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Vampires vs. Humanity

Captured by Vampires
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Wow~ Da dachte ich mir, ich lade das Kapitel mal Dienstag hoch, damit es vllt schon Freitag freigeschaltet ist und was passiert? Am Mittwoch ist es hoch geladen o_O Muss ich nicht verstehen xD Naja, so könnt ihr euch doch schon verfrüht über das Kapitel freuen, auch wenn euch vermutlich erst viel später auffallen wird, dass es bereits da ist. Komplett anzeigen

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Can you feel my Heart?

Schon wieder rannte die Zeit. Mittlerweile war mein vampirisches Ich schon einige Wochen alt. Soweit kam ich mit meinen neuen Fähigkeiten ganz gut zurecht. Nur die Sache mit der Manipulation und das Gedanken lesen konnte ich nicht üben. Wir hatten hier keine Menschen und fürs Erste war mir das auch ganz recht. Ich war einfach froh mittlerweile, ohne Probleme, sämtliche Geräusche und Gerüche nach Belieben zu unterdrücken. Das war alles, was für den Moment zählte. Allerdings sah ich mich mit etwas neuem konfrontiert. Mein Geburtstag stand vor der Tür - um genauer zu sein, war er morgen. Ob jemand das wusste? Sollte ich feiern, es erwähnen? Ich wusste es nicht aber eigentlich war mir nicht nach feiern zumute, obwohl ich morgen einem runden Geburtstag entgegen sah. 30. Für jeden normalen Menschen war diese magische Drei ein Weltuntergang. Mir bedeuteten Zahlen nichts mehr. Ich würde für immer ein jugendliches Aussehen haben. Die Zeit konnte mir nichts mehr anhaben, also warum etwas menschliches feiern, wenn ich keiner mehr war? Ich verdrängte den Gedanken und ließ den Blick wandern. Die meiste Zeit verbrachte ich entweder im Labor oder im Wohnzimmer mit Ruki und Reita.

Irgendwie hatten sie sich meiner angenommen. Obwohl ich Ruki als eher gruseligen Typen kennengelernt hatte, mochte ich ihn mittlerweile. Seine Stimmungsschwankungen waren zwar gewöhnungsbedürftig aber Reita wusste, wie er seinen Freund wieder beruhigen konnte. Immerhin kannten sie sich schon lange genug, wie ich erfahren hatte. Die Beiden lernten sich vor rund 250 Jahren kennen und lieben. Eine lange Zeit. Das war definitiv die längste Beziehung, von der ich je gehört hatte. Ich hingegen hatte kein Interesse an einer Beziehung. Eigentlich hatte ich an gar nichts Interesse, wenn ich ehrlich war. Meine Arbeit war meine Leidenschaft und obwohl ich ihr mit Eifer nachging, hielt sich mein Interesse in Grenzen.

Ich beobachtete die Beiden ein wenig. Reita, definitiv der Ruhigere der beiden, las während Ruki zwischen seinen Beinen auf dem Boden saß und konzentriert auf seinem Smartphone herum tippte. Er spielte wohl gerade wieder eines seiner Spiele. Ich lag einfach nur auf der Couch herum und starrte Löcher in die Decke. Irgendwann hatte Rei sich an Ruki gewandt und ihm schmunzelnd gesteckt, dass meine Haltung ihn an Byou erinnerte. Natürlich hatte ich diesen Kommentar bemerkt, kurz geschnaubt und mich sonst in Schweigen gehüllt. Byou und ich hatten nichts gemein und nur weil wir eine ähnliche Position auf dem Sofa bevorzugten, war das noch lange kein lustiges Detail. Seit ich als Vampir erwacht war, hatte ich sowohl Byou als auch Kai nur selten gesehen. Sie kamen meiner Aufforderung nach, sich mir nicht mehr zu nähern. Ich war nämlich noch immer meilenweit davon entfernt, auch nur einem der Beiden zu verzeihen. Natürlich hatte ich mich an mein neues Dasein gewöhnt, fand es sogar mittlerweile gar nicht übel und trotzdem schmeckte mir die Tatsache nicht, dass sie einfach eigenmächtig gehandelt hatten - Gefühle hin oder her. Sie hatten einfach nicht das Recht dazu. Ruki und Reita hatten mich zum Glück nie darauf angesprochen. Vermutlich hatten sie bemerkt, dass dieses Thema tabu war. Sie halfen mir lediglich meine Fähigkeiten zu verstehen und zu verbessern, verbrachten Zeit mit mir und das war es auch schon. Wir waren so etwas wie Freunde und auch wenn ich es nicht so recht zugeben wollte, war ich froh darüber.

Als Ruki einen genervten Laut von sich gab, schenkte ich ihm meine Aufmerksamkeit. Er fluchte vor sich hin und hatte vermutlich gerade ein Level nicht geschafft. Irgendwie war dieses kindliche Verhalten fast niedlich. Er schien zu bemerken, dass ich ihn beobachtete und sah auf. "Was?", murrte er und ich schüttelte nur den Kopf. "Dieser Pisser will einfach nicht sterben!", fluchte er weiter und hielt mir dann sein Handy hin. Irritiert hob ich eine Braue und sah zwischen ihm und dem Gerät hin und her. Sollte ich jetzt schon wieder für ihn spielen? Es war nicht das erste Mal aber eigentlich war mir gerade nicht danach. Jedoch schien das den Brünetten in keinster Weise zu interessieren denn er hielt mir noch immer auffordernd das Gerät entgegen. Resigniert seufzend griff ich danach und musste mir erst mal einen Überblick darüber machen, was er da überhaupt spielte ehe ich mir die Steuerung aneignete. Ich winkelte die Beine an und begann das Level für Ruki zu spielen.

Dieser war zu mir gerutscht und kniete nun hinter der Armlehne, um zusehen zu können. Es war ein häufiger Anblick. Jedes Mal wenn Ruki irgendeinen Gegner, nach einer gewissen Anzahl an Versuchen, nicht schaffte, durfte ich das übernehmen. Ich war wirklich gut geworden, was wohl auch nicht unlängst daran lag, dass ich in meiner Jugend viel vor meinen Spielekonsolen gehangen hatte. "Pass auf! Gleich haut der dich instant um!" Kaum hatte er es ausgesprochen, geschah es. Ich hob eine Braue als in roten Lettern 'Game Over' erschien und knurrte. "Was ist das denn für ein Scheiß?" Er nickte nur. "Ja sag ich doch!" Meine Kampfeslust war geweckt und ich nahm mir vor diesen blöden Endboss zu vernichten und wenn es mich Tage kosten würde, der Bastard musste sterben. Reita sah grinsend zu uns rüber, schüttelte den Kopf und erhob sich dann. Ich brauchte nicht hinsehen um zu wissen, was er tat. Er füllte sein Glas nach und lief dann durch den Raum, um sich vermutlich ein neues Buch zu besorgen.

Ich war so vertieft in den Kampf, dass ich die Schritte vor der Tür und das Geräusch, als diese geöffnet wurde, gar nicht mitbekam. Dafür aber Reita, der mit wenigen Schritten auf diese zugegangen war. Ruki hinter mir feuerte mich an, ließ hier und da einige Beschimpfungen fallen, was mich grinsen ließ. Doch irgendwann drang eine Stimme an mein Ohr, die etwas in mir aufwühlte, von dem ich nicht geglaubt hatte, dass es noch da war - Gefühle.

Meine extremen Emotionen waren zwar mittlerweile abgeklungen, aber meine Gefühle für Byou schien ich seitdem nur unterdrückt zu haben, was mir nun zum Verhängnis wurde. Ich schluckte und versuchte mich dennoch auf das Gespräch, am Ende des Raumes, und das Spiel zu konzentrieren. Klappte so mittelprächtig. Die Unterhaltung interessierte mich gerade mehr. Warum auch immer.

"Das ist keine gute Idee Byou."

"Warum denn nicht? Ich will mich nicht mehr selbst ausschließen. Das muss ein Ende haben."

Ich hob eine Braue.

"Das stimmt auch aber glaubst du wirklich, dass jetzt der richtige Zeitpunkt dafür ist? Er kommt gerade so langsam mit sich selbst klar...ich weiß nicht ob das förderlich ist."

Ich hörte Byou seufzen, sah aber nicht auf und spielte weiter.

"Ich weiß...aber Rei...ich kann das so nicht mehr. Lass es mich wenigstens versuchen. Wenn's nicht klappt dann halt nicht. Okay?"

Reita schien nachzudenken und gab dann einen zerknirschten Laut der Zustimmung von sich.

"Von mir aus...", grummelte er und kam auf uns zu. Es ging also um mich. Kein Interesse.

"Ru, komm mit.", sprach er seinen Freund an, der ihn nur fragend ansah, dann Byou entdeckte und eine Braue hob. "Wir sind beschäftigt. Ich habe kein Interesse.", antwortete ich für den Anderen, warf Reita einen kurzen strengen Blick zu ehe ich mich wieder auf den Touchscreen konzentrierte. Ich hörte Schritte. Reita hatte sich wieder hingesetzt aber Byou stand noch immer im Raum. Ich konnte ihn riechen und es machte mich wahnsinnig. Er sollte verschwinden und zwar sofort, denn ich spürte die Gefühle, die anfingen sich in mir zu regen. Sie wühlten mich auf, waren dabei mich erneut auszufüllen und darauf war ich so gar nicht scharf.

"Jin? Können wir bitte endlich darüber reden?", sprach er mich nun direkt an, was neben den ganzen verloren geglaubte, Gefühlen auch noch Wut hochkochen ließ. "Kein Interesse. Ich bin beschäftigt.", lautete erneut meine Antwort, womit er sich aber nicht zufrieden gab. Ich spürte, dass sich die Atmosphäre anspannte. Ruki folgte dem Spiel schon lange nicht mehr, was mir aber egal war. Ich hatte den Boss fast niedergestreckt und Niemand würde mich nun davon abhalten, zu Ende zu spielen. Dachte ich. Es war Ruki der auf den Bildschirm drückte und das Spiel pausierte. Überrascht schob ich den Kopf in den Nacken und sah ihn an. Was sollte das? Er nahm mir sein Handy ab und erhob sich. Leicht genervt richtete ich mich auf und sah sowohl Reita als auch Ruki ungläubig an. Wollten sie mir dieses Gespräch etwa aufdrängen?

"Jin, irgendwann musst du in den sauren Apfel beißen. Besser früher als später. Du kannst mir gerne später eine reinhauen aber jetzt redest du!" Rukis Stimme klang sanft aber bestimmend zugleich. Er ließ mir keine Wahl. Allerdings auf die Option mit dem 'eine reinhauen' würde ich vermutlich zurückkommen. Ich sah zu, wie sich beide verzogen und die Tür mit einem Klicken ins Schloss fiel.

Na toll. Nun war ich angepisst. Ich langte zu meinen Zigaretten auf dem Glastisch und zündete mir eine an, inhalierte den beruhigenden Rauch und starrte einfach vor mich hin. Angespannt überschlug ich die Beine und begann unruhig mit dem Fuß zu wippen. Die Stille war fast noch unerträglicher als Byous Geruch, der mir in der Nase hing und sich nicht ausblenden ließ. "Ja rede endlich.", zischte ich genervt und vermied es ihn anzusehen, fixierte einfach den blauen Dunst, der von meiner Zigarette verursacht wurde und wartete. Schritte. Schritte die näher kamen bis ich ihn vor dem Glastisch stehen sah. Verdammter Mistkerl. Etwas in mir wollte ihn ansehen aber noch war der Teil stärker, der es nicht wollte, weshalb ich weiterhin meine Zigarette anstarrte und sobald ich daran sog, die Augen schloss um dann das Spiel fortzusetzen. "Jin...es tut mir wirklich leid.", waren seine ersten Worte und sie klangen aufrichtig, was nichts an den Fakten änderte. "Weiß ich schon.", erwiderte ich kalt und sah grummelnd dem Ende meines Glimmstängels entgegen. Was sollte ich fixieren, wenn sie nicht mehr da war? "Ich weiß, dass du mich nicht sehen willst und das kann ich verstehen aber langsam habe ich keine Lust mehr, mich im Haus wie ein Ausgestoßener zu bewegen. Jedes Mal wenn du irgendwo bist, muss ich mich an deine Ansage erinnern und diesem Ort fern bleiben. Das nervt und so langsam lasse ich es mir von dir nicht mehr verbieten. Es dreht sich hier nicht nur alles um dich." Aha, daher wehte also der Wind. Byou war die Einsamkeit leid. "Selbst Schuld." Ich drückte meine Zigarette im Aschenbecher aus und blies den letzten Zug aus meinen Lungen. "Mag sein, wobei ich mich nicht dafür entschuldige, dich gerettet zu haben. Du lagst im Sterben Jin und weder Kai noch ich wollten das hinnehmen. Es war nicht richtig, es dir aufzudrängen aber wenn man keine Zeit mehr hat, um Diskussionen zu führen, handelt man und das musst du endlich akzeptieren. Verdammt nochmal, sieh mich wenigstens an wenn ich mit dir rede!", knurrte er verzweifelt und ich seufzte leise. Langsam hob ich den Blick und entdeckte das passende Gesicht zu seiner Stimme. Die feinen Züge waren verzerrt und seine Augen leuchteten vor Schmerz und Verzweiflung. Geschah ihm nur recht.

"Zufrieden?", lächelte ich falsch, worauf er sich nur seufzend übers Gesicht strich. "Hör mal zu.", fing er an aber ich unterbrach ihn durch meine erhobene Hand ehe ich aufstand. Langsam ging ich um den Tisch herum, auf ihn zu. Umso näher ich ihm kam, desto schlimmer wurde mein Gefühlschaos aber ich hatte nicht vor, auch nur irgendetwas davon an die Oberfläche kommen zu lassen. "Du hörst mir mal zu Byou. Ich habe mein Dasein akzeptiert und das ist nicht dein Verdienst. Du hast verdammt recht damit, dass du eigenmächtig gehandelt hast. Mag sein, dass dir die Zeit davongelaufen ist aber das wäre alles nicht passiert, wenn du damals nicht so ein riesiges Arschloch gewesen wärst. Du hast mich fertig gemacht und als du einfach abgehauen bist, hat mir das den Rest gegeben. Weißt du eigentlich wie ich mich gefühlt habe, hm?" Meine Stimme wurde immer mehr zum Fauchen während ich ihn Richtung Wand drängte, bis er sie schließlich im Rücken hatte. "Wie?", fragte er leise und ich lachte.

"Kannst du dir das nicht vorstellen? Verdammt nochmal, ich kam kaum mit meinen Gefühlen für einen Mann, für einen Vampir, klar da musste ich mich schon damit abfinden, dass das Objekt meiner Begierde mich ablehnte weil ich ein kleiner Mensch war. Doch als du aus dem Haus geflohen bist, habe ich mich wie der letzte Dreck gefühlt. Du konntest es anscheinend nicht erwarten so schnell wie möglich zu verschwinden, um mich nicht mehr sehen zu müssen. Dabei waren diese zufälligen Begegnungen das, was mich noch am Leben gehalten hat. Ich konnte dich nicht haben aber wenigstens sehen und als du mir auch noch das genommen hast, ist alles über mir zusammen gebrochen. Du hast mir nicht nur das Herz gebrochen, du hast es mir damit aus der Brust gerissen. Ich war nicht mehr derselbe. Kai hat dir bestimmt erzählt, wie ich drauf war. Ich aß nicht, ich arbeitete nur noch und schlief kaum. Zwar zwang Kai mich zu essen aber der Rest änderte sich nicht. Irgendwann kam ich mit dieser Leere in mir nicht mehr zurecht. Ich dachte ich könnte sie vielleicht überwinden, wenn ich Zeit in deinem Zimmer verbrächte aber es half nicht. Es machte alles schlimmer. Das Gefühl dieser Leere wuchs, infizierte jede Zelle in meinem Körper und ehe ich mich versah hatte ich kurz vor Sonnenuntergang das Haus verlassen und war bis in die Stadt gelaufen. Ich wollte nur noch weg. Doch in der Stadt fühlte ich mich auch nicht heimisch. Ich gehörte dort nicht mehr hin aber hier her gehörte ich auch nicht und irgendwann wurde mir klar, dass ich auf dieser Welt keinen Platz mehr hatte. Die Typen die mich abfingen, wollten mich zunächst gar nicht abstechen sondern lediglich ausrauben und vergewaltigen aber ich brachte sie dazu. Hörst du! Ich brachte sie dazu mich umzubringen weil ich zu feige war, es selbst zu tun und nun stehst du hier und siehst mich aus traurigen Augen an, weil du die Einsamkeit nicht mehr erträgst? Du hast aus purem Egoismus gehandelt und mir eine Ewigkeit aufgehalst, die ich nie wollte. Damit muss ich jetzt klarkommen, also hör auf zu jammern! Du kotzt mich echt an Byou!"

Ich wusste nicht, warum ich ihm das alles erzählte oder wo das herkam aber irgendwie tat es gut, all diesen Ballast raus zulassen. Ich starrte ihn an während er diese ganzen Informationen zu verarbeiten schien bevor ich mich kopfschüttelnd von ihm abwandte und zum Sofa zurückging. Ich hatte alles gesagt, wollte nur meine Zigaretten holen und dann verschwinden. Jedoch kam es nicht soweit. Als ich mich umdrehte, lief ich gegen ihn worauf ich meine Kippen fallen ließ und mit erhobener Braue zu ihm aufsah. Ich knurrte leise, drehte mich um und wollte eben den anderen Weg benutzen, wenn er mir schon den schnellsten versperrte. Allerdings griff er nach meinem Handgelenk und wirbelte mich herum, sodass ich an seiner Brust lehnte. Überrumpelt starrte ich auf seine verhüllte Brust, musste mich kurz sortieren ehe ich mich gegen ihn stemmte und ihn von mir drückte. "Fass mich nicht an!", fauchte ich und rannte zur Tür, wo er mich abpasste. Mit einem Mal presste er mich gegen die Holztür, worauf diese schon gefährlich knarzte. Ich verspürte allerdings keinerlei Schmerzen. Als Mensch wäre das vermutlich anders gewesen. "Was soll der Scheiß?! Lass mich sofort los!", maulte ich genervt und versuchte mich aus seinem Griff zu befreien. Doch als er eine Hand an meine Wange legte, erstarrte ich. Ich wurde in jene Nacht zurückversetzt, als wir uns das erste Mal geküsst hatten. Verwirrt sah ich auf und starrte ihn einfach nur an, bis er sich zu mir beugte und mich küsste. Ich blinzelte und bevor mein Körper noch die Kontrolle übernahm und den Kuss erwidern konnte, stieß ich ihn von mir und wischte mir mit dem Handrücken über die Lippen. Er taumelte ein paar Schritte zurück und sah mich fragend an.

Hatte er wirklich geglaubt, dass es so einfach war? Moment. Was dachte ich da? Es gab kein Zurück. Niemals. "Fass. Mich. Nie. Wieder. An. Verstanden?!", zischte ich mit erhobenem Zeigefinger und verschwand aus dem Wohnzimmer. Ich rauschte in mein Zimmer und schlug die Tür hinter mir zu ehe ich unruhig durch den Raum tigerte. Verwirrt befühlte ich meine Lippen und konnte Byous Geschmack auf ihnen ausmachen. Wieso hatte er das nur getan? Schon wieder hatte er sich meiner Aufforderung widersetzt. Das schien ihm Spaß zu machen, wobei es mich total aus dem Konzept brachte. Mein Innerstes war total aufgewühlt. Von überall her krochen Gefühle aus ihren Löchern, rissen die Wände ein, die ich zum Schutz errichtet hatte und quälten mich nun. Ich wollte das alles nicht fühlen. Ich wollte gar nichts mehr fühlen. Wieso tat ich es jetzt wieder? Wieso jetzt? Als meine Tür aufging, schrak ich zusammen und drehte mich langsam um. Schluckend strich ich mir übers Gesicht und seufzte tief. "Verschwinde!", forderte ich wenig überzeugend und wandte mich wieder ab, schlang einen Arm um meinen Körper während ich mir die andere auf's Gesicht legte. Ich konnte meine Emotionen zwar kontrollieren aber diese hier übermannten mich, rissen mich zu Boden und überschütteten mich mit allem, was ich bisher weggeschlossen hatte. Byou kam hinter mir zum Stehen, legte seine Hände auf meine Schultern und drehte mich zu ihm um. "Fass mich nicht an...verschwinde einfach..." Er ignorierte meine Aufforderung und zog mich erneut an seine Brust worauf ich mich halbherzig gegen ihn wehrte. "Du sollst verschwinden...geh einfach weg...ich...will das nicht...fühlen...", seufzte ich zittrig.

Mein Körper gab die Befreiungsversuche selbstständig auf, weshalb ich nun vor ihm stand und die Stirn gegen seine Brust lehnte. Seine Arme hatte er nach wie vor um mich geschlungen und hielt mich fest, genauso wie sein betörender Duft, der mich gänzlich einhüllte. Ich spürte wie er die Nase in mein Haar drückte und schloss für einen Moment die Augen. Für einige Minuten standen wir einfach so da, während ich in mich ging und das Chaos ordnete. Ich wusste nicht, warum ich damals nach meinem Erwachen nichts mehr gefühlt hatte aber dafür fühlte ich nun umso mehr. Der ganze Schmerz, das Gefühl der Leere und Einsamkeit kehrte, Hand in Hand, mit der Liebe, die ich für Byou empfand, zurück und füllte die leeren Plätze. Langsam öffnete ich die Augen und hob den Kopf, um ihn ansehen zu können. Er hatte sich ein wenig nach hinten gelehnt und sah mir in die Augen.

Ich konnte die Fragen, die ihn beschäftigten, förmlich greifen. Doch was sollte ich nur tun? Ihm einfach verzeihen? Zögernd legte ich eine Hand auf seine Wange, worauf er kurz die Augen schloss und sich leicht an sie schmiegte. Alles in mir schrie nach ihm und doch kam ich einfach nicht über seine Tat hinweg. Irgendwo nervte es mich tatsächlich, dass ich deshalb so ein Fass aufmachte aber es ging einfach ums Prinzip. Er öffnete wieder seine Augen und sah mich einfach nur sehnsüchtig an. Ich wusste, dass er mich vermisste, dass er mich liebte. Ich spürte es und als er etwas sagen wollte, hob ich die Hand von seiner Wange und legte meinen Zeigefinger auf seine Lippen. Er hielt inne während ich mit meinen Dämonen kämpfte, die sich ihm einfach hingeben wollten. Sie gewannen.

Ich ließ meine Hand in seinen Nacken gleiten und zog sein Gesicht zu mir, bevor nun ich seine Lippen mit meinen versiegelte. Seufzend schloss ich die Augen und sofort drückte er mich an sich. Ich wehrte mich nicht, ließ es geschehen und steckte meine ganze Sehnsucht, sowie Verzweiflung in diesen Kuss. Wie lange hatte ich mich nach diesen Lippen verzehrt? Sie schmeckten gut, schmiegten sich perfekt an meine als ob sie für niemand anderen gemacht wären und doch, stand die Vorsicht mahnend, mit erhobenem Zeigefinger, in der Ecke und hielt mich zurück. Ich ließ unseren Kuss langsam ausklingen, verharrte mit meinen Lippen noch kurz an seinen bevor ich den Kopf sinken ließ und erneut meine Stirn gegen seine Brust lehnte. Was geschah nur mit mir? Ich war wieder genauso verwirrt wie damals, als ich mir meine Gefühle für Byou eingestanden hatte und doch war es dieses Mal anders. Das ich etwas für ihn empfand, war nicht mehr das Problem sondern eher, was dieser Mann getan hatte.

"Jin?" Seine Stimme war nicht mehr als ein Flüstern und doch verstand ich ihn klar und deutlich. Ich schüttelte leicht den Kopf ehe ich mich von ihm löste. Er ließ mich gewähren und sah mich fragend an. "Ich...ich brauche Zeit. Ich kann dir das einfach nicht verzeihen...ich weiß nicht ob ich es jemals kann aber aktuell kann ich es noch nicht...ich liebe dich aber das ist einfach nicht genug...", gab ich leise zu und hob schief lächelnd den Kopf. Meine Worte hatten ihn getroffen und doch sah ich einen Hoffnungsschimmer in seinen blauen Augen aufleuchten. Ja, vielleicht gab es noch Hoffnung auf ein Happy End aber momentan sah ich mich nicht in der Lage, eine Prognose zu stellen. "Verstehe...aber Jin?" Ich legte den Kopf schief und sah ihn abwartend an. "Hm?" Er überbrückte die kleine Distanz und legte beide Hände um mein Gesicht. Wenn es gekonnt hätte, wäre mein Herz vermutlich jetzt stehen geblieben.

"Gib uns nicht vorschnell auf okay? Ich weiß, dass es ein riesiger Fehler war, dich damals wegzustoßen und ich bereue es zutiefst, auch wenn ich meine Gründe hatte. Irgendwann werde ich es dir erklären. Dennoch will ich, dass du weißt, dass ich dir die Zeit gebe, die du brauchst. Gott, an Zeit mangelt es uns nicht - nicht mehr. Ich liebe dich und ich werde alles tun, damit du mir verzeihen kannst und wir endlich ein WIR sein können. Vergiss das bitte nie, okay?" Seine Ansprache saß und brachte mich etwas ins Trudeln aber ich stieß sofort diesen aufkeimenden Gedanken von mir, dass ich einfach darauf scheißen sollte und ihn mir holte. Das war nicht richtig, auch wenn ich dem am liebsten nachgegeben hätte. "Ist gut...danke..." Er lächelte leicht und hauchte mir dann einen letzten kurzen Kuss auf die Lippen bevor er mich losließ.

Ich leckte mir flüchtig über die Lippen und sah ihm nach, als er mein Zimmer verließ. Anscheinend wusste er doch, wann es klüger war, sich zurückzuziehen. Seufzend stand ich da und wusste nicht so recht wohin mit mir. Was sollte ich denn nun mit mir anfangen? Wie sollte es weitergehen? Ich hatte Byou gesagt, dass ich Zeit bräuchte und das stimmte auch, aber was bedeutete das? Würden wir uns jetzt wieder sehen? Hörte er auf mir aus dem Weg zu gehen? Immerhin wollte er um mich kämpfen und das bedeutete doch, dass wir uns auch wieder sahen, oder nicht? Unschlüssig sah ich mich um und seufzte tief. Sollte ich zurück ins Wohnzimmer gehen? Ich wollte gerade nicht alleine sein. Mein inneres Chaos wurde durch die Stille nur noch größer weshalb ich mein Zimmer wieder verließ. Mir fiel ein, dass ich meine Zigaretten im Wohnzimmer vergessen hatte und steuerte dieses an. Als ich eintrat war niemand dort. Ruki und Reita waren bestimmt in ihrem Zimmer oder unterwegs. Toll. Ich fischte meine Zigarettenschachtel und das Feuerzeug vom Boden ehe ich den Raum wieder verließ.

Ziellos wanderte ich umher, entdeckte das Labor und dachte kurz darüber nach, ob ich vielleicht arbeiten sollte. Jedoch verwarf ich den Gedanken schnell wieder. Es war nicht klug, in meiner aktuellen Verfassung, mit Chemikalien herumzuspielen. Ich wollte das Haus ja nicht abfackeln. So trugen mich meine Beine ins Erdgeschoss, wo ich in die Küche ging. Irgendwie hatte ich Hunger. Ich musste nach wie vor relativ viel trinken um meinen Durst zu stillen. Komischerweise machte es mir aber gar nichts mehr aus, menschliches Blut aus Plastikbeuteln zu trinken, wobei ich dafür mittlerweile ein Glas benutzte. Nur weil ich ein Vampir war, musste ich ja nicht gleich zum Tier mutieren. In der Küche angekommen, steuerte ich den Kühlschrank an, holte einen der Beutel heraus und betrachtete diesen einen Moment, bis ich zum Schrank ging um ein Glas dafür zu besorgen. Abwesend öffnete ich den Beutel und kippte die Flüssigkeit in das hohe Glas wobei nicht alles reinpasste und ich den Rest einfach aus diesem schlürfte. Ich stand also in der Küche, nuckelte an einem Blutbeutel als die Tür aufging und Kai im Raum stand. Merkwürdigerweise fühlte ich mich irgendwie ertappt.

Aus großen Augen sah ich den Schwarzhaarigen an, der unsicher in der Tür stand und anscheinend nicht wusste, was er tun sollte. Kai hatte ich noch seltener gesehen als Byou. Ihn schien meine Ablehnung von damals härter getroffen zu haben, als ich vermutet hatte. Er wollte gerade Anstalten machen wieder zu gehen, wovon ich ihn abhalten wollte. Ich öffnete den Mund um etwas zu sagen, vergaß dabei den Beutel, der nun etwas zu geräuschvoll zu Boden fiel. Irritiert sah ich zu Boden und entdeckte die Blutlache. "Scheiße...", murrte ich und betrachtete die Misere. Ich hatte keine Ahnung wie ein kleiner Beutel es geschafft hatte das Glas umzukippen aber es war geschehen. Leider war jenes ebenfalls runtergefallen und lag nun zersplittert auf dem Boden. Ich ließ den Kopf hängen und seufzte tief. Toll. Das gute Blut.

Ich vernahm Schritte und sah auf. Kai war doch nicht gegangen und kam nun langsam auf mich zu, begutachtete das Unglück und wandte sich wieder ab. Er holte Lappen um das Blut aufzuwischen. Ich ging langsam in die Knie und sammelte die Scherben auf, die ich sogleich entsorgte während Kai mit den Lappen das Blut aufwischte. Das blöde Zeug war echt überall und so dauerte es eine Weile bis wir jeden Tropfen entfernt hatten. Er hielt mir auffordernd seine leere Hand entgegen worauf ich ihm meinen blutigen Lappen überreichte den er dann, zusammen mit den anderen, wegbrachte. Jetzt wollte er allerdings tatsächlich gehen, was jedoch nicht in meinem Sinn war. Wenigstens würde ich dieses Mal keine Schweinerei veranstalten.

"Kai? Warte!" Er blieb stehen und drehte den Kopf zur mir. Ich ging langsam um die Kochinsel herum auf ihn zu und lächelte matt. "Keine Sorge, ich geh schon.", warf er nur ein aber ich schüttelte den Kopf. "Nein, das musst du nicht. Ich...können wir uns kurz unterhalten?" Seine Brauen wanderten in die Höhe und das warme Funkeln kehrte in seine dunklen Augen zurück. "Natürlich. Hier?", fragte er nach und ich rieb mir den Oberarm während ich mich umsah.

"Können wir in dein Zimmer gehen?" Er nickte. "Klar." Es schien fast so, als ob der Andere Angst hatte, zu viel zu reden und mich dadurch wieder zu verscheuchen. Irgendwie fand ich das süß. Ich folgte ihm aus der Küche in sein Zimmer und stand erneut etwas verloren im Raum. Ich war schon eine gefühlte Ewigkeit nicht mehr hier drin gewesen aber es hatte sich nichts verändert. Warum auch?

"Willst du dich setzen?", fragte er mich zögerlich und ich sah verwirrt auf, folgte seiner einladenden Geste und nickte. Sitzen war eine gute Idee. Wir setzten uns auf seine Couch und zunächst stellte sich betretenes Schweigen ein. Ich wusste eigentlich nicht wirklich was ich hier wollte. Okay das war eine Lüge. Ich vermisste Kai. Ruki und Reita waren cool aber sie waren nicht Kai. Ich war ihnen wirklich dankbar für ihre Hilfe und es machte Spaß Zeit mit ihnen zu verbringen aber ich hatte den Schwarzhaarigen die ganze Zeit über vermisst und nun wusste ich nicht, wo ich anfangen sollte.

Ich wusste nur, dass Byou der Auslöser war weshalb ich nun hier saß. "Es tut mir leid.", war das erste, was aus meinem Mund kam und schien Kai ordentlich zu verwirren. Er sah mich irritiert an, was mich leicht lächeln ließ. "Du musst dich für nichts entschuldigen...ich bin selbst Schuld." Ich schüttelte nur den Kopf. "Nein, das stimmt nicht. Ich war sehr hart zu dir. Das war falsch. Ich war nur so unglaublich...ich weiß nicht was ich war. Wütend, enttäuscht und verwirrt trifft es vermutlich ganz gut. Ich habe dich für etwas verantwortlich gemacht, woran du keine Schuld hast. Natürlich hättest du, als mein Freund, Byou davon abhalten müssen aber ich verstehe, dass du es nicht konntest. Obwohl ich zunächst ein Gefangener war, haben wir uns doch angefreundet und wenn es einen Weg gibt, einen Freund zu retten, dann geht man ihn. Das habe ich verstanden. Außerdem hättest du ihn eh nicht davon abhalten können. Er liebt mich und darüber hinaus, ist er ein Vampir und du..." Ich sah auf und musterte meinen Freund, der nun nervös auf seiner Unterlippe herum kaute. Langsam legte ich den Kopf schief und musterte ihn bis sich meine Augen weiteten.

"Du...du bist ein Vampir?", entwich es mir schockiert und nun musste ich doch aufstehen. Ungläubig starrte ich ihn an und war zum tausendsten Mal an diesem Tag komplett verwirrt. Kai lächelte schief und sah mich voller Scham an.

"Du hast gesagt du wärst keiner.", warf ich ein und er seufzte tief. "Das stimmt so nicht ganz. Ich sagte, dass ich nicht direkt einer bin. Wobei die Aussage auch nicht treffend ist."

"Welche ist denn dann treffend? Ich verstehe das nicht! Du kannst essen und trinken, bist sogar warm und kannst ins Sonnenlicht! Allerdings hast du keinen Herzschlag. Das höre ich genau und ich habe dich nie Blut trinken sehen. Also erklär mir, was du bist!", forderte ich. Kai nickte und erhob sich dann, um zum Fenster zu gehen. Diese Nacht war bewölkt und stockdunkel, zumindest für einen Menschen.

"Erinnerst du dich noch an den Tag, an dem wir auf der Dachterrasse gewesen sind weil du die Sonne vermisst hast?"

Ich nickte nur und eigentlich hätte es mir schon da klar sein müssen aber mein Hirn hatte sich gerade aufgehängt und würde erst dann weiterarbeiten, wenn er endlich Klartext sprach.

"Nun du hast mich doch nach der Geschichte der Vampire gefragt und ich habe sie dir erzählt.", fügte er hinzu und mir ging ein ganzes Fußballstadion an Lichtern auf. Mir fiel alles aus dem Gesicht. War das wirklich wahr?

"Du...du...du bist einer der Sechs?", stotterte ich ungläubig und als er sich umdrehte und schwach lächelte, musste ich mich setzen. Ich wankte zum Sessel, der mir am nächsten war und ließ mich hineinfallen. "Wow...das muss ich erst mal sacken lassen..." Er kam wieder auf mich zu und setzte sich vor mich auf die Kante seines Couchtisches.

"Es tut mir leid, dass ich dich nie aufgeklärt habe aber ich gehe damit nicht hausieren. Es...ist mein Geheimnis.", gab er leise zu worauf ich ihn fragend ansah. "Warum das denn? Sie würden dich doch bestimmt anhimmeln, oder nicht?"

Er schmunzelte weil er sich bestimmt gerade vorstellte, wie er auf einem Thron saß und alle Vampire vor ihm niederknieten und ihn anbeteten. "Wie du schon bemerkt hast, bin ich einzigartig. Mein Blut ist rein und birgt so manche Kräfte, die ein Vampir übernehmen würde, sobald er von mir trinkt. Ich möchte nicht als Blutbank herhalten. Nur einer weiß, wer ich wirklich bin und das ist Hakuei."

"Wieso weiß er es und die anderen nicht?"

Kai lächelte warm und da verstand ich es.

"Oh...ihr seid ein Paar?"

Er nickte. "Ja aber nicht nur das. Ich habe ihn gezeugt. Er ist sozusagen mein Kind. Allerdings gibt es einen Nachteil, wenn man mein Kind ist. Viele wurden verrückt. Leider. Mein Blut ist so rein, dass es sie gierig macht. Alle niederen Instinkte werden geweckt und der Vampir wird fast unkontrollierbar."

"Warum war das bei ihm nicht so?"

"Ich weiß es nicht. Ich vermute das hing mit seiner damaligen Lebenserfahrung und seiner geistigen Stärke zusammen. Du musst wissen, dass er ein Samurai ist. Vielleicht hat ihn das davor bewahrt verrückt zu werden. Ich habe ihn damals auf meinen Wanderungen durch das junge Japan gefunden. Er lag verletzt an einem Bach und wäre gestorben, wenn ich ihn nicht gefunden hätte. Hakuei war damals ein mächtiger Mann und einer seiner Leute hatte es auf seinen Platz abgesehen, weshalb er ihn heimtückisch niedergestochen hatte. Das war eigentlich nicht üblich aber auch zu dieser Zeit gab es schwarze Schafe. Ich bot ihm die Unsterblichkeit und er willigte ein. Nun zunächst war er mein Kind, dann mein Gefährte und schließlich mein Liebhaber. Er führt offiziell die Vampire an aber eigentlich klärt er alles mit mir ab. Wenn du es so willst, ist er sozusagen mein Ghostwriter."

Ich lauschte gespannt seiner Geschichte und war überrascht. Das hatte ich nicht erwartet. "Wieso werden deine Kinder verrückt? Liegt das an diesem Fluch?" Er zuckte mit den Schultern. "Keine Ahnung. Kann gut sein. Die anderen hatten damit keine Probleme, nur ich." Ich lehnte mich im Sessel zurück und betrachtete Kai eine Weile ausgiebig bevor ich mich ruckartig nach vorne lehnte. "Aber Moment...das heißt ja, dass du..." Ich musste rechnen worauf er lachte. "Fast 2000 Jahre alt bist?"

"Ja, das heißt es. Ich weiß, ich habe mich gut gehalten. Ich war übrigens der letzte der Sechs, falls dich das interessiert und ja ich kannte sie alle." Ich pfiff anerkennend und lächelte. "Wow. Ich hoffe ich sehe in deinem Alter auch noch so aus, wobei ich die Vermutung habe, dass es so sein wird. Aber wieso hast du diese besonderen Fähigkeiten? Gut, ich kenne die Geschichte aber davon hast du nichts erwähnt." Er sah mich mit hoch erhobener Braue an worauf ich kurz blinzelte und dann dümmlich lächelte. Ich kannte die Antwort. "Okay okay. Schon klar. Der schlaue Doktor hätte es sonst rausgefunden." Ich hob abwehrend die Arme worauf er nur nickte. "Ja, du hast schon so viele Fragen gestellt und mich ordentlich unter Druck gesetzt. Es war nicht leicht dir meine Geschichte zu erzählen ohne emotional zu werden. Allerdings habe ich Übung darin und es hat ja auch geklappt."

Kai stand wieder auf und wechselte den Platz, ließ sich auf dem Sofa nieder und klopfte neben sich. Ich folgte seiner Aufforderung und setzte mich neben ihn. "Aber um auf das zurückzukommen, was du vorhin sagtest...es ist trotzdem nicht zu entschuldigen. Ich hätte deinen Wunsch respektieren müssen, genauso wie auch Byou. Wie du nun weißt, wäre es ein leichtes für mich gewesen, ihn aufzuhalten. Er weiß zwar, dass ich alt bin weshalb er mich respektiert und meinen Anweisungen folgt aber er kennt nicht meine wahre Natur. Wie dem auch sei, ich hätte es nicht zulassen dürfen aber ja, ich war egoistisch. Als ich dich zum ersten Mal sah, wusste ich, dass du besonders bist. Du hattest diesen besonderen Duft und diese einmalige Ausstrahlung. Denn obwohl du den Tod deiner Freundin mit ansehen musstest und entführt wurdest, hast du dich nicht unterkriegen lassen. Byou hat dich gequält, aufgezogen und sonst was mit dir angestellt aber du hast trotzdem nicht aufgehört zu kontern. Obwohl du dich damit jedes Mal wieder in die Scheiße geritten hast. Aus Erfahrungen lernen ist wirklich nicht so dein Ding.", lachte er leise und ich kratzte mich ertappt am Kopf. Das war wohl wahr. "Naja eigentlich schon, aber ich wusste, dass ihr mich nicht umbringen würden. Ihr brauchtet mich. Das hat Byou mir immer wieder unter die Nase gerieben, also wollte ich es allen nicht so leicht machen. Früher habe ich mich immer unterkriegen lassen aber irgendwann habe ich aufgehört das Opfer zu sein. Deshalb habe ich provoziert und oft genug die Quittung dafür kassiert."

"Das erklärt einiges. Dennoch wusste ich einfach, das mag sich jetzt merkwürdig anhören aber es ist meine Überzeugung, dass du zu etwas Höherem bestimmt bist. Es war nicht nur Zufall, dass wir dich auswählten. Ich denke es war Schicksal, dass ausgerechnet du auf dem Fachgebiet, das wir benötigten, so führend bist. Außerdem hast du Byou weich gekriegt. Allein dafür verdienst du schon einen Orden.", schmunzelte der Schwarzhaarige dessen Gesicht sich aber sofort veränderte, als ich leise seufzte.

"Tut mir leid..." Ich schüttelte den Kopf. "Schon gut. Warum verdiene ich dafür einen Orden?", wechselte ich die Richtung des Themas. "Naja du hast Byou doch kennengelernt. Mürrisch, launisch und extrem leicht zu reizen. Er schlägt gerne über die Stränge und ist für seine gewaltbereite Art bekannt. Doch seitdem du hier bist und er gemerkt hat, dass er dich nicht klein bekommt, egal was er dir antut, wurde er anders. Sein ehemaliges schlummerndes Ich kam wieder zum Vorschein. Außerdem hat es ihn tierisch genervt, dass er deinem Durchhaltevermögen und Mut, Respekt zollte. Er respektierte einen Menschen und das ging gar nicht. Deshalb kam er in dieser speziellen Nacht auch zu mir."

Ich horchte auf. Hatte Kai nicht erklärt, dass er nur durch Zufall an jenem Tag vor Byous Zimmer gewesen war? Das war also doch gelogen. Ich hatte es ihm schon damals nicht so ganz abgekauft aber hingenommen, weil ich in dem Moment einfach nicht weiter darüber nachdenken wollte. "Also doch...", murmelte ich und er lächelte entschuldigend. "Tut mir leid aber er hätte entweder dir oder mir den Hals umgedreht, wenn ich etwas verraten hätte. Wobei ersteres eher wahrscheinlich wäre. Er kam damals zu mir und war ganz aufgebracht, sogar durcheinander. Er wollte, dass ich mich um dich kümmere weil er nicht mehr wollte. Ich vermute aber eher, dass er es nicht mehr konnte. Du warst wie eine verbotene Frucht. Natürlich hat er von dir genascht und sich ordentlich die Finger verbrannt. Er hat es zwar nie zugegeben aber er hat damals Gefallen an dir gefunden. Du warst eben nicht wie die Anderen. Deshalb war ich in Byous Zimmer und habe dich erlöst."

Ich war erstaunt wie viel hier eigentlich im Argen lag. Hier war so viel mehr im Busch als mir klar gewesen war und nun kam alles ans Licht. Kai war einer der Urvampire, Byou hatte ihn damals zu mir geschickt weil ich etwas in ihm ausgelöst hatte und so fragte ich mich, was noch alles kommen würde, von dem ich nichts wusste. "Sollte ich noch etwas wissen? Irgendetwas essentielles?", hakte ich nach und Kai hob nachdenklich den Zeigefinger an seine Unterlippe. "Hm. Nein. Ich denke nicht. Wenn es noch irgendetwas gibt, dass Byou dir nicht erzählt hat, dann solltest du ihn fragen. Ich, für meinen Teil, bin alles los." Ich strich mir kurz durch die Haare und seufzte leise. Ihn fragen. Ja, als ob das so einfach war. Unsere Beziehung war gerade mehr als kompliziert.

"Du hast mit ihm gesprochen, hm?", klinkte sich Kai ein und sah forschend in mein Gesicht worauf ich schief lächelte. "Naja, er war sehr hartnäckig."

"Hat es sich denn gelohnt?" Ich zuckte unschlüssig mit den Schultern. "Ich weiß es nicht. Auf der einen Seite schon. Irgendwie habe ich dadurch wieder zu mir gefunden oder besser gesagt, ich habe meine Gefühle wieder zugelassen aber trotzdem kann ich ihm einfach nicht verzeihen. Noch nicht oder vielleicht auch gar nicht. Ich weiß nicht so recht wie es weitergehen soll. Ich bin ziemlich unsicher, was die ganze Sache betrifft. Du kannst dir vorstellen, dass ich nicht sehr oft in so einer Situation gewesen bin. Außerdem ist dieses Männerding auch noch so eine Sache, an der ich etwas zu knabbern habe, aber andererseits will ich ihn. Jede Faser meines Körpers will mit ihm zusammen sein und das macht mir irgendwie Angst."

Verzweifelt sah ich auf worauf Kai mir durch die Haare strich. "Das verstehe ich gut. Es ist nie leicht mit etwas neuem umzugehen, schon gar nicht wenn es die eigene Sexualität betrifft. Allerdings kennst du deine Gefühle für ihn, hast sie zugelassen und eigentlich sollte dieser Fakt keine Rolle mehr spielen. Was das eigentliche Problem angeht, weiß ich auch nicht weiter. Lass es langsam angehen. Du bist nun wie er, ein Vampir. Du bist nicht mehr der zerbrechliche Mensch von damals und das ändert schon einiges. Lernt euch neu kennen. Er ist dir lange aus dem Weg gegangen weil es dein Wunsch war aber er ist hier die Wände hoch gegangen. Es hat ihn wirklich fertig gemacht, sich von dir fernhalten zu müssen. Ihr solltet euch langsam wieder annähern, etwas Zeit miteinander verbringen und sehen wie sich alles entwickelt. Vielleicht kannst du irgendwann das Kapitel deiner Wandlung, und deren Umstände, schließen. Wobei ich mir eigentlich schon sehr sicher bin, dass du es schaffen wirst. Wenn Byou etwas will, dann legt er sich mächtig dafür ins Zeug und da er dich will, wird er kämpfen. Er ist nicht der Typ, der einfach aufgibt. Seine damalige Reaktion hat mich schon etwas schockiert aber auch er hatte Ängste, mit denen er nicht umgehen konnte. Ängste, die tief in seiner Vergangenheit verankert sind und, die er noch immer nicht ganz verarbeitet hat. Aber sag ihm bloß nicht, dass du das von mir hast okay? Dann reißt er mir vermutlich den Arsch auf, egal ob ich älter bin oder nicht."

Ich lachte leise und nickte zustimmend. "Keine Sorge, ich verrate dich nicht aber was meinst du mit Ängsten aus seiner Vergangenheit? Aber ja, du hast vermutlich recht. Es ist eben alles so neu. Vor meiner Wandlung war mein einziges Problem, die Gefühle für Byou zu akzeptieren. Generell habe ich mich mit dem Leben hier angefreundet, empfand es sogar schon fast als normal. Krank oder? Eigentlich hätte ich alles daran setzen sollen hier rauszukommen aber ich tat es nicht. Ich habe nicht mal wirklich um Ayumi getrauert. Sie war eine wundervolle Frau und ihren Tod mit anzusehen war grauenvoll aber nachdem ich dann hier war, spielte das gar keine Rolle mehr. Es beängstigt mich ein wenig, dass ich das alles hier so locker aufgenommen habe. Glaub mir, ich bin sonst nicht der Typ, der mit Veränderungen so gut zurecht kommt. Dann kam einfach noch dazu, dass jeder mal von mir trinken wollte und ich dadurch mehr Zeit mit Byou verbringen musste. Ich glaube, ich habe ihn damals bewusst ausgewählt." Kai zog die Hand zurück und sah mich fragend an. "Uhm...frag ihn das lieber selbst. Ich will, dass er dir das von sich aus erzählt, wenn er dazu bereit ist. Aber was meinst du mit bewusst ausgewählt?"

Ich warf ihm einen kurzen Blick zu und sah dann lächelnd in den Raum. "Hm okay, das verstehe ich. Was glaubst du wohl? Du vergisst, dass ich Wissenschaftler bei Phoenix war und an jenem Tag habe ich mir Byou als Testobjekt ausgesucht. Ich frage mich aber schon, ob er tatsächlich gefangen wurde oder ob er sich fangen lassen hat. Wenn letzteres zutrifft, hätte das auch nach hinten losgehen können. Naja wie dem auch sei, ich wähle meine Testvampire eigentlich immer spontan aus. Ich hatte fünf zur Auswahl. Wobei ich sagen muss, dass es reiner Zufall war, dass ich an diesem Tag mein Opfer persönlich ausgesucht habe. Normalerweise lasse ich das von meiner Assistentin erledigen aber mein Chef wurde ungeduldig und brummte mir das als kleine Strafarbeit auf. Naja ich habe dann die Akten der fünf durchgesehen und zwei potenzielle Kandidaten ausgesucht. Als ich Byou das erste Mal sah, geschah etwas mit mir. Ich kann es nicht erklären und schob es einfach auf eine spontane Eingebung, dass er geeignet war aber ich vermute, dass ich da noch mehr gesehen habe. Er war einfach anders. Er hatte keinerlei Angst, sondern schien das ganze schon fast vorfreudig zu erwarten. Nun du kannst dir vorstellen, dass er es auf dem Tisch dann nicht mehr so lustig fand. Ich bin zwar nicht total darauf versessen an Vampiren rumzuschneiden aber ich brauche Proben. Dennoch redete er mit mir, konterte und provozierte. Kein Vampir zuvor hatte auch nur ein Mal den Mund aufbekommen. Es war faszinierend. Denkst du er hat mich dazu gebracht, ihn zu wählen?"

"Nein das glaube ich nicht. Es wäre aufgefallen. Du hast dich selbst entschieden und wie du schon sagst, es war ein gefährliches Unterfangen, da der Schuss auch nach hinten hätte losgehen können. Es war übrigens tatsächlich geplant. Byou einzufangen ist so gut wie unmöglich. Er hat sich fangen lassen weil er sonst nicht anders ins Gebäude gekommen wäre. Er ist nun mal immer mit vollem Einsatz dabei.", rollte er mit den Augen und lächelte mich dann wieder an.

So war das also gewesen. Byou war mit Absicht dort gewesen und nahm sogar die Experimente in Kauf, nur um an mich ranzukommen? Allerdings hätte er das auch wirklich einfacher haben können. Doch was wäre gewesen, wenn ich ihn nicht ausgewählt hätte? Was hätte er getan wenn ich, wie immer, Makoto geschickt hätte? Sie hätte vermutlich einen anderen ausgewählt. Gott war das alles kompliziert. Ich würde definitiv ein längeres Gespräch mit dem Dunkelblonden führen müssen. Dieses ganze Wirr-Warr musste dringend aufgelöst werden.

"Aber ich verstehe was du versuchst auszudrücken. Es gibt dafür sogar einen Begriff.", schmunzelte er worauf ich ihn fragend ansah. "Welchen denn?", hakte ich dümmlich nach. Kai schien das ganze zu amüsieren, auch wenn ich nicht wusste warum. "Liebe auf den ersten Blick, Jin. Noch nie davon gehört?" Ich prustete los und schüttelte lachend den Kopf. Immer wieder musste ich leise lachen, bis es erstarb und ich ernsthaft darüber nachdachte. Ich war gerade mitten in einem Film gelandet, in dem sich der Protagonist plötzlich einer Wahrheit bewusst wurde, die er vorher nicht wahr haben wollte. Geschockt sah ich zu meinem Freund und legte die Stirn in Falten. "Das ist aber unmöglich. Ich war mit Ayumi zusammen, ich habe sie geliebt. Ich wollte ihr sogar an diesem Abend einen Antrag machen. Ein einziger Blick kann wohl kaum meine ganze Gefühlswelt um 360 Grad drehen, sodass ich meine langjährige Beziehung durch einen männlichen Vampir ersetze. Oder doch?" Nun war ich doch wirklich etwas verunsichert. Hatte ich deshalb nicht wirklich um Ayumi getrauert? Klar, ich hatte geweint. Die Szene war auch wirklich schlimm anzusehen gewesen aber danach hatte ich nur ein weiteres Mal an sie gedacht. Natürlich musste ich zusehen meine eigene Haut zu retten aber würde man von einem Mann, der seine Freundin liebte und sie sogar heiraten wollte, nicht eigentlich erwarten, dass er am Boden zerstört war, wenn eben diese Person starb? Vor seinen Augen? Eigentlich schon.

Verflucht. War ich Byou tatsächlich schon bei unserem ersten Aufeinandertreffen verfallen? Nie zuvor hatte ich Männer attraktiv gefunden. Klar, manche sahen gut aus aber eben nur auf diese 'Ich hätte auch gerne so ein Six-Pack' Art. Mehr war da nie gewesen. Ich hatte nichts gegen Liebe unter Männern aber für mich kam das nie in Frage. Doch als ich Byou zum ersten Mal gesehen hatte, da geschah etwas.
 

Mein Unterbewusstsein schickte mich zurück an jenen Abend, als ich genervt das Stockwerk betrat, die ganzen Tests über mich ergehen ließ und schließlich vor den Zellen stand. Ich stand da und betrachtete mich selbst, wobei ich mich denken hören konnte. Gedanken, die zuerst nur wie ein Flüstern in meinem Hinterkopf zu hören waren und immer lauter wurden, als ich mich Byous Zelle zuwandte. Ich durchlebte also eine Erinnerung, die ich gar nicht als diese wahrgenommen hatte.
 

Der erste Kandidat ist ja wirklich eine Schande. Soll sich doch Takuya mit dem rumärgern. Der geht bestimmt schon nach dem ersten Schnitt kaputt. Auch wenn es kaum noch Vampire in der Nähe gibt, könnten sich die feinen Herrschaften da oben wirklich mal Gedanken darüber machen, wo sie besseres Material herbekommen. Die Dinger halten nicht durch und da wundert sich dieser alte aufgeblasene Sack, dass ich nicht vorankomme? Tz. Mal sehen ob Nummer 2 auch so eine Enttäuschung ist.
 

Ich sah mir selbst dabei zu, wie ich Byou musterte. Es war schon merkwürdig sich selbst zu beobachten aber gerade hörte ich nichts. Sein Hirn, mein Hirn, war absolut zum Stillstand gekommen. Heilige Scheiße. Erst jetzt konnte ich mich wieder denken hören.
 

Wunderschön. Wo haben sie dich denn aufgegabelt? Diese Augen...sie sind so hübsch. Ich kann mich kaum von ihnen lösen und diese Lippen. Die sind doch zum Küssen gemacht. Seine Ausstrahlung ist zwar so gefährlich aber irgendwie auch nicht. Ich mag seine Art mich anzusehen. Warum schlägt mein Herz nur so schnell? Ich habe das Gefühl keine Luft zu bekommen. Was ist das nur? Wer bist du? Was machst du mit mir? Ich muss dich haben, bevor ein anderer dich mir wegnimmt. Das darf nicht passieren. Du bist mein. Oh nein, sie schauen mich schon komisch an.
 

Die Erinnerung stoppte abrupt und katapultierte mich in die Gegenwart zurück, wo Kai mich schon besorgt ansah.

"Jin? Alles in Ordnung? Rede mit mir!", forderte er und rüttelte mich leicht an der Schulter. Ich blinzelte das eben erlebte weg und schüttelte kurz den Kopf ehe ich mich Kai zuwandte. "Was?", fragte ich, als ob ich seine Frage nicht verstanden hatte, was ja auch der Wahrheit entsprach. Ich hatte keine Ahnung was das eben gewesen war aber ich war definitiv nicht mehr anwesend gewesen. "Ich hatte dich gefragt ob du schon vorher mal Interesse an Männern gehabt hattest. Wo warst du denn gerade nur mit deinen Gedanken?"

Ich blinzelte ihn dümmlich an. Mein Hirn war gerade damit beschäftigt die neuen Erkenntnisse zu verarbeiten aber es fand noch Zeit einen Impuls zum Kopf schütteln zu senden. "Ich...ich glaube du hattest recht.", warf ich kryptisch in den Raum während mir immer wieder das Wort MEIN durch den Kopf schoss.

"Womit hatte ich Recht? Jin, sprich doch mal in klaren deutlichen Sätzen mit mir!" Er schien sich gerade wirklich Sorgen zu machen aber das war nicht nötig. Es ging mir gut, ich war nur verwirrt. Wie so oft. Ein Dauerzustand sozusagen.

"Mit der Liebe auf den ersten Blick. Ich...ich hatte eben einen Flashback oder sowas. Ich konnte mir selbst bei der Auswahl eines Vampirs zusehen. Allerdings mit Kommentaren der Regie. Ich habe mich denken gehört. Gedanken, an die ich mich nicht mal erinnere, sie je gehabt zu haben. Es war nur ein Bruchteil einer Sekunde aber meine Gedanken rasten, genauso wie mein Herz, als ich Byou das erste Mal sah.", berichtete ich wahrheitsgetreu und noch immer etwas aufgewühlt. "Und was war der Kerngedanke?", hakte Kai nach, worauf ich ihn mit großen Augen ansah und nicht glauben konnte, was ich nun sagen würde. "Mein." Das war genau genommen der Kerngedanke. Byou sollte nur mir alleine gehören und Niemandem sonst. Kai begann breit zu grinsen und schien sich wie ein Kleinkind zu freuen, das endlich das Feuerwehrauto zum Geburtstag bekommen hatte.

"Siehst du?! Du wolltest ihn vom ersten Augenblick an, als du ihn gesehen hast. Das ist doch schön."

Er rieb mir beruhigend über den Rücken und ich nickte nur. "Ganz offensichtlich, war das so. Dennoch war es Ayumi gegenüber nicht fair und nein, ich hatte nie Interesse an Kerlen. Byou war der erste, der mich total aus dem Konzept gebracht hat. Er hat mich dazu gebracht besitzergreifend zu werden und sogar den Tod meiner Freundin herunterzuspielen." Ich vernahm ein leichtes Seufzen und das Streicheln hörte auf.

"Natürlich ist das nicht schön. Ich glaube dir, dass sie eine tolle Frau war aber mach dir keine Vorwürfe. Zu dem Zeitpunkt war dir gar nicht klar, dass Byou mehr für dich war, als nur eine weitere Laborratte. Ich bin mir sicher, dass ihre Familie sehr viel um sie trauert. Mach dich deshalb nicht verrückt. Du kannst es nicht mehr ändern. Wichtig ist, dass du damit abschließt und nach vorne siehst." Er hatte Recht. Ich musste mein schlechtes Gewissen, Ayumi gegenüber, endlich loswerden. Sie war wegen mir gestorben und ich hatte nicht mal den Anstand gehabt, gebührend um sie zu trauern.

Das war nicht richtig gewesen, auch wenn ich genug Gründe finden würde, um das zu erklären. Es war dennoch einfach falsch. Allerdings war es Zeit das hinter sich zu lassen. Ich hatte nicht ahnen können, dass so etwas geschehen würde und das Byou meine ganze Gefühlswelt auf den Kopf stellen sollte, stand erst recht nicht in meinem Tageshoroskop.

An dem damaligen Punkt liebte ich sie und wollte sie heiraten. Gott. Was wäre nur gewesen, wenn Byou nicht ausgebrochen wäre und ich Ayumi tatsächlich geheiratet hätte? Nicht auszudenken was passiert wäre, wenn meine Gefühle danach hoch gekommen wären und ich eine Affäre mit ihm begonnen hätte - in meinem Labor. Nein. Da war der tatsächliche Hergang doch wirklich die beste Alternative.

Ich seufzte leise und begann dann sachte zu lächeln. "Danke Kai. Ich habe das wirklich vermisst, dich vermisst und deine positive Art obwohl ich mich echt manchmal frage, wie du es schaffst immer so optimistisch zu sein." Er zuckte lächelnd mit den Schultern und zog mich kurzerhand in eine herzliche Umarmung. Es war echt erstaunlich wie warm er doch war. Als Mensch war mir das nicht so bewusst gewesen aber jetzt, wo ich selbst kalt war, fiel sie mir umso mehr auf.

Ich kuschelte mich etwas mehr an meine wohlige Wärmequelle und seufzte leise. Langsam verstand ich, warum Vampire auf kurz oder lang die Sonne vermissten. Es ging nicht nur darum, auch tagsüber sein Unwesen zu treiben, sondern sich auch wieder an der Wärme dieses Sternes zu erfreuen. Die Nacht war meistens kalt, genauso wie wir und eigentlich sehnten wir uns doch nur nach der Wärme, die einige von uns, vor langer Zeit verloren hatten.
 

Ich spürte wie Kai seine Arme enger um mich schloss und mich einfach festhielt. Vermutlich wusste er, warum ich mich so eng an ihn schmiegte. "Ich hab dich auch vermisst. Es war hart für mich dich so zu sehen. Du wirktest so verloren und wolltest dir nicht helfen lassen, wolltest uns nicht in deiner Nähe haben. Dein Schmerz war so riesig, dass ich schon Angst hatte, dass du dir vielleicht etwas antust, um doch noch zu sterben. Zum Glück haben sich Ruki und Reita deiner angenommen. Sie sind gute Lehrer und sehr geduldig. Zumindest Reita. Ich wusste, dass du bei ihnen in guten Händen bist, auch wenn du anfänglich ein paar Schwierigkeiten mit Ruki hattest." Ich nickte leicht. Kai hatte den Nagel auf den Kopf getroffen.

"Das stimmt. Ich wusste einfach eine ganze Zeit lang nicht mehr, wer ich war. Ich habe mir immer wieder die Frage gestellt, wer ich nun sein würde. Für mich war der Jin, den ihr kanntet, gestorben und eine Zeit lang, war er tatsächlich tot. Ich hatte das Gefühl für mich selbst verloren und hinzu kam einfach diese riesige Enttäuschung, dass über meinen Kopf hinweg entschieden worden war. Natürlich muss ich zugeben, dass ich eigentlich nicht sterben wollte aber ich hatte meinen Frieden damit gemacht. Ich hatte damals in dieser Einfahrt damit abgeschlossen, dass ich alleine sterben würde. Wer hätte schon ahnen können, dass Byou aus Osaka zurückkommt und sogar nach mir sucht? Zu dem Zeitpunkt war ich sogar froh zu sterben. Ich habe es begrüßt. Irgendwie schien sich diese Leere, trotz Byous Auftauchen, festgesetzt zu haben und so musste ich da auch nach meiner Wandlung durch. Schlussendlich war es aber auch Byou, der die Käseglocke zerschlagen hat, die meine Gefühle und mein wahres Ich gefangen gehalten haben. Ich werde ihm verzeihen müssen, was?", murmelte ich lächelnd gegen seine Brust, worauf er leise lachte.

"Du musst gar nichts aber ich vermute, dass du es wirst. Du hast viel durchgemacht und sehr viel neues über dich herausgefunden. Das muss erst mal verarbeitet werden, damit du nach vorne sehen kannst. Ich hätte mir für dich auch ein anderes Schicksal gewünscht und zu hören, dass du tatsächlich sterben wolltest stimmt mich einerseits traurig und andererseits wütend. Du verstehst es viel zu gut deine Gefühle zu verbergen. Ansonsten hätte ich dich gar nicht mehr aus den Augen gelassen. Mach das bitte nie wieder. Dieses Mal könnten wir dich nicht retten, wie Byou es tat."

Kai drückte mich nochmal kurz und schob mich dann etwas von sich, damit er mir ernst in die Augen sehen konnte.

Ich wusste, dass ihm das wichtig war und ich sah auch ein, dass ich einen Fehler gemacht hatte. "Keine Sorge. Ich hege nicht mehr den Wunsch zu sterben und was das andere angeht...ich werde mir Mühe geben aber wie du siehst, bin ich hier und schütte dir mein Herz aus.", erwiderte ich lächelnd. Kurz musterte er mich prüfend ehe erneut ein Lächeln sein Gesicht zierte. So gefiel er mir schon viel besser. Kai standen Sorgenfalten nicht. Es war einfach gegen seine Natur.

"Aber sag mal, wann hast du denn immer Blut getrunken? Musst du überhaupt welches trinken? Wolltest du auch damals von mir trinken?", platzte es aus mir heraus. Kai musste die Fragen wohl erst mal ordnen und lachte leise. "Ja, ich muss Blut trinken. Sogar relativ häufig. Eine meiner Schwächen. Ich habe immer getrunken wenn wir nicht zusammen waren. Klingt logisch oder? Allerdings kann ich nach so einer Mahlzeit nichts essen. Deshalb habe ich oft nicht mit dir gemeinsam gegessen und was dein Blut angeht...", er senkte den Blick für einen Moment und lächelte schief.

"Ja, ein Teil von mir hätte gerne dein Blut gekostet aber ich bin alt genug, um mich von meinem inneren Tier nicht beherrschen zu lassen. Es fiel mir aber sehr schwer deinen Arm zu verarzten und so zu tun, als ob ich keinerlei Interesse an deinem Blut habe. Allerdings hab ich das doch ganz gut gemeistert, hm?"

Ich schürzte die Lippen ehe ich lächelte. "Ich nehme es dir nicht übel. Mein Blut schien wohl super lecker zu riechen aber ich bin froh, dass du es nicht getan hast. Du hast tatsächlich deine Rolle sehr gut gespielt. Aber ich habe da noch eine andere Frage." Ich legte eine Kunstpause ein während meine Züge etwas ernster wurden. "Wenn du immun gegen das Sonnenlicht bist, wieso hast du nie Proben deines Blutes zur Verfügung gestellt? Ich könnte mir vorstellen, dass ich so viel schneller zu einer Art Heilmittel kommen würde." Ja das war eine der wichtigsten Fragen, die mir durch den Kopf schossen. Wir könnten schon längst im Sonnenlicht wandeln, wenn Kai mir sein Blut zur Verfügung stellen würde. Endlich wieder die Sonne auf der Haut spüren ohne zu verbrennen. Ja, das wäre eine wirklich schöne Aussicht.
 

Manabu POV
 

Er hatte alles gesehen und gehört. Eigentlich hatte er Byou gar nicht folgen wollen aber dessen genervter Gesichtsausdruck hatte ihn doch neugierig gemacht. Er war dem Dunkelblonden gefolgt und sah, wie dieser in Jins Zimmer verschwunden war. Sofort machte sich ein ungutes Gefühl in seiner Magengegend breit und ließ ihn nicht los. Vorsichtig war er bis zur Tür geschlichen und hatte gelauscht. Gut, er hätte nicht lauschen müssen, da man das Gespräch auch so sehr gut verstand. Die Beiden fauchten sich an, klangen verzweifelt. Als Manabu schließlich hörte, worum es eigentlich ging, fielen ihm die Augen aus dem Kopf. Hatte Byou dieser kleinen Made etwa eben seine Liebe gestanden? Was ging hier ab? Er konnte es gar nicht glauben. Noch nie hatte er gehört, dass Byou für irgendjemanden etwas empfand und erst recht nicht für einen Menschen. Jedoch begann in ihm die Eifersucht zu kochen. Byou gehörte ihm! Er hatte sich nicht umsonst an den Älteren rangeschmissen. Schon damals als er ihn kennengelernt hatte, war er Feuer und Flamme für ihn gewesen und Byou hatte nichts dagegen gehabt. Doch schon seit längerem kam der Ältere nicht mehr zu ihm, wies seine Annäherungsversuche konsequent ab und seitdem dieses kleine Miststück da war, kam er überhaupt nicht mehr an ihn ran. Ganz zu schweigen von der einen Nacht, als er zu ihm gekommen war und plötzlich, nach seinem Biss, aufgesprungen und abgehauen war. Byou hatte ihm noch immer keine Erklärung dafür geliefert. Nun hatte er sie. Aufgebracht presste er die Lippen aufeinander und lauschte, wie auch Jin zugab, etwas für den Anderen zu empfinden, was ihn fast aus der Haut fahren ließ. Zähne knirschend entfernte er sich von seinem Platz und stapfte zurück in sein Zimmer. Am liebsten hätte er geschrien aber vermutlich stand sein Bruder dann sofort wieder auf der Matte und darauf hatte er gerade so überhaupt keine Lust.

"Scheiße! Scheiße! Scheiße!", fluchte er leise vor sich hin und trat nach ein paar Klamotten, die auf dem Boden lagen. Er musste etwas dagegen tun. Das durfte einfach nicht sein. Wenn er Byou nicht haben konnte, dann keiner! Das stand schon mal fest. Er wusste, dass die Beiden Probleme hatten weil Byou seinen kleinen Geliebten einfach so gerettet hatte, obwohl er es ablehnte ein Vampir zu werden. So eine Dramaqueen. Jin brauchte Zeit. So lächerlich. Also befanden sie sich beide in einer komplizierten Phase. Umso besser. Er würde Jin einen Grund liefern den Älteren ein für alle Mal abzuschießen oder noch besser, er wurde Jin los! Ja, viel besser! Wenn diese Pissnelke weg war, tot oder so, dann würde er Byou trösten und dieser würde sich dann endlich für ihn öffnen. Wunderbar. Ja, so musste das laufen.

Man hörte doch immer wieder, dass Leute, die ihre Partner verloren hatten, sich in ihrer Tröster verliebten.

Blieb nur ein Problem. Er musste Jin loswerden aber wie? Byou zu verführen und sich ganz aus Versehen, in flagranti, erwischen zu lassen, wäre nicht wirkungsvoll genug und davon abgesehen, war der Ältere viel zu loyal um zweigleisig zu fahren. Die Nummer fiel aus.

Was könnte er nur tun, dass man nicht zu ihm zurück verfolgen konnte? Nachdenklich ließ sich der Rothaarige auf sein Bett fallen und landete auf der Fernbedienung. Sogleich ertönte die Stimme der hübschen Nachrichtensprecherin, die etwas von Phoenix blubberte. Zuerst hörte er gar nicht zu, bis es ihm wie Schuppen von den Augen fiel. Sofort richtete er sich auf und hörte sich die Reportage an. Eine Nummer wurde eingeblendet, die für die aufrichtigen Bürger Tokios eingerichtet worden war, um Vampire zu melden. Was für eine tolle Idee. Warum waren die da noch nicht früher drauf gekommen? Egal. Schnell warf er sich zur Seite, schnappte sich seine Notizbuch, das eigentlich für Noten gedacht war und schrieb sich kurzerhand die Nummer auf. Grinsend klappte er dieses zu und klopfte sich mit einer Kante gegen die Unterlippe. Nun wusste er was zu tun war und wer es tun würde. Die Phoenix Corporation würde sein kleines Problem aus der Welt schaffen, damit er endlich zu seinem wohl verdientem Happy End kam.


Nachwort zu diesem Kapitel:
So, wie versprochen ein bisschen Drama und das große (offene) Geheimnis ist keines mehr. Ihr habt es vermutlich eh schon alle geahnt aber nun ist es Gewissheit ;) Ich hoffe ihr bleibt gespannt, welche Rolle unser guter Kai noch haben wird.
Und keine Sorge, weder Byou noch Jin werden fortlaufend so 'weich' bleiben aber wenn man doch verliebt und die Situation verzwickt ist, bleibt man doch selten richtig böse.
Wer von euch hätte gedacht, dass Jin schon damals, unterbewusst, ein Auge auf Byou geworfen hat? :D
Was haltet ihr von Manabu? Wird er jetzt euer Hass-Charakter? Bleibt gespannt, denn in wenigen Kapiteln wird die Geschichte endlich mal wieder action-reicher ;)

Kleiner Teaser für nächste Woche: Euch erwartet ein Adult-Kapitel! Vermutlich etwas, worauf sich einige von euch schon freuen oder darauf gewartet haben. Ja es gibt nach 15 Kapiteln endlich eines haha.

Natürlich bedanke ich mich auch wieder an meine liebsten Kommi-Schreiber und Verfolger meiner FF. Danke, dass ihr dabei seid <3
Tata~ Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Kao
2015-05-14T12:36:47+00:00 14.05.2015 14:36
Whoooo~ damit das es diesmal so schnell ein neues kapi gibt hab ich nicht gerechnet und es deshalb nicht mal mitbekommen, aber gleich durchgelesen *O*~ es ist so schööön~
byou und jiiiin~ <3 die zwei sind so ein süßes pärchen und ich bin schon mega gespannt aufs nächste kapi xD~
wer hat denn da sex? xD immerhin sinds zwei pärchen~ hrhr~ ich bin echt gespannt xDDDD

uuund das mit kai! xDDD ICH WUSSTE ES! war doch klaaaaar xD~
aba er ist soooo süß *O*~ mama kai macht das schon!

und wegen manabu xD ich mag ihn eh nicht so gerne! also wenn er was schlimmes macht, dann verhau ich ihn! o(Ò.ó)o
ich hoffe die woche geht schnell rum und es geht bald weiter ^________^~ <3
Antwort von:  Nisshoku
14.05.2015 16:33
Haha danke für den lieben Kommi.
Ich war selbst total überrascht. Wenn ich es Mittwochs hoch lade, ist es meist erst am Samstag da und nun das xD
Jaa...lass dich überraschen wer da Liebe macht hihi.
Das mit Kai war auch nicht wirklich eine Überraschung ;)


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