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Lucky

A Very Glee Year at Hogwarts
von

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To be coming home again

Maren spürte ihre Blicke und hörte sie hinter ihrem Rücken tuscheln. Die Augen der gesamten Schule schienen auf sie gerichtet zu sein, doch sie versuchte es mit Fassung zu tragen. Ihren Kopf hoch erhoben, die langen blonden Haare zu einem Pferdeschwanz gebunden und bereits in ihre Uniform gekleidet, tat sie so, als könne sie kein Wässerchen trüben und lächelte schwach. Nur Felix, der beschützend einen Arm um ihre Schulter gelegt hatte, konnte das leichte Zittern spüren, das ihren Körper wellenartig erfasste. Und Esther, die Marens linke Hand seit der Abfahrt fest umklammert hielt, fühlte deren unübliche Kälte in ihrer eigenen.

Als sie geschlossen in den Zug stiegen und Pauline das Schlusslicht bildete allzu hartnäckige Gaffer mit bösen Blicken bedachte, hatte Maren die Gelegenheit, einen unauffälligen Blick über ihre Schulter zu werfen. Niemand zeigte mit dem Finger auf sie und es waren nicht einmal übermäßig viele Augen auf sie gerichtet. Denn in dem Moment, als sie bemerkten, dass Maren sie beobachtete, verbreitete sich unter ihren Mitschülern ein peinlich berührtes Schweigen. Doch im nächsten zog Esther sie mit ins Innere des Zuges und Maren meinte sofort wieder hören zu können, wie das Getuschel an genau der Stelle aufgenommen wurde, an der sie es für kurze Zeit unterbrochen hatten.

Der Zug war fast komplett leer, da sie sofort eingestiegen waren, sobald der Zug eingefahren war und die Türen sich geöffnet hatten. Dennoch war Pauline, die sich in der Zwischenzeit vorgedrängelt und die Führung übernommen hatte, mit keinem der Abteile zufrieden. Als sie schließlich fast das andere Ende des Zuges erreicht hatten, wollte Esther gerade zu einer Beschwerde ansetzen, als Pauline verkündete: „Das hier ist perfekt!” Esther wandte sich zu Maren und verdrehte die Augen, konnte ihrer großen Schwester jedoch nur ein schwaches, mechanisches Lächeln entlocken.

Eine Weile standen sie alle vier unentschlossen in ihrem Abteil, bis Maren sich räusperte, weil sie fürchtete, dass ihr die Stimme versagen würde, und erklärte: „Geht ihr ruhig zu euren Freunden. Ich komme schon alleine klar.” Sie gab sich alle Mühe, sich nicht über Zweifel und Sorge in den Gesichtern ihrer Geschwister aufzuregen, stattdessen schaffte sie ein breites Lächeln, das Zuversicht und Gleichmut ausstrahlte. Sie wusste, wie dieses Lächeln aussah, weil sie während der Sommerferien Tage vor dem Spiegel geübt hatte. Es hatte ihr den Einstieg ins neue Schuljahr erleichtern sollen, doch momentan verspürte sie keinerlei Ambitionen, sich wieder unter Leute zu mischen. Alles was sie wollte, war sich mit angezogenen Beinen auf einen der Fenstersitze zu setzen und sich in der vorbeigleitenden Landschaft zu verlieren.

Sie machte eine scheuchende Handbewegung und endlich setzten sich ihre Schwestern in Bewegung. Sie warfen ihr noch den ein oder anderen entschuldigenden Blick zu, doch Maren stemmte die Hände in die Hüfte und zog die Augenbrauen hoch. Dann drehte sie sich zu Felix, der sich nicht vom Fleck gerührt hatte.

„Vergiss es!”, sagte er entschlossen, bevor Maren auch nur den Mund öffnen konnte. Einen Augenblick führten sie einen stillen Kampf. Sie war genauso groß wie er, sodass sie ihm direkt in die Augen sehen konnte, die genau den gleichen Blauton hatten wie ihre. Sie waren Zwillinge und ihn konnte sie nicht täuschen. Eigentlich wollte sie ihn auch gar nicht loswerden.

Sie zuckte mit den Schultern und nahm ihren Koffer, um ihn auf die Ablage über ihnen zu heben. Natürlich kam Felix ihr zu Hilfe und gemeinsam verstauten sie ihr Gepäck.

„Sie werden bald aufhören zu reden. Bald passiert irgendetwas Interessanteres und dann lassen sie dich in Ruhe”, sagte Felix im Brustton der Überzeugung und fast glaubte Maren ihm.

„Ich will es zurück.” Als sie antwortete, sah sie ihrem Bruder nicht in die Augen, sondern sprach mit seiner Schulter. Er trug noch keine Uniform und sein weiches Sweatshirt lud sie praktisch dazu ein, das Gesicht dort zu vergraben. Aber in der Zwischenzeit hatten sich immer mehr Schüler in den Zug begeben und passierten laufend die Glastüren des Abteils.

Es hätte ein falsches Zeichen der Schwäche gesetzt und Maren konnte es sich nicht leisten, schwach zu erscheinen. Ihre Mitschüler erwarteten ohnehin das labile und launische Mädchen und sie konnte es sich nicht leisten, den einen ersten Eindruck zu vermasseln, den sie heute hinterlassen würde.

„Mein altes Leben”, fügte Maren unnötigerweise hinzu, denn Felix hatte sie auch so verstanden. Er wusste, dass sie ihren Freundeskreis, ihr Image als Musterschülerin, ihre Position im Quidditchteam und vieles mehr meinte. Er seufzte tief und gab seinem Koffer einen letzten Stoß, sodass er auf die Ablage rutschte. Sein Seufzen ließ Maren kalte Schauer über den Rücken laufen, doch erst seine Antwort brach ihr das Herz.

„Ich weiß.”

Dass nicht einmal Felix, ihr höchst motivierter und optimistisch denkender Zwillingsbruder, tröstende Worte fand, machte ihr schwer zu schaffen. Sie schluckte, doch der Kloß in ihrem Hals löste sich nicht.

Langsam setzte sich der Zug in Bewegung. Auf einmal wollte sie das Abteil so schnell wie möglich verlassen. Na toll, dachte sie, offensichtlich hatte sie die Stimmungsschwankungen doch nicht hinter sich. Aber andererseits konnte sie die erste Begegnung mit ihren ehemaligen Freunden und Klassenkameraden so schnell wie möglich hinter sich bringen.

Sie zog an ihrem Rock und strich ihre Bluse glatt. „Ich gehe mich umsehen. Wie sehe ich aus?” Es war eher eine rhetorische Frage, hatte Maren doch heute morgen selbst dafür gesorgt, dass es an ihrem Äußeren nichts auszusetzen gab. Sie trug die engste Bluse, die sie hatte finden können, um ihren Mitschülern keinen Anlass zu Gerüchten zu geben, ihre Figur wäre nicht mehr so wie am Anfang des letzten Schuljahres. Ihre Gryffindorkrawatte war faltenfrei und hing nicht zu eng um ihren Hals. Die Haare hatte sie in einem Pferdeschwanz geschlossen wie es für eine Quidditchspielerin üblich und auch nötig war. Einzig ihre bleiche Gesichtsfarbe war ein wenig ungewöhnlich, doch auch das hatte sie zu überdecken versucht.

„Ein bisschen viel Rouge vielleicht”, antwortete Felix schmunzelnd und fuhr vorsichtig mit dem Daumen über ihre Wangenknochen. „So. Perfekt!”

Sie nickte und drückte kurz seine Hand, bevor sie die Abteiltür öffnete und auf den Gang hinaustrat.

Sie war noch nicht sehr weit gekommen, als sie sich an einem Jungen vorbeiquetschen musste, der aus unerfindlichen Gründen mit seinem Koffer mitten im Weg stand. Eine Entschuldigung murmelnd, wollte sie eigentlich gerade ihren Weg fortsetzen, als sie ihren Namen hörte. Sie drehte sich um und sah den Typen an, der sie mit perlweißen Zähnen angrinste.

„Hey Maren, erkennst du mich etwa nicht mehr?”, sagte er und legte den Kopf schief. Im ersten Moment erkannte sie ihn tatsächlich nicht. Er trug für den englischen Herbst völlig unpassende hellblaue Bermuda-Shorts mit Wellenmuster, doch dafür einen dicken Wollpulli mit einem roten F darauf. Seine Haut, die normalerweise die Farbe von Milchkaffee hatte, war fast so dunkel wie Zartbitterschokolade. Am meisten brachten sie allerdings seine Haare aus dem Konzept. Er hatte sie in einem Wasserstoffblond gefärbt, was nach Marens Ansicht mehr als unvorteilhaft aussah.

Dennoch, den Blick, mit dem er sie aus dunkeln Knopfaugen bedachte, hätte sie überall wiedererkannt.

„Fred Weasley”, sagte sie nicht wenig erstaunt. Jetzt fiel ihr wieder ein, dass er sich ein Auslandsjahr gegönnt hatte. Offensichtlich war es dort sehr sonnig, doch leider wollte ihr nicht mehr einfallen, wohin er gegangen war. Sie erinnerte sich, dass sie sich ganz furchtbar darüber aufgeregt hatte, schließlich waren sie gute Freunde und beinahe mehr gewesen, als er ihr von einem Tag auf den anderen mitgeteilt hatte, dass er ihr sechstes Schuljahr wo auch immer verbringen würde. Wie weit entfernt und unwichtig erschien das jetzt, da das vergangene Jahr eine solche Katastrophe gewesen war.

„Wie war das Jahr in Malibu?”, fragte sie und nannte auf gut Glück einen sonnigen Ort.

„Massachusetts”, erwiderte er lässig und Maren nickte wieder. Immerhin hatte sie den Kontinent richtig erraten.

„Es war fantastisch. Aber warum kommst du nicht zu uns in Abteil? Dann können wir uns ganz in Ruhe darüber austauschen, was wir beide so verpasst haben.” Er deutete auf das Abteil, vor dem er den Gang blockierte, und Maren konnte erkennen, dass ihre Schwester Pauline und James Potter dort saßen und die beiden argwöhnisch beobachten.

„Nein, danke”, antwortete Maren kühl. Sie hatte keine Lust, die Ereignisse des vergangenen Jahres noch einmal durchzukauen und sich dabei Freds neu gewonnenen Akzent anzutun. Bestimmt hatte er jede Menge lustige Anekdoten zu erzählen, von denen keine eine Schwangerschaft beinhaltete. Sie drehte sich weg und machte sich auf die Suche nach ihrer besten Freundin Clara.

So unhöflich hatte Fred Maren gar nicht in Erinnerung. Er hatte zwar nicht erwartet, dass sie ihm um den Hals fiel, aber dass sie um der alten Zeiten willen ein paar Minuten ihrer Zeit opferte, war doch nicht zu viel verlangt, oder?

„Du bist doch nicht etwa immer noch sauer?”, rief er ihr deswegen hinterher, als sie sich bereits abgewandt hatte.

Sie drehte sich halb zu ihm und der Anflug ihres alten, liebenswürdigen Lächelns lag auf ihren Lippen. Einen Moment lang schien sie zu überlegen. „Nein”, sagte sie dann bestimmt.

Maren war ehrlich. Schon immer gewesen. Dennoch konnte sich Fred ihre plötzliche, abweisende Art nicht erklären. „Was ist dann das Problem?”, fragte er.

Diesmal zögerte sie nicht, bevor sie antwortete. „Wir haben uns einfach nichts weiter zu sagen.”

Noch immer völlig verblüfft öffnete er die Tür seines Abteils. Wenn er ihr hätte hinterherlaufen wollen, hätte er seinen Koffer zurücklassen müssen. Abgesehen davon würden sie im Laufe des Jahres noch einige Gelegenheiten haben, sich auszusprechen.

„Ihr glaubt nicht, wer mir gerade über den Weg gelaufen ist”, sagte Fred kopfschüttelnd, obwohl er genau wusste, dass Pauline und James sie beobachtet hatten. „Und sich wie die Oberharpyie vom Dienst aufgeführt hat. Ehrlich mal, welche Doxy ist der denn durchs Gehirn geschwirrt?” Es brauchte nicht viel Feingefühl, um die Mienen seiner beiden Freunde zu entschlüsseln, und Fred wusste, dass er ins Fettnäpfchen getreten war. Er seufzte tief und ließ sich neben James in einen Sitz fallen. „Okay, was habe ich verpasst?”, verlangte er zu wissen. Erwartungsvoll sah er Pauline an, die über sämtlichen Tratsch in der Schule Bescheid wusste und diesen normalerweise mit Freuden weiterverbreitete, doch dieses Mal biss sie sich auf die Unterlippe und sah James bittend an.

Dieser schien ebenfalls nicht übermäßig begeistert, knickte aber letztlich ein.

„Also... Maren hatte kein sonderlich schönes Jahr”, begann er sich sichtlich unwohl fühlend. Doch dann schwieg er wieder und Fred hakte spöttisch nach: „Na was? Hat Gryffindor den Hauspokal verloren? Hat sie nur ein Annehmbar in Verwandlung bekommen?” Fred ahnte sehr wohl, dass er sich wahrscheinlich nur tiefer hineinritt und es in ein paar Sekunden höchstwahrscheinlich bereuen würde, aber seine Freunde zierten sich dermaßen, dass die Spannung unerträglich war.

„Mann, das ist nicht so einfach. Ich suche nach der passenden Formulierung”, stöhnte James und fuhr sich verzweifelt durch die braunen Locken. Pauline stützte sich mit den Ellenbogen auf ihren Oberschenkeln ab und sagte: „Es gibt keine Schonversion dazu.” Dann sah sie Fred direkt in die Augen und sagte ganz sachlich: „Maren hat ein Kind bekommen.” Der syntaktisch so einfache Satz brauchte eine Weile, um in Freds Gehirn anzukommen.

„Ein Kind?”, echote er stupide, „aber...wieso?”

Pauline wiegte ihren Kopf hin und her. „Naja, gewünscht hat sie es sich nicht. Und wie sie an das Kind gekommen ist, weißt du wohl zu Genüge.

„Aber wer?”, fragte Fred weiter. Sein Gehirn verarbeitete die neuen Informationen unglaublich langsam, dann fügte er einen weiteren Satz hinzu: „Sie hatte doch gar keinen Freund.”

„Stimmt”, schaltete sich James ein, der froh schien auch mal etwas beantworten zu können, „niemand weiß, wer der Vater ist. Oder hat sie es euch inzwischen erzählt, Line?“

Pauline warf ihm einen vernichtenden Blick zu. „Wenn, dann würde ich es dir bestimmt nicht erzählen. Jedenfalls hat die Schwangerschaft so ziemlich Marens Leben ruiniert. Am Anfang hat sie natürlich versucht es geheim zu halten, aber dann hat sie es Felix erzählt, und irgendwann war es natürlich nicht mehr zu übersehen. Aus irgendeinem bescheuerten Grund haben sich die meisten ihrer "Freunde" von ihr abgewandt. Als hätte sie eine ansteckende Krankheit oder so. Dann wurde sie aus dem Team geworfen, da konnte selbst Felix nichts mehr tun, weil es ja auch gefährlich für sie war. Aber eure Hauslehrerin hat keinen Hehl daraus gemacht, dass Maren eine Enttäuschung war. Zum Glück haben Mum und Dad einigermaßen gelassen reagiert. Und jetzt versucht sie, die ganze Sache so schnell wie möglich hinter sich zu lassen, aber ich glaube nicht, dass die anderen sie das so schnell vergessen lassen werden. Jetzt kannst du vielleicht verstehen, warum sie nicht mit dir über das letzte Jahr quatschen wollte”, schloss Pauline und lehnte sich zurück. Obwohl Fred noch jede Menge Fragen auf der Zunge lagen, verstand er, dass das Thema für Pauline erledigt war. Es war nur fair, dass er, wenn er mehr Informationen wollte, mit Maren selbst reden musste. Es sah so aus, als hätte er einiges wiedergutzumachen.

To have been where I have been

Die Gelegenheit kam früher als gedacht.

Am nächsten Morgen, noch bevor der Unterricht begonnen hatte, war er auf den Gängen von Hogwarts unterwegs. Das lag unter anderem daran, dass das viele Reisen in den Sommerferien seinen Biorhythmus völlig durcheinander gebracht hatte. Von Salem aus war er mit einem kurzen Zwischenstopp in London, um seine Familie abzuholen, an die Westküste der USA gereist, um in Kalifornien Urlaub zu machen. Nach einem Streit seiner Eltern hatte er beschlossen, kurzfristig mit James durch Europa zu reisen, um kurz vor Beginn des Schuljahres wieder zu Hause aufzutauchen.

Als er am Aushang vor der Großen Halle das Angebot der Wahlkurse dieses Schuljahres studierte, geschah es. Er hörte jemanden kichernd um die Ecke biegen und warf einen Blick über seine Schulter. Als nächstes spürte er wie etwas kaltes, halb flüssig, halb gefrorenes an seinem Gesicht hinunterlief und in seinen Augen brannte. Fluchend beugte er sich vornüber und versuchte seinen Angreifer zu packen, doch der war schon längst wieder außer Reichweite. Dann zischte jemand ganz nah an seinem Ohr: „Willkommen zurück, Weasley! Gewöhn’ dich schon mal dran.“

Fred schlug noch einmal blindlings in die Richtung, aus der die Stimme kam, aber er erwischte niemanden. „Verdammter Mistkerl“, knurrte er, während er zu identifizieren versuchte, mit was er beworfen worden war. Nicht ohne Ironie stellte er fest, dass es sich um eines der selbstentworfenen Mixgetränke des Ladens seines Vaters handelte. Eigentlich dazu gedacht, Zunge und Mundhöhle zu verfärben, wurden sie in den falschen Händen zu einer eiskalten Farbdusche.

„Der Heidelbeer-Geschmack ist am schlimmsten“, sagte sie plötzlich. Als er blinzelte, konnte er erkennen, dass Maren neben ihm stand. Sie zog ein Taschentuch aus ihrer Umhangtasche und wischte über seine Stirn. Dann hielt sie inne und drückte ihm das Tuch in die offene Hand. „Einmal im Sommer hatte ich keinen schützenden Umhang an. Ich sah aus wie einer von den Meermenschen aus dem See.“

“Ich war wegen den Meermenschen sechsmal im Arcadia-Nationalpark“, anwortete Fred ohne nachzudenken. Aus den Augenwinkeln sah er Maren die Augenbrauen heben. „Oh...“, sagte sie unsicher.

„Wer war das? Das war keiner von Scorpius Malfoys Gruppe“, fragte Fred, während er versuchte, sein Gesicht zu säubern ohne sich noch mehr in die Augen zu reiben. Maren lachte hohl. „Man merkt, dass du ein ganzes Jahr verpasst hast. Scorpius hat seine Vormachtstellung eingebüßt. Gibt eine Menge Gerüchte wieso, aber wahrscheinlich hatte er einfach keine Lust mehr und hat das Zepter weitergeben. Sein Nachfolger, Rafael Finnigan, hat doch eindeutig „witzigere“ Ideen als er.“ Ihre Stimme triefte vor Ironie, dann wandte sie sich dem Aushang zu. „Ich vermute, er hat gedacht, du wolltest dich für den Show-Chor eintragen.“

Fred, immer noch mit rot gefärbtem Gesicht, aber bedeutend weniger nass, erwiderte mit einem grimmigen Blick auf die Bewerberliste: „Hatte ich eigentlich nicht vor, aber wenn das so ist...“ Er nahm sich die dort hängende Feder und schrieb seinen Namen hinein. Nach einem kurzen Innehalten trug er auch Marens Namen ein.

Sie warf ihm einen genervten Blick zu. „Lass das. Ich mache doch schon Quidditch.“

„Bist du schon im Team?“, fragte er, wohl wissend, dass die Auswahlspiele am Ende der Woche stattfinden würden. „Soweit ich weiß, singst du gerne. Außerdem braucht man immer einen Plan B.“

In ihren Augen flackerte Unsicherheit auf. „Ich nicht...“, sagte sie wenig überzeugend.

“Lor menari“, sagte Fred grinsend.

„Wie bitte?“, sagte Maren und schüttelte den Kopf. Fred war wirklich unberechenbar, aber dass er in einer Fantasiesprache redete, war bisher noch nie geschehen.

Das heißt, du hast hübsche Augen. Auf Meerisch“, fügte er hinzu, als er bemerkte, dass Maren ihm nicht folgen konnte.

Sie verdrehte die Augen. „Na gut, ich komme mit. Eine Schnupperstunde kann ja nicht schaden“, stimmte sie zu, dann setzte sie hinzu: „Aber nicht wegen des Meerisch. Ganz und gar nicht wegen des Meerisch.“ Kopfschüttelnd zog sie von dannen.

Innerhalb von wenigen Minuten hatte sie ihr eigentliches Ziel erreicht, das Büro von Professor McEaster, ihres Zeichens Fluglehrerin von Hogwarts sowie Hauslehrerin von Gryffindor.

Doch kaum hatte sie den Raum betreten, als ihre Lehrerin lautstark „Kommt nicht in Frage!“ rief. Maren hatte noch nicht einmal den Mund geöffnet, doch sie hatte nicht vor, so leicht aufzugeben. Sie kannte ihren Flugcoach und wusste, dass es nicht einfach werden würde. Deswegen sagte sie: Bitte, Professor, hören Sie mich an!

„Nein“, kam die knappe Antwort und kurz darauf kratzte eine Feder über Papier. „Du hast mein Vertrauen missbraucht. Wir haben die Hausmeisterschaft knapp verpasst, nur weil du so egoistisch und schwanger sein musstest.“

Maren gab ihr bestes, dieser unfairen Bemerkung nicht zu widersprechen. Sie musste sich auf ihr Ziel konzentrieren. „Und genau deshalb brauchen Sie mich wieder im Team. Roxanne ist unsicher, sie arbeitet nicht mit den anderen Jägerinnen zusammen. Wenn Sie die Meisterschaft nicht noch einmal verlieren wollen, müssen Sie mich spielen lassen.“

Die Feder hielt inne. Sie hatte McEasters Aufmerksamkeit.

„Die Auswahlspiele sind erst am Freitag und dein Bruder ist der Kapitän. Wenn du wirklich so gut bist, warum brauchst du dann meine Unterstützung?“, fragte sie und sah Maren zum ersten Mal direkt an.

„Felix macht sich Sorgen um mich. Er wird mich erst spielen lassen, wenn Sie Ihr Okay geben. Außerdem kann ich nicht das ganze Jahr damit verschwenden, mich Ihnen zu beweisen. Ich muss Quidditch spielen.“

Professor McEaster nickte und Maren wusste, dass sie es geschafft hatte. Ohne ein weiteres Wort verließ sie mit einem neuen Hochgefühl das Büro, um endlich in der Großen Halle frühstücken zu gehen. Schritt eins ihres neuen alten Plans war aufgegangen.
 

***
 

Am Mittwoch überredete sie Clara nach einer Doppelstunde Verwandlung am Nachmittag mit zum Chor-Treffen zu gehen. Sie waren bereits sieben Minuten zu spät, doch es waren noch eine Menge Stühle frei. Fred war noch nicht dort, obwohl er vor ihnen den Klassenraum verlassen hatte, aber zu ihrer Überraschung hatten sich sowohl Felix als auch Roxanne und Dominique im Raum eingefunden.

Sie winkte Felix, der sich gerade mit einer Slytherin-Schülerin aus einem jüngeren Jahrgang unterhielt, die mindestens zwei Köpfe kleiner als er war.

„Maren, Clara, was macht ihr denn hier?“, fragte er verblüfft, als sie sich neben ihn setzten. „Rafael hat Fred überredet, der Maren überredet hat, die wiederum mich gezwungen hat, hierher mitzukommen. Dasselbe könnte man allerdings dich fragen. Seit wann stehst du auf Singen und Tanzen?“, entgegnete Clara beiläufig. Bevor Felix eine Erklärung stammeln konnte, trat Professor Mueller gleichzeitig mit Fred ein.

„Wie ich sehe, haben wir eine Menge neue Mitglieder. Das dort drüben ist Fred“, sagte er und deutete auf Fred, der sich neben das dunkelhaarige Slytherin-Mädchen setzte, „und eine von euch muss Maren sein, aber wer ist denn nun unser Überraschungsgast?“ Clara nannte hastig ihren Namen und erklärte, dass sie nur zur Unterstützung hier sei und auf gar keinen Fall ein Lied vortragen würde.

Professor Mueller lachte. „Trotzdem ein herzliches Willkommen!“ Er klatschte und der Rest stimmte verhalten mit ein.

„Nun dann, lasst uns keine Zeit verschwenden“, fuhr er fort und zeichnete sogleich in großen glitzernden Buchstaben „DUETTE“ in die Luft, „was ist ein Duett?“

Die Stunden schienen immer so zu beginnen, denn keiner meldete sich und Professor Mueller sprach fast augenblicklich selbst weiter: „Bei einem Duett vereinen sich zwei Gesangsstimmen zu einer. Großartige Duette sind wie eine gut funktionierende Ehe. Die Sänger komplementieren sich, bringen sich dazu, sich zu verbessern. Nur einige Menschen schaffen es, ein Duett zu einem echten Erlebnis werden zu lassen. Doch egal wie, es muss authentisch und gelebt rüberkommen. Und das ist es, worauf es bei einem Duett ankommt.“

Maren ahnte, worauf dies hinauslief, und fragte sich, ob er womöglich instinktiv auf Claras Ansprache reagiert hatte oder ob dies von langer Hand geplant und rein zufällig Thema dieser Woche war.

„Und als kleinen Anreiz für alle, die noch halb in den Ferien stecken, oder ein wenig unsicher sind“, er zwinkerte Clara zu, „machen wir daraus einen Wettbewerb. Die Gewinner bekommen ein Dinner für zwei. Und ich bezahle. Im BreadStiX. An einem Abend eurer Wahl.“

Die Erwähnung des beliebtesten Restaurants in ganz Hogsmeade und die Aussicht auf einen irregulären Abendausflug brachten Leben in die kleine Gruppe. Selbst Clara, die nur Maren zuliebe dem Treffen zugestimmt hatte, klatschte begeistert in die Hände.

Maren sah zur Seite und wollte ihrem Bruder einen fragenden Blick zuwerfen, ob er ihr Partner sein wollte, als sie bemerkte, dass er bereits mit dem Slytherin-Mädchen diskutierte. Unwillkürlich tauchte in ihrem Kopf die Frage auf, ob sie etwas in Felix’ Liebesleben verpasst hatte. Sie drehte sich um, um Clara zu fragen, doch die war bereits zwei Plätze weiter gehüpft, um einen Blick in die Songauswahl von Louis Weasley zu werfen.

Maren zuckte mit den Schultern und kritzelte ein wenig in ihrem vorsichtshalber herausgeholten und völlig sinnlosen Block herum, als sie bemerkte, dass sie jemand betrachtete. Sie brauchte sich nicht umzusehen, sie wusste, dass es sich dabei um Fred handelte.

Maren ignorierte ihn den Rest der Stunde. Er musste schon selbst fragen, wenn er mit ihr ein Duett singen wollte. So dringend wollte sie nun auch nicht nach Hogsmeade. Fast so schnell wie eine Trainingsstunde verflog die Zeit im Chorraum. Nach ein paar Aufwärmübungen versuchten sie sich an einem Song, der Esther sehr gut gefallen hätte. Es war ein Muggelschlager aus den Jugendjahren ihrer Eltern.

Es entbrannte eine Diskussion, um die weibliche Hauptstimme. Sowohl Roxanne als auch das Slytherin-Mädchen, das Polly hieß, was Maren nebenbei registrierte, als Roxanne ihren Namen fauchte, hatten sich beide in den Kopf gesetzt, dass sie diese verdienten.

Der Divenkampf vor ihrer Nase interessierte Maren recht wenig. Stattdessen stützte sie sich auf ihre Ellenbogen und starrte abwesend ins Nichts.

Ihr Blick fiel zufällig auf ein Modell des Sonnensystems, das sich langsam um sich selbst drehte, und augenblicklich wurde sie schläfrig. Es erinnerte sie an das Mobile, das über ihrem Kinderbett geschwebt hatte. Zum Glück setzte sich in diesem Moment jemand neben sie, sonst wäre sie vermutlich im Unterricht eingeschlafen.

“Das ist Venus, Planet der Liebe”, meinte Fred und zeigte auf eine rotbraune Kugel mit weißen Schlieren. „Nein“, widersprach Maren energisch und verdrehte die Augen, „das ist Mars, Planet des Krieges!

Fred schien sein Fehler das gar nicht zu stören. Ganz im Gegenteil, er sah ihr in die Augen und fragte: „Und auf welchem sind wir?

Maren stand auf und stellte sich mit verschränkten Armen ihm gegenüber. „Auf der Erde. Komm doch wieder zurück auf dieselbe und sag mir, was du wirklich von mir willst“, antwortete sie und sah ihn abschätzend an.

„Du brauchst einen Duett-Partner und ich würde mich glücklich schätzen, mit dir zu singen“, sagte er lächelnd.

„Sag mir, wieso sollten wir beide zusammen singen?“, fragte Maren.

Bevor sie reagieren konnte, war er aufgesprungen und zog sie in die Ecke mit den Musikinstrumenten.

„Das Lied können wir uns später aussuchen, aber für die Choreo habe ich schon was im Kopf“, erwähnte Fred voller Elan und begann auf einer Gitarre zu spielen. Nichts Konkretes oder Kompliziertes, einfach nur simple Akkorde, die beinahe von den anderen übenden Paaren übertönt wurden. „Du wirst hinter mir stehen“, schlug er vor und als er merkte, dass sie schmunzelnd den Kopf schüttelte, fügte er weicher hinzu: „Los, hinter mich.“ Maren ließ ihn nicht aus den Augen und achtete darauf, genügend Abstand zwischen ihr und Fred zu lassen, was aber durch seine nächste Anweisung zunichte gemacht wurde: „Hand an meine Hüfte... und gemeinsam schaukeln“. Maren schnaubte belustigt, doch Fred sah sie ernst an, so dass sie sich auf die Lippe biss und die Hand auf seine Schulter legte. Offensichtlich damit zufrieden nahm er ihre andere Hand und legte sie sanft auf die Saiten. „Ich weiß, du kannst nicht spielen, aber das musst du auch nicht wirklich. Mach einfach immer diese Bewegung.“

Er führte ihre Hand in seiner und es dauerte nicht lange, bis Maren die Bewegung verinnerlicht hatte. Sie konnte nicht anders und kicherte leise. Sie begann Gefallen an dieser Duett-Aufgabe und an der bekannten Vertrautheit zwischen ihr und Fred zu finden.

Als sie vom Gitarrenhals aufsah, bemerkte sie, wie nah sie sich waren. Fred sah sie so liebevoll an, dass sie wusste, was als nächstes passieren würde.

Dennoch machte sie erst ein paar Schritte zurück, als sich ihre Nasenspitzen berühren konnten. „Lass das“, sagte sie ein wenig zu ärgerlich und hob abwehrend die Hände.

„Es tut-“, setzte Fred an, doch Maren war nicht bereit sich seine Entschuldigung anzuhören. “Dieses Jahr wird mein Jahr. Und sag jetzt nicht, das wäre selbstsüchtig, weil du echt keinen Schimmer hast, was hinter mir liegt. Ich habe das alles schon durchmachen dürfen. Ich kenne das Gefühl. So als bräuchte ich dich.“

Sie stopfte ihren Block zurück in die Tasche und wollte gerade das Zimmer verlassen, als Fred ihr den Weg versperrte. „Maren, komm schon, das wollte ich nicht“, sagte er, „ich verspreche-“

Wieder unterbrach sie ihn. „Du musst nichts versprechen, ich komme nämlich bestimmt nicht wieder. Es war sowieso eine blöde Idee.“ Sie warf einen verächtlichen Blick in den Chorraum. „Ich bin keine Sängerin und ich brauche keinen Chor.“

Sie schob sich an ihm vorbei, was er ungehindert geschehen ließ, und verließ den Raum. Da in diesem Moment die Glocke das Stundenende verkündete, fiel niemandem Marens Abgang auf. Sekunden später füllte sich der Gang mit lärmenden Schülermassen, die Maren und eine einsame Träne verschluckten.

I'm in love with my best friend

„Du hast es geschafft!“ Esther fiel ihrer großen Schwester jubelnd um den Hals. „Wir werden das beste Jägertrio, das Hogwarts je gesehen hat!“

Maren konnte vor Erleichterung den Blick nicht von dem Pergament am Schwarzen Brett im Gemeinschaftssaal nehmen. Die Auswahlspiele hatten diesen Nachmittag stattgefunden und obwohl sie wusste, dass sie sehr gut gespielt hatte, konnte sie es immer noch nicht glauben. Sie hatte keine Ambitionen, den Zauberersport später einmal professionell zu machen wie es der Traum ihres Bruders war, aber ihre Aufnahme ins Team bewies, dass sie auf dem richtigen Weg war. Als hätte es das vergangene Jahr nie gegeben.

Felix klopfte ihr auf die Schulter und strahlte über das ganze Gesicht. Auch wenn er es nie zugegeben hätte, war er, was die Aufstellung betraf, nervös gewesen. Schlimm genug, dass er mit Lily und James anscheinend auf Starqualität setzte, aber dass er auch noch alle Familienmitglieder, die in seinem Haus waren, ins Team holte, hätte zu sehr nach Vetternwirtschaft ausgesehen. Zumindest in Marens Fall schienen seine Sorgen völlig unbegründet zu sein. Das halbe Haus wollte ihr persönlich gratulieren und Maren fühlte sich zum ersten Mal seit langer Zeit wieder aufgehoben im Gryffindor-Gemeinschaftssaal.

Erst als sie Roxannes Gesichtsausdruck sah, wusste sie, dass der Frieden nicht lange anhalten würde. Tatsächlich schubste Roxanne sie, kaum dass sie sie erreicht hatte, unsanft gegen die Wand. „Das ist alles deine Schuld!“, fauchte Roxanne und hob die Hände, um ihre Aktion zu wiederholen. Maren wollte sich wehren, doch Felix’ lange Arme hielten die beiden auseinander. „Maren hat fair gewonnen. Sie ist einfach besser geflogen, Roxanne, und das weißt du“, versuchte er den Streit zu schlichten.

„Wieso gab es denn überhaupt ein Auswahlverfahren für meine Jägerposition, he? Doch nur weil sie zu Professor McEaster gegangen ist und auf armes, schwangeres Mädchen gemacht hat, um das sich niemand sonst kümmert!“ Roxannne sah nicht so aus, als wolle sie nachgeben.

„Hey!“, warf Clara ein, „das ist nicht fair!“

Roxanne lachte. „Seht ihr? Ihr seid alle auf ihrer Seite. Ihr vergöttert sie geradezu. Sogar mein eigener Bruder, der gerade mal eine Woche wieder hier ist, hat sich schon Hals über Kopf in sie verliebt. Dabei hat sie doch nichts anderes gemacht als sich von dem großen Unbekannten schwängern zu lassen. Was genau ist denn so beeindruckend daran?“

Im Gemeinschaftsraum war es totenstill geworden und Felix warf seiner Zwillingsschwester einen warnenden Blick zu, doch Maren hatte bereits genug. „Du bist doch auch nicht besser“, gab sie wütend zurück. „Die ganze Schule weiß, dass du und Dominique mehr als Freunde seid. Nur du spielst dieses dämliche Versteckspiel und versteckst dich hinter bedeutungslosen Flirts. Wer so unsicher ist, hat in Gryffindor nichts verloren. Ein Wunder, dass Dominique nicht schon genug von dir hat“, spottete sie.

Roxanne fletschte unschön die Zähne und verdrehte Felix schmerzhaft den Arm, als er sie festhalten wollte. Sie stürzte sich auf Maren und scheuerte ihr eine.

“Du kannst mich nicht schlagen“, protestierte diese, doch Roxanne verschränkte nur achselzuckend die Arme. “Und wie ich das kann. Es sei denn, du bist wieder geschwängert worden, Schlampe!“

Bevor Maren sich versah, hatte sie Roxanne zu Boden geworfen und spürte ihre Fingernägel über ihre Wange kratzen. Ihre Gegnerin hatte eindeutig mehr Erfahrung im Zickenkampf, doch Maren wollte sich nicht unterkriegen lassen. Gerade hatte sie ihr ein Büschel Haare ausgerissen, als zwei starke Arme sie von ihr herunterrissen.

Sie schlug um sich, doch Fred dachte gar nicht daran, sie wieder los zu lassen.

„Hör schon auf! So bist du doch gar nicht!“, flüsterte er ihr eindringlich ins Ohr. Sie sah, wie James Roxanne festhielt, die sich ebenfalls nicht beruhigen wollte.

„Lass mich endlich in Ruhe, Fred“, brüllte Maren. „Ich weiß, wie gerne du mein Retter wärst, aber dazu kommst du leider zu spät. Ich brauche dich nicht. Was ich brauche, ist herauszufinden, wie ich mir Roxanne vom Hals halten kann.“ Er ließ sie los und Maren atmete tief durch. Ihr wurde bewusst, wie viele Leute sie beobachteten, und unwillkürlich strich sie sich die Haare glatt. Ihr Atem ging noch immer stoßweise, aber langsam beruhigte sie sich wieder. Mit einem bitteren Blick auf Roxanne in James’ Armen und auf Fred, der sie mit zusammengekniffenen Lippen ansah, fügte sie hinzu: „Und ich sollte lernen, wie man Leute nicht beachtet.“

Fred beobachtete zum dritten Mal in dieser Woche, wie Maren davonstürmte. Ihre beste Freundin Clara eilte ihr hinterher in den Schlafsaal der Siebtklässlerinnen.

Esther kümmerte sich um ihren Bruder, der sich immer noch mit schmerzverzerrtem Gesicht den Arm hielt, und schien ihn offensichtlich überreden zu wollen, die Krankenstation aufzusuchen.

James ließ Roxanne los, die Fred einen abschätzigen Blick zuwarf, und daraufhin durch das Porträtloch kletterte.

Fred ließ sich in den nächstbesten Sessel sinken und massierte seine Schläfen. Er bemerkte Felix erst, als dieser sich ebenfalls setzte und bestimmt zu Esther sagte: „Mir fehlt nichts. Ich muss nicht auf die Krankenstation.“

„Es ist vorbei, Felix. Ich habe es total vermasselt“, sagte Fred, nachdem Esther außer Hörweite war. „Ich hatte meine Chance und habe Maren nur noch weiter weg getrieben.“

„Als ich dich gebeten habe, Maren mit zum Chor zu bringen, ging es nicht darum, romantische Gefühle für dich zu wecken“, sagte Felix leise und eine Beschwerde schwang mit, „es hätte ihr helfen sollen, wieder zu sich selbst zu finden. Sie braucht Hilfe, auch wenn sie das nicht zugeben kann. Ich weiß, dass Singen deine Probleme nicht löst, aber immerhin vergisst du sie für eine Weile. Ich wollte, dass Maren diese Chance bekommt. Du wolltest eine Gelegenheit, dich mit ihr auszusprechen, deswegen habe ich sie dir gegeben.“ Felix stand auf und Fred schloss die Augen. Er wusste, dass er versagt hatte, und musste nicht in Felix’ Augen sehen, die voller Enttäuschung und genau wie Marens waren. Er wartete darauf, dass Felix sich zurückzog, doch als Fred vorsichtig blinzelte, stand er immer noch dort.

„Gib nicht so leicht auf, Kumpel“, sagte er freundlich und lächelte, „sie ist dem Duett nicht so abgelehnt, wie sie vorgibt zu sein.“

Fred seufzte. Er war nicht überzeugt. Maren hatte sich ziemlich klar ausgedrückt, als sie ihn zum zweiten Mal abwies. Sollte er es wirklich riskieren, sich ein drittes Mal zum Trottel zu machen?

Er starrte in das Feuer des Kamins, das auf magische Weise nie niederbrannte, und ließ die vergangenen Tage Revue passieren. Es war ein Fehler gewesen, sie küssen zu wollen, doch sie hatte eindeutig überreagiert.

Seine Schwester hatte Recht. Seit er wieder in Hogwarts war, lief er Maren Wood wie ein verliebter Welpe hinterher. Dabei wusste er, dass seine Gefühle für Maren nicht von einem Tag auf den anderen entstanden waren. Er erinnerte sich an diesen einen Sommerabend, den sie alle im Fuchsbau verbracht hatten. James war gerade 14 geworden und hatte unter der Bedingung, dass er das Gelände vor dem Fuchsbau nutzte, eine große Party feiern dürfen

Es gab einen Moment auf dieser Feier gegeben, da war sich Fred sicher gewesen, dass zwischen ihm und Maren mehr war als nur Freundschaft. Leider hatte er den Moment verstreichen lassen. James war gekommen, um Maren zum Tanzen zu bewegen.

Als Fred gestern gesehen hatte, wie Maren lachte, war er unweigerlich zurück an diesen Abend katapultiert worden und wollte unbedingt nachholen, was er damals verpasst hatte.

Er schloss die Augen und legte den Kopf in den Nacken. Felix lag völlig richtig. Maren musste der Musik noch eine Chance geben.

Gerade wollte er aufstehen, als sich jemand in den Sessel sinken ließ, der vorhin von Felix besetzt worden war.

Es war Maren, die ihn entschuldigend anlächelte. Ihre Hand spielte mit ihrem blauen Sternenanhänger an ihrem Hals.

„Es tut mir leid“, begann er und dieses Mal ließ sie ihn aussprechen. „Was dich betrifft, war ich völlig neben der Spur. Ich verspreche dir, das passiert nie wieder.“

Komm zurück in den Chor. Du kannst dir auch einen anderen Duettpartner suchen, ich verstehe schon, wenn du nicht mehr mit mir singen willst.“ Er hielt inne, dann fügte er hinzu: „Nur trag besser eine Sonnenbrille, wenn wir zusammen sind.“

Sie nickte und sah zur Seite. „Gut zu wissen, weil wir nämlich viel Zeit zum Miteinander üben brauchen werden, wenn wir zwei später im BreadstiX essen wollen. Als Freunde natürlich. Ich glaube nur, dass wir beide zusammen die besten Chancen haben zu gewinnen.“

Sie hielt ihm die Hand hin und Fred zögert nicht, einzuschlagen.
 

***
 

Der Rest der Woche verschwand in einem bunten Wirbel aus Hogwartsalltag, Quidditchtraining und Duettübungen. Maren war völlig ausgelastet, schließlich musste sie dazwischen noch Zeit für die Hausaufgaben und die Prüfungsvorbereitung finden. Viele Lehrer boten für die Siebtklässler zusätzliche Übungskurse an und Maren meldete sich sowohl für Pflege magischer Geschöpfe als auch für Zaubertränke und Kräuterkunde an. In allen diesen Fächern würde sie einen besonders guten UTZ brauchen, um Heilerin für magische Tierwesen werden zu können.

Als sie Freds Songvorauswahl sah, entdeckte sie auf den ersten Blick das Lied, das sie singen wollte. Sie bemerkte, dass er lächelte, während sie darauf deutete, und konnte nicht anders, als sich darüber zu freuen. In letzter Zeit freute sie sich über viele Dinge. Selbst Roxanne, die sie in den Gängen manchmal misstrauisch beäugte, schenkte sie ein strahlendes Grinsen.

Der Mittwoch kam viel zu schnell, jedenfalls für Marens Geschmack. Selbst wenn Fred behauptete, dass sie nicht mehr üben brauchten, hätte sie doch lieber noch einige Zeit darauf verwendet. Erstmals seit Tagen meldete sich ihre irrationale Angst zu versagen wieder, die sich nur noch verstärkte, als sie die vorbereiteten Darbietungen der anderen sah.

Clara und Louis waren die ersten und hatten sich das große Finale eines Musicals über die unwahrscheinliche Freundschaft zwischen zwei gegenteiligen Hexen ausgesucht. Nachdem sie ihrer besten Freundin zuhörte hatte, die von Louis’ kristallklarer Stimme unterstützt und geleitet wurde, brach sie in begeisterten Applaus aus. Wenn die anderen ebenfalls so gut waren, würden sie es sehr schwer haben.

Es folgten weitere Auftritte, unter anderem der von Felix und Polly, und als vorletzter von Roxanne und Dominique. Dass die beiden eine Liebesballade sangen, hätte Maren nicht überraschen sollen. Sie hatte eine einfache, aber eingängige Melodie und es ließ sich fantastisch darauf tanzen, wie Dominique beeindruckend bewies.

Vielleicht bildete es sich Maren auch nur ein, weil sie mehr wusste, als ein neutraler Beobachter, doch die Vertrautheit und die Nähe, mit denen die beiden ihr Duett vortrugen, suggerierte mehr Intimität, als es Roxanne eigentlich lieb gewesen wäre. Unwillkürlich fragte sie sich, ob Roxanne hier im geschützten Chorraum ihre Gefühle offen zeigen konnte und wollte, doch dann war das Lied auch schon vorbei und Maren und Fred waren dran.

Wie sie es schon hundert Mal geübt hatten, stellte sie sich hinter ihm auf und begann verschiedene Saiten niederzudrücken.

“ Do you hear me? I'm talking to you
. Across the water, across the deep blue ocean. 
Under the open sky, oh my, baby I'm trying.“ Als Fred die ersten Zeilen zu singen begann, sah Maren zu ihm auf und lächelte.

Dann setzte sie ein: „Boy, I hear you in my dreams I feel your whisper across the sea

I keep you with me in my heart. You make it easier when life gets hard.“ Sie ließ den Gitarrenhals los und umrundete Fred, der ihr mit seinen dunklen Augen folgte. Gemeinsam sangen sie den Refrain: “I'm lucky I'm in love with my best friend.

Lucky to have been where I have been.

Lucky to be coming home again.“

Sie beobachtete, wie Fred seine Gitarre weglegte und ihre Hände umfasste. Aus irgendeinem Grund sah sie dieses Mal nicht auf den Boden, sondern direkt ins Freds Augen. Vielleicht um das Lied überzeugender zu gestalten, sagte sie sich, doch das konnte nicht erklären, wieso sie seine Hand nach dem Ende des Lieds nicht mehr losließ.

Sie stellte sich dem Applaus und fühlte sich wie berauscht. Ihre minimalistische Performance schien ihre Wirkung nicht verfehlt zu haben.

„Siehst du, was du verpasst hättest?“, Fred hatte sich zu ihr gebeugt und flüsterte in ihr Ohr. Sie wollte etwas erwidern, doch er ließ ihre Hand los und setzte sich wieder auf seinen Platz.

Ein wenig irritiert über die plötzliche Wende folgte sie ihm und nahm neben Felix Platz, der einen Arm um sie legte.

Professor Mueller dankte allen für ihre wundervollen Auftritte und bat nun alle, zur Abstimmung zu schreiten. Nach kurzem Zögern schrieb Maren ihre Favoriten auf ein Zettelchen und reichte es Polly, die alle einsammelte.

Professor Mueller zählte aus und machte eine spannungssteigernde Pause, bevor er den Sieger verkündete.

„Felix, Trommelwirbel bitte! Gewonnen haben: Roxanne und Dominique! Herzlichen Glückwunsch!“ Während die beiden Freundinnen sich quietschend umarmten, klatschte Maren zusammen mit allen anderen euphorisch. In diesem Club wurde viel geklatscht, aber irgendwie war das auch gut so.

Sie bemerkte, dass Felix sie lächelnd betrachtete, und legte fragend den Kopf schief.

„Erinnerst du dich, was ich dir im Zug gesagt habe? Dass ich weiß, dass du dein altes Leben wieder haben willst?“, fragte er. Maren nickte. Natürlich erinnerte sie sich daran.

„Du bist so schnell verschwunden, dass ich dir gar nicht sagen konnte, was ich eigentlich damit meinte“, erklärte er, „dein altes Leben kannst du nicht zurückbekommen, aber dafür wirst du dir ein neues aufbauen, das viel besser ist.“

„Wenn du das im Zug gesagt hättest, hätte ich dir kein Wort geglaubt“, antwortete Maren, doch dennoch umarmte sie ihren Zwilling. Bei Zeiten musste sie ihn fragen, was da zwischen ihm und Polly lief.

Fred gesellte sich zu ihr und sah sie entschuldigend an. „Sorry, dass es nichts geworden ist. Jetzt bist du ganz umsonst-“ Wieder einmal unterbrach sie ihn: „Ich habe für sie gestimmt. Die beiden brauchen diese Gelegenheit viel dringender als wir. Und den Gutschein brauchen wir ohnehin nicht.“

Er sah sie verwirrt an und sie klärte ihn lächelnd auf: „Weil du bezahlst, wenn wir essen gehen. Ein Gentleman zahlt immer beim ersten Date.



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Kommentare zu dieser Fanfic (2)

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Von:  Lily_Toyama
2013-09-29T15:04:57+00:00 29.09.2013 17:04
Ich muss immer noch wegen der Slush Geschichte lächeln, klar bist du ziemlich nah an der Serie und dann auch wieder bei meinen Charakteren, sodass ich mir zwar denken kann, wo das ganze hinführt, du mich dann aber doch wieder überraschst.
Und Fred ist so süß, wenn er sich um Maren bemüht und Maren ist so Quinn wenn sie ihn abblitzen lässt. Ich mochte die Szene mit Venus und Mars schon in der Serie und auch hier ist sie toll :)
Zum Glück kann ich ja auf ein Happy End hoffen, dann das ganze ist doch etwas traurig am Schluss...
Lg Lily
Von:  Lily_Toyama
2013-09-29T14:56:34+00:00 29.09.2013 16:56
Vielen Dank für deine Geschichte, wie schon geschrieben freue mich mich sehr, dass du Fred & Maren genommen hast (also eigentlich sagte ich die Zwillinge, aber man kann keine Geschichte von Maren ohne Felix erzählen)
Ich mag es auch, dass du Glee genommen hast, Quinn und Maren sind bei mir optisch sehr ähnlich, klar Dianna Agron :)
Ich mochte es in diesem Kapitel besonders, wie du die Beziehung der Geschwister beschrieben hast, sie halten zusammen wie Kleber und auch das Felix eben nicht täuschen ist.
Auf die Begegnung mit Fred war ich sehr gespannt und irgendwie ist es ein zweischneidiges Schwert, klar musste Maren irgendwie in diese Richtung reagieren, weil du dich ja nahe an Glee halten wolltest, aber es ist so gar nicht meine Maren, mmh...
Ich bin auf jeden Fall gespannt wie es weiter geht...
Lg Lily


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