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Wörtertanz mit einem Globus

OS/Drabbelsammlung
von

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Nomenwalzer - Flucht - TruGre

Flucht
 

Zu Zeiten des Osmanischen Reiches - Istanbul
 

Gedankenverloren strich Herakles mit den Fingerspitzen über den Stoff des Lakens unter ihnen.

Er konnte nur allzu gut die besitzergreifenden Hände auf seiner Brust fühlen, die ihn vorhin, als er sich aus ihm gezogen hatte, umschlungen hatten und ihn gegen den anderen, leicht verschwitzten Körper gedrückt hielten.

Er wusste selber nicht sagen, warum er abermals seinem Verlangen nachgegeben hatte.

Er konnte nicht behaupten, dass es unter Zwang geschehen war, da würde er seinem Verführer Unrecht tun. Aber nun, da die Leidenschaft langsam abebbte, um einer gefürchteten Leere Platz zu machen, fragte er sich beklommen, was sie hier wieder einmal getan hatten.

Er hatte abermals mit ihm geschlafen… Sadiq, einem Mann
 

Man könnte meinen, dass ihn das weniger stören sollte als andere. Schließlich war ja das untergegangene, alte Hellas, wie es schon Homer zu beschreiben pflegte, seine Mutter gewesen und Athen seine Tante.

Eigentlich seltsam, dass eben diese Kultur einst eine Repräsentantin gehabt hatte, wenn er bedachte, dass gerade in der Stadt, wo in der Antike die gleichgeschlechtliche Liebe zu anderen Männer derart in Würden gehalten wurde, wie sonst nirgendwo im alten Europa.

Aber auch sein kriegerischer Onkel Sparta, an den er sich nur vage erinnern konnte, hatte ihm in seiner frühsten Kindheit oft von den Vorzügen tiefgehender Männerbindungen geschwärmt.

Doch beide hatten immer von der Liebe eines älteren Mannes zu einem jüngeren erzählt.

Sozusagen der Lehrer und der Schüler, wobei der Lehrer, aufgrund seines Alters und seiner Erfahrung das Recht hatte die aktive Rolle auszuleben, während man vom Schüler die passivere Position erwartete, sodass er dann später abermals mit einem jüngeren seine Erfahrungen teilten konnte.

Doch war er wirklich der Jüngere von ihnen?

Er hatte schließlich, wenn auch als Kind, den schleichenden Niedergang des weströmischen Reiches mitbekommen. War dann unter der Aufsicht Byzanz großgeworden und nun seit längerem unter osmanischen Banner.

War dann Sadiq, wenn auch nicht unbedingt körperlich, eigentlich nicht jünger als er?

Seltsam, er hatte sich eigentlich nie Gedanken drüber gemacht, woher der Osmane eigentlich stammte, unter wem er seine „Kindheit“ verbracht hatte, welche Nationen er vor seiner Machtergreifung kommen und gehen gesehen hatte.

Abermals glättete er die faltige Oberfläche des Lakens und fuhr auf der Oberfläche unsichtbare Linien nach.

Selbst sein Vater, wenn er das von Rom überhaupt behaupteten kann, hatte sich einst nicht gescheut seine gleichgeschlechtigen Beziehungen geheim zu halten.

Aber ebenso wusste er, wie sehr die Römer die Männer verachteten hatten, die sich beim Akt in die Rolle der Frau fügen mussten.

Ein echter römischer Mann nahm und ließ sich unter keinen Umständen nehmen.

Doch er hatte sich nehmen lassen.

Machte das nun aus ihm einen halben Mann oder spiegelte dies einfach seine niedrige Position zu Sadiq wieder?

Außerdem, wie sollte er sein Treiben mit seinem religiösen Gewissen in Einklang bringen?

Schließlich war es doch eine Sünde, sich wie ein Weib einem Mann hinzugeben und seinen unnatürlichen Trieben nicht Einhalt zu gebieten, oder?

Aber was sollte er den tun, wenn ihn ein unsichtbares Band immer wieder Richtung dieser verdammten Muselbirne hinzog. Irgendwas tief in ihm, trieb ihn immer wieder in die Arme dieses Mannes.

„Du zermarterst dir schon wieder das Hirn für nichts und wieder nichts?“

Die Stimme klang ebenso rau, wie noch vor kurzem, als sie beide auf dem Höhepunkt ihres Rausches gewesen waren.

„Woran denkst du?"

Sanft strich ihm jetzt ein Daumen über die Wange und ein leichter Druck der fremden Hände zwang ihn seinen Kopf zu drehen.

„An nichts von Bedeutung…“, stammelte er. Außer an die Flucht vor dir, beendete er den Satz. Doch dies sprach er wohlweislich nicht aus und als er in die dunklen Augen sah, wusste er, dass er diesen Schritt in Zukunft nicht wagen würde.


Nachwort zu diesem Kapitel:
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