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Eiskalte Blicke

von

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Rückblende

Es war ein herrlicher Abend – sternenklar, keine Wolke am Himmel, ein paar Grillen, die mit ihrem Zirpen die Nacht belebten...
 

Seto betrachtete nicht die Aussicht, als er in die Fensterscheibe blickte, sondern sah durch die Spiegelung die Gesichtszüge Kaoris, die ihren Blick auf den Schoß gerichtet hatte und nicht ein einziges Mal aufsah.
 

„Mein Vater meinte immer“, begann sie, dass Seto überrascht eine Augenbraue hob, „dass meine Mutter mit ihrem Blick die Herzen aller zum Schmelzen bringen konnte und dass meiner, sie wieder gefrieren ließe.“ Sie sah zu ihm auf. „Was hätte er wohl dazu gesagt, wenn ich ihm sagen würde, dass ich diesen Blick ihm zu verdanken habe.“ Wieder entdeckte Seto in den Blicken Kaoris diesen abgrundtiefen Hass, der sich in den Augen des jungen Firmenchefs widerspiegelte und nicht abminderte, als sie weiter zu erzählen begann.

„Es wird dich vielleicht langweilen“, fuhr sie fort und lehnte sich dabei etwas in dem Sitz zurück, dass sie keineswegs weniger steif und verkrampft wirkte, „aber um mein Handeln zu verstehen, muss ich ein paar Jahre zurückgehen. Zehn um genauer zu sein. Du wirst sicher von dem Selbstmord meiner Mutter gehört haben.“ Seto erinnerte sich an das unschöne Gespräch mit Masato Hinachi, das er lieber verdrängt hätte, wenn er nicht ein so ausgezeichnetes Gedächtnis besäße.

„Die Presse hat wochenlang versucht, die Umstände für den Tod meiner Mutter aufzuklären. Sie unterstellten meinem Vater eine Affäre, die sie sich aus den Fingern gezogen hatten“, sie lachte kurz auf. Dabei erinnerte sich Seto, Kaori noch nie lachen gehört zu haben und für ihn zählte dieses gehässige Aufstoßen, das so gar nicht zu ihren weichen Zügen passte, nicht. Ihr Blick wurde wieder ernst, das kurze Auflachen verstummte und Kaori erzählte weiter: „Natürlich hatte mein Vater Affären, unzählige, die jedoch nie an die Öffentlichkeit gelangt waren, da es mein Vater sehr gut verstand, diese Personen entsprechend zum Schweigen zu bringen. Aber ich komme vom Eigentlich ab.“ Ihre Augen drifteten weit ab, bekamen die Traurigkeit, die Seto einige Male erlebt hatte und ihm immer ein Rätsel gewesen waren.

„Als meine Mutter sich das Leben nahm“, begann sie trocken, „habe ich dabei zu gesehen.“ Schweigen. Der mächtige CEO wusste nicht, was er sagen sollte. Aber Kaori erwartete auch keine Reaktion: „Ich habe am Türrahmen gestanden. Die Tür war einen Spalt geöffnet, dass ich in das Büro meines Vater schauen konnte. Dort stand meine Mutter, mit einer Pistole, die sie auf ihre Schläfe gerichtet hielt. Neben ihr mein Vater, der aufgebracht und wütend schien. Sie stritten über die Firma, die Einzelheiten sind mit nicht in Erinnerung geblieben, aber irgendwann sagte meine Mutter zu meinem Vater, dass dieser sich Entscheiden solle: Zwischen ihr und der Firma. Mein Vater hingegen schüttelte mit dem Kopf und meinte, dass es da nichts zu entscheiden gäbe. Und meine Mutter: Sie schrie und weinte, dass ich am liebsten weggelaufen wäre. Aber ich konnte es nicht. Stattdessen lauschte ich weiter, wie erstarrt und schließlich drückte sie ab. Peng.“ Kaori zuckte im Sitz zusammen. Seto selbst war wie erstarrt und wartete, dass die bleiche Schönheit bereit war, weiterzuerzählen: „Ich hätte nicht hinsehen sollen, als ich das dumpfe Fallen ihres Körpers hörte, doch ich tat es. Du kannst dir gar nicht vorstellen wie viel Blut auf dem Teppich verteilt war.“ Sie schüttelte sich. „Kein Wunder. Der Kopf war wie aufgeplatzt.“ Wieder sah sie auf ihren Schoß, auf dem ihre Hände lagen.

„Ich wusste, dass mein Vater die Schuld an dem Tod meiner Mutter trug und dass er alles daran setzen würde, seine Firma nicht in Verruf zu bringen. Er dachte keine Sekunde an meine Mutter, sondern kümmerte sich weiterhin um die Geschäfte als wäre nichts gewesen. Aber ich konnte nicht vergessen. Er hatte eine falsche Entscheidung getroffen, als meine Mutter ihn am dringendsten brauchte, ich konnte dies nicht akzeptieren. Von dem Tag an entschied ich, das Leben meines Vaters zu zerstören. Ich wusste, es würde nicht einfach werden, doch wenn ich Alexis Industries an mich reißen und die Firma zerstören könnte, dann sähe ich meinen Vater am Boden.“ Sie tat einen tiefen Atemzug. „Ich hatte mich in die Sache so tief versteift, dass ich mit achtzehn den perfekten Plan dazu entwarf: Zunächst musste ich weitestgehend die Leitung der Firma übernehmen. Dies war der schwierigste Teil, denn eigentlich sah mein Vater nicht vor, mich in seine Firma einzubeziehen. Er hatte darauf gehofft, mich schnell mit einem guten Geschäftsmann zu verheiraten, um diesen später die Firma zu übergeben. In dieser Beziehung ist mein Vater ein richtiger Chauvinist.“

„Wie hast du ihn davon überzeugen können, dass er es sich anders überlegte?“, schaltete sich Seto ein. Die blau-weißhaarige Schönheit drehte ihren Kopf zu dem jungen Firmenchef.

„Ich bin mit ihm eine Wette eingegangen: Sollte es mir gelingen, innerhalb eines Jahres, die Umsätze von Alexis Industries zu verdoppeln, musste er mich in die Firmenleitung mit einbeziehen. Und damit kommen wir zum zweiten Teil meines Plans.“ Eigentlich wollte Seto jenen Part überspringen, da er sich nur zu gut vorstellen konnte, was nun folgen sollte: „Während der Jahre entwickelte ich eine gewisse Vorliebe zu Männern, denen ich die Kontrolle überlassen konnte, das heißt,“ ihre Stimme nahm die Stimme der überheblichen Geschäftsfrau an, „ich war auf der Suche nach jenen Männer, die sich als fähig erwiesen. Und während ich auf der Suche nach dieser Befriedigung war, stieß ich durch Zufall auf die Villa. Ich schaffte es, dass sie mich einstellten und verdiente von nun an mein Geld mit Männern, die es liebten, mich zu unterdrücken und zu kontrollierten. Irgendwann drehte ich den Spieß um, als ich erkannte, dass diese Männer nicht genug Stärke und Macht besaßen, mich wirklich kontrollieren zu können.“

„Also fingst du an, sie zu erpressen, damit sie zu Alexis Industries wechselten.“

„Es dauerte kein Jahr, bis ich genug Kunden zusammenhatte, dass der Umsatz um mehr als hundert Prozent gestiegen war. Diese Männer waren so leicht um den Finger zu wickeln und sie hatten furchtbare Angst aufzufliegen. Schließlich hatten die meisten Frau und Kinder, denen sie unmöglich die Wahrheit über sich erzählen konnten.“

„Du hattest zwar einen Beweis“, begann Kaiba kopfschüttelnd, „dass diese Männer viel Geld für deine Dienste bezahlten, aber sie wussten doch auch, dass du ebenfalls etwas zu verlieren hattest.“

„Anscheinend war ich sehr überzeugend, dass ich nicht halb so viel zu verlieren hätte wie sie.“

„Unfassbar“, dachte Seto laut und Kaori erwiderte: „Diese Männer sind nicht wie du, obwohl ich mir anfangs nicht sicher war.“

„Als ich dich in mein Büro bestellte, hast du nicht erwartet, dass ich dir dieses Angebot machen würde.“

„Nein, und ich war sehr überrascht, da ich nicht glaubte, dass jemand so viel Macht und Kontrolle über mich ausüben wollte und es auch noch konnte. Du hast mir keine andere Wahl gelassen, als auf dein Angebot einzugehen. Zumal die Bezahlung äußerst verlockend war und meinem Plan ungeheuer von Nutzen.“ Da war es, dachte Kaiba und war darauf vorbereitet, diese Wort von ihr zu hören, doch ausgesprochen hatten sie eine andere Wirkung als noch zuvor, wo sie nur eine starke Vermutung waren.
 

„Die Luft ist stickig, lass' uns nach draußen gehen“, meinte Kaori schließlich, als der junge Firmenchef und sie in ein tiefes Schweigen verfallen waren. Seto nickte ernst und öffnete die Wagentür. Frische Nachtluft blies ihnen entgegen, Seto wartete, bis Kaori ebenfalls ausgestiegen war und beobachtete ihre grazilen Bewegungen. Dann klappte er die Tür zu.

„Was hast du nun vor?“, fragte Seto und blinzelte in die Dunkelheit hinein.
 

Roland hatte die Limousine entsprechend geparkt, dass sie neben einer Laterne standen, die schwaches Licht schenkte und wenig von den Gesichtern der Leute preisgab, die unter ihr verweilte.
 

„Was ich vorhabe?“, fragte Kaori, ohne auf eine Antwort Setos abzuzielen, „ich habe weiterhin vor, die Firma meines Vaters zu ruinieren. An diesem Plan wird sich nichts ändern.“ Seto nickte.

„Aber genauso wenig will ich, dass unsere Vereinbarung platzt.“ Sie sah zu ihm auf, das Blitzen ihrer tiefblauen Augen wärmten ihre Gesichtszüge.

„Der Deal steht weiterhin“, sagte Seto und begann sich in Richtung Garten zu bewegen. Mit einem gewissen Abstand folgte ihm die bleiche Schönheit.

„Als ich von den Handlangern meines Vaters erfuhr, dass er dich dazu überreden wollte, zu Alexis Industries zu wechseln, habe ich für eine Sekunde darüber nachgedacht, was es bedeuten würde, solltest du den Handel tatsächlich eingehen. Es stand für mich von Anfang an fest, dass es nicht dazu kommen durfte. Du solltest nicht zu den Männern gehören, die ich in meine Rache mit einbezogen habe.“

„Das hast du trotzdem“, entgegnete er kühl. Kaori senkte den Kopf leicht nach unten. „Das habe ich wohl, aber deine Firma wird keinen Schaden davontragen.“

„Natürlich nicht“, bestätigte er, „aber glaubst du nicht“, er blieb abrupt stehen, „dass es keinen anderen Weg gäbe, deinen Vater bloßzustellen, als die Firma zu ruinieren und dich mit in den Dreck zu ziehen?“

„Ich hasse meinen Vater so sehr“, begann Kaori kühl, „dass ich angefangen habe, mich selbst zu hassen. Es ist mir egal, was aus mir wird.“

„Aber mir nicht“, erwiderte Seto ernst und packte sie bei den Schultern. Kaori sah zu seinen großen Händen herüber, die sie bereits so manches Mal gepackt hatten.

„Warum ist es dir nicht egal, Seto?“ Die Worte kamen wie ein kühler Windhauch. Seto setzte ein spitzes Lächeln ein: „Kannst du dir das nicht denken.“ Und ohne seinen Griff zu lockern, sagte er: „Weil du mir gehörst.“

Stille.
 

Die junge Geschäftsleiterin betrachtete den entschlossenen Blick ihres Gegenübers. In ihr begann sich eine schaurige Wärme auszubreiten, gegen die selbst ihr eiskalter Blick nicht ankommen konnte.

„Und du willst mich immer noch“, hauchte sie leicht benebelt.

„Oh ja“, kam es rau zurück, „seit dem ersten Tag wollte ich, dass du mir gehörst. Ich will Körper und Geist, ich will dich besitzen und niemand anderes soll dich haben. Ich würde sie allesamt vernichten, wenn sie nur in deine Nähe kämen. Und dabei ist es mir völlig egal, was dir in der Vergangenheit widerfahren ist oder auch dein unendlicher Hass deinem Vater gegenüber ist mir gleichgültig.“ Seto dachte an seinen eigenen Stiefvater zurück und den Abscheu, den er für diesen empfunden hatte. Er wusste, dass Männer wie Gozaburo Kaiba oder Beko Kugeka es verdient hatten, zu Fall gebracht zu werden. Vielleicht würde er seiner blau-weißhaarigen Schönheit sogar helfen, die Firma zu übernehmen und ihren Vater vom Thron zu stoßen – aber mit seinen Regeln.
 

„Kaiba?“, die bleiche Schönheit berührte mit ihren Fingern die Hände Setos. Er wunderte sich, dass sie ihn wieder beim Nachnamen nannte. Aber er erwiderte nichts darauf. Stattdessen ließ er von ihren nackten Schultern, die einen deutlichen Abdruck hinterließen und musste an seinen damaligen Traum mit Mokuba, Kaori und dem weißen Drachen zurückdenken. Die Tatsache, dass die bleiche Schönheit an seiner Seite gewacht hatte, war ihm nicht mehr so stark zuwider wie noch vor jener Zeit, als er diesen Traum gehabt hatte. Zwar war er noch nicht bereit, den Deal, den er mit der blau-weißhaarigen Schönheit eingegangen war und in Zukunft fortsetzen wollte, zu dem Wort umzubenennen, den Mokuba damals gebraucht hatte. Er war noch lange nicht an dem Punkt gelangt, an dem er es akzeptieren konnte, eine Beziehung mit der bleichen Schönheit einzugehen, das heißt, es zuzugeben, dass sie eine führten. Und er wusste, dass Kaori genauso dachte, ihr eiskalter Blick war ihm Bestätigung genug.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Zurzeit ist eine Fortsetzung in Bearbeitung, die ich bald hochladen werde. Ich würde mich freuen, wenn ihr alle wieder dabei seid. :) Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Blaubeere20
2015-09-22T19:02:33+00:00 22.09.2015 21:02
Ich lieeeeebe diese FF!
Sie ist einfach so perfekt konstruiert und gut verdacht worden.

Freue mich auf den Epilog (:
Antwort von:  Lady_of_D
22.09.2015 21:11
Oh Gott, ich werde ganz rot. Vielen lieben Dank <3
Von:  LuciaAngel1
2015-09-22T18:35:25+00:00 22.09.2015 20:35
Wau einfach nur Wau
Super Kapi!
Freu mich schon aufs nächste Kapitel. :)


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