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Als wir Kinder waren

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Dieses Lied hat mich beim schreiben dieses Kapitels begleitet ( ich liebe diese Version):
https://www.youtube.com/watch?v=lGRssJArl-I Komplett anzeigen

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Leb wohl!

„Nein!“, hörte er etwas lauter von Ran und stockte. Hatte Ran ihn gerade abgelehnt? Jetzt waren sie so weit gekommen und nun lehnte er ihn ab? Vorsichtig zog er den Kopf zurück. Das konnte er jetzt nicht glauben.

„Es wird nicht gehen. Nicht so lange wir … wir sind“ Ran murmelte vor sich hin und Schuldig hatte alle Mühe ihn zu verstehen.

„Das mit uns … das kann erst funktionieren, wenn unsere Gruppen … wenn wir tot sind“ Ok, dass hatte er sehr wohl verstanden. Aber rief ihn Ran jetzt wirklich an Sabotage zu betreiben? Friendly fire war nicht wirklich sein Stil.

„Ich sollte jetzt einfach gehen. Das mit dem gemeinsamen Flug war eine blöde Idee. Viel zu gefährlich!“ Ehe er antworten konnte, hatte sich Ran von ihm befreit und begann sich anzuziehen. Meinte er das ernst? Er wollte ganz allein, ohne Sprachkenntnisse und von einem Wahnsinnigen verfolgt einfach allein durch Deutschland spazieren? Gehetzt sprang Schuldig auf und setzte Ran nach. Dieser zog seinen Mantel über die Schultern und sah ihn kurz an. Schuldig stockte. Dieser Blick. Er kannte ihn ganz genau, obwohl es fast zwanzig Jahre her war. Rans ganz spezielles „Lebe wohl“. Ran hatte die Klinke schon in der Hand. Das konnte er nicht zulassen. Härter als es nötig war schlug er mit der einen Hand die Tür zu, legte seine andere Hand auf die von Ran. Zärtlich senkte er seine Lippen auf den freien Nacken.

„Glaub nicht, dass ich dich einfach so gehen lasse. Denk nicht, dass ich noch einmal untätig zusehe wenn du mich zurücklässt. Glaub ja nicht, dass ich es so enden lasse!“ Er sprach ganz leise, war sich nicht einmal sicher, ob Ran ihn überhaupt verstand. Nun lehnte er seine Stirn an Rans Kopf und spürte, wie dieser seinen Kopf erschöpft an die Tür lehnte.

„Sein nicht dumm. Du kennst unsere Situation“, hörte er Ran. Seine Stimme klang so müde und Schuldig schluckte trocken. Er würde ihn nicht aufhalten können. Ran würde jetzt gehen. Er konnte ihn dabei nur unterstützen. Zögerlich löste er sich.

„Warte bitte“, raunte er ihm zu und lenkte seine Aufmerksamkeit auf das Regal. Es fühlte sich an, als würde er seinen schwersten Gang antreten. Vielleicht war es das auch. Aus einer hinteren Ecke zog er einen Briefumschlag heraus. Seine eiserne Reserve. Fast ehrfürchtig strich er über den Umschlag und drehte sich zu Ran. Schuldig spürte, dass er angesehen wurde und hob den Blick, versuchte sich an einem Grinsen. Mit langsamen Schritten ging er auf Ran und und hob den Umschlag.

„Das wirst du brauchen. Frag am Flughafen nach John. Er wird dir mit den Papieren helfen“, war alles, was er sagen konnte. Er reichte Ran den Umschlag. Verwirrt sah Ran ihn an, griff nur zögerlich nach dem Umschlag und sah hinein. Sein Gesicht zeigte seine Unsicherheit, seine stärker werdende Verwirrung. Normalerweise würde er jetzt einen spottenden Kommentar abgeben, doch was war in diesem Moment schon normal. Ihr Schweigen legte sich schwer auf ihn und er ging noch einmal zum Bett, holte sein Handy. Auch dieses reichte er Ran.

„Ignoriere die SMS von Brad einfach und gehen nicht ran, wenn er anruft. Es ist gut verschlüsselt. Damit solltest du dein Team erreichen ohne aufgespürt zu werden. Wirf es dann einfach weg. Sind eh keine Nummern drauf“, nun schnaufte er doch amüsiert. Ran blieb stumm. Schuldig rieb die Zähne aufeinander. Rans Arme legten sich um seinen Nacken und warme Lippen pressten sich auf seine. Er hasste diesen Kuss, hasste den einnehmenden Geschmack. In diesem Moment hasste er sein Leben.

So schnell wie Rans Lippen kamen, waren sie auch schon verschwunden. Als Schuldig die Augen öffnete, sah er, wie die Tür ins Schloss fiel. Ran war weg. Endgültig. Wie betäubt trat er an die Tür heran und lehnte seine Stirn an das Holz. Vorsichtig stürzte er seine Lippen. So lange wie irgend möglich wollte er diesen ganz besonderen Geschmack wahrnehmen. Wer wusste schon, ob er ihn je wieder schmecken würde.

Er wusste nicht, wie lange er so da gestanden hatte, doch sein Nacken rief ihn zu einem Haltungswechsel. Langsam löste er sich, richtete sich zu seiner vollen Größe auf und drehte sich um. Der Raum erschien ihm kalt und viel zu groß. Er ging zu seinen Kleidern und fischte seine Zigaretten heraus. Insgeheim schwor er sich auf zu hören, wenn er Ran wieder gegenüber stand. Schuldig hatte seinen missbilligen Blick sehr wohl gemerkt. Ein träges Lächeln zog sich auf seine Lippen, als er sich auf die Holzkiste niederließ. Genüsslich zündete er sich eine Zigarette an, hoffte, dass es die Letzte sein möge, hoffte auf ein Wiedersehen mit Ran. Sollte er von den Schweizern gefunden werden, wäre das sein Ende. Mürrisch schüttelte Schuldig den Kopf. Er durfte sich nicht solche Gedanken machen. Er musste auf seinen eigenen Flug warten. Warten. Dies schien ihm eine unmögliche Aufgabe zu werden. Sein Blick wanderte hinter ihn in den Raum. Das leere Bett lud so gar nicht zum ausruhen ein, doch er wusste, er musste sich ausruhen. Der Weg nach Hause würde anstrengend genug werden. Er nahm sich vor John ganz vorsichtig nach Ran zu fragen. Dann wusste er wenigstens, dass Ran es bis zu ihm geschafft hatte.

Noch einen letzten tief Zug an der Zigarette, dann schnippte er den Filter weg, sah ihm eine Weile nach und erhob sich dann. Er legte sich in sein Bett und schloss die Augen. Sein Körper und sein Geist waren erschöpft. Er hatte seine Grenzen erreicht. Ein seltenes Gefühl. Völlige Erschöpfung. Schuldig schloss die Augen und schlief sofort ein. Als er sie das nächste Mal öffnete schien die Sonne in das Zimmer. An den Schatten erkannte Schuldig, dass es gegen Mittag sein musste. In weniger als 24 Stunden ging sein Flug, doch er tat sich schwer, sich zu erheben. Sein Körper war noch immer in der Faulheit des Schlafes gefangen. Er zwang sich aufzustehen und machte sich einen Kaffee. Nach dem Zähneputzen setzte er sich mit der Tasse draußen auf die Kiste. Er überlegte, ob es gut wäre sich ein neues Handy zu besorgen, doch er verwarf den Gedanken. Zu gefährlich. Zu unsicher. Schuldig ließ sich Zeit mit dem Kaffee und begann danach seine Sachen zu packen. Er hatte noch einen Extraweg bevor er fliegen konnte. Leise schlug die Tür hinter ihm zu und er verließ das Industriegebiet. In der Stadt würde er sich ein Taxi nehmen.

Noch einmal sah er sich um. Ein größer werdender Teil in ihm war froh, Deutschland verlassen zu können. Auch wenn es seine Heimat war. In seiner jetzigen Situation konnte er nicht einfach hier bleiben. Er schulterte die Tasche noch einmal neu und beschritt seinen Weg. Er musste sich beeilen, wenn er nicht noch einen Flug verpassen wollte. Er wollte nach Hause!



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