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Wo dich dein Leben hinführt

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
so meine lieben Leser, ich hoffe es sind noch einige dabei, die meine Geschichte spannend finden. Ich würde mich auf einige Kommentare freuen, auch wenn es konstruktive Kritik ist, ist sie willkommen. Der nächste Kapitel steht auch schon bereit, wird so in einem Monat gepostet und verbirgt eine kleine Überraschung. Ich wünsche euch viel Spaß beim lesen!

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Giselle

Sie mied ihn. Wie an den ersten Tagen auf der Insel. Sie kam nicht zum Frühstück, ging früher aus dem Haus als er, kam unauffällig zurück und schloss sich im Zimmer ein.
 

Kaiba konnte sich ihre Reaktion an diesem Abend nicht erklären. Sie hatte mitgemacht, sie war genauso erregt und begierig wie er, sie hatte ihn zurückgeküsst und ihn sogar auf ihre Art animiert. Sie hatte zugelassen, dass er sie berührte, dass er sie auszog. Und er? Er war zärtlich wie noch nie in seinem Leben mit einer Frau, er hatte sie nicht gedrängt, sie nicht gezwungen, alles was er gemacht hatte, war auf sie zu reagieren. Und sie wollte es!
 

Sie dann mittendrin stoppen zu sehen, und dann die absurde Ausrede anhören zu müssen, dass sie nicht kann, dass es nicht richtig ist, ließen in ihm nichts als Verwirrung und Unverständnis übrig, dass er sich in keiner Weise erklären konnte.
 

Dann auch noch das! Sie ging ihm aus dem Weg! Warum machte es ihm so viel aus, was sie über ihn dachte, was sie für ihn empfand? Ihm war es auch damals auf der Insel egal, ob sie gerade bereit war, oder ob sie sich von ihm wegreißen wollte. Er nahm sie, weil sie ihm gefiel, und jetzt nach zwei Monaten zusammenleben, wurde sein Verlangen nach ihr immer stärker, immer fordernder und bald drohte er wieder die Kontrolle über sich zu verlieren und sie so zu nehmen, wie es ihm gerade passte. Er hatte keine Lust mehr auf Kinderspielchen. Sie waren schließlich Erwachsene, die sich attraktiv fanden und miteinander schlafen könnten, wann immer es ihnen passte. Zumindest kannte er diese Art von Beziehung zwischen Mann und Frau. Nicht anscheinend Tea, die sich zurückhalten konnte, obwohl sie auf ihn reagierte, obwohl sie genauso leidenschaftlich seine Küsse erwiderte. Warum? Und warum war für ihn die Antwort darauf von großer Bedeutung?
 

Kaiba stand von seinem Schreibtisch auf, wo sein Laptop seit dem Morgen eingeschaltet und arbeitsbereit war, jedoch worauf er nicht eine einzige Arbeit seitdem erledigen konnte, und ging zum Fenster. Seine Wanduhr verriet ihm, dass er nun drei Stunden in seinem Büro saß und nichts machen konnte, weil er nur an sie dachte. Das machte ihn ärgerlich, wütend und hilflos. Irgendwie wollte er nicht in das alte Muster verfallen, grob mit ihr umgehen, sie einfach nehmen, wann es ihm passte. Er wollte ihr nicht wehtun. Aber was wollte er dann? Ihre Launen aushalten, abwarten, wann sie bereit war ihn zu küssen oder mehr zu tun? Wann würde das passieren, nach zwei Monaten, drei oder sogar mehr? Nein! Er hatte sie geheiratet, weil sie ihm gefallen hatte und sie hatte es sogar geschafft ein besonders starkes Interesse in ihm zu entfachen. Er wollte sie beschützen, er wollte sie an seiner Seite haben, wann immer er die Gelegenheit hatte, er wollte sie Berühren und sie nie wieder aus seinem Leben weghaben. Das waren neue, fremde Gefühle, die er bisher nie gefühlt hatte. Was war los mit ihm. Er verstand es selber nicht …
 

Jemand klopfte kurz an die Tür, und herein kam Roland, sein Assistent, sein rechter Arm, sein Berater.
 

„Mr. Kaiba Sie haben eine dringende Nachricht aus dem Headquarter von New York, es gibt einige Unruhen bezüglich der Geldaffäre. Die Aktien sind eingestürzt und die Aktionäre verlangen nach Erklärungen. Ich habe das Gefühl Mr. White bekommt die Lage nicht in den Griff.“
 

„Dieser nutzlose Krawattenträger hat schon immer den Eindruck hinterlassen, dass er zu nichts taugt. Ich sollte ihn feuern bevor er noch mehr kaputt macht, als jetzt.“, war alles was Kaiba in seiner Verärgerung sagen konnte. Die Geldaffäre, welche vor einigen Wochen bekannt wurde, und die ebenfalls das Unternehmen von Kaiba betraf, richtete sehr viel Schaden an, nicht nur hier in Domino, sondern anscheinend auch in New York, wo sich sein zweitgrößtes Unternehmenssitz befand. Er musste etwas unternehmen, damit die Situation nicht eskalierte.
 

„Am besten wäre es, wenn Sie sich selbst um die Sachen kümmern, Mr. Kaiba, die Aktionäre könnten sich wesentlich mehr entspannen, wenn Sie eine Krisensitzung und eine Hauptversammlung einberufen.“
 

Kaiba dachte kurz nach. Eigentlich hatte er nicht vor in nächster Zeit in die USA zu reisen. Er bezahlte seinen Manager White auch nicht dafür, um am Ende selbst dessen Arbeit zu erledigen, aber Kaiba Corp. stand kurz vor einer schweren Krise. Jemand wollte ihm schaden, darin war er sicher, denn die Geldaffäre hatte es geschafft innerhalb von wenigen Wochen große und bedeutende Zulieferfirmen zum Einstürzen zu bringen, und diese künstlich angezettelte Affäre war gegen seine Firma gerichtet. Er müsste selbst der Sache auf den Grund gehen und zumindest die amerikanische Niederlassung retten.
 

Er würde einige Wochen weg sein. Aber das kam ihm gerade gelegen. Er würde weg sein von ihr, weg von der Verführung, weg von der Begierde, um endlich seine Gedanken in Ordnung zu bringen, endlich mal zu verstehen, was mit ihm los war, was er von der ganzen Situation wollte. Er müsste sich auch nicht entscheiden müssen, ob er sie heute nach ihrem Training abholen sollte oder nicht. Wenn sie ihn ohne weiteres meiden konnte, konnte er dies erst Recht…
 

Er ordnete sofort Roland und seiner Sekretärin an, sich mit seinem Piloten in Verbindung zu setzen, eine außerordentliche Hauptversammlung in New York anzuberaumen und alle Vorkehrungen zu treffen, die für eine Geschäftsreise nötig waren. Er würde weg sein und er wusste nicht, wann er wieder kommen würde.
 

***

Tea hatte schon wieder einen Tanzschritt vergessen oder ihn zu schnell getätigt. Schon das vierte Mal, und immer wieder musste sie die Choreographie neu beginnen. In nicht einmal fast vier Wochen müsste sie ihr neues Ballettstück vorstellen, wo sie wieder die Hauptrolle bekommen hatte, und sie machte Anfängerfehler, als sei sie Tanzstudentin wie vor vier Jahren. Es lag daran, dass sie abgelenkt war, viel zu abgelenkt, um sich auf das Tanzen zu konzentrieren. Und das alles wegen ihm.
 

Sie konnte selbst nicht fassen, wie weit sie an diesem Abend gegangen war, einige Minuten später, vor ihrer Reaktion, so wäre sie ihm verfallen. Hätte sie es bereut? Sie hatte Angst davor, vor der Erkenntnis, davor, es später zu bereuen, weil sie sich nicht sicher war, was sie fühlte. Sie fühlte sich hingezogen zu ihm, jedenfalls körperlich, denn sie mochte es wie er sie küsste, ihr gefielen seine Berührungen, seine Liebkosungen. Jeder seiner Berührungen entfachte in ihr mehr und mehr die Lust und das Feuer, sie wollte mehr, mehr von ihm spüren.
 

Aber sie liebte ihn nicht. Und darin lag das ganze Problem. Sie war nicht in Seto Kaiba verliebt, sie hatte keine Schmetterlinge im Bauch wie einst, als sie sich in Yugi verliebte, es war nur etwas Körperliches. Möglicherweise, weil er der erste Mann in ihrem Leben war, möglicherweise, weil es eine normale körperliche Reaktion war, wenn man einmal dieses unbeschreiblich starke Gefühl der Lust und der Erlösung gespürt hatte. Jedenfalls, dachte Tea, könnte es keine Liebe sein. Und Sex ohne Liebe war gegen all ihre Prinzipien.
 

Deshalb hatte sie mittendrin aufgehört, deshalb hatte sie sich von ihm losgerissen und war weggelaufen. Denn auch wenn sich in diesem Augenblick alles so gut anfühlte, auch wenn sie es genießen würde für einige Minuten in seinen Armen gewesen zu sein, so würde sie sich danach schlecht fühlen, wie eine Verräterin ihrer eigenen Grundregeln und ihrer eigener Weltanschauung. Sie hatten keine Zukunft, ihr Miteinander war beschränkt auf die wenigen Monate, die sie als Schein-Ehepaar zusammen verbringen würden, danach würde jeder seinen Weg gehen, insbesondere Kaiba, der sich von ihr trennen würde, wie von all den anderen Frauen in seinem Leben. Und sie? Sie dürfte es nicht riskieren, andere Gefühle als Freundschaft für ihn zu empfinden, denn danach würde sie sich schlecht fühlen, sehr schlecht. Das ist ihr schon einmal passiert, in dieser verhängnisvollen Nacht, als ihr Körper mitgemacht hatte, am nächsten Morgen sie aber lieber erst gar nicht aufgewacht wäre.

Ihn zu meiden war auch keine Lösung, das wusste sie ganz genau, aber ihr war auch nichts Besseres eingefallen. Sie mussten reden, irgendwie die Situation klären, so könnten sie nicht weitermachen.
 

Ein Teil ihres Herzen wollte nicht zu drastischen Mitteln greifen, ein Teil hatte Angst mit ihm alleine zu bleiben, ein anderer fürchtete sich vor seiner Reaktion.
 

Heute Abend, wenn er sie abholen kommen würde, im Auto, während der Fahrt, da würden sie reden. Sie würde ihn erklären, wie sie sich fühlte, warum sie in der einen Minute etwas tat, und in der nächsten sich sofort davon distanzierte. Er, auch wenn er sie nicht verstehen würde, würde ihre Situation zumindest akzeptieren. So könnten sie wenigstens wie zwei normale erwachsene Menschen miteinander umgehen, auch ohne sich gegenseitig zu meiden. Ja, das macht sie. Heute Abend spricht sie mit ihm!
 

***

Sie stand einigen Minuten in der Nässe und Kälte des Abends, umschlungen von der Dunkelheit eines routinierten Alltages und wartete auf ihn. Mit jedem vorbeifahrenden Wagen bündelte sie ihre ganze Aufmerksamkeit, um zu erkennen, ob er es war, der angefahren kam, danach aber, als die Wägen nicht anhielten, widmete sie ihre Aufmerksamkeit wieder dem dunklen und nassen Abend. Sie war jedes Mal aufs Neue enttäuscht. Wäre es möglich, dass er sie gar nicht abholen kommen würde? Sie war etwas früher aus dem Tanzstudio herausgegangen, wollte ihn nicht warten lassen, lieber wartete sie auf ihn.
 

Um die Ecke kam ein schwarzer Wagen und hielt an. Sie erkannte eines der vielen Autos, das in der Garage von Kaiba standen. Er war gekommen! Innerlich und äußerlich glücklich wartete sie am Straßenrand, bis er, wie immer, ausstieg und ihr die Tür aufhielt.
 

Zur ihrer Überraschung stieg jedoch nicht er aus, sondern der Chauffeur, ein Mitarbeiter der Familie Kaiba. Sie konnte ihre Enttäuschung fast nicht verbergen, als sie den Fahrer sah und dieser ihr die Tür aufhielt und wartete, bis sie eingestiegen war.
 

Er hatte es also übler angenommen, als sie erwartet hatte. Er war nicht gekommen, er hatte mit der schönen Routine gebrochen, die sie aufgebaut hatten. Jetzt mied nicht sie ihn, sondern er sie und dieses Gefühl bereitete ihr eine tiefe unerklärliche Kränkung.
 

„Wissen Sie, warum Mr. Kaiba heute nicht gekommen ist?“, fragte sie vorsichtig nach einigen Minuten stiller Fahrt dem Chauffeur, als sei es etwas Ungewöhnliches nach so etwas Einfachem und Selbstverständlichem zu fragen.
 

„Er ist nicht da, Madam, er ist geschäftlich unterwegs in New York.“, antwortete der Fahrer freundlich und distanziert, „Er bat mich deshalb Sie auch in den nächsten Wochen abzuholen.“
 

Nächsten Wochen! Er war weg für mehrere Wochen?! Jetzt konnte sie nicht anders, als einen traurigen Seufzer zu hinterlassen. Sie würde ihn mehrere Wochen nicht sehen, sie würden nicht sprechen können, sie würden nicht alles klären können, wie sie es sich am Anfang vorgestellt hatte. Und er würde nicht zu ihrer Premiere kommen. Dies hinterließ ein bitteres Gefühl in ihr und ihr Herz verriet ihr, dass sie diese Wochen als einer der anstrengendsten erleben würde.
 

***

Die Aktienkurse hatten sich ein wenig erholt, dennoch zeigte sich eine gewisse Unruhe am Markt, und die Geldaffäre schien nicht in Vergessenheit zu geraten. Seto Kaiba konnte in der Hauptversammlung, die er auf die Schnelle einberufen hatte, die Aktionäre beruhigen. Er versprach so schnell wie möglich der Affäre ein Ende zu setzen und bat den Anteilseignern deshalb ihre Aktien nicht zu verkaufen. Er befürchtete, dass die Aktien sonst von einer einzigen Person oder einer Gesellschaft gekauft werden könnten, welche selbst diese Affäre angezettelt hatte, um seine Machtposition im Kaiba Corp. zu stärken. Wer das war und zu welchen Mitteln dieser noch greifen würde, wusste er nicht. Seine Männer waren schon an dem Fall dran. Fürs erste hatte er seine Mission in New York erfüllt.
 

Es war Freitag früh am Morgen. Heute Abend war die Premiere, von der Tea ihn erzählt hatte, wofür sie so hart trainiert und worauf sie sich tage- und wochenlang vorbereitet hatte. Er könnte theoretisch dabei sein, er hatte nichts mehr zu tun, hier in New York, aber er wollte nicht. Er wollte nicht schon wieder nachgeben, dort erscheinen, sie in ihrer bezaubernden Robe tanzen sehen und alles vergessen, ihre Zurückhaltung, ihre Ablehnung gegenüber ihn, ihre Unentschlossenheit. Er war ein viel zu stolzer Mann, um von ihr noch einmal eine Abfuhr mitten drin zu bekommen. Er war ein Kaiba, verdammt noch mal und kein Spielzeug in den Händen einer hübschen Ballerina.
 

***

Der Saal im Domino National Theatre war bis zu den hintersten Ecken voll. Gekommen waren nur die wichtigsten und bedeutendsten Persönlichkeiten der Millionenstadt, wie schon damals, bei der Premiere von der Schwanenkönigin. Auch dieses unvergleichbare Meisterstück, Giselle, spielte mit diesem Ensemble zum ersten Mal, deshalb die große öffentliche Aufmerksamkeit. Tea spielte die Hauptrolle, die, die sich in Prinz Albrecht verliebt und die in ihrer Liebe zu ihm enttäuscht wird. Instinktiv lächelte sie vor dem Spiegel, als sie an das Stück dachte. Wie schnell kann die große Liebe zur Enttäuschung werden und von der Enttäuschung eine tiefe Liebe entstehen…
 

„Tea, beeil dich, dein Kostüm ist da, in fünfzehn Minuten geht es los“, hörte sie einer der Kostümbildnerin sagen. Ihr Kostüm bestand diesmal hauptsächlich aus einem Bauernmädchenkleid und später aus einem weißen, über die Knien reichendem Kleid, welche sie im zweiten Akt tragen würde.
 

Sie war aufgeregt, als die Vorhänge langsam aufgingen und hinter ihnen ein stilles im Dunklen kaum erkennbares und aufmerksames Publikum auftauchte; hier und da einige Geräusche, ein Husten, ein Rasseln, sonst nichts. Es begann die Musik und Tea verwandelt sich in Giselle, die sich hoffnungsvoll herbeisehnte, dass ihre persönliche Geschichte einen anderen Verlauf habe, als die von Giselle…



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Miena
2016-06-12T13:33:18+00:00 12.06.2016 15:33
Huhu, Liebes!

Ich muss wirklich sagen, dass die letzten beiden Kapitel echt klasse waren! Du baust eine Spannung ein, die einen einfach neugierig werden lässt.

Schade, dass Seto nicht bei der Aufführung dabei ist, oder ist das vielleicht die Überraschung? Ist Seto vielleicht doch da und wartet draußen auf sie? *-*
Ich würde mich so für Tea freuen!

Auf der anderen Seite verstehe ich Tea aber auch... Ich könnte auch nicht mit einem Mann schlafen, den ich nicht liebe.
Aber ich glaube, die beiden werden noch früh genug merken, was sie für den jeweils anderen empfinden.

Mach so klasse weiter!

Liebe Grüße,
Miena
Antwort von:  tatosensei
12.06.2016 23:09
danke für das Ermutigen, manchmal braucht man eine kleine Unterstützung, um eine Geschichte weiterzuführen. :)

LG
tatosensei


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