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Als wir Kinder waren

von

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Ambivalenz

Er wünschte sich, er wäre unter der der schützenden Decke geblieben. Er wünschte, er hätte dieses Telefonat nicht angenommen. Lautlos schnaufte Schuldig. Was hätte es geändert? Nichts. Einzig Brad hätte ihm die Hölle noch ein ein wenige heißer gemacht, als er es schon getan hatte.

„Und nun?“, gab er seinen Gedanken leise eine Stimme und beobachtete, wie Ran sich anzog. Er wirkte wütend.

“Was wohl? Du wirst morgen nach hause fliegen und ich sehe zu, dass ich mein Team kontaktieren kann. Irgendwo wird es ja eine Botschaft in diesem Land geben, oder?“ Schuldig nickte.

„In Berlin. Quasi am anderen Ende Deutschlands.“, erklärte er, deutete mit einem Finger nach oben, den Norden an und begann zu lächeln. Ran würde sicher ewig brauchen, bis er sich nach Berlin durch gefragt und den Botschaftern seine Situation glaubhaft erklärt hatte. Innerlich schüttelte er den Kopf über so viel Torheit und schnaufte.

„Warum kommst du nicht einfach mit mir mit? Unsere Wege können sich auch auf dem Flughafen in Tokyo trennen“ Ran gab einen abwertenden Laut von sich, zog sich rüde den Gürtel fest. Schuldig spürte, dass er aufgewühlt war. Zu gerne hatte er in seinen Kopf gesehen, um zu erfahren, warum er sich so verhielt. Diese Situation ärgerte Schuldig mächtig.

„Ich bin dann mal weg!“, meinte er nebenbei und griff nach seinen Kleidern, zog sich an und verließ den Raum. Als die Tür zuschlug atmete er durch. Mit einem Mal war ihm der Raum zu eng geworden. Er verstand Rans Verhalten nicht. Er wusste, was das hier für ihn war. Schuldig stockte. Wusste er das wirklich? Nein. Er wusste nicht mehr, was er hier tat. Es hatte als Gelegenheit begonnen. Doch nach dieser Wiederholung konnte er wohl kaum von einer Gelegenheit sprechen. Oder doch? Wollte er sich jetzt wirklich einreden, dass es nicht mehr war, als eine Gelegenheit? Schnaufend trat er in das kleine Geschäft ein und trat an die Kasse durch, drängte sich an einer alten Frau mit Rollator vorbei und packte dem Kassierer seine Zigaretten vor die Nase. Dieser sah voller Verwirrung und Unverständnis zwischen ihm und der alten Frau hin und her.

„Ich bin nicht in Stimmung!“, knurrte Schuldig, legte Geld auf das Band und ging mit seiner Ware. Das alles nervte ihn nur noch. Vielleicht sollte er wirklich einfach verschwinden und den Weiß zurück lassen. Dann hätten sie vermutlich bald ihr altes Verhältnis wieder und er konnte diese lästigen Gefühle in sich einfach abtöten. Mit einem Blick auf die Uhr zündete er sich eine Zigarette an. Kurz vor Mitternacht. Er hatte sich ordentlich Zeit für den Rückweg genommen. Vielleicht war auch Ran schon auf dem Weg zur Botschaft in Berlin.

„Das wäre doch mal was. Würde mich interessieren,wie weit er kommen würde“, murmelte er für sich und trat ein. Er erstarrte in der Bewegung. Der Raum war tatsächlich leer. Fast wäre ihm die Zigarette aus den Lippen gefallen. Schuldig besann sich und sah ins Bad. Leer. Auf dem Rückweg sah er einen Schatten. Misstrauisch trat er aus dem Fenster heraus und grinste, als er Ran auf der Kiste sitzen sah.

„Kleine Kitten sollten um diese Zeit aber schon schlafen!“, mahnte er und lehnte sich lässig neben ihn.

„Kleine Telepaten auch!“, kam der Konter und er lachte leise.

„Ernsthaft. Du solltest nicht hier draußen herum laufen“ Ein schneidender Blick traf ihn.

„Aber du darfst etwas frische Luft für dich allein beanspruchen?“, fragte Ran lauernd und Schuldig nickte.

„Ich kenne mich hier ja auch aus“, bestätigte er und schnippte den Filter von sich. Eine unangenehme Stille legte sich zwischen sie. Doch sie wehrte nicht lange.

„Ich muss mein Team informieren“, murmelte Ran und sah ihn auffordernd an.

„Denkst du, sie kommen her um dich zu retten, Prinzessin?“, spottete Schuldig

„Sie werden sich etwas einfallen lassen“, verteidigte Ran seine Leute kryptisch. Vorsichtig hob Schuldig eine Augenbraue. Glaubte Ran den Mist, den er da von sich gab? Sicher wusste Weiß schon längst, dass sie von den Schweizern entführt worden waren. Wenn sie ihn nicht bereits für tot erklärt hatten würden sie ihm wohl nach seiner Rückkehr nicht einen Zentimeter über den Weg trauen. Schuldigs Informationen über Kritiker waren sehr dürftig. Doch er wusste, Kritiker war weder dumm noch so leichtsinnig eine vermeintliche Schwachstelle mit offenen Armen zu empfangen. Ok. Die Jungs von Weiß würden das vielleicht. Die glaubten aber auch noch an das Gute im Menschen.

Schuldig schnaufte. Dieses viele Nachdenken kotzte ihn an. Außerdem stand ihm eine nachdenkliche Art nicht zu Gesicht.

„Außerdem würdest du mich doch so oder so an deine Leute ausliefern“, knurrte Ran und erhob sich.

„Bist du blöd?“, fauchte Schuldig und nahm Ran mit einer Hand an seinem Hals an der Zeigelwand gefangen. Was erlaubte der sich? Wütend griff er etwas fester zu. Das atemlose Keuchen gab ihm Genugtuung. Schmerzhaft gruben sich Rans Nägel in seinen Arm und seine Schulter.

„Was willst du von mir?“, kam es gepresst von Ran. Schuldigs Zähne rieben aufeinander, ehe er sich entspannte und ihn mit einem kalten Blick losließ.

„Nichts. Ich will gar nichts von dir!“, zischte er und betrat das Zimmer. Im Bad schlug er sich kaltes Wasser ins Gesicht. Was war gerade passiert? Noch ein paar mal atmete er tief durch um sich zu beruhigen. Dann verließ er das Bad. Sein Blick heftete sich auf den ruhigen Körper in seinem Bett. Eine Mischung aus Wut und einer Spur Verzückung stiegen in ihm auf. Für einen Moment überlegte er, ob er sich wirklich neben Ran legen sollte, doch er schüttelte den Gedanken sofort ab. Wer war er denn, dass er sein eigenes Bett aufgab? Er zog sich bis auf die Shorts aus und legte sich hin. Sein angespannter Körper dankte ihm die weiche Matratze gekauft zu haben. Er atmete einmal tief ein und spürte, wie seine Sehnen und Bänder an ihren angestammten Platz sprangen. Morgen würde er sicher seinen Rücken ganz deutlich spüren. Über Minuten blickte er an die Decke, ehe er seinen Blick auf Rans nackten Rücken lenkte. Die gleichmäßigen Bewegungen verrieten ihm, dass der Mann neben ihm schlief. Er beschloss auch etwas zu schlafen. Sein Geist und sein Körper brauchten Ruhe.

Der Morgen kam zu früh für ihn. Murrend tastete er nach seinem Handy um den Wecker ab zu stellen. Das warme Gesicht auf seiner Brust war viel zu angenehm um sich durch einen Wecker in diesem Genuss stören zu lassen. Wie in Trance strich er über den Schopf, der auf ihm lag. Mit geschlossenen Augen ertastete er das weiche Haar, die zarte Haut. Ein Lächeln stahl sich auf seine Lippen. Selten war er neben einer Affäre aufgewacht. Meist war er oder die fremde Person in der Nacht verschwunden. Er brauchte dieses kitschige nebeneinander wach werden nicht. Dachte er. Doch das hier fühlte sich gut an. Zu gut um darauf zu verzichten. Er hielt die Augen geschlossen, legte seine Arme um den, durch den Schlaf butterweich gewordenen, Körper und gab sich dem Schlaf noch ein mal hin.

Die noch schlaftrunkenen Bewegungen an seiner Brust und das leise Murren holten ihn aus seinem Schlaf und er öffnete träge die Augen. Er sah, wie Ran sich über ihn stützte und sich ein Auge rieb. Dann sah er sich um, um seinen Blick zu schärfen. Schuldig war ehrlich fasziniert. Dieser gut definierte Körper, der den Tod auf eine unglaublich präzise Art bringen konnte wirkte in diesem Moment ganz zart und weich. Erst das Geräusch einer ankommenden Sms konnte seien Blick ablenken. Unter Ran rollte er sich auf die Seite und sah auf sein Handy. Mit einem Anflug von Entsetzen las er die Uhrzeit ab. Das die Sms von Brad kam, wandelte den Schreck in einen Schauer, der über seine Arme ging. Er ahnte schon, was in der Mitteilung stand und öffnete sie.

Die degradierenden Bemerkungen überlesend suchte er sich die Informationen heraus, die er brauchte.

„Scheiße“, fluchte er auf deutsch und setzte sich auf.

„Unser Flug ist weg und die nächste Chance unbemerkt von hier zu verschwinden ist in drei Tagen.“, gab er nüchtern von sich und hob den Blick. Rand ging ins Bad, als hätte er ihn nicht einmal gehört. Nur Sekunden später erklang das Geräusch einer Zahnbürste. Schuldig murrte. Wollte Ran ihn jetzt mit Ignoranz strafen?



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