autsch«, zischte sie und kniff die Augen zusammen. »Sanji?! Was zum ... Teufel machst du in meinem Bett?«

Der Smutje, durch den Trubel aufgescheucht und ins Wanken geraten, stolperte ungelenk zur Bettkante. Taumelnd und schaukelnd tänzelte er gefährlich am Rande der Schlafstätte, ehe er vor den Augen der Navigatorin verschwand. Namis Lippen entkam ein keuchender Laut, ehe sie sich nach vorn beugte, um nach dem Frosch Ausschau zu halten.

»Sanji?«, entfloh es ihr zaghaft. »Geht's dir gut?«

Als Antwort bekam sie nur ein Blubbern zu hören. Etwas Dunkles regte sich auf dem Teppich. Eiligst entflammte die junge Frau die kleine Lampe auf dem Nachttisch und vergewisserte sich der möglichen Unversehrtheit der Kröte.

»Es tut mir leid, ich habe mich nur erschreckt«, versuchte sich Nami an einer Entschuldigung. Flink kam der Smutje wieder auf die Beine und sah zu ihr auf. Plötzlich verengten sich ihre Augen zu Schlitzen. »Sag mal«, hob sie an, »was hast du eigentlich in meinem Bett zu suchen?«

Sanji schluckte und stieß abermals ein Blubbern aus.

»Hatte ich dich nicht gewarnt, dass du wieder in das Glas kommst, solltest du Dummheiten machen?«, forderte sie zu wissen. Betreten blickte der Lurch drein. Tief sog das Mädchen Luft in ihre Lungen, ehe sie diese in einem gedehnten Seufzer wieder entließ. Ein Funken Hoffnung keimte in dem Smutje auf. Vielleicht, so sein Gedanke, wäre sie nun bereit, ihn von dem Fluch zu befreien. Wenn sie ihn wirklich, gar wahrhaftig küsste, dann ...

Doch Nami machte keinerlei Anstalten, ihn erneut zu sich ins Bett zu holen, oder ihn gar wieder zurück in das Schälchen zu setzen. Lang betrachtete sie den grünlich-braunen Klumpen, bis sie sich wieder ins Bett sinken ließ und ihn nicht länger eines Blickes würdigte.

»Nami«, hob Sanji an. »Nami«, ereiferte sich der Smutje ein zweites Mal. Still blieb es in dem Zimmer, während der Frosch vor dem Bette verharrte und kläglich zu Quaken begann.
 

Der Morgen graute und zeigte dem von Leid geplagten Mann, wie schnell und flink ihm die Zeit zwischen den Fingern zerrann. Still, in einer Ecke des Zimmers hockend, hatte es Sanji vorgezogen, das Mädchen nicht weiter zu stören. Sein kleiner Leib zitterte bei dem Gedanken daran, womöglich für immer in jener Gestalt bleiben zu müssen. Zorn wallte in ihm auf. Er wollte nicht ewig als Kröte ein Leben fristen, das ihm Traum und Wünsche versagte.

Dann bemerkte er die leisen Schritte, die über den Teppich glitten. Doch er hielt sich zurück. Sein Klagen hatte alsbald ein Ende gefunden, als die Navigatorin sich ein watteweiches Kissen auf die Ohren drückte, um seinem Jammern zu entkommen. Nun war sie erwacht und schien sich nicht daran zu stören, dass er irgendwo verharrte. Dennoch schien sie ihn erspäht zu haben.

»Na komm, Kröte«, sagte sie und bot ihm ihre Hand dar. Zögernd wagte es der Lurch, auf die kleine, warme Hand zu klettern. Sanji hob den Kopf. Kein Ekel war mehr in ihren Augen zuerkennen, stattdessen las er Mitleid darin und dies kränkte ihn mehr, als die Furcht es tat.

Zu seiner Verwunderung hielt Nami ihn direkt auf Augenhöhe und musterte den Smutje mit Skepsis. Starr verweilte die Unke, blickte ihr nur aus schwarzen Perlen entgegen. Etwas, tief in ihm, versetzte ihn in Aufruhr. So nah war er ihr, und doch so fern.

»Wir verwandeln dich wieder zurück«, meinte Nami und ihr warmer Atem strich ihm über den Rücken. Dann erklomm sie, mit dem Smutje auf der Hand, die Leiter zum Deck hinauf.
 

Brav auf dem Tische sitzend, betrachte er die junge Frau, die sich am Herd zu schaffen machte. Statt seiner war es jetzt an ihr, für das leibliche Wohl zu sorgen, denn den anderen konnte man diese wertvolle Aufgabe nie und nimmer anvertrauen.

»Hey Nami«, fiel Lysop in die Kombüse, gefolgt von Zorro und Ruffy, der sich gähnend den Schlaf aus den Augen rieb. »Hey Sanji, du bist ja gar nicht im Glas«, legte der Kanonier höhnisch nach.

»Spar' dir deinen Atem«, herrschte die Navigatorin und wandte sich, mit einer Bratpfanne in den Händen, zu ihren Kameraden um. Um ihre Hüften hatte sie die lange Schürze gebunden, die sonst nur dem Smutje vorbehalten war. »Du kannst von Glück reden, dass ich dich nicht mit dem Pfannenwender quer durch die Kombüse prügle!«

»Wieso?«, hakte Ruffy nach, zog sich einen Stuhl heran und ließ rittlings darauf nieder.

»Dieser Schwachkopf schien es sehr witzig gefunden zu haben, mir die Kröte aus dem Glas zu lassen«, zischte sie von Neuem.

»Du hast es ihr erzählt?«, tadelte der Kanonier, doch Sanji blies nur die Backen auf.

»Wie auch immer«, fuhr Nami fort und schaufelte die gebratenen Eier auf einen großen Teller. »Wir brauchen einen Schlachtplan, Jungs. Und es wäre sehr schön, wenn ihr eure Waffen nicht gegen mich, sondern gegen diese Ziege richten würdet, wenn wir nachher zu diesem verdammten Turm aufbrechen!«

»Wer sagt, dass wir das machen?«, fragte Ruffy mit scharfer Stimme.

»Ich«, gebot ihm das Mädchen und ließ den schweren Bräter geräuschvoll ins Spülbecken krachen. »Wenn du ein Problem damit hast, Kapitän, dann lass dir selbst etwas einfallen, wie wir Sanji wieder zurückbekommen!«

»Ist gut, von mir aus«, verkündete Ruffy und plötzlich trat ein breites Grinsen auf sein jungenhaftes Gesicht. »Und wenn wir ihn nicht zurückverwandeln können, dann könnten wir ihn doch wenigstens essen!«

»Ruffy!«, riefen Nami und Lysop empört.

»Ach«, legte die Navigatorin zischend hinterher. »Mit einem Mal willst du ihn doch essen? Gestern konntest du ihn mir nicht oft genug aufs Auge drücken. Du bist mir ja ein schöner Kapitän! Frisst seine eigenen Leute.«

»So hab ich das doch gar nicht gemeint«, beklagte sich der Strohhut und zog eine Schnute.

»Na ja«, erhob Zorro das Wort und verschränkte die Arme hinter dem Kopf. »Sollten alle Stricke reißen, und der Kartoffelschäler ein schleimiger Lurch bleiben, dann können wir ihn immer noch abrichten.«

»Ja«, stimmte Ruffy ihm mit breitem Grinsen zu und giggelte amüsiert, »als Kamikaze-Kröte.«

Dieser Aussage kam Sanji mit einem Schwall Wasser entgegen. Wie ein Pistolenschuss flogen die kleinen Tropfen schnell auf den Schwertkämpfer und Kapitän zu.

»Hey, Frosch, was soll der Mist?!«, rief Zorro und konnte der schnellen Wasserkugel gerade noch ausweichen.

»Hey«, lachte Lysop, »das war super! Mach das noch mal!«

Doch der Smutje dachte nicht daran, ihm den Gefallen zu tun. Er wandte sich von seinen Kameraden ab und erlag dem Versuch, dem Tisch zu entkommen. Als Nami mit dem Frühstück an die Tafel trat, hielt er jedoch inne.

»Erst essen, dann der Plan«, verkündete das Mädchen und damit mussten sich die Jungen zufrieden geben.
 

Die Stunden vergingen, und alsbald ward es Nachmittag. Nervös hüpfte der Frosch über das Deck, kam jedoch nicht umhin, die kühlen Brisen zu bemerken, die ab und an über das Schiff hinwegglitten. Lange hatte man an einer Idee gefeilt, doch letztendlich war der Entschluss, den Turm aufzusuchen, ein fester Bestandteil des Plans.

»Und wenn das alles gar nichts damit zu tun hat?«, fragte Lysop an die Navigatorin gewandt.

»Dann lasst uns lieber rechtzeitig aufbrechen, damit wir uns, sollte es nicht funktionieren, immer noch etwas einfallen lassen können«, hatte diese gemeint und eher lustlos die Kartoffeln von einer Seite des Tellers auf die andere geschoben. Niemandem war so recht nach essen zumute. Nicht, weil das Mahl nicht schmeckte. Zwar reichten die Kochkünste der Navigatorin längst nicht an das Können des Smutjes heran, doch war es genießbarer als das, was den jungen Männern womöglich eingefallen wäre.

Schweigend stützte das Mädchen die Ellenbogen auf die Reling und bettete ihr Kinn auf den zusammengefalteten Händen. Ruhig betrachtete sie den Lurch, der zwischen den Beinen des Schwertkämpfers hin und her hüpfte. Dieser ließ sich, zur Erleichterung aller, nicht daran stören. Zorro stemmte Gewichte und schien in ein Gespräch mit dem Smutje vertieft, das der Navigatorin jedoch verborgen blieb.

»Hey Frosch«, rief Zorro plötzlich und riss Nami so aus ihren Gedanken. Lysop sah von seiner Bastelei auf und auch Ruffy wandte sich beim Ausruf des Mannes zu seinen Leuten um. Eiligst sprang der Kapitän von dem Schafskopf, der dem Schiff als Galeonsfigur diente und hechtete zu dem Kreis, der sich mittlerweile um das Tier gebildet hatte. Reglos lag der Frosch vor ihren Füßen, ehe Zorro diesen mit der Spitze seines Stiefels auf den Rücken warf.

»Hey«, vernahm er den Protest seiner Kameraden und selbst die Navigatorin hatte von ihrer Stimme Gebrauch gemacht.

»Sei nicht so grob zu ihm«, fauchte sie und doch trat ein Ausdruck von Wut und Mitleid in ihr Gesicht, als sich Nami zu der Unke hinabbeugte und den Smutje auf ihre Hand lud. Schlaff hing dieser von ihren Fingern. »Was ist mit ihm?« Nami sah auf und blickte in ratlose Mienen.

»Vielleicht ist er krank?«, schlug Lysop vor und erntete ein einstimmiges Zucken der Schultern.

»Wir sollten ihn wieder reinbringen, sonst wird er hier draußen noch von der Sonne gegrillt« Behutsam bedeckte die Navigatorin den Frosch auch mit der anderen Hand und eilte die Stufen zur Kombüse hinauf. Ihr folgten die anderen, jungen Männer mit teils sorgenvollen, teils heiteren Mienen.

»Was grinst du denn so dämlich?«, herrschte sie und Lysop wusste sofort, dass sie ihn meinte.

»Tue ich doch gar nicht«, doch sein Protest klang mehr als halbherzig. »Aber, wie es aussieht, machst du dir wohl doch Sorgen um Sanji und ...«

»Natürlich mache ich mir Sorgen um Sanji!«, fauchte Nami und unterbrach den Kanonier rüde in seinem Redeschwall. »Er braucht Wasser. Los Zorro, hol' mal einen Topf aus dem Schrank!«

»Wieso ich?«, murrte der Schwertkämpfer grollend und begab sich dennoch zur Küchenzeile, um einem möglichen Wortgefecht zu entgehen. Er ließ Wasser in den Topf fließen und stellte ihn dann auf den Tisch. Sorgsam setzte das Mädchen den Lurch in die kleine Pfütze.

»Vielleicht sollte jemand nachsehen, ob er noch atmet?«, schlug Ruffy vor.

»Ja, los Nami ... Jetzt, wo ihr beide Freunde geworden seid, du und der Frosch, dann kannst du ja ... Aua, wieso haust du mich?« Der Kanonier, sich erst mit großen Worten rühmend, zog schnell das lockige Haupt ein, als er von der Navigatorin zur Räson gebracht wurde.

Schweigend betrachtete Zorro den schlaffen Leib des Frosches. Zaghafte Bewegungen gingen von ihm aus, doch der Rest der Mannschaft schien viel zu sehr in den Streit vertieft, als dass diese es bemerkten.

»Tja, Nami ...«, sagte Zorro plötzlich. »Wenn er nicht wieder aufwacht, dann musst du ihn küssen.« Das schelmische Grinsen auf seinem Gesicht blieb für das Mädchen ungesehen. Der Lurch jedoch öffnete die Augen und blinzelte den Mann an, der ihm verdeutlichte, still zu sein.

»Ja, nur der wahren Liebe Kuss ... wie im Märchen«, schaltete sich der Kapitän ein.

»Ich geb' dir gleich der wahren Liebe Kuss! Den Teufel werd' ich tun!«, herrschte Nami erbost und gab sich noch immer dem Vergnügen hin, dem Kanonier Schellte zu bereiten. »Küss' du ihn doch, wenn du ihn so liebst!«

»Jetzt sei nicht albern, Nami. Stell' dich nicht so an! Was ist denn schon dabei?«, verlangte Zorro zu wissen und warf einen Seitenblick auf das Oberhaupt der Truppe.

»Was schon dabei ist? Das ist ein Frosch«, knurrte die Navigatorin.

»Falsch! Das ist Sanji, in der Gestalt eines Frosches«, sagte Ruffy und schien bereits bemerkt zu haben, dass der Smutje wieder zur Besinnung kam. Platschend drehte sich der Lurch auf den Bauch und schüttelte sich.

»Frosch bleibt Frosch«, maulte Nami und sah, dass der Lurch wieder bei Kräften schien. Selbiger gab bei den letzten Worten des Mädchens ein bekümmertes Quaken von sich.

»Jetzt hast du ihn traurig gemacht«, ließ Ruffy anklagend verlauten und hob den Lurch auf seine flache Hand. Ein schmatzender Laut entstand, als dieser seinen Mund auf das kleine Köpfchen niedergehen ließ.

»Ihhhhh.« Erschrocken rissen die drei verbleibenden Crewmitglieder die Augen auf und gaben würgende Geräusche von sich.

»Ha! Sieht aus, als wäre Ruffy nicht die Liebe seines Lebens«, kicherte Lysop und spürte abrupt etwas feuchtes, schleimiges am Mund. »Bärks, Ruffy! Sag mal spinnst du?!«

Doch dieser brach in den schallendes Gelächter aus und jagte den Kanonier mitsamt dem Frosch durch die Kombüse. Plötzlich geriet Ruffy ins Straucheln, stolperte und der Smutje glitt ihm aus den Fingern und landete unglücklich an der Brust der Navigatorin.

»Jetzt reicht's!«, keifte sie und setzte den Jungen nach, während Zorro dem Trubel mit Ruhe und Desinteresse folgte. Das Grinsen auf seinen Lippen versiegte jedoch nicht.
 

Wütend stapfte die junge Frau den Pfad entlang.

»Nami«, quengelte Ruffy und auch die anderen beiden Strohhut-Piraten hatten Mühe, mit der Navigatorin Schritt zu halten. »Jetzt renn' doch nicht so.«

Abrupt blieb sie stehen, sodass eine Sandwolke unter ihren Sandalen aufstob. »Falls es euch entfallen sein sollte, bleibt uns nicht mehr viel Zeit, um Sanji von dem Fluch zu befreien!«, zischte sie und drückte den Frosch noch fester an sich.

»Ich glaube, ihm läuft gerade etwas Rotes aus der Nase«, merkte Ruffy an und verfiel in ein kindliches Kichern. Nami blickte zu dem Lurch herab und hielt ihn sogleich auf Armlänge von sich. »Zorro, komm mal her!«, befahl sie und wischte und rubbelte den Frosch am T-Shirt des Schwertkämfers.

»Ihhh, sag mal spinnst du, Nami?«, keifte dieser und just wurde ihm der Smutje in die Hand gedrückt.

»So«, ließ die Navigatorin verlauten und stemmte die Hände in die Hüften. »Sanji bleibt bei Zorro. Und wir werden uns jetzt beeilen, habt ihr gehört?!« Ihrer Anweisung folgte ein einstimmiges Murmeln.

»Wenn du ihn küssen würdest, dann wäre der Fluch bestimmt längst gebrochen«, rief Zorro ihr nach und sah zu dem Frosch herab, der nur die Backen blähte. »Komm schon, Nami ... Fast alle haben ihn schon geküsst.«

»Ganz recht«, pflichteten ihm Kanonier und Kapitän bei.

»Fast alle?«, lachte sie auf. »Na los, Zorro. Dann bist du jetzt an der Reihe!«

»Spinnst du?«, herrschte er. »Ich werde diesen Kartoffelschäler nicht küssen!«

»Und ich küsse keine Frösche!«, trällerte Nami und auf ihrem Gesicht zeigte sich Erleichterung, denn endlich hatten sie den Turm erreicht.

»Aber du würdest ihn küssen, wenn es Sanji wäre, richtig?«, hakte Lysop nach und sah zu dem Lurch, der ihn ausdruckslos musterte.

»Hey, Nami ... Was?« Ruffy trat neben sie und machte große Augen. »Hey, Leute, wir sind da!«

Der Turm, inmitten der Lichtung, schien unbedenklich und leuchtete in der untergehenden Sonne. Vögel flogen über ihre Köpfe hinweg und auch die Geräusche des Waldes hielten an und blieben unverändert. Alles schien, als sei nie etwas vorgefallen. Jedoch ... Etwas rauschte und raschelte zwischen den Bäumen hindurch. Flink, hastig und zu schnell, um es mit bloßem Auge zu erfassen.

»Mein Prinz ...«, säuselte eine liebreizende Stimme und die Crew zuckte zusammen.

»Jungs!«, warnte Nami, nachdem sie sich von dem leichten Schrecken erholt hatte. »Denkt an das, was ich euch gesagt habe!«

Sofort griffen Zorro und Lysop nach ihren Waffen und Ruffy ließ die Fingerknöchel knacken. Das zauberhafte Wesen hielt auf sie zu, ein Lächeln auf den Lippen. Doch je näher die Gestalt kam, desto grotesker wurde das Grinsen. Kein Liebreiz war auf ihrem Gesicht auszumachen, stattdessen spiegelten sich Gram, Trauer und ein wirres Funkeln darin.

»Ah ...«, seufzte das Mädchen. »Mein Geliebter ...«

Sanji, sich an Zorros Hemd festhaltend, zitterte.

»Lass' ihn in Ruhe!« Nami hatte ihren Bo auf die Kehle der jungen Frau gerichtet. Schwer gelang es ihr, Atem zu schöpfen.

Die Schönheit jedoch legte den Kopf schief und beäugte sie mit tiefstem Bedauern im Blick. »Es ist dir also noch immer nicht gelungen, ihn zu retten.« Eine Feststellung, keine Frage, doch Nami stieß nur ein Schnauben aus.

»Wir kriegen unseren Smutje schon wieder, verlass' dich drauf!« Mut hatte ihre Wahrnehmung offenbar getrübt.

Schweigend betrachtete das Mädchen die Navigatorin. Dann, ohne diese aus den Augen zulassen, hob sie die Hand und hielt sie einladend dem Schwertkämpfer entgegen. Ein Windstoß kam auf, so schnell und so stark, dass ein jeder Mühe hatte, auf den Beinen zu bleiben. Sanji klammerte sich an dem Schwertkämpfer fest, doch er verlor den Halt und flog geradewegs auf das hübsche Kind zu. Ein Wirbel aus Gras, Blättern und Sand bildete sich dort, wo die Schönheit stand. Wieder war die junge Frau so schnell verschwunden, wie sie vor ihnen erschienen war. Fassungslos blieben die Strohhut-Piraten zurück.

»Verdammt!«, fluchte Zorro, der sich bereits besonnen hatte, und trat gegen einen der Bäume, der krachend gen Erdboden fiel.

»Wo ist sie hin? Wo ist die Ziege?« Ruffy hatte sich ebenso schnell wieder erholt und schnaufte wie wilder Stier. »Nami? Wo ist die blöde Kuh hin?«

Die Navigatorin rieb sich ihren Kopf. Der kleine Sturm hatte sie von den Füßen gerissen und nun schien eine Beule an ihrem Kopf der eindeutige Beweis, dass dieses Mädchen magische Kräfte besitzen musste. »Dieser ... dieser Wind ... das war doch nicht normal.«, murmelte sie und hob dann den Blick. »Ich ... ich weiß es nicht, Ruffy.« Trübsinn spiegelte sich in ihren Augen.

»Leute«, hob Lysop an. Seine Stimme zitterte vor Angst. »Da ... da ... da seht mal!« Mit schlotternden Knien und ebenso bebenden Fingern deutete der Kanonier auf den Turm. Dort, wo zuvor noch kein Eingang zu erkennen war, tat sich nun eine hölzerne Tür auf.

»Jungs«, flüsterte Nami kaum hörbar. Denn statt sich für die Pforte zu interessieren, galt ihr Augenmerk dem Himmel. »Wann ist es so schnell, so dunkel geworden?«

Ein Blitz zuckte auf und Donner grollte gefährlich nah.

»Los, schnell in den Turm!« Zorros Worten folgend, hetzten und hechteten sie in Richtung des runden Baues zu. Wieder zuckte ein helles Licht am Firmament und dieses schlug unmittelbar vor ihnen in den Boden ein. Vom Schrecken erfasst stoben die Strohhüte auseinander, einzig der Navigatorin gelang es, in greifbare Nähe des Gebäudes zu kommen. Blitze, zu viele, als das man diese hätten zählen können, trafen das Erdreich rund um den Turm. Nami krabbelte bis an die steinernen Wände und hielt sich, schutzsuchend, die Arme über den Kopf.

»Nami«, hörte sie ihre Kameraden rufen. »Beeil' dich, und such Sanji!«

Immer wieder bemerkte sie die Versuche ihrer Freunde, eine Lücke in dem Wall aus Blitzen zu finden, doch selbst für den Kapitän schien es unmöglich, den Kreis zu durchbrechen. Mit zitternden Beinen erhob sich die junge Frau, hoffte, dass man ihr zustimmendes Kopfnicken bemerkte, und wandte sich der hölzernen Pforte zu.
 

Nami rüttelte an der Klinke, doch diese gab nicht nach. Wut wallte in ihr auf. Knurrend und von Zorn gepackt, tat sie das erstbeste, was ihr in den Sinn kam. Ein prägnanter Tritt gegen die Tür folgte und jene schwang lautlos auf.

»Soll das etwa witzig sein?«, rief sie, doch die Stimmen ihrer Freunde mahnten sie zur Eile.

Vorsichtig lugte sie in das Innere des Turms. Nichts war zu sehen, bis auf die große Steintreppe, die sich gen Himmel wand. Keine Zimmer, die sich abzweigten, nur kleine Fackeln, die den Weg nach oben säumten.

»Wie überaus romantisch«, spottete sie und trat ein. Ein krachender Laut erschreckte sie beinahe zu Tode. Die Pforte, die bis vor wenigen Augenblicken noch offen stand, war hinter ihr ins Schloss gefallen. Doch von der Tür war nun mit einem Male nichts mehr zu sehen.

»Was zum Teufel geht hier vor?«, fluchte Nami und wagte einen weiteren Schritt. Sie betrat die erste Stufe, dann die zweite. Sie musste wachsam und vorsichtig sein, mahnte sich die Navigatorin. Eine falsche Bewegung würde genügen, und sonst welche Grausamkeiten zutage fördern. Ihre Finger strichen zu beiden Seiten an den kalten Wänden entlang.

Die Treppe erschien ihr endlos. Mehr und mehr Stufen erklomm sie, doch als Nami einen Blick über ihre Schulter wagte, entwand sich ihr ein ersticktes Keuchen. Noch immer schien sie auf der zweiten Stufe zu verharren. Verwirrung und Wut wallten in ihre auf.

»Was soll der Blödsinn?«, rief sie und ihre Stimme hallte von den Mauern wider. »Gib uns unseren Smutje zurück!«

Wieder nahm sie die Treppe in Angriff, hetzte und hastete immer zwei Stufen auf einmal nehmend ihrem Ziel entgegen. Doch jedes Mal, wenn sie inne hielt, um zu Atem zu kommen, befand sie sich am Anfang ihrer Reise.

»Das ist ja hier die reinste Tortur!«, fluchte sie. »Findest du das witzig? Ich lache, hörst du! Der Spaß ist vorbei. Rück' unseren Smutje raus!«

Dann wehte ein Gackern zu ihr herüber. Nami fuhr zusammen. Und doch zwang sie sich weiter.

»Ich kann nicht mal das Ende sehen«, keuchte sie und spürte, wie ihr das Herz in der trockenen Kehle wild pochte. Schweiß rann ihr den zierlichen Rücken hinab und Blut war ihr längst in die Wangen gefahren. »Sanji ...«, entkam es ihr wimmernd. »Es tut mir so leid.«

Tränen liefen ihr über die erhitzte Haut, doch Nami wischte sie nicht fort. »Hätte ich doch ... hätte ich doch nur ...«

Und dann, ganz plötzlich, bemerkte sie ein Licht. Sie sah auf und erkannte nur den verschwommenen Schein, der durch einen kleinen Spalt drang.

»Eine Tür?«, murmelte sie und nahm die letzten Meter auf sich. »Was soll das auf einmal?«

Auf dem letzten Absatz hielt sie inne und wandte sich nochmals um. Die vielen, vielen Stufen wanden sich gen Süden. Nami schüttelte den Kopf. Hatte das Mädchen sie etwa verhext? Zögernd legte sie die Hände flach auf das morsche Holz der Pforte vor sich und drückte diese auf.
 

Die Navigatorin blinzelte gegen den hellen Schein an. Der Raum glich einer kleinen Kammer. Gestützt von Dachbalken, die sich kreuz und quer durch das Zimmer erstreckten. Sie schluckte. Dort, an einem der Fenster, saß das hübsche Kind und strich mit sanften Bewegungen über etwas, das sich unschwer als Frosch erkennen ließ.

»Sanji«, entkam es Nami atemlos und ihr war, als fiele ihr ein schwerer Stein von der Brust. »Sanji ...«

Beim Klang der Stimme richtete das Mädchen den Blick auf sie. »Du kommst zu spät.«

»Nein!«, erwiderte die junge Frau wütend. »Nein, es ist noch nicht Mitternacht!«

»Das tut nichts mehr zur Sache«, sagte das Kind und erhob sich. Der Lurch in ihren Händen regte sich nicht, nicht einmal ein Zittern konnte die Navigatorin erkennen. »Eure Zeit ist verstrichen.«

Verblüfft sah sich Nami außerstande, etwas zu erwidern. Ihr Blick war unverwandt auf die kleine Kreatur gerichtet. Tränen brannten ihr in den Augen.

»Warum?«, hauchte sie, doch die Wut ließ sich nicht aus jenem Wort vertreiben. »Warum er? Warum Sanji?«

Ein Kichern entkam den Lippen der schönen jungen Frau. Sie legte den Kopf schräg und ließ ihren Blick über die Navigatorin gleiten. »Wieso?«, fragte sie abwesend. »Wieso hat er dich erwählt?«

Langsam trat sie auf Nami zu, doch diese wich vor der Fremden zurück. »Du brauchst dich nicht zu fürchten«, säuselte das Kind mit liebreizender Stimme.

»Und warum nicht?«, zischte die Navigatorin. »Du ... du hast Sanji getötet.«

Ein glockenhelles Lachen erklang. »Oh, du dummes, dummes Mädchen«, kicherte die Schönheit. »Er ist nicht tot. Er ist nur ...« Behutsam bettete das Kind ihre Lippen auf das Köpfchen des Frosches.

»Was ist er?«, knurrte Nami.

»Nun ...«, hob das Mädchen an. »Er ist erstarrt. Unrettbar.«

»Unrettbar? Was meinst du damit?«, fassungslos starrte sie auf den kleinen Leib.

»Du hast deine Möglichkeiten erschöpft. Es lag an dir, ihn zu retten. Doch dein Stolz hat sich dir erfolgreich in den Weg gestellt. Wär' dem nicht so, so wäre er längst wieder Herr seiner Selbst«, fuhr das Kind fort.

»Gib ihn mir!«, forderte die Navigatorin. »Gib ihn her!«

Die Mundwinkel der hübschen Maid bogen sich gen Norden. »Was willst du noch mit ihm?«

»Und was willst du mit ihm?«, herrschte Nami wütend.

»Er wird Teil meiner Sammlung«, erklärte die Fremde und ein Leuchten trat in die himmlisch-blauen Augen.

»Sammlung?«, fauchte sie. »Was für eine Sammlung?«

Wieder erreichte ein Kichern die Ohren der jungen Frau. Doch jener Klang war von tiefster Bosheit durchsetzt. »Sieh' dich nur um.« Mit weitschweifiger Gestik offenbarte das Kind jenes Grauen.

Rings um sie hingen und stapelten sich gläserne Kästen, deren Inhalt sich erst bei näherem Hinsehen zeigte und so das fürchterliche Werk des zarten Wesens preisgab.

»Du ... du bist wahnsinnig. Sind das alles Menschen?«, mit aufgerissenen Augen trat Nami an einen der Behälter. Leblos lag dort eine winzige Schlange. Ob diese noch lebte, oder sich, wie der Smutje, in einer Art Starre befand, vermochte sie nicht sagen.

»Ahh ... du hast ihn gefunden«, schwärmerisch drang die Stimme des Mädchens zu ihr. »Lord Naran.«

»Lord Naran?«, echote Nami und schüttelte schnaubend den Kopf.

»Verspotte mich nicht!«, drohte ihr das Kind. »Lord Naran war der Erste, der mir das Herz nahm. So lang schon verharrt er hier.«

»Wie lange?«, hakte die Navigatorin nach.

Abermals lachte die Maid auf. »Lang vor deiner Zeit. Lang ... vor seiner Zeit.«

Nami schwieg und betrachtete noch immer das Tier vor sich, ehe sie sich zu dem listigen Wesen umwandte.

»All jene Kreaturen, die du hier sehen kannst, waren einst von mir dazu auserwählt, mich zu lieben. Doch ihre Herzen waren niemals mein. Als Gnade ließ sich sie in den Kästen. Sie leisten mir Gesellschaft und ihre Treue.«

»Und ... und Sanji soll einer von ihnen sein?«, knurrte Nami und ballte ihre kalten, klammen Finger zu Fäusten.

»Er erlag dem selben Schicksal, wie die anderen, die mich verschmähten. Ihre Herzen gehörten anderen, nicht mir«, gemächlich trat das Kind zu den anderen Kästen. Ihr Blick war wehmütig, dennoch flammte ein zorniger Ausdruck in ihrem lieblichen Gesicht auf.

»Also bist du bloß verbittert, weil du dir die falschen Männer aussuchst?« Nun war es ihr egal, ob das Kind ihr bösen Spott vorwarf. »Hier ist eine Interessante Info für dich: Manche Männer halten eben nichts davon, sich mit anderen Frauen einzulassen. Und anderen wiederum, ist das völlig egal! Und was Sanji betrifft, wärst du mit ihm nicht weniger gut beraten, glaub mir.«

Bei ihren letzten Worten schoss die Maid auf sie zu. Nami fiel zu Boden und spürte, wie das Kind sie mit aller Kraft auf die staubigen Dielen drückte.

»Sein Herz, es gehört dir!«, zischte das Wesen und die Navigatorin konnte den warmen, aber beißend-fauligen Atem riechen, der aus der Kehle der Fremden drang. »Allen Männern wurde jenes Schicksal zuteil. Alle wurden sie zu ... Getier. Keiner von ihnen wollte mich. Keiner ...«

Plötzlich begannen die Kästen zu wackeln. Der Zorn der Hexe hatte sie zum Beben gebracht. Das Glas jener Kassetten barst und rieselte wie feine, glitzernde Wolken auf sie nieder. Die Tiere, ob Schlangen, Käfer, Echsen, Unken regten sich, während kreischende, zischende, brummende und quakende Laute die Kammer erfüllten.
 

Nami erschrak und versuchte sich vor dem niedergehenden Regen an Glassplittern und kriechendem Getier zu schützen. Sie versuchte mit aller Macht das Mädchen von sich zu stoßen. Endlich gelang es ihr, das Kind abzuschütteln. Doch welch ein Chaos herrschte hier vor?

Frösche, Unken hüpfen laut quakend durch das Glas, während Schlangen zischend über den Boden glitten und Echsen flink davon hetzten. Ein spitzer Schrei entkam ihr, als eine riesige Spinne ihren Weg kreuzte.

»Nein!«, rief das hübsche Kind zornig. »Nein ... meine Geliebten. Bleibt!«

Doch das Gewürm machte sich daran, eiligst und hastig den gierenden Fängen zu entkommen.

Ein Husten kratzte in ihrer Kehle, dennoch versuchte sich Nami daran, ihre Stimme zu erheben. »Sanji? Sanji, wo bist du?« Sie wich den Tieren aus, und bemühte sich jedoch, nach einem braunen, kleinen Leib Ausschau zu halten.

»Hier«, brummte ein dicker, fetter Frosch, nicht weit von ihren Füßen. »Hier bin ich, dein Geliebter«

»Vergiss es!«, fauchte die Navigatorin und scheuchte die Unke davon.

Auch eine Natter versuchte ihr Glück und schlängelte sich windend ihre Wade hinauf. »Ich bin es«, zischte sie, doch Nami schleuderte die winzige Schlange von sich.

»Sanji?« Als sie schon beinahe die Hoffnung aufgab und ihr der Mut sank, in dem Wirrwarr aus Tieren, Staub und dem finsteren, kreischenden Wesen, fiel ihr ein kleiner, brauner Körper ins Auge. Anders, als die anderen kriechenden und ihr Ekel verursachenden Biester, blieb der Frosch reglos. Flink haschte sie nach seinem Leib, inspizierte diesen so gut es ihr möglich war, und erkannte endlich den Smutje. Erleichtert atmete sie auf, sah sich um und eilte zum Ausgang des Zimmers.
 

Sie versuchte den kreischenden, zischenden, und quakenden Gestalten auszuweichen, die ihren Weg nach unten säumten. Das Getier folgte ihr auf dem Fuße und Nami hatte Mühe, weder sich, noch den Smutje, oder gar die anderen Tiere in Bedrängnis zu bringen. Ein paar Mal geriet sie ins Stolpern, doch der Weg nach unten schien keiner Illusion gleich.

Hastig durchbrach sie die Pforte, die ihr die Freiheit versperrte. Das Holz zerbarst und endlich schmeckte sie die Nachtluft und zog jene eiligst in ihre Lungen. Erleichtert fiel sie auf die Knie, den Smutje jedoch noch immer fest an sich gedrückt und versuchte die kriechenden, schleimigen, sich windenden Kreaturen zu ignorieren, die mit ihr aus dem Gefängnis türmten.

»Was zum -?« Waren dies etwa ihre Freunde?

»Jungs«, rief sie und schluchzte erleichtert auf. »Ich war noch nie so froh, euch zu sehen!«

Als der Strom an Gefangenen endlich versiegte, erhob sich Nami. Ihr Blick war noch immer auf Sanji gerichtet, der sich nicht regte. »Wie spät ist es?«, verlangte sie zu wissen.

»Sag mal, Nami. Was war da oben eigentlich los? Kaum, dass du eben da rausgekommen bist, haben die Blitze aufgehört«, fragte Zorro.

»Wie spät ist es?«, drängte Nami von Neuem.

»Keine Ahnung, etwa kurz vor Mitternacht«, ließ der Schwertkämpfer verlauten.

»Verdammt«, zischte sie. »Sanji ...«

Ruffy und Lysop traten auf sie zu. Namis Körper begann zu beben, auch ihr Atem ging zitterig. »Ich ... ich habe alles vermasselt. Sanji ... Sanji ist ...« Ohne zu zögern presste sie ihre Lippen auf den kalten, feuchten Leib des Frosches. Doch nichts geschah. Wieder und wieder bettete die Navigatorin ihren warmen Mund auf Lurch. »Verdammt«, jammerte sie. Tränen liefen ihr die Wangen hinab und fielen auf den starren, kleinen Körper des Smutjes. Erneut suchten ihre Lippen die kühle Haut.

»Nami ...«, hob Lysop an. »Ich glaube, du solltest ...«

Doch das Mädchen begriff und presste ihre Lippen auf das Maul der Kröte. Wimmernde Laute drangen aus ihrer Kehle. Ein Beben setzte ein. Der Erdboden erzitterte, während der Turm hinter ihnen gefährlich wankte.

»Wir müssen hier weg! Los, kommt schon!«, forderte Zorro, doch die Navigatorin verharrte an Ort und Stelle. »Sei nicht dumm, Nami!«

»Nami«, rief Ruffy und langte nach ihr. Während der Turm in Staub und Trümmer zerfiel, retteten sich die Strohhüt-Piraten in sichere Gefilde.
 

Traurig blickte Nami auf den Smutje herab, doch dieser regte sich nicht.

»Wenn du doch wenigstens atmen würdest«, flüsterte sie unter Tränen und setzte den kalten Leib auf das weiche Laken ihres Bettes. Still verharrte sie vor dem Lager, legte ihren Kopf auf den Armen ab und ließ die salzigen Perlen hervordringen. Lang noch hielten sie die tiefen Schluchzer wach, irgendwann jedoch schien der Schlaf schier übermächtig.

Als die Sonne ihre ersten Fühler ausstreckte, spürte sie etwas Warmes an ihren Fingern. Träge ob sie den Kopf, blinzelte gegen das Licht des Tages und stieß einen Schrei aus:

Dort, in ihrem Bett, lag der Smutje. Er hielt ihre Hand mit seinen Fingern umschlossen und ergab sich noch immer dem Reich der Träume.

»Sanji?«, rief sie. »Sanji, du meine Güte!« Tränen brannten abermals in ihren Augen, als sie auf den Jungen zuhielt und sich ihm in die Arme warf. Von dem Ausruf und dem Tun der Navigatorin geweckt, lachte der Smutje auf und schloss das Mädchen in seine Arme.

»Was? Wie?« Fragen, so viele, prasselten auf ihn ein, doch Sanji ließ das Mädchen sprechen. Als sie keinen Atem mehr hatte, hob er die Hand und strich ihr die wirren Haare aus dem Gesicht.

»Sag mal, wo sind deine Klamotten?«, hakte Nami nach und bemerkte, dass ihre Hände auf seiner nackten Brust verweilten. Doch Sanji zuckte nur arglos mit den Schultern. Gerade, als seine Daumen ihren Lippen nachfahren wollten, zerriss ein Schrei die Stille.
 

»Nami ...? Hey, Nami?« Die Navigatorin spürte ein Rütteln an ihrer Schulter. »Wach auf!«

Sie versuchte die Stimme durch den dumpfen Nebel, der sie umfing, herauszufiltern. »Ruffy?«, fragte sie und hob ruckartig den Kopf. »Was? Wo? Wie? Wo bin ich?«

»In der Kombüse, wo sonst?« Der Kapitän legte den Kopf schief und musterte seine Kameradin mit fragendem Ausdruck im Gesicht. »Hast du irgendwas?«

»Warum sollte ich?«, hakte sie nach und rieb sich die Augen. Ihr Blick schweifte durch die Küche. Lysop saß vor ihr und schaute nicht minder verwirrt drein. Und da ... »Sanji?«, fragte sie und ein seltsames Gefühl mischte sich unter das Wirrwarr in ihrem Innern. Der Smutje schenkte ihr ein schiefes Lächeln, schwieg jedoch.

»Du ähm ... du hast ziemlich laut gestöhnt«, verkündete Lysop plötzlich.

»Gestöhnt?«, echote Nami. »Ich stöhne nicht!«

»Doch, hast du aber.«, meinte Ruffy mit einem strengen Nicken des Kopfes, ehe er die Arme vor der Brust verschränkte.

»Ich habe nur schlecht geträumt, denke ich ...«, gab sie zurück und rieb sich die Wangen. Dann fiel ihr das Märchenbuch auf. Die Seiten waren leicht verknittert. Offensichtlich war sie über dem Wälzer eingeschlafen.

»Geträumt?« Sanji trat an den Tisch heran und stellte eine Schalte mit Obst auf das polierte Holz. »Ein Albtraum?«

»Möglich.« Nami zuckte mit den Schultern.

»Und worum ging es da?«, fragte Ruffy und griff eiligst nach einer Banane.

»Sag' ich nicht.« Trotzig wandte sie sich ab, nicht ohne jedoch ihren Kameraden frech die Zunge herauszustrecken. Doch als ihr Blick den des Smutjes kreuzte, umspielte eine leichte Röte ihre Nase.

»Hey Leute«, vernahmen sie Zorros Stimme von draußen. »Los, schnell. Da ist eine Insel!«

Eiligst stürmten die restlichen Strohhüte aus der Küche.

»Ja«, rief Lysop und zwang sich seine Brille über die Augen. »Aber irgendwie sieht die komisch aus.«

»Komisch?«, hakte Sanji nach und die Navigatorin neben ihm schluckte vernehmlich.

»Wisst ihr was, Jungs? Wir segeln dran vorbei!«, beschloss das Mädchen.

»Wieso?«, riefen Ruffy und Lysop im Chor.

»Ja, warum Nami?«, fragte der Smutje.

»Weil ich es sage! Glaubt mir, es ist besser so«, gebieterisch verschränkte sie Arme vor der Brust. »Ich bin die Navigatorin und ich sage: wir segeln dran vorbei!«

»Aber ich bin der Kapitän«, protestierte Ruffy.

»Na und? Willst du etwa das Können deiner Navigatorin infrage stellen?«, provozierte Nami.

»Nein«, murmelte Ruffy betreten.

»Los Jungs, hart Steuerbord. Einfach dran vorbei ...«, bestimmte sie.

»Steuerbord?«, hakte der Kapitän nach.

»Rechtsrum!«, stöhnte Nami und verdrehte die Augen.

»Ist gut«, kam es von ihren Kameraden, die sich sogleich an die Ruder setzten.
 

Und nicht unweit, in den Tiefen des Dschungels, den diese Insel barg, gab ein gar hübsches Wesen einen kreischenden, verzweifelten Laut von sich.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  HathorCat
2016-05-01T08:02:12+00:00 01.05.2016 10:02
Ich kann RuffysKreationen nur zustimmen^^
Eine wunderbare Geschichte.. ich kann mir nur nicht erklären, was einige an Lurchen so eklig finden? Ich hab doch früher auch Frösche gesammelt >.<
Wi oft man das Herz des Smutjies auch brechen gehört hat.. Wirklich gemein von dir! xD
Ich hätte Sanji jedesmal in den Arm nehmen können.
Was ich auch schön finde ist ja, dass Zorro zuerst bemerkt, wer die Kröte ist.
Das er sich dann allerdings selber ärgert, weil er auf die blonde Frau reingefallen ist.. nun, was war sie überhaupt?
Eine Hexe?
Oder eine verfluchte Prinzessin, die auf ewig vergebene Männer hofft?
Ein geniales Abenteuer nur das was mich schockiert hat war, dass es anscheinend ein Traum war?
Oder eine Vorahnung?
Doch was passiert jetzt mit unserem Päarchen?
Oh, ich fand es aber genial, dass Nami gestöhnt hat.. wenn im Traum der Smutje schon nackt vor ihr lag xD
Ach menno, das beste hast du uns vorgehalten >.<

Wobei, der letzte Lacher war wirklich der kreischende, verzweifelte Laut eines hübschen Wesens ;)
Ich will ja nicht meckern, aber fahrt sofort zur Insel, die Beiden sollen nun endlich zusammen kommen! >.<
Antwort von: irish_shamrock
01.05.2016 12:22
Narg, Keule,

danke für deinen Kommentar >///<
Ich mag Frösche auch, und Schnecken, so viel dazu *kicher*, aber es gibt ja immer irgendwelche Leute, die immer irgendetwas eklig finden ... wie Spinnen zum Beispiel ... oder Spinnen ... *hust*
Ha, siehste, das mit dem Stöhnen hab ich wohl eher unbewusst/unterbewusst eingeflochten, aber dann passt es ja doch noch ins Gesehen :3 ...

XD ich fahr nirgendwo hin ... lass die beiden das mal unter sich ausmachen ;)
Von: RuffysKreationen
2016-04-30T18:38:24+00:00 30.04.2016 20:38
Hach, was für eine geniale Geschichte! ♥
Das ist mal eine andere Version des Froschkönigs, die mir echt gut gefällt!
Sanji tut mir echt leid...Namis Ekel und die Versuche Lysops, Sanji in Namis Nähe zu bringen hast du sehr gut beschrieben :D Generell mag ich die Idee. Ein interessanter Traum, das Märchen hast du super eingebracht und gut, dass die Insel umschifft wurde XD
Vielen lieben Dank für diese tolle WichtelFanFic! Ich mag sie wirklich sehr! *___*
Antwort von: irish_shamrock
01.05.2016 12:20
Hey du :> ...

boa, du glaubst gar nicht, welcher Klotz mir da vom Herzen fällt!! :D
Und ich freue mich sehr, dass dir eine Freude machen konnte :3 ...


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