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Wie durch die Hölle

von

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Die Kirschblütenprinzessin

{Vier Tage später}

[Jakotsu]

„Hach, wie herrlich! Endlich mal wieder was zu feiern! Überall Stände und Geschäfte!“, freute sich der Schwarzhaarige und streckte sich ausgiebig. Wann war wohl das letzte Mal gewesen, an dem sich die gesamte Truppe entspannt und zusammen getrunken hatte? Oder auf einem Fest gewesen war? Und das auch noch in einer netten Kleinstadt, wo ein Schloss – oder eher ein großes Anwesen – einen Teil der Stadt ausmachte. Trotzdem war es noch eine recht einfache Stadt mit einigen Schänken und so weiter, nicht so groß wie Kyoto, wo man sich leicht verlaufen konnte.

„Ja, sieht so aus, als würden sie das Hanami hier wirklich ausgiebig feiern.“, stimmte Renkotsu ihm zu. Jakotsu warf ihm einen kurzen Blick zu. Er schien die Ausgelassenheit des Transvestiten zu bemerken und lächelte sogar leicht. Neben ihm bemerkte er seine Schwester, was eigentlich eine recht ungewöhnliche Kombination war. Sonst hatten sie sich immer voneinander ferngehalten. Aber was kümmerte es ihn? Er stoppte und drehte sich zu seinen restlichen Kameraden um. „Wie wäre es, wenn wir uns in Gruppen umschauen und uns nachher im Schloss treffen?“

„Ja, dann könnten wir uns ungestört umsehen!“, lächelte Jakotsu und blickte sich ein weiteres Mal um, ließ seinen Blick über die schönen Geschäfte wandern. Wenn sie keinen Auftrag hatten oder in einer Stadt waren, die nicht in einem Auftrag inbegriffen war, bezahlten sie sogar in den Geschäften. Kein anderer hatte das Wort erhoben, also war es ihnen entweder egal oder sie warteten darauf, dass er seinen Satz beendete, wie er wusste. Der junge Transvestit wandte sich dann wieder seinen Freunden, besonders Bankotsu, der allerdings nicht so begeistert aussah, zu. „Aniki?“

„Na gut, aber nicht so lange. Wir treffen uns bei Sonnenuntergang im Schloss und keinen Moment später.“, gab der junge Anführer nach und seufzte leise, bevor er Mukotsu und Suikotsu, die sich schon in eine bestimmte Richtung bewegten, folgte. Jakotsu blickte seinem besten Freund irritiert nach. Was war denn in den gefahren? Er war eigentlich davon ausgegangen, dass Bankotsu mit ihm kam... 'Naja, da kann man nichts ändern.', dachte er schlussendlich und wandte sich dann fragend den Übriggebliebenen zu.

„Hehe, ich glaub, ich geh schon mal ins Schloss. Ich will ja keinen Winzling zerquetschen auf diesem lächerlichen Fest.“, grollte Kyokotsu amüsiert und blickte Ginkotsu, dann Renkotsu fragend an. Sein mechanischer Freund antwortete mit einem zustimmenden „Gesh.“. Die Beiden hatten allerdings noch nie etwas mit normalen Festen anzufangen gewusst. 'Diese Spielverderber...' Sein Gedankengang wurde allerdings von dem Feuerbruder unterbrochen, dessen undefinierbarer Blick noch immer auf der Kupferhaarigen lag.

„Ich begleite sie.“, vernahm Jakotsu vonseiten Renkotsu, während er zu einem Geschäft mit Frauensachen huschte, das ihm vorher schon ins Auge gefallen war. Dort lagen mehrere Muscheln mit allen möglichen Schminkfarben, verschiedenem Schmuck und Kleidungsstücken. Er nahm eine Muschel mit einem dunklen Rotton in die Hand, legte sie einen Moment später allerdings wieder hin. Diese Farbe war zu dunkel für seinen Teint gewesen. 'Okay, welche dann?', überlegte er, während er Akiras Anwesenheit mit einem Nicken zur Kenntnis nahm. „Man kann diese zwei Gestalten ja kaum allein lassen.“

“Wie ist es mit Bankotsu gelaufen? Gut aufgenommen?“, fragte er beiläufig, während er nun zwei verschiedene Farben betrachtete – knallrot und einen weniger grellen Ton. 'Mhm... welchen soll ich jetzt nehmen?' Er legte seinen Kopf etwas schief und blickte seine Schwester, die sich in diesem Laden etwas unwohl zu fühlen schien, zum ersten Mal seit Gesprächsbeginn an. „Welcher ist besser?“

“Irgendwie...“, antwortete Akira und schaute ihn ziemlich irritiert mit ihren lohfarbenen/hellbraunen Augen an. Der junge Transvestit hielt ihr die zwei Muscheln quasi unter ihre Nase und wartete auf eine Antwort ihrerseits. Renkotsu, der sich irgendwo hinter ihnen umschaute, konnte er nicht fragen. Der hatte keine Ahnung davon. Akira eigentlich auch nicht, aber immerhin war sie ein Mädchen. Momentan hoffte er, dass Modegeschmack und Farbausbildung angeboren war. Endlich zeigte sie auf eine weitere Muschel mit einer hellroten Farbe. „Was ist mit der?“

„Mhm, das ist auch schön... Du bist nicht sehr hilfreich, Nee-chan.“, beschwerte sich der Schwarzhaarige übertrieben, nahm allerdings auch diese Muschel in die Hand. Nun musste er auch noch zwischen Dreien entscheiden. Was für eine Qual... Die Kupferhaarige kicherte leicht und versuchte es nicht anmerken zu lassen, wie sehr sie sich über ihn amüsierte. Als sie sich beruhigt hatte, zuckte sie nur mit ihren schmalen Schultern.

„Ich weiß nicht mal, wofür du die brauchst... Du siehst doch auch so gut genug aus, da brauchst du dein Gesicht nicht auch noch anzumalen. Ist doch nur Geldverschwendung.“, seufzte sie matt. In dem jungen Mann kam nun das Verlangen auf, sich zu verteidigen. Eigentlich hatte er gehofft, dass sie seine Seite besser verstehen würde, aber nun klang sie schon fast wie der Rest seiner Freunde. Konnte er ihr das übelnehmen? Für einen Moment war er sogar von der Schminke abgelenkt. „Übrigens schaut uns Renkotsu zu. Das ist irgendwie gruselig.“

„Lass ihn. Er denkt zu viel nach...“, erwiderte Jakotsu nur und blickte kurz über seine Schulter. Der Feuerbruder stand tatsächlich an einem Essensstand mit einigen Reisbällchen in der Hand, während er die Zwei wortwörtlich im Auge behielt, wie er es angekündigt hatte. Er winkte seinem Freund kurz zu und wandte sich dann wieder dem Laden zu. „Du weißt einfach nicht, wie ein bisschen Farbe wirken kann, auch wenn dein Gesicht bezaubernd sein mag.“

„Entschuldige, dass ich dich störe...“ Wieder dieser sarkastische Tonfall. Allerdings klang die Entschuldigung an sich dieses Mal sogar ernst – für ihre Verhältnisse.

„Ist schon okay, ich kann es dir zeigen. Immerhin bist du wie ein Junge aufgewachsen, daher ist es nicht deine Schuld. Und ich wette, diese Tokun-Person hat dich auch so erzogen.“, antwortete er daher nur. Sofort war seine Verstimmung verflogen und er wandte sich daher wichtigeren Angelegenheiten zu: Das Hellrot würde eindeutig gut passen, das Dunklere würde allerdings besser bei einem Kampf wirken.

„Tôtôsai.“, korrigierte Akira ihn, während sie nun selbst in Richtung des Haarschmucks und der Kimonos wanderte. Die junge Frau wirkte überaus neugierig, als hätte sie so etwas noch nie gesehen. Jakotsu lächelte bei dem Anblick leicht.

„Ja, wie auch immer. Mann, ich habe den alten Mann seit Jahren nicht mehr gesehen.“ Der Schwarzhaarige

„Natürlich hast du das nicht. Du hast uns ja nie besucht oder so. Hast du endlich zwischen deinen Farben entschieden?“ Ihre Frage klang, als würde sie ihn aufziehen wollen, da sie ihn wieder auf sein Ausgangsproblem zurückbrachte.

„Nein...“, seufzte Jakotsu leise, was seine Schwester mit einem Lachanfall quittierte. 'Tsss, und sowas schimpft sich Familie.', murrte er im Stillen und beschloss, die junge Frau für die restliche Tour zu ignorieren.
 

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{Erinnerung von Akira}

„Ban...?“ Ihre Stimme klang fragend, da sie sich nicht sicher war, ob er ihr überhaupt zuhörte. Der Angesprochene warf ihr einen auffordernden, aber auch genervten Blick zu, damit sie fortfuhr. Das Genervte kam wahrscheinlich daher, dass sie ihn noch immer „Ban“ nannte, da seine Reaktion sie eigentlich immer amüsierte. Nur dieses Mal nicht, dazu war ihr diese Angelegenheit zu wichtig. Und dass er sie quasi aufforderte, machte es eigentlich sogar noch schlimmer. Sie holte tief Luft. „Ich... uhm...“

„Sag endlich, was du willst.“, erwiderte der junge Anführer erstaunlich ruhig, während sein Blick noch immer auf ihr lag. Aber auch das beunruhigte sie eher. Nervös ballte sie die rechte Hand zur Faust.

„Ich möchte einen alten Freund besuchen, bevor wir die Reise fortsetzen.“, schoss es ihr aus dem Mund. Akira wusste, dass Bankotsu da nicht so einfach zustimmen würde. Immerhin musste er einen Auftrag – sie – erledigen und das konnte sie natürlich nachvollziehen, aber ihr Schwert war momentan einfach wichtiger als eine blöde, uninteressante Heirat. „Er ist ein Waffenschmied und ich will, dass er sich mein Schwert ansieht, bevor ich es aus Versehen noch mal einsetze... Daher wäre es...“

„Klar, warum nicht?“, unterbrach Bankotsu ihren Redefluss und verdrehte aus einem unerfindlichen Grund die Augen. Daraufhin legte sich ihre Nervosität mit einem Schlag. Akira musterte ihn erstaunt, verstand nicht so ganz, warum er so schnell zugestimmt oder nicht weiter nachgefragt hatte. Er richtete seine durchdringenden, schalkhaft funkelnden Augen auf sie und hob sie Augenbrauen. „Was?“

„Nichts, nichts.“, erwiderte die Kupferhaarige hastig und wandte den Blick schnell ab, als sie bemerkte, dass sie ihn ungehörig lange angestarrt hatte. Aber das war auch seine Schuld, wenn er sich so unberechenbar verhielt. Alles, was sie danach vernahm, war sein leises Lachen, während er ein Gespräch mit Mukotsu begann.

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[Akira]

„Bleib gefälligst hier, Nii-chan!“, wies Akira den Transvestit zurecht, während sie ihn noch immer am Kragen festhielt. Sie hatte Angst, dass er sich wieder einfach so entfernte. Vor einigen Sekunden hatte er wieder irgendetwas gesehen und versucht, alleine abzuhauen, obwohl schon fast Sonnenuntergang war. Die junge Frau schätzte, dass sie maximal noch einige Minuten hatten, um zum Schloss zu gelangen, ohne sich eine „Schimpftirade“ anhören zu müssen. Und sie hatte auch so schon genug Ärger mit dem sturen Anführer der Gruppe, da brauchte sie nicht noch so etwas.
 

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[Bankotsu]

Einige Zeit nach seinem Gespräch mit Akira bezüglich seines Bekannten fing er an, sich zu fragen, warum sich der Junge so merkwürdig verhalten hatte. Gut, der sture Zeitgenosse verhielt sich eigentlich immer recht seltsam, aber er war sonst nie so... unruhig. Vorhin war er zu sehr in eine Unterhaltung involviert gewesen und hatte nicht unterbrochen werden wollen. Aber jetzt...

„Hey, Akira, wo lebt dein Freund nochmal?“, fragte er sicherheitshalber nochmal nach. Der Kupferhaarige, der vor ihm herlief, zuckte sichtbar zusammen und blickte ihn über seine Schulter fragend an.

„Hat dich doch vorhin auch nicht interessiert.“, murmelte Akira nur schnippisch und drehte sich wieder nach vorne. Was war denn jetzt schon wieder sein Problem?! Bankotsu packte den Jungen grob an der Schulter, sodass er stehen bleiben musste, und wartete, bis seine Kameraden, die alle ziemlich neugierig wirkten, an ihnen vorbei gezogen waren. Der Kupferhaarige hingegen blickte ihn erschrocken an.

„Beantworte die Frage.“

„Naja... nicht in der nächsten Stadt. Er wohnt in der Nähe des Berges dort.“ Er zeigte auf einen Berg der zwar gut erkennbar war, allerdings in der falschen Richtung lag. Der Schwarzhaarige hatte den Verdacht, dass Akira das ganz genau gewusst hatte. Und irgendwie machte ihn das ausgesprochen sauer.

„Dann kannst du es gleich vergessen.“, brachte der Zopfträger so ruhig wie möglich hervor. Er setzte sich wieder in Bewegung, um seinen Kameraden zu folgen. „Wir machen keinen Umweg.“

„Vorhin hast du aber zugestimmt!“, rief ihm der Kupferhaarige hinterher, holte erstaunlicherweise recht schnell zu ihm auf und schaffte es sogar irgendwie, mit ihm Schritt zu halten. Der Kupferhaarige lief beinahe neben ihm her, während er noch normal ging, was den jungen Anführer schon fast wieder amüsiert hätte.

„Da wusste ich ja auch noch nicht alle Details.“, erwiderte Bankotsu einfach und für ihn war das Thema damit eigentlich bereits erledigt, doch Akira schien nicht so einfach aufgeben zu wollen.

„Es war dein Fehler, nicht nachzufragen.“, meinte der Junge neutral und wurde etwas schneller. 'Der hat echt Mut, mir da zu widersprechen, wo andere wissen, wann sie bei mir den Mund halten sollten. Oder er ist einfach zu ehrlich...', dachte Bankotsu, während er versuchte, das aufkochende Feuer in seinem Inneren niederzukämpfen. Diese Frechheit des Kleinen machte seinem Ego doch mehr zu schaffen als gedacht.

„Und deiner, mich zu unterschätzen.“ Der Jüngere der Beiden kam auf einmal vor ihm zum Stehen. Er hielt seine Hände so, dass er den Schwarzhaarigen notfalls mit den Händen stoppen konnte. Eine verteidigende Geste, wie er bemerkte.

„Wann habe ich das getan? Außerdem würde ein solcher Umweg euch viel mehr Geld einbringen, du Idiot!“ Offensichtlich hatte Akira nun seinen letzten Trumpf ausgespielt: das Geld. Trotz seiner Wut überlegte der junge Anführer kurz. Der Lohn einer Woche wäre recht viel. Daher wäre es eigentlich logisch, auf den Vorschlag einzugehen. Allerdings sträubte sich ein Großteil in ihm dagegen, dem Kupferhaarigen quasi einen solchen Gefallen zu tun. Eine Weile rang er mit sich selbst, bis er schließlich nachgab.

„Na gut... Aber nur wegen des Geldes, du kleine Nervensäge.“, knurrte der Schwarzhaarige leise und blitzte sein Gegenüber wütend an, der sich sofort angegriffen zu fühlen schien. 'Geschieht ihm Recht.', schoss es Bankotsu durch den Kopf, während Akira ebenfalls in eine Verteidigungshaltung ging. „Nicht um dir einen Gefallen zu tun.“

„Dann wäre das ja geklärt!“, schnaubte der Kupferhaarige und blitzte ihn aus dunklen Augen böse an. Den Anführer störte es nicht, das war er schon gewohnt.

„Fein!“, meinte er, unwillig, dem Jüngeren das letzte Wort zu überlassen. Der Zopfträger wusste, dass das kindisch und unreif war, aber irgendwie konnte er bei diesem Menschen nicht anders.

„Fein!“, erwiderte sein Begleiter in einem beleidigten Ton und wandte sich ab.

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[Renkotsu]

„Ich hab auch keine Lust, mir Bankotsus Beschwerden anzuhören, Jakotsu. Und hättet ihr nicht so lange in diesem Frauenladen gebraucht, könntest du jetzt auch noch Essen oder so kaufen.“, meinte Renkotsu und warf Akira und Jakotsu einen strengen Blick zu. Wie konnte man nur den halben Nachmittag in einem Laden mit Kleidung, Schminke und Schmuck vergeuden? Manche Leute würde er einfach nie verstehen. Vor allem nicht Jakotsu und dessen Familie. 'Ehrlich, ein Laden für Frauen!', dachte er etwas entnervt, als er ein leises Schnauben von Akira vernahm, der seinen Bruder sachte losließ und seine schlanke Hand senkte. „Aber immerhin hast du ja was gefunden.“

„Das stimmt. Ich konnte mich zwar erst nicht entscheiden, aber ich glaube das Hellrot und das Knallrot sind doch gut.“, erklärte der Schwarzhaarige fröhlich und ließ die Beiden Muscheln in seinem Kimono verschwinden, während er weiter redete. 'Mann, bei ihm klingt ja sogar so etwas Triviales wie ein Kampf...', bemerkte Renkotsu und blickte das markante Profil des Transvestiten verblüfft an. Der junge Mann schaffte es immer wieder, sie zu überraschen. Sogar noch nach Jahren. „Aber es gab da so viel...“

„Man könnte meinen, du seist noch nie auf einem solchen Fest gewesen.“, lächelte der Kupferhaarige, wieder sichtlich amüsiert. Manchmal wünschte er sich, er wäre genauso einfach gestrickt. Es schien so leicht zu sein und so viel Freude zu bereiten, die einfachen Dinge des Lebens zu genießen, ohne sich ständig Gedanken machen zu müssen.

„Es gab für uns nicht so viele Gelegenheiten, solchen Festivitäten beizuwohnen.“, erklärte Renkotsu ihrem Schützling daher, der nach seinen Worten überrascht wirkte. Zum ersten Mal bemerkte er, wie sehr er sich von seinem Bruder und den restlichen Söldnern unterschied. Wahrscheinlich hatte der Junge eine ziemlich normale Kindheit gehabt, von dem Niederbrennen seines Dorfes mal abgesehen. Im Gegensatz zu dem Rest der Gruppe. Jeder von ihnen war irgendwie durch die Vergangenheit stark geprägt worden, auf die eine oder andere Weise – schnell verdrängte er die trüben Gedanken. Der Feuerbruder wollte jetzt nicht über so etwas Schmerzhaftes nachdenken.

„Ernsthaft?“

„Es sind immer Aufträge da oder wir sind gerade unterwegs, Acchan.“, fügte Jakotsu seiner Erklärung schulterzuckend hinzu und blickte seinen Bruder fast sehnsüchtig an, bevor er seinen Blick mit einem Lächeln auf das nahende „Schloss“ richtete. „Ich glaube, ich war insgesamt auf acht Festen...“

„Neun, Aniki.“, verbesserte ihn Renkotsu. Immerhin war er bei allen dabei gewesen und hatte zugesehen, wie Jakotsu jedes Mal förmlich ausgeflippt war, weil es eine so seltene Angelegenheit war. Und die anderen hatten sich vergnügt, ebenfalls Geld ausgegeben und sich betrunken. Es wich also kaum von ihren sonstigen Feiergewohnheiten ab. Der junge Mann verdrehte für seine zwei Begleiter nicht sichtbar seine Augen. Akira hörte den Beiden mit großen, überraschten Augen zu.

„Huh? Oh, stimmt, du hast Recht. Wenn man das Jetzige mitzählt!“ Der Transvestit lächelte Renkotsu lieb an, während er in die Hände klatschte. Der Angesprochene verschränkte nur seine Arme vor seiner gepanzerten Brust, ohne seinem Kameraden eine Antwort zu geben. Er beobachtete lieber, das brachte meistens sowieso mehr Informationen als Reden. „Ich hole mir kurz was zu essen.“

Daher bemerkte der Glatzkopf auch, wie sich Akiras Augen leicht verengten, als sie irgendetwas im Schlosseingang erblickte. Er folgte ihrem Blick, doch dort war nichts. Zumindest konnte er selbst nichts erkennen. Sein Blick huschte kurz zu Jakotsu, der mittlerweile sogar schon – blitzschnell – bezahlt hatte und wieder die paar Schritte in ihre Richtung trottete.

„Alles in Ordnung?“, durchbrach der Schwarzhaarige, der nun einige Süßigkeiten in der Hand hielt, wieder die merkwürdige Stille, die zwischen dem Jungen und ihm selbst geherrscht und keiner von Beiden durchbrochen hatte. Der Feuerbruder ließ sich zu einem sachten Nicken herab, während Akira merklich aufschreckte, aber noch immer recht abwesend wirkte.

„J-ja.“, murmelte er und verbeugte sich kurz in ihre Richtung. „Wenn ihr mich entschuldigt.“

Ihre temporäre Begleitung verschwand plötzlich in eine bestimme Richtung, als kenne er sich hier bereits aus – obwohl er sicher noch nie hier gewesen war, da war sich Renkotsu sicher. Jakotsu und er blickten sich kurz ratlos an, woraufhin Jakotsu seufzend hinter ihm her eilte. Offensichtlich blieb ihm dann wohl die undankbare Aufgabe, ihrem schlecht gelaunten Anführer diese Neuigkeiten zu überbringen... oder auch nicht. Seine Gedanken kehrten wieder zu dem Rätsel zurück, um das sie schon seit Tagen kreisten. Dem Jungen und sein Schwert. Die Waffe an sich war ja schon ein Rätsel an sich – wie konnte ein Mensch eine Dämonenklinge beherrschen? Dazu kam, dass eine Ahnung seit einigen Tagen in seinem Kopf Kreise zog: War er... vielleicht eine Sie? Immerhin war der Kupferhaarige mit einem zierlichen Körper gesegnet, der ziemlich untypisch für einen Mann war und für den ihn Frauen bestimmt beneideten... Das würde weiterhin seine teilweise anmutigen Bewegungen erklären. Allerdings verhielt sich Jakotsu eindeutig weiblicher als Akira. Solange er auch hin und her überlegte, es blieb immer ein Restzweifel übrig. 'Vielleicht sollte ich den Jungen einfach zur Rede stellen.', beschloss der Feuerbruder letztlich, als er das Schloss ebenfalls betrat.
 

[Bankotsu]

Ungeduldig bewegte sich sein Bein auf und ab. Die Sonne war längst untergegangen und die Nacht hatte sich über die Stadt gelegt, doch zwei seiner Gefährten waren noch nicht zurückgekehrt, was ihn etwas unruhig machte. Jakotsu war sonst immer sehr verlässlich, aber seit sie mit Akira reisten, hatte diese Eigenschaft etwas gelitten. Renkotsu war vor einiger Zeit ohne die Zwei hereingekommen und hatte auch nicht gewusst, wo sie hinwollten. Wahrscheinlich war auch daran wieder Akira Schuld. Erst das Verschweigen vorhin und jetzt... 'Jetzt reicht's!', beschloss der junge Anführer gereizt und stand auf. 'Die kriegen vielleicht was zu hören!'
 

[Akira]

Die schöne Frau, die vor ihr herlief, blieb stehen und streckte leicht eine Hand aus. Akira blieb ruckartig stehen. Der Frau, die sie im Auge hatte, haftete etwas Übernatürliches an, was auch der Grund gewesen war, weshalb sie ihr einfach so gefolgt war. Sie war in teure Kleidung, die einer Hime, gehüllt, trug aber keine Schuhe. Nach einigen Sekunden erschien ein kleiner Dämon, der sich auf die Frau zubewegte.

„Ihr seid kein Mensch, oder?”, fragte Akira ihr Gegenüber aus dem Nichts heraus, doch die Prinzessin blieb überaus ruhig. Ihre schokoladenbraunen Augen lagen nun auf einmal mit einem freundlichen, interessierten Ausdruck auf ihr, während ihr offenes, schwarzes Haar sich leicht in dem Wind bewegte, der sie umgab. Ein Geisterwind. Ihr fuchsartiger, cremefarbener Begleiter flog nun um sie herum wie ein Seelenfänger, auch wenn er selbst keiner war. Der kleine Dämon wirkte wie eine pelzige Schlange mit einem Fuchskopf und Fuchspfoten. Seine roten Augen beobachteten sie, seine feinen Ohren zuckten ein paar Mal aufmerksam. Der Fuchsdämon selbst schien nicht böse zu sein, auch seine Aura war nicht bösartig.

„Natürlich bin ich das. Was denkst du denn?“, unterbrach Jakotsu, der ihr offensichtlich ebenfalls nachgekommen war, ihre Beobachtungen und wirkte seltsam verwirrt. Beide Frauen und der Dämon wandten sich ihm zu, auch wenn er die Blicke der Hime und des Kitsunen nicht bemerkte. Anscheinend konnte der Transvestit die Beiden weder sehen noch wahrnehmen.

„Naja, nicht mehr. Ich bestehe nur noch aus Kirschblüten wie es einst mein Wunsch war“, antwortete die Prinzessin noch immer lächelnd, jedoch klang sie nun wehmütig. Der Fuchsgeist glitt durch die Luft – offenbar neugierig, umschwebte sie schon beinahe majestätisch, auch wenn er recht klein war. Sie streckte ihre Hand aus und berührte sachte sein seidiges Fell mit einem, wie sie wusste, sehr erstaunten Gesichtsausdruck, während der cremefarbene Kitsune – sie wusste nicht, ob er einer war – nicht zurückzuckte. Ihr schwarzhaariger Begleiter sah nun noch verwirrter aus, blickte sie an als hätte sie einen Aussetzer oder etwas Ähnliches, weil sie ohne für ihn sichtbaren Grund die Hand ausstreckte. Hektisch senkte sie sie. „Und wer seid Ihr?“

„Eine... Priesterin, Hime-sama. Aber... was hält Euch hier?“, fragte Akira leise, kam gleich zu ihrer ursprünglichen Frage. Sie wollte nicht unhöflich sein – 'Wie Bankotsu es wäre...', schoss ihr durch den Kopf. Die junge Frau wollte der Prinzessin nur so schnell wie möglich helfen, denn wie sie aus irgendeinem Grund wusste, war die Hime längst verstorben, hatte ihren Frieden jedoch noch nicht gefunden. Der Transvestit trat ihr direkt ins Sichtfeld und winkte mit einer Hand vor ihrem Gesicht herum.

„Mit wem zur Hölle redest du da?“ Er schien sich mittlerweile wirklich Sorgen um sie zu machen. Daher schenkte sie ihm ein beruhigendes Lächeln und wollte gerade antworten, als der Geist der Frau seine Aufmerksamkeit auf etwas hinter ihnen richtete, während er nun fast fassungslos wirkte. Jakotsu holte erschrocken Luft, als er seinen besten Freund hinter sich erblickte und dieser noch schlechter gelaunt wirkte als vorher. Auch Akira durchfuhr eine Welle des schlechten Gewissens.

„Shinnosuke...“, hauchte die Hime nur, ihre Augen gefüllt mit Tränen.
 

[Bankotsu]

„Ihr Zwei seid echt unmöglich. Warum zum Henker streunt ihr hier im Schloss herum, OBWOHL wir uns bei Sonnenuntergang treffen wollten?!“, wetterte er aufgebracht und starrte seine zwei Freunde beinahe nieder. Jakotsu kratzte sich verlegen am Hinterkopf und warf ab und zu verstohlene – und wenn er sich nicht täuschte, besorgte – Blicke zu dem Kupferhaarigen. Letzterer hingegen blickte immer wieder über seine Schulter und schien dabei etwas im Auge zu behalten. Misstrauisch schaute er in dieselbe Richtung, doch dort war nichts zu erkennen. Es war noch nicht mal eine besondere Präsenz spürbar. „Und warum schaust du mir nicht in die Augen oder bist du zu verlegen, Kleiner?“

„Weißt du, Aniki, ich wollte nicht, dass...“, begann Jakotsu zögernd, doch Bankotsu unterbrach in unwirsch und winkte schnell ab.

„Du bist hier nicht das Problem, sondern er.“, grollte der junge Anführer, während er sich bemühte, seinen besten Freund nicht übermäßig maßzuregeln. Dennoch legte der Transvestit nur seinen Kopf leicht schief und wartete ab. Er schien Bankotsus Wut nicht allzu übel zu nehmen. Vielleicht nahm er sie nicht einmal ernst. „Jakotsu...“

„Jaja, ich weiß schon. Sei nicht allzu streng, immerhin...“, antwortete der Transvestit, warf Akira jedoch nur einen weiteren besorgten Blick zu und machte keine Anstalten, sich zurückzuziehen.

„Jakotsu!“



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