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Gnadenlose Realität

Zu viele Fuß unter der Erde.
von

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Aufbruch

Am nächsten Tag wurden die beiden Schlafenden von Calaghar geweckt, der absichtlich lautstark ins Zimmer trat und eine Kerze mit einem kurzen Zauber entzündete, da es noch dunkel war. Schließlich betrachtete er etwas überrascht die Szene, die sich ihm bot.

„Ich hatte ja keine Ahnung.“, meinte er und hob fragend eine Augenbraue.

„Frag Anidia.“, meinte Sharrak und wischte sich den Schlaf aus den Augen. Dann stand er auf nachdem er sich von dem Waldelfen gelöst hatte, der mit wirren Haaren verschlafen im Bett blieb und die beiden blinzelnd beobachtete. Anirion sagte gar nichts, lächelte Calaghar nur leicht an, bevor er sich wieder in das Kissen kuschelte was Sharraks Geruch trug.

Der Dunkelelf schüttelte leicht den Kopf, zuckte dann mit den Schultern und grinste etwas.

"Werde ich tun.", meinte er und folgte dann mit dem Blick den Bewegungen seines Bruders der im Gegensatz zu Anirion mehr als munter schien und sich gerade an der im Zimmer stehenden Waschschüssel wusch.

"Du weißt, dass es heute los geht?", fragte er den Jüngeren und zwei ungleiche Augen blickten entschlossen zu ihm. Die weißen Haarsträhnen fielen dem Elfen ins Gesicht als er ebenso entschlossen nickte.

"Ja.", meinte er noch bekräftigend und zuckte dann mit den Schultern, bevor er mit schnellen, geübten Bewegungen seine langen Haare zu einem Zopf zurück band und sich einfache Kleidung überzog. Calaghar warf einen Blick zu dem Blauhaarigen der nun ernster drein sah. "Ich denke es ist besser wenn ich euch einen Moment allein lasse.", meinte der Dunkelelf und deutete auf ein in ein Umhang eingewickeltes Bündel, was er beim Eintreten auf dem Tisch im Raum abgelegt hatte.

"Das ist meine ehemalige Rüstung. Sie wurde aufgebessert, an dich angepasst und mein Hauswappen entfernt. Zudem habe ich alle Zauber die ursprünglich auf das Material gewirkt wurden erneut gewirkt... da die Zauber an der Oberfläche nachgelassen hatten, trotz dessen, dass ich sie im Dunkeln aufbewahrt hatte....", meinte er, ihm war nicht wohl bei dem Anblick, den sein kleiner Bruder wenig später in seiner alten Kleidung bieten würde, aber es war notwendig.

"Der Umhang ist zerschlissen, aber funktionstüchtig, ich habe selbst noch Schutzzauber hinzugefügt.", fuhr er fort und verließ dann das Zimmer, die Tür leise hinter sich schließend.
 

Sharrak sah zu dem Bündel auf das sein Bruder gedeutet hatte und zog die Augenbrauen zusammen. Dann sah er wieder zu Anirion der ihn aus großen grünen Augen entgegensah. Der Dunkelelf zögerte nicht, trat auf den Anderen zu und warf sich dann wieder zu ihm aufs Bett.

Er packte in den vollen Haarschopf des Elfen und zog ihn zu einem etwas derberen Kuss zu sich heran. Sharrak sah den anderen in die Augen und löste den Kuss. "Ich will dich ebenso wenig zurücklassen, wie du mich gehen lassen.", hauchte er an die Lippen des Blauhaarigen und seufzte leise, bevor er ihn nun sanfter küsste, sachte über die Lippen des anderen leckte und seinen Nacken kraulte.

"Ich weiß.", erwiderte Anirion und drückte sich etwas fester gegen Sharrak. "Würdest du denn da bleiben wenn ich dich anketten würde?", fragte er und lächelte sachte. Der Dunkelelf grinste breit als der andere das sagte und nickte.

"Im Bett ist das doch ganz schön und wenn du da bist, finden wir sicher genug Dinge mit denen wir uns beschäftigen können....", raunte er zum Ende hin, was eine wunderbare Röte auf die Wangen des Waldelfen trieb. Verlegen vergrub dieser das Gesicht an dem Hals des Dunkelelfen und schloss die Augen. "Vielleicht.", ertönte die gedämpfte Stimme es Blauhaarigen.

"Das ist doch schon einmal kein Nein.", erwiderte Sharrak und drückte sein Gesicht in den dichten, leicht wirren Haarschopf Anirions, der wirklich einen angenehmen Geruch verströmte.
 

So verbrachten sie noch eine gute Stunde. Calaghar hatte sicher Verständnis dafür. Gern hätte Sharrak noch etwas mehr versucht als nur zu kuscheln, aber Anirion würde dazu noch Zeit brauchen und dafür hatte der Jüngere Verständnis. Sie wussten auch nicht, wann sie sich wieder sahen und unter welchen Umständen das Wiedersehen statt finden würde, vielleicht war es vorerst besser so, als etwas zu erzwingen.

Im Gegensatz zu Anirion hatte Sharrak schon ein paar Erfahrungen mit dem weiblichen Geschlecht gemacht ... Mit ihm jedoch war es etwas vollkommen anderes, es war etwas Neues, was nicht nur daran lag, dass der Elf männlich war, sondern auch seine Gefühle spielten da mit, die er für den Älteren empfand. Es war etwas Ernstes und beruhte nicht nur auf Neugierde und Spaß von Jugendlichen.

Sharrak war generell sehr viel schneller um einiges weiter gewesen als die anderen Elfen in seinem Alter, was wohl an den Unterschieden zwischen den einzelnen Elfenrassen lag.

Demnach trieb er sich auch mit den Älteren herum, wobei einige auch ein Auge auf ihn geworfen hatten. Seine Hand glitt immer wieder durch die königsblauen Haarsträhnen des Waldelfen der leise atmete und wieder zu schlafen schien.

"Ich sollte mich langsam bereit machen.", meinte er leise und der andere öffnete die Augen und blinzelte ihm entgegen. Er nickte schwach, verstehend, aber es war auch deutlich widerstrebend.

Der Weißhaarige ließ seinen Blick dann kurz durch den Raum gleiten und überprüfte so, ob er auch alles eingepackt hatte was er mitnehmen wollte und auch mitnehmen konnte.

Er hatte von Calaghar einen magischen Beutel angefertigt bekommen, der wirklich wahnsinnig praktisch war. Ob er Anirion auch einpacken konnte? Er schüttelte, ob des unsinnigen Gedanken den Kopf. Er wollte alles, nur nicht den Waldelfen in Gefahr bringen.
 

Einige Zeit später hatte er es endlich über sich gebracht sich von Anirion zu lösen, sich wieder etwas frisch zu machen. Nun beäugte er sich misstrauisch im Spiegel. Er trug die Drowrüstung von seinem Bruder. Sharrak wirkte vollkommen anders und der Blick den Anirion ihm zuteil werden ließ, sprach Bände.

"Ziemlich einschüchternd, was?", wandte sich der Dunkelelf an den Anderen und zog die Augenbrauen zusammen, was ihn gleich noch bedrohlicher wirken ließ. Da er jetzt nur noch schwarze Kleidung trug wirkte er noch finsterer als sonst und seine weißen Haare und seine unterschiedlichen Augen stachen beinahe unnatürlich hervor. Im Moment fühlte er sich mächtig fehl am Platz. Noch mehr als sonst unter den ganzen Oberflächenelfen, zu denen er sich eigentlich auch zählte, auch wenn er nicht so aussah. Ihm wurde mulmig zumute und auch etwas Angst kroch in ihm hoch. Was, wenn er doch durch und durch ein Drow war. Dies aber erst merken würde, wenn er in Menzoberranzan war? Die Siedlung, seine Familie seinen Gott und Anirion verraten würde? Nein, keinesfalls!

Der Waldelf, der still hinter Sharrak stand, hatte wohl die plötzliche Nervosität in Verbindung mit der Angst mitbekommen und schlang nun die Arme um den Jüngeren.

"Für mich bist du immer noch der Gleiche. Kleider ändern keine Persönlichkeit.", sagte er leise, löste sich dann wieder von dem Dunkelelfen: "Du wirst das schon schaffen!", fügte er noch entschlossen an, drehte Sharrak zu sich herum und küsste ihn.

Diesmal jedoch fordernd und zum ersten Mal wirkte es nicht zurückhaltend. Der Dunkelelf ahnte, dass das wohl der letzte Kuss für eine lange Zeit war. Denn den Abschied unnötig in die Länge zu ziehen war sinnlos und brachte den beiden mehr Schmerz als alles andere. So löste sich Sharrak von dem anderen, trat zu dem Tisch, legte seinen Waffengürtel mit dem Langschwert und einigen Dolchen an und schulterte den magischen Beutel, nachdem er auch den Piwafwi angelegt hatte. Der Weißhaarige warf dem Waldelfen einen letzten Blick zu, was ihm im flackernden Licht der Kerze wirklich zu einem schönen, unvergesslichem Anblick verhalf. Die Schatten in Anirions Gesicht wechselten immer wieder, so dass seine Augen in einem Moment dunkelgrün, im nächsten so hell schimmerten wie die frisch gewachsenen Blätter im Frühling.

Die blauen Haare hingen ihm wirr ins Gesicht, was alles andere als verschlafen wirkte, die Strähnen schimmerten in den unterschiedlichsten Blauschattierungen. Sein Gesichtsausdruck war aber eher ernst und Sharrak glaubte Tränen in den Augen schimmern zu sehen. Er schluckte und dann lächelte ihm Anirion an und dem Drow schien das Herz stehen zu bleiben. Das war genau das, was er brauchte. Er prägte sich diesen Anblick genau ein, das konnte ihm absolut niemand wegnehmen. Er erwiderte das Lächeln und hob dann leicht die Hand zum Abschied.

Alle Worte würden es nur schlimmer machen, als es so schon war.

Mit einem tiefen Seufzen trat er aus dem Zimmer und schloss leise die Tür hinter sich und der letzte Kerzenschein erlosch. Dunkelheit umfing ihn.
 

Es dauerte einen Moment, bis sich seine empfindlichen Augen an die vorherrschenden Lichtverhältnisse angepasst hatten. Calaghar hatte natürlich sonst keine Kerzen verwendet oder die magischen Lampen entzündet. Noch immer, auch nach all den Jahren, die er inzwischen an der Oberfläche lebte, waren seine Augen überempfindlich was Licht betraf. Um die Mittagszeit war er nur selten außerhalb anzutreffen, es sei denn es war schlechtes Wetter oder es war unbedingt notwendig. Bei Sharrak war das alles etwas anders. Er war es nicht anders gewohnt. Immer hatte er Licht um sich gehabt, er hatte sich viel besser daran gewöhnt, als es Calaghar wohl jemals vermochte. Im Gegensatz ... er hatte eher Angst, dass er sich in der völligen Abwesenheit von Licht nicht zurecht fand. Noch nie hatte er bewusst seine Dunkelsicht angewandt. Es war auch nie nötig gewesen, bei den Lichtverhältnissen hier. Er schüttelte leicht den Kopf, als er durch die ruhigen Gänge des Hauses ging und schließlich nach draußen trat.
 

Es dämmerte bereits, über dem Wald zogen die ersten Nebelschwaden auf und es war recht frisch für einen Sommermorgen. Die Luft war klar und das kleine Elfendorf lag still und friedlich da. Die meisten schliefen noch, aber am Ende des Weges konnte er eine kleine Gruppe von Elfen ausmachen, die miteinander redeten, unter ihnen auch Calaghar und Anidia. Er seufzte leise auf. Es war merkwürdig, wie lautlos er sich bewegte. Er war sonst kein Trampel, aber durch die auf die Kleidung gewirkte Magie machte er gar keine Geräusche mehr, zumindest kein Knarren von Leder, kein Klappern seines Schwertes. Mit einem mulmigen Gefühl in der Magengegend, jedoch entschlossen, blieb er vor der kleinen Gruppe stehen und versuchte die Blicke der Elfen zu ignorieren, er konzentrierte sich ganz auf seinen Bruder.

Sharrak versuchte ruhig zu bleiben. Sie sahen nun sicher den Drow in ihm... mit der Rüstung war das auch kein Wunder. Aber er hätte das lieber nicht mitbekommen wollen, es machte ihm nicht gerade Mut. In dem Moment versuchte er seine hart antrainierte emotionslose Mine aufzusetzen, die ihm sein Bruder eingebläut hatte, nichts war wichtiger unter den Drow... Gefühle vermeiden und bedeckt halten.

Es gelang ihm nach einigen Augenblicken auch, aber in Menzoberranzan sollte das nicht so lange dauern, mahnte er sich selbst und biss sich schmerzhaft auf die Zunge. Sie sollten nicht merken, wie er sich fühlte. Er wusste bei den Drow würde das noch um einiges schwerer werden. Er hatte das Verlangen wegzurennen.....

Scheiße, wie sollte er das schaffen?

Er blickte schließlich entschlossen zu seinem Bruder. »Ich bin bereit.«, so bereit wie ich nur sein kann, dachte er sich und versuchte den Klos in seinem Hals herunterzuschlucken.

Calaghar nickte nur leicht und drückte Sharrak einen kleinen absolut unscheinbaren Ring in die Hand.

"Trag den. Er bewirkt, dass du mit uns in Kontakt treten kannst. Verwende ihn aber nur, wenn du allein bist. Und dir sicher bist, das nichts und niemand dich in irgend einer Art und Weise beobachtet oder belauscht.", erklärte er und nannte dem jungen Drow dann noch die magische Formel die er benötigte um den Ring nutzen zu können. "Seine Magie ist begrenzt, verwendest du ihn braucht er mehrere, ungefähr drei Tage, um sich wieder aufzuladen.", fügte er an und sah dabei zu wie Sharrak den Ring an den kleinen Finger schob. »Danke.«, meinte er und zwang sich dazu ausdruckslos zu bleiben, wenn er das jetzt schaffen würde, dann würde er es auch im Unterreich auf die Reihe bekommen. Bevor er noch etwas sagen konnte warf sich ihm Anidia in die Arme.

"Pass ja auf dich auf. Dass du mir heil wiederkommst.", meinte sie und der Dunkelelf spürte wie ihre Tränen an seinem Hals hinab rannen. Ausdruckslos bleiben!, befahl er sich eisern und biss sich auf die Zunge bis sie blutete. Er erwiderte die Umarmung.

"Werde ich.", sagte er knapp und mit einer Stimmlage die kalt wirkte. Es tat ihm weh es so zu versuchen. Aber was blieb ihm anderes?

Anidia löste sich wieder von ihm, strich ihm eine Haarsträhne aus dem Gesicht, die sich aus dem straffen Zopf gelöst hatte und küsste ihn kurz auf die Wange.

"Corellons Segen sei mit dir.", nuschelte sie leise und zog sich, die Tränen aus dem Gesicht wischend zurück. Die anderen Elfen beobachteten ihn skeptisch. Verunsichert durch das wenige zur Schau stellen von Gefühlen. Calaghar nickte seinem kleinen Bruder anerkennend zu, dann drückte auch er ihn an sich und wünschte ihm alles Gute. Kurz hielt er die Hand der Waldelfe und zog dann zwei magische Steine aus einer seiner Gürteltaschen. Sharraks Blick glitt nun zu den anderen Elfen die er von Kindesbeinen an kannte.

"Ich weiß, dass ich einen üblen Anblick bieten muss.", meinte er und zuckte dann mit den Schultern. "Schon gut. Du musst dich nicht entschuldigen... es ist nur beunruhigend zu wissen wohin du gehst. Aber wir stehen hinter dir.", meinte Celorfin und strich sich eine Locke seines Haares von der Schulter. Dann lächelte er leicht und klopfte dem Drow auf die Schulter. Die anderen wechselten ebenfalls noch ein paar aufbauende Worte mit ihm. Dann spürte er ein Kribbeln im Rücken als Calaghar mit der Beschwörung des Portals begann. Die Magie war deutlich spürbar, als schließlich in einem Bogen nach oben zwischen den Steinen eine Art Tor entstand, durch das er gerade so hindurchgehen konnte. Die Fläche war blau-lila und eher von der Sorte, die man nicht berühren wollte. Sharrak schluckte, trat auf das Portal zu, sah sich noch einmal nach Calaghar um und trat dann hindurch.



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