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Nummer Neun

von

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Die Gruppe um den Fürsten schlug früher als sonst ihr Lager auf, dieses Mal am Waldrand. Hier konnte Jaken eher noch geeignetes Feierholz finden und die Bäume boten zusätzlich etwas Schutz.

Wortlos verließ Sesshomaru die Gruppe, blieb aber in der Nähe um zu beobachten. Das einzige, was ‚Neun‘ wirklich gut konnte, war ihre Nase benutzen. Aus diesem Grund achtete er darauf, entgegen der Windrichtung zu stehen, damit sie ihn nicht witterte.

Dann wollte er doch Mal sehen, wie sie sich in scheinbar unbeobachteten Momenten verhielt…

Von seinem Platz in der Krone eines Baumes aus, konnte er die drei ungleichen Personen beobachten. Nicht, dass das nötig wäre, bei der Lautstärke, mit der der Kappa sprach.

„Es dauert noch, bis es dunkel ist! Also können wir zurück zum Fluss gehen und Fische fangen!“

Doch die sonst so unternehmenslustige Rin schüttelte den Kopf. „Wir sollten hier bleiben und auf Sesshomaru-samas Rückkehr warten.“

Gerade als Jaken zu einer Schimpftirade ansetzte, schaltete sich die Sklavin ein und klopfte auf den Boden, um auf sich aufmerksam zu machen. Danach hielt sie ihr Brett hoch.

Auf die Entfernung hin und aufgrund dessen, dass die beschriebene Seite nicht direkt zu ihm zeigte, konnte der DaiYoukai zwar nicht lesen, was sie geschrieben hatte – aber das brauchte er auch nicht.

„Was steht da?“

Rin bekam keine Antwort auf ihre Frage, dafür aber ‚Neun‘ auf ihr Geschriebenes. „Was soll das heißen, Fischen wird nichts bringen?!“

Es vergingen mehrere Sekunden, ehe der Kappa deutlich leiser kommentierte: „Keine Fische… Und was sollen wir dann essen?“

Langsam, und mit deutlicher Unsicherheit in der Stimme, wandte sich Rin an die Dämonin. „Würdest du bitte jagen gehen?“

Die Gefragte legte lediglich den Kopf ein wenig schief.

„Warum guckst du so verwirrt?!“

Das Menschenmädchen äußerte eine Vermutung: „Vermutlich weil ich sie nett gefragt habe.“

Derweil schien sich ‚Neun‘ gefangen zu haben und nickte dem Mädchen zu. Gut, dass er nicht befohlen hatte, dass sie an Ort und Stelle bleiben sollten. Er zweifelte keinen Moment daran, dass ‚Neun‘ Rins Bitte nicht nachkommen würde, wenn diese einer seiner eigenen Anweisungen widersprach.

So aber wandte sich die Sklavin ab, um ein weiteres Mal Nahrung für das Kind zu beschaffen.

Umgehend heftete er sich an ihre Fersen. Bei der Jagd war es gut möglich, dass sich bei ihr die Instinkte meldeten und er einen Ansatz bekam, um mit ihr zu arbeiten.
 

Eine ganze Weile lief sie witternd umher, auf der Suche nach einer vielversprechenden und frischen Spur.

Wenigstens war sie den nervigen Kappa für eine Weile los. Beim besten Willen, sie konnte nicht verstehen, wie man dessen Anwesenheit über einen längeren Zeitraum hinweg ertragen konnte.

Da kam sie doch gerne dem Wunsch des Menschen nach – aber genau das machte ihr nach wie vor zu schaffen. Noch niemals in ihrem gesamten Leben hatte jemand das Wort Bitte bei ihr benutzt.

Was war das nur für ein Tag? Erst die neue Kleidung, die ihr Besitzer ihr einfach so überließ und dann sprach das Mädchen mit ihr … als wären sie auf Augenhöhe.

Doch das waren sie nicht. Rin war ein freier Mensch und – viel wichtiger – stand unter dem Schutz eines Fürsten. Sie hatte jemanden, der sich um ihr Wohl sorgte und sie verteidigte. Wenn sie es nicht besser wüsste, würde sie meinen, es mit Vater und Tochter zu tun zu haben.

Nicht, dass sie dies aus eigener Erfahrung kannte, aber sie hatte oft genug Familien in den Verliesen gesehen. Väter, die um die Freiheit ihrer Frauen und Kinder flehten und schworen, nie auch nur einen Fluchtversuch zu wagen. Mütter, denen man ihren Nachwuchs aus den Armen reißen musste und die Kräfte entwickelten, die man ihren schwachen Körpern kaum zutraute. Alles für den lächerlichen Versuch, ihre Bälger zu schützen.

Ein absolut irrsinniges und undurchdachtes Unterfangen. Wer zum Besitz wurde, konnte nichts mehr anbieten, was dem Herrn nicht gehörte. Gehorsam ließ sich viel einfacher erreichen, als wertvolle Ware in den sicheren Tod zu schicken. Als ob sterbliche Frauen oder gar junge Knaben und Mädchen auch nur die geringste Chance hätten, eine Nacht in der Wildnis zu überleben.

So weit hatten die Eltern, die sie sah, aber nie gedacht. Ein absolut irrationales Verhalten.

Dahingegen Rin eindeutig einen fähigen Beschützer hatte.

Nein, sie und das Kind waren definitiv nicht auf einer Stufe. Solange das Mädchen in der Gunst des DaiYoukai stand, war ‚Neun‘ die Rangniedere. So war es eben, der Sklave stand immer ganz unten in der Rangordnung.

Ein frischer Duft riss sie aus ihren Gedanken. Selbst wenn es nur ein Kaninchen wäre, für die kleine Gruppe würde es reichen. Vor allem, wenn man bedachte, dass lediglich Rin und Jaken essen würden.

Nahezu lautlos verfolgte sie den Geruch bis zu seiner Quelle, die sich als eine ganze Gruppe Kaninchen herausstellte.

Schnell hatte sie ein geeignetes Opfer ausgemacht und pirschte sich an ihre nichtsahnende Beute heran, ehe sie blitzschnell zuschlug.

Das kleine Tier hatte nicht den Hauch einer Chance, zumal es im Gegensatz zu seinen Kameraden relativ weit vom nächsten Eingang zum sicheren Bau entfernt war. Mit einer gezielten Handbewegung brach sie ihm das Genick.

Zufrieden betrachtete ‚Neun‘ den jungen, kräftigen Rammler und entschied, dass das reichen würde.
 

Kurz nachdem die Sklavin zurückgekehrt war, betrat auch Sesshomaru das kleine Lager. Die Youkai hatte sich an einen Baumstamm gelehnt und beobachtete Rin und Jaken dabei, wie sie ihr Abendessen ausweideten. Nur verlief das keinesfalls reibungslos. Immer wieder ließ gerade der Kappa einen genervten Kommentar fallen, wenn Rin seiner Meinung nach etwas falsch machte.

‚Neun‘ verdrehte nur die Augen und war froh, dass keiner der beiden auf die Idee kam, sie alles zerlegen zu lassen. Ginge schneller und leiser, würde aber mit blutigen Händen enden. Von Blut auf ihrer Haut hatte sie für heute aber definitiv genug.

Aus den Augenwinkeln sah sie zu ihrem Herrn auf. Wo dieser wohl gewesen war? Nun, es ging sie ja nichts an. Dann verschwand er Mal eben für eine Weile, nur um plötzlich wieder bei ihnen aufzutauchen.

Sollte sie bei dieser seltsamen Gruppe überhaupt noch etwas wundern? Erst Recht, nach diesem ungewöhnlichen Tag? War ja nicht so, als ob sie nicht genug zum Nachdenken hatte. Nein, kaum war sie zu den Wartenden getreten, hatte sich Rin bedankt.

Schon wieder.

Dieser höfliche Umgang mit ihr machte sie noch fertig. Mit Befehlen und knappen Anweisungen wusste sie umzugehen, hatte ebenfalls kein Problem damit, wenn sie angebrüllt wurde. Bestraft wurde. Auch wenn sie Letzteres seit Jahren erfolgreich vermied. Wenn ihr Herr eine Maßregelung als nötig erachtete, war sie das auch.

Nur wie sollte sie auf ein solches Verhalten reagieren? Niemand war ihr gegenüber nett. Lob gab es sehr selten, ein Danke nie.

Wie hatte ihr geregeltes Leben nur eine solche Wendung nehmen können? Innerhalb weniger Tage wurde sie permanent mit neuen Eindrücken konfrontiert, auf die sich ihre sonstigen Verhaltensweisen nicht so leicht anwenden ließen.

Unsicherheit machte sich zunehmend in ihr breit. Bisher hatte sie es geschafft, dennoch richtig zu agieren. Nur war sie sich sicher, dass noch öfters Situationen kommen würden, die sie nicht kannte. In denen sie nicht strikt ihre Regeln befolgen konnte.

So wenig sie es mochte, von ihren Herren berührt zu werden – jetzt wäre sie froh, wieder in einer solchen Lage zu sein. Hatte sie sich nicht noch gefreut, dank ihres Auftrages mit den Banditen, eine Nacht ihre Ruhe zu haben?

Wie gerne wäre sie jetzt zurück in Kenzos Heim, wo sie ihren Platz und ihre Aufgaben kannte! Da konnte er sie noch so oft in der Nacht aufsuchen, sie würde sich nicht darüber beklagen!

‚Neun‘ fokussierte sich mehr auf den Fürsten.

Dieser hatte sich ebenfalls nieder gelassen und blickte hinaus auf die Ebene. Wenn sie doch nur wüsste, was er von ihr wollte! Wie sie ihm nutzen konnte! Stattdessen musste sie sich damit zufrieden geben, Rin zu umsorgen. Das war alles, was sie tun konnte, um ihrem Herrn zu gefallen.

Bitter. Was war sie nur für eine miserable, nutzlose Sklavin?
 

Während ‚Neun‘ immer weiter abdriftete, hatte Jaken längst ein Feuer entfacht und langsam breitete sich der Geruch von gebratenem Fleisch aus.

Der Kappa und Rin waren während ‚Neuns‘ Jagd nicht untätig gewesen, sondern hatten in der Nähe noch einige essbare Wurzeln gefunden und ausgegraben. Damit versprach die heutige Mahlzeit mehr als reichhaltig zu werden.

Hinter der Stirn des Fürsten arbeitete es. Nicht wegen Rin, denn die würde sich schon fangen, wenn sie nur wieder einen festen Alltag hatte. Bezugspersonen wie Kaede, die ihr zusätzlich Halt und Geborgenheit boten. Beides wichtige Dinge, für junge Menschen.

Nun, sofern die Alte überlebt hatte, was er zu bezweifeln wagte.

Dennoch, da waren noch die Dämonenjägerin und der Mönch, sowie sein Halbbruder und dessen Miko.

Mehr als genug Menschen, die Rin gut kannte und denen sie vertraute.

Vor seinem inneren Auge ließ er ‚Neuns‘ Beutefang noch ein Mal Revue passieren.

Aber ihm fiel einfach nichts auf, das darauf hindeute, dass sich ihre andere Seite zeigte. Ihr Youki hatte sich nicht verändert, sie hatte es nicht unterbewusst unterdrückt oder sonst wie angepasst.

Einfach nichts.

Das war äußerst ernüchternd. Irgendeinen Reiz musste es doch geben, mit dem er sie aus der Reserve locken konnte! Wenn er keinen Ansatz fand, war der Versuch zwecklos, ihr etwas Kontrolle über ihre Energie beizubringen. Damit blieb sie weiterhin eine Einladung an alle Oni, die sich nur zu gerne von einer solchen Präsenz locken ließen.

Irgendeinen Weg musste es geben. Es konnte nicht sein, dass ausgerechnet er an einer Sklavin scheiterte!
 

Verstohlen blickte Rin immer wieder zu der Leibeigenen. Diese hatte die Knie angezogen und den Kopf darauf abgelegt, ihre Arme waren um die Beine geschlungen. Die Inu schien ihrem abwesenden Blick nach tief in Gedanken.

Sie würde sogar so weit gehen, zu behaupten, dass ‚Neun‘ aus irgendeinem Grund traurig war.

Zumindest war dies eine typische Position, die Menschen in einer solchen Gemütslage einnahmen. Warum sollte das bei Youkai anders sein?

Langsam aber sicher siegte in ihr die Neugier – sie wollte mehr über diese Frau wissen. Wollte verstehen, warum sie so war, wie sie war.

Wenn Rin ehrlich war, hatte sie nicht damit gerechnet, dass ‚Neun‘ ihrer Bitte nachkommen würde. Bisher war immer ihr Meister dabei gewesen, daher erschien es nur schlüssig, dass sich die Sklavin gehorsam und bemüht zeigte.

Doch auch als Sesshomaru-sama nicht da war, hatte sich ‚Neun‘ um ihr Wohlergehen gesorgt.

Mitleid regte sich in ihr, wenn sie an den erstaunten Ausdruck dachte, mit dem die goldenen Augen auf ihr lagen. Selbst wenn sie nur wenige Tage im Rang einer Sklavin verbracht hatte, konnte sich Rin denken, was der Knackpunkt war. In der ganzen Zeit war niemand freundlich zu ihr gewesen, selbst die Frauen untereinander hatten einen eher harschen Umgangston.

Es musste für das neuste Mitglied der Gruppe wahrlich seltsam sein, wie mit ihr umgegangen wurde. Damit schien wiederum sie selbst nicht umgehen zu können.

Rin fasste einen Entschluss – und sie würde noch heute Abend damit anfangen!

Hastig sprang sie auf die Beine und lief ein paar Meter tiefer in den Wald, um ein paar große Blätter zu holen.

Mit ihrer Ausbeute in den Händen ließ sie sich wieder am Feuer nieder und wartete mit steigender Ungeduld darauf, dass das Fleisch endlich gar wurde.

Nach schier endlosen Minuten war Jaken der Meinung, dass es durch war und nahm die Äste, auf denen sie alles aufgespießt hatten, vom Feuer runter.

Einen der Spieße nahm Rin an sich, legte ihn auf eines der Blätter und erhob sich. Was hatte sie schon zu verlieren? Außerdem war ihr Meister da, der gegebenenfalls eingreifen würde.

Vor der zusammengekauerten Gestalt blieb sie stehen und hielt dieser das Essen hin. „Hier, du musst doch auch Nahrung zu dir nehmen.“

Ruckartig schoss ‚Neuns‘ Kopf nach oben und sie blinzelte Rin mehrere Male fragend an, ehe ihr Blick auf deren Hände fiel. Zögerlich, als rechnete sie damit, dass die Jüngere ihr Angebot gleich zurückziehen würde, streckte sie ihre eigenen Hände aus und nahm die Mahlzeit entgegen.

Soweit es in ihrer Position möglich war, verbeugte sich die Inu.

Zufrieden mit dem kleinen Erfolg lächelte Rin und ging zurück zu ihrem Platz, den ungläubigen Blick Jakens dabei geflissentlich ignorierend. Immerhin hatte ‚Neun‘ die Geste angenommen, das war nach dem Erlebten mit ihrem Meister bereits einiges wert. Dieser hatte ihre Gaben immer abgelehnt.

Ein Blick zur Seite zeigte ihr, dass sich die Youkai hingekniet hatte und tatsächlich aß.
 

Die Sonne war untergegangen und jene drei unter ihnen, die regelmäßig ihren Schlaf brauchten, befanden sich längst im Land der Träume.

‚Neun‘ betrachtete grübelnd das Menschlein, welches eng an den Drachen gekuschelt dalag.

Was stimmte nur mit dem Kind nicht? Warum nur ging sie so mit ihr um? Hatte ihr sogar etwas von ihrem kargen Mahl überlassen?

Gut, die Inu benötigte nicht viel, aber sie hatte auch nie große Mengen bekommen. Oder in regelmäßigen Abständen. Es war immer ein Glücksspiel, wann sie etwas zu Essen aufgetischt bekam. Wenn dem so war, dann waren es Reste gewesen oder Teile, die Menschen nicht mochten.

Aber heute? Sie hatte das Gleiche erhalten, wie die anderen auch. Sogar noch bevor Rin ihren eigenen Hunger stillte – und hungrig war das Kind mit Sicherheit, so oft wie Menschen etwas zu sich nehmen mussten.

Ob das öfter passieren würde? Oder war der heutige Tag eine Ausnahme? Sie hoffte darauf, wollte zurück in ihre bisherige Welt, in der sie sich auskannte…

„Steh auf.“

Beim Klang seiner Stimme zuckte die Leibeigene zusammen – war sie so tief in Gedanken, dass sie deswegen vergaß, ihren Herrn im Auge zu behalten? Bei den Göttern, das durfte ihr kein weiteres Mal passieren!

Sesshomaru hatte sich bereits einige Meter von ihnen entfernt, lief weiter auf die Ebene raus. Hastig sprang ‚Neun‘ auf und folgte ihrem Herren, hielt aber drei Schritte Abstand zu ihm.

Was wollte er von ihr? Irgendetwas schien er vorzuhaben, warum sonst sollte er sie fortführen?

Ein kalter Schauer lief ihr über den Rücken.

Vielleicht war er ihrer überdrüssig geworden.
 

~~~
 

Kagome lief gemeinsam mit Shippo eine abendliche Abschlussrunde durch das Dorf.

Der Kitsune auf ihrer Schulter bemerkte leise, damit es niemand zufällig hörte: „Ist InuYasha wieder im Wald?“

Jene Miko, auf deren Schulter er saß, sprach ebenfalls mit gedämpfter Stimme. „Er hat mehrere Oni gewittert und wollte sie abfangen, bevor sie dem Dorf zu nahe kommen.“

Verstehend nickte Shippo. Denn obwohl in den letzten Tagen immer mehr der noch stehenden Hütten repariert wurden und sogar mit dem Neubau komplett zerstörter begonnen wurde, noch war die kleine Menschensiedlung ein gefundenes Fressen für Angreifer aller Art. Ohne solch tatkräftige Beschützer wie den Hanyou und die Gruppe um ihn, würden die Chancen der Verbliebenen sehr schlecht stehen.

Wenigstens waren nicht alle Felder dem Überfall zum Opfer gefallen, sodass sie zumindest etwas Nahrung hatten. Bis die Verluste wieder aufgearbeitet wären, würde es aber noch lange dauern. So lange mussten die Bauern noch kürzer treten, als sie es ohnehin schon taten.

„Was meinst du, werden Kohaku und Kirara die anderen finden? Hat Sesshomaru überhaupt Erfolg gehabt?“

Liebend gerne würde Kagome jetzt beruhigende Worte sprechen, beteuern das InuYashas Halbbruder nicht versagen würde. Das alles gut werden würde und alle gesund und munter heimkehren würden.

Nur das konnte sie nicht. Daher seufzte die Frau auf und schloss einen Moment die Augen. Die Verantwortung für das Dorf, welche sie als hiesige Miko nun alleine trug, lastete schwer auf ihren Schultern. Bisher hatte sie sich immer einen Rat bei der erfahrenen Kaede einholen können, die stets zu helfen gewusst hatte.

Aber nicht nur dadurch machte sich das Fehlen bemerkbar. Kaede war ihnen allen mit ihrer Unerschütterlichkeit ein großer Halt gewesen, man hatte sich vollkommen auf sie verlassen können.

Ihr Tod hatte eine riesige Lücke in der Gemeinschaft hinterlassen, welche schier unmöglich war, zu schließen.

Vielleicht hatte Miroku in einer Sache recht: Sie konnten dieses Loch nicht ausfüllen – aber sie konnten näher zusammenrücken.

In diesen Momenten fühlte es sich für Kagome an, als wäre sie über Nacht eine andere geworden.

Durch ihre Erlebnisse in dieser Zeit war sie reifer gewesen als gleichaltrige Mädchen ihrer Zeit, aber nun merkte sie es erst richtig. Begriff, was es bedeutete, in ihrem jungen Alter die Miko eines ganzen Dorfes zu sein.

Sie war nicht länger eine junge Frau, der man so manches nachsah, sie war eine vollwertige Erwachsene und ein wichtiges Glied in der Gemeinde.

„Kagome?“

Shippo streckte sich etwas und fuchtelte mit einer Hand vor ihrem Gesicht herum. Er wartete nach wie vor auf eine Antwort ihrerseits.

Die Angesprochene sah sich kurz um, ging sicher, dass sie niemand außer dem Kitsune hörte. „Ich weiß es nicht… Ich weiß es wirklich nicht“, gab sie schließlich zu.

Daraufhin erntete sie betroffenes Schweigen.

Umso mehr Tage vergingen, ohne das etwas geschah, umso mehr sank ihre Hoffnung auf ein Wiedersehen mit den Verschleppten. Zweifel keimten auf, denn auch wenn sie von Sesshomaru sprachen – gegen den zerstörerischen Regen war auch der mächtige DaiYoukai machtlos.

Selbst wenn sie annahmen, dass der Fürst die Spur verfolgen konnte und die Gefangenen befreite… Wie hoch war die Wahrscheinlichkeit, das Kohaku und Kirara diese auch fanden? Würden überhaupt alle heimkehren, oder war ein Teil bereits an andere Zwischenhändler gegangen? In diesem Fall war es äußerst fraglich, dass Sesshomaru diese ebenfalls retten würde.

Ironischerweise war es aber ihr Glück, dass es Rin ebenfalls erwischt hatte. Somit bestand zumindest etwas Hoffnung, auch wenn diese mit jedem Tag schwand.

Am Dorfrand blieb Kagome stehen und drehte leicht den Kopf, um ihren Begleiter ansehen zu können. „Geh vor, ich komme dann nach.“

„Ist gut“, damit sprang der Kitsune davon und ließ die Miko alleine.

So sehr sie auch die Nähe ihres Kameraden genoss, sie brauchte einen Moment für sich. Shippo schien das zu ahnen und ließ ihr glücklicherweise ohne weiteres den nötigen Freiraum.

Ihren Bogen samt Köcher trug sie bei sich, sodass nichts dagegen sprach, ein Stück in den Wald zu gehen. Vielleicht konnte sie dort den Kopf frei bekommen und durchatmen.

Wohin sie ihre Beine genau trugen, fiel ihr erst auf, als sie vor dem mächtigen Stamm des Goshinboku stand.

Hier hatte damals ein neuer Lebensabschnitt für sie begonnen, auch wenn sie es zum damaligen Zeitpunkt noch nicht ansatzweise ahnte.

Was war seitdem nicht alles geschehen… Aus dem, zugegeben etwas naiven Schulmädchen, war eine richtige Miko geworden, die manch Abenteuer mit ihren Freunden gemeistert hatte.

Schon seltsam, wie nachdenklich und nostalgisch so ein Vorfall machte.



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Nikoru
2016-02-11T12:01:22+00:00 11.02.2016 13:01
Wuhuu..hab dich hier gefunden ^^ (rate wer hier ist...ok, mein Name ist wohl eindeutig ggg)

Bin nur am Handy, weil ich grad auf reisen bin, große Rev bekommst dann auch noch, hier bekommst nur ein kleines.

Ich denke, die beste Medizin für beide, sind echt Rin und 'Neun'. Sie können sich gegenseitig auf ihrer Art helfen^^

Hoffe der Monat !?!?!?! geht schnell um für ein neues Kapitel^^

GLG Niko
Antwort von:  Avialle
11.02.2016 17:58
Ist er das? Wer könntest du denn sein...? Keine Ahnung! :P

xD Das war ne grobe Schätzung, ich hoffe, ich werde schneller...
Von:  Silbermi
2016-02-10T18:43:39+00:00 10.02.2016 19:43
Schönes Kapitel ^_^
und wie nachdenklich alle so sind :)
Von:  Rinnava
2016-02-10T16:10:39+00:00 10.02.2016 17:10
ein gues kapi
Lg Rin


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