Hab ich dir schon erzählt...
Die gute Zeit fällt nicht vom Himmel,
sondern wir schaffen sie selbst;
sie liegt in unseren Herzen eingeschlossen.
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Fjodor Michailowitsch Dostojewskij (1821 – 1881)
russischer Romanautor und genialer Menschengestalter
Quelle: »Das Gut Stepantschikowo«
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„Nur eine halbe Stunde …“
Mokuba schleudert seinen Rucksack in sein Zimmer, zieht sich gar nicht erst um, sondern flitzt wieder nach draußen. Sein Herz klopft vor Aufregung und in seinem Kopf rasen die Ereignisse des heutigen Tages im Kreis. Er versucht zu ordnen, was er erzähle möchte, was er erlebt hat, was bald passieren wird.
Nur eine halbe Stunde …
„Das Wichtigste muss ich sagen …!“, denkt Mokuba und steigt in das Auto ein.
„… Du hättest dabei sein sollen, Seto! Es war großartig!“, endet Mokuba, dann legt er sein Kindergesicht in Falten und denkt nach, was er noch erzählen möchte.
Nur eine halbe Stunde …
Nur eine halbe Stunde hatte Mokuba Zeit, seinem Bruder alles zu erzählen, mehr bekommt er nicht.
„Ich hab eine eins in Mathe geschrieben, Seto. Der Test war total leicht! Ich musste nicht mal lernen, also … Ich hab schon ein bisschen gelernt, aber beim Test hab ich dann gemerkt, dass ich’s gar nicht gemusst hätt’!“ Mokuba holt tief Luft.
Sein Bruder schweigt.
„Joey Wheeler redet ab und zu mit mir …“ Mokuba sieht aus dem Fenster und kaut auf seiner Unterlippe herum. „Fragt mich manchmal, wie’s mir so geht.“ Er blickt zu Seto. „Von dir spricht er nicht! Kein Wort! Ich glaub, das macht er mit Absicht!“
War das ein Schnauben seitens seines älteren Bruders?
Mokuba sieht nervös auf die Uhr; der Sekundenzeiger schnellt über das Zifferblatt, der Minutenzeiger rückt lautlos vor.
Nur noch zehn Minuten.
„Komm wieder mit nach Hause, Seto. Ich hasse es, dich hier drinnen zu besuchen. Wieso können wir nicht wieder in unsere alte Villa ziehen? Ich will wieder mit meinen Freunden im Garten spielen …
Weißt du noch, als du ein einziges Mal mit uns Ball gespielt hast und dann ein Fenster eingeschossen hast?“ Mokubas Augen leuchteten bei dieser lustigen Erinnerung auf.
Sein Bruder, der einfach draufzieht, weil er von Mokubas Gequengel genervt ist, das Klirren der Scheibe, Setos Gesicht, das ihm entgleist (und das geschieht einem Kaiba nicht oft)
„Du hast ganz schön laut geflucht! Und dann hast du mir die Schuld gegeben!“ Lachend wirft Mokuba den Kopf zurück, legt seine Hand auf die seines Bruders und drückt sie sanft. „Aber was ich mir wirklich wünsche, Seto …“
„Die halbe Stunde ist rum“, tönt es von der Zimmertür.
Mokuba schreckt zusammen, dann streicht er über seine Armbanduhr. Die Uhr, die ihm sein Bruder zur Einschulung geschenkt hat.
„Zeit ist kostbar, Mokuba. Nutze sie!“
Auch wenn er diesen Satz damals nicht ganz verstanden hat, jetzt versteht er ihn.
Er blickt hinunter zu seinem Bruder, zu Seto Kaiba, der stumm und blass in einem Krankenhausbett liegt.
„Ich wünsche mir, dass du wieder aufwachst.“
