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The Karanest Tales

Geschichten rund um Ansedom
von

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Glück gehabt

Vivlest schmollte. Aber das sah man dem Fürsten von Karanest selbstverständlich nicht an. Zum einen weil er stolz darauf war, als Mann ohne Gemütsregung bekannt zu sein, zum anderen, weil das ganz üble Falten ergab. Schließlich war er auch bekannt für seine alterslose Erscheinung. Und so lange er noch nicht genau wußte, wie langlebig seine Elfenart war (bis auf den sehr entfernten Großcousin Heribert waren schließlich alle Vorfahren im Kampf gestorben, mehr oder weniger) wollte er sich sein gutes Aussehen nicht durch übermäßige Mimik verderben. Die regelmäßige Anwendung von Garnier Ultralift Antifalten-Nacht-Creme mit Kirsch und Ingwäääärextrakt tat ihr übriges.
 

Vivlest schmollte also innerlich. Und warum? Weil er an diesem kalten matschigen Märzabend zur Stadtratssitzung gehen musste. Zugegeben, die Sache mit dem Stadtrat hatte er sich selber eingebrockt. Dass er sich für die Wahl zum Stadtrat hatte aufstellen lassen, war eine Panikreaktion gewesen. Er hatte ja nicht ahnen können, dass die ehrbaren Bürger von Ansedon ihn UND Fandres in den Stadtrat wählen würden. Die PR von Lutes schlug also allmählich an. Wenn Vivlest nicht aufpasste, dann würde er nach dieser Legislaturperiode auf dem Bürgermeisterstuhl sitzen, keine schlechten Aussichten für den Abkömmling von Raubrittern!
 

Die Arbeit im Stadtrat machte ihm sogar Spaß. Denn dort konnte er sich offiziell mit dem Schnösel Fandres anlegen. Leider kam das viel zu selten vor. Er hätte es nie für möglich gehalten, aber Fandres und er vertraten häufig die gleiche Meinung und dann hieß es von Karanest und von Yhm gegen den Rest der Welt.
 

Vivlest schmollte also nicht, weil er zur Stadtratssitzung gehen musste, sondern weil er gehen musste. Der Rolls war zur Inspektion, den Jaguar hatte Safi vergessen aufzutanken, der Pick-up war für das Gewächshaus mit irgendwelchen Salatsetzlingen beladen worden, die würden d'efrieren (O-Ton Sanella) wenn er heute noch damit losfahren würde und Lutes war mit seinem Mini auf und davon. Der einzige Taxifahrer von Andsedon war schon im wohlverdienten Feierabend, sei er ihm gegönnt, also war Schusters Rappen angesagt. Und das für einen von Karanest!
 

Es half alles nichts, angetan mit festen Stiefeln, dem dicken Umhang und einem Schlapphut, der schon seit Jahren oben auf der Garderobe lag und dementsprechend aussah, kam er sich zwar vor wie der Räuber Hotzenplotz, doch wenigstens hatte er es warm und trocken. Und wenn er ehrlich war, dann tat so ein Spaziergang doch richtig gut.
 

In Ansedon waren noch nicht alle Seitenstraßen geräumt und er musste auf seinen Abkürzungen durch den Ort aufpassen, dass er nicht ausrutschte. Ein paar Seitenstraßen vor ihm tauchte ein zweiter später Spaziergänger auf. Mit schnellen Schritten ging er vor Vivlest her. Er hatte weder Blick noch Gruß für ihn übrig. Offensichtlich hatte er den gleichen Weg, kein Wunder, handelte es sich doch um den besagten Schnösel. Vivlest konnte sich schöneres vorstellen als hinter Fandres herzutrotten, doch wenn er versuchen würde, zu überholen, würde dieser auch das Tempo anziehen, das konnte er sich also sparen. So konnte er wenigstens den Rücken seines Gegners mit Pfeilen durchbohren. Hm, hatte Fandres immer schon diese breiten Schultern und die schmale Taille gehabt? Und wie sich die Haare in seinem Nacken kringelten.
 

Hoppala, jetzt wäre Vivlest beinahe auf einer besonders glatten Stelle ausgerutscht. Er konzentrierte sich auf den Weg und stieg kurz hinter Fandres die Rathaustreppe hinauf. Oben angekommen stapfte er ein paarmal kräftig mit den Füßen auf, um den Schnee abzutreten. Den Umhang und den Schlapphut ließ er in der Garderobe hängen, bis er sich auf den Heimweg machen konnte würde alles abgetrocknet sein.
 

Vivlest war heute etwas unkonzentriert. Das lag vermutlich an der ungewohnten Anstrengung, außerdem war der Sitzungssaal im Rathaus sowieso immer überhitzt. Kein Wunder, dass er müde wurde. Seine Gedanken drifteten ab. Morgen früh würde er ausschlafen. Und gemütlich im Bett frühstücken. Welche Termine hatte er morgen früh, ach was, Pego würde sie schon verschieben. Welche Augenfarbe hatte eigentlich Fandres? Wie kam er denn jetzt darauf? Aber es stimmte, sie hatten sich schon so viele Wortgefechte geliefert, aber er konnte sich nicht an eine bestimmte Farbe erinnern. Vivlest warf einen Blick hinüber zu Fandres - und erstarrte. Diese schaute nämlich ebenfalls zu ihm herüber. Vivlests Konzentration war nun völlig dahin. Denn der Blick, den Fandres ihm zugeworfen hatte, war nicht feindlich gewesen, also eher hm, das Gegenteil.

Während Vivlest betont aufmerksam dem eintönigen Bericht des Stadtgärtners über die erfolgreiche Beschneidung des Baumbestandes innerhalb der Stadtgrenzen folgte, linste er immer wieder zu Fandres hinüber. Aber es war wie verhext. Jedesmal, wenn er sich unbeobachtet glaubte, blickte er genau in die seelenvollen schokoladenbraunen Augen von Fandres. Außerdem spitzte dieser die Lippen so merkwürdig und beim letzten Mal hatte er garantiert gezwinkert.

Unbehaglich hörte er sich den restlichen Bericht des Stadtgärtners an. Bei der darauffolgenden Abstimmung stimmte er für die Anpflanzung von Tulpen und Vergissmeinnicht im Stadtpark und auch dafür, dass sich Ansedon an dem Wettbewerb "Schönstes Dorf" bewerben würde. Ehe er es sich versah, sass Vivlest schon in dem eigens dafür gegründeten "Verschönerungsausschuss". Er war heute wohl wirklich nicht richtig bei der Sache.
 

Aus irgendeinem ihm nicht näher bekannten Grund gab es bei diesen Sitzungen nur Mineralwasser und Fruchtsäfte. Vivlest braucht jetzt dringend einen Kaffee, sonst konnte er für nichts mehr garantieren. Er murmelte eine Entschuldigung und stand auf. Draußen im Flur gab es einen Kaffeeautomaten.
 

Vivlest warf eine Münze in den Schlitz, heute abend würde er sich einen großen Latte Macchiato gönnen. Er wollte gerade den ersten Schluck nehmen, als ...

"Bekomme ich auch einen?" Fandres stand hinter ihm. Wortlos reichte Vivlest ihm den Becher. Dabei berührten sich ihre Fingerspitzen. Vivlest zuckte zusammen und er spürte, wie er rot anlief. Fandres grinste, doch es war nicht das abfällige Grinsen, das er sonst immer im Gesicht hatte. Zärtlich strich er mit den Fingerspitzen über Vivlests Hand, bevor er ihm den Kaffeebecher abnahm.

"Wir können uns diesen teilen"; meinte er betont beiläufig. Vivlest nickte stumm, es schien ihm auf einmal, als wäre das die natürlichste Sache von der Welt.
 

Später wusste Vivlest nicht mehr, wie er die Sitzung überstanden hatte. Er hoffte nur, dass er sich nicht in noch einen Ausschuss hatte wählen lassen. Der Stadtkämmerer drängte zum Aufbruch, er hatte wohl noch eine wichtige Verabredung im "Krug". Auch der Herr Doktor und der Herr Apotheker zeigten eine ungewohnte Hektik. Fandres, der wegen seiner Tätigkeit im Stadtnotariat einen Schlüssel hatte, bot sich an, abzuschließen. Die Herren Honoratioren nahmen dankend an und verschwanden. Vivlest war mit Fandres allein. Bei anderen Gelegenheit wäre das die Chance gewesen, ihm ein Messer zwischen die Rippen zu jagen, aber heute ...

Ein Licht nach dem anderen ging aus. Gewissenhaft prüfte Fandres nach, ob sich noch jemand in einem der unteren Räume aufhielt.
 

Die große Eingangshalle wurde nur noch von der Lampe über dem Eingang beleuchtet, der Rest des Raumes lag im Dunkeln. Vivlest fand es an der Zeit zu gehen. Er stand schon vor der Garderobe, als er merkte, das Fandres hinter ihn trat. In Erwartung eines Angriff versteifte er sich, deshalb zuckte er auch nicht zusammen, als Fandres beide Arme um ihn schlang und ihn gegen seine breite Brust drückte. Fandres murmelte zärtliche Worte an seinem Hals, seine Hände glitten unter Vivlest Pullover, dessen Denken schlagartig abgeschaltet war. Das T-Shirt wurde zur Seite geschoben und kräftige Hände strichen über glatte Haut, modulierten die Bauchmuskeln nach. Jemand stöhnte. Fandres Hände glitten tiefer und tiefer und....
 

"Pego, haben Sie den Entwurf für den Pachtvertrag für das Moorgebiet gesehen?"

Blitzschnell ließ Vivlests Sekretärin das Handbuch "Shonen ai für Anfänger" in der untersten Schreibtischschublade verschwinden. Schuldbewußt schaute sie zu ihrem Chef auf und versuchte eine nicht vorhandene Haarsträhne hinters Ohr zu schieben. Eine reine Verlegenheitsgeste.

"Ist was?" erkundigte er sich.

"Neiiin", versicherte ihm Pego treuherzig. Vivlests Mißtrauen war geweckt, so eine Reaktion war er von seiner Sekretärin nicht gewohnt. Er machte einen Schritt auf den Schreibtisch zu. Pego klickte dezent mit der Maus. Einmal, zweimal. Als Vivlest ganz um den Schreibtisch herum war und einen Blick auf den Bildschirm werfen konnte, sah er nur noch eine farbenfrohe Statistik über die Obsternte vom letzten Jahr, die hatte wohl Irian angefordert. Suchend ging sein Blick über den Bildschirm, doch außer diesem und dem Emailprogramm hatte Pego offensichtlich keine anderen Programme geöffnet.

"Ich drucke Ihnen den Entwurf sofort aus"; versprach sie und öffnet die betreffende Datei.

Ganz zufrieden war Vivlest nicht, als er in sein Büro ging. Er warf einen prüfender Blick zurück, aber seine Sekretärin stand schon am Drucker, der leise ratternd die gewünschten Seiten ausdruckte. Vivlest zuckte mit den Schultern, da hatte er sich wohl etwas eingebildet.
 

Pego atmete leise auf, als der Fürst in seinem Büro verschwand. Das war noch mal gut gegangen. Routiniert sortierte sie die einzelnen Blätter des Vertrages in eine Unterschriftenmappe ein und legte diese Vivlest auf den Schreibtisch. Bedauern darüber, dass sie die erste und vermutlich auch letzte Shonenai Geschichte ihrer schriftstellerischen Laufbahn unwiderruflich gelöscht hatte, verspürte sie nicht.
 

Das Bundesministerium für Bildung und Kultur warnt: Übermäßiger Genuss von Liebesromanen kann zu krankhafter Zwangsverschwulung führen.
 


 

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Es kann aber auch daran liegen: http://animexx.4players.de/forum/?thread=126756&forum=1&kategorie=2&seite=1

Ich wollte mich ja strikt an die Anweisungen halten, aber ich denke, für das Genre bin ich ungeeignet. Ich schreibe ganze Sätze, beherrsche einigermaßen die Rechtschreibung und es hat sogar eine Handlung :þ
 

Ach und keine Sorge, dass ich mich demnächst im Kerker von Karanest wiederfinde, selbstverständlich wurde es vom großen B höchstselbst abgesegnet ^^



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