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Der Wolf in mir

von

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Schatzsuche Teil 01

Hallüüüüüüüüüüü und ja nach langer zeit lad ich mal wieder was hoch

eigentlich wollte ich die zwei kapitel auf einmal hochladen aber ich häng ein bisschen mit korrigiern hinterher

naja aber ich hoffe ihr freut euch über das eine Kapitel ^^
 

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I

Zu Lindseys Erleichterung mussten sie nicht mehr allzu lange auf Havanna bleiben. Sie kamen ohne Probleme durch die Wachkontrollen, wobei sie zwar ein großes Risiko eingegangen sind, - da man immer noch die Durchsuchung verordnet hatte - doch die beiden Assassinen hintergingen dies, in dem sie ihre Monturen und die zwei Teile des Artefaktes bei Nacht an Bord schmuggelten und am nächsten Tag in gewöhnlichen Kleidungen an Bord gingen.

Die Reise war angenehm ruhig und es dauerte nicht lange da liefen sie schon in den Hafen von New York ein. Dort trennten sich die Wege der beiden Assassinen. Anthony traf sich in New York mit seinen beiden Freunden und Lindsey musste zurück nach Davenport.

„Danke für deine Hilfe.“ sagte Anthony als sie sich verabschiedeten. Doch Lindsey schüttelte nur den Kopf.

„Ich habe dir zu danken. Sonst hätte ich nicht schon das zweite Stück des Artefaktes gefunden.“ Er nickte nur, ein bisschen Sorge war wieder in seinen Augen zu sehen.

„Ah ja, das Artefakt.“ murmelte er. „Kannst du mir etwas versprechen Lin?“

Sie zögert ein bisschen, weil sie schon ahnte was er von ihr wollte. „Was denn?“

„Versprich mir bitte dass du nie, wirklich NIEMALS, das Artefakt benutzt. Es würde dich nur zerstören oder gar töten. Ich würde es am liebsten von dir nehmen und es an einen sicheren Ort bringen, doch ich weiß das ich dir vertrauen kann.“ Sie lächelte ihn an und nickte nur. Sie wusste nicht wieso, aber aus irgendeinem Grund füllte sich etwas tief in ihr mit einem unangenehmen Gefühl. Es fühlte sich an wie Gift in ihrem Herzen. So als ob sich etwas gegen dieses Versprechen sträubte.

Wieso versprichst du es ihm, wenn du es doch vielleicht gar nicht einhalten kannst? flüsterte ihr die Innere stimme zu. Doch Lindsey versuchte sie zu ignorieren. Auch wenn sie wusste das sie die Wahrheit sprach.

„Also dann mach's gut Lin.“ Er drückte ihr einen Kuss auf die Stirn. „Und stell nicht wieder irgendwelche Dummheiten an.“ Mit einem verschmitzten Lächeln im Gesicht verschwand er zwischen all den anderen Leuten am Hafen und war schon bald nicht mehr zu sehen.
 

II
 

Der Weg von New York nach Davenport war lang. Lindsey reiste mehrere Tage. Da sie kein Pferd hatte musste sie wohl oder übel zu Fuß gehen. Manchmal fuhr sie bei einigen Bauern, auf deren Karren mit, doch dadurch wurde sie nicht gerade schneller. Doch das kümmerte Lindsey nicht, sie konnte dadurch wenigstens ihre Füße schonen, die ihr vom ganzen Laufen wehtaten.

Erleichtert atmete sie auf als sie endlich das Herrenhaus zwischen den Bäumen erblickte.

Connor war mal wieder nicht da. Ganz im Gegenteil zu Achilles und Lenmana, die immer zu Gegen waren. Nachdem Lindsey angekommen war, legte sie sich erst mal ins Bett und schlief sehr lange. Sie hatte die letzten Nächte nicht sehr viel geschlafen, da sie meist unterwegs war, wann immer sie genug sah in den düsteren Nächten.

Am nächsten Morgen - oder besser Nachtmittag – ging die Assassine runter zu der kleinen Bucht, wo auch Robert Faulkners Haus stand, obwohl man dieses von den anderen – die inzwischen gebaut wurden – nicht mehr unterscheiden konnte – sie sahen alle gleich aus. Vor den Hütten standen ein Haufen von Kisten und Fässern. Auf einem von ihnen saß Hinkebein und sprach mal wieder von Abenteuern des berühmt berüchtigten Käpt'n Kidd. Doch wie so üblich hatte er keine Zuhörer, wahrscheinlich redete er auch nur mit sich selbst. Auf jedenfall erklärte ihn jeder, der ihn kannte, für verrückt. Doch er tat keiner Fliege was zu leide. Das Einzige was er tun konnte, war es einem zu Tode zu erzählen.

Schon von weitem hörte Lindsey ihn wieder von Käpt'n Kidd erzählen, wobei er wie immer wild mit den Händen in der Luft herum fuchtelte. „Ich schwör' es dir ich hab' es mit meinen eigenen Augen gesehen. Er war ein Mann wie ein Riese und hatte Arme aus Stahl. Und keine Kugel der Welt konnte ihm ein Leid zufügen. Ich hab ihm einmal die Hand geschüttelt, er hat sie fast zerdrückt, wie weiche Butter.“

„Hallo Hinkebein.“ grüßte Lindsey den Einbeinigen.

„Na sieh mal einer an, wenn das nicht die Braut vom Käpt'n ist.“ begrüßte er sie und lachte. Lindsey zwang sich ein Lächeln aufzusetzen, was ihr jedoch gründlich misslang. Denn wer hört es schon gerne die Geliebte von jemanden zu sein, den man eigentlich nur als Freund ansah. Mit knirschenden Zähnen fragte sie: „Und wer außer dir ist noch dieser Ansicht?“

„Ha! Eigentlich sieht das jeder so.“ sagte Hinkebein und lachte wieder. „Ihr könnt jeden aus der Mannschaft fragen.“ Die Assassine ballte die Hände zu Fäusten und hätte dem Einbeinigen am liebsten sein Holzbein zertrümmert, doch sie zwang sich zur Ruhe. Gespielt setzte sie ihr Lächeln auf, denn schließlich wollte sie etwas wissen. „Schön. Weißt du wo Connor mit der Aquilia hin ist?“

„Ah, du willst wissen wo der Käpt'n hin ist. Der segelt von einem zum nächsten Ort um Kidd's Schatzkarten zu bekommen. Jetzt holt er sich gerade den zweiten Teil.“

„Wie hat er von dem Schatz erfahren? Er hat nie etwas davon erzählt.“ meinte Lindsey und war leicht irritiert. Verschwieg ihr Connor etwas? Oder wollte er sie nur nicht dabei haben?

„Woher solltest du es auch wissen. Das alles ist erst vor ein paar Wochen passiert. Der Käpt'n bringt mir Schätze und ich geb ihm dafür einen Brief.“ Plötzlich kam Lindsey eine Idee.

„Wie viele Briefe gibt es von Käpt'n Kidd?“

„Insgesamt vier Briefe. Warum willst du das wissen?“ Lindsey grinste ihn nur an. Schließlich enthüllte sie ihr Vorhaben. „ Wenn ich dir genügend Schätze bringe, gibst du mir dann die letzten beiden Briefe?“

„Wenn du mir das bringst was ich will, ja. Es spielt keine Rolle, ob der Käpt'n oder du.“

„Okay also was willst du haben?“

„Nein so läuft das nicht.“ widersprach ihr der Einbeinige lachend. „Du bringst mir das was du hast oder findest und ich werde sehen was sich für mich als Schatz erweist. Setzt deine Fantasie ein, alles kann ein Schatz sein. Du musst nur die Augen offen halten.“
 

***
 

Endlich hatte sie es geschafft. Mit einem letzten Kraftaufschub zog sich Lindsey nach oben und blieb erst mal ein paar Minuten erschöpft auf dem Steinboden liegen. Und wieder einmal fragte sie sich warum sie das überhaupt tat. Ihr war klar, das wenn sie so fragen würde, ob sie mit zur nächsten Schatzsuche kommen könnte, sie man nur wieder abweisen würde. Frauen haben nichts an Bord zu suchen! Sie hörte immer noch den Satz von Robert Faulkner in ihrem Kopf. Der alte Seebär konnte einem auch manchmal den Spaß verderben. Ja, und genau deshalb wollte sie die Briefe bekommen, um diesmal mitzukommen. Ohne irgendwelche Ausreden zu hören oder von Connor beiseite genommen zu werden und er ihr dann erklärt, das es viel zu gefährlich für sie wäre mitzukommen.

Diese bitteren Enttäuschungen von damals gaben ihr wieder neue Kraft und sie stand auf und sah zu dem Baum hinauf. Auf der Spitze dieses gigantischen Auswuchs von Mutter Natur, hatte ein Adler sein Nest gebaut. Und dort ließ sich bestimmt eine wunderschöne Feder finden.

Lindsey hatte inzwischen schon viel gefunden und die Adlerfeder wäre dann ihr letzter Fund. Danach würde sie ihre Fundsachen, die schon einen halben Sack füllten, zurück zu Hinkebein bringen und hoffte das alles reichen würde für die zwei Briefe. Es war nicht leicht an das Nest zu kommen, da die Äste in der oberen Fraktion, sehr dünn waren und leicht zerbrachen. Endlich hatte sie das Nest erreicht und, tatsächlich, wie erwartet lagen sogar mehrere Federn von dem Adler drinnen. Lindsey suchte die noch am besterhaltenen Federn aus und machte sich wieder an den Abstieg. Dabei wurde sie allerdings ein bisschen leichtsinnig und stieg auf einen sehr dünnen Ast, der sich schon bedrohlich biegte und leise knackte. Doch als sie es bemerkte, war es schon zu spät. Der Absturz passierte sehr schnell und Lindsey bekam nur noch teilweise mit wie Äste und Zweige an ihr vorbeirauschten und teilweise ihr Gesicht streiften. Zwei-, dreimal fiel sie mit dem Rücken gegen die Äste, was heftig wehtat.

Mach was Lindsey! Wenn du jetzt nichts tust, bist du tot wenn du unten ankommst!

Instinktiv griff Lindsey mit ihrer freien Hand nach irgendwas und bekam einen kleinen Ast zu fassen. Dieser bog sich ebenso bedrohlich unter dem plötzlichen Gewicht, doch war er zum Glück so stabil das er nicht brach. Schwer atmend hing das 19 Jährige Mädchen an dem Ast. Sie hörte das Blut deutlich in ihren Ohren rauschen, ebenso wie die lauten Herzschläge. Sie ließ sich zitternd auf den nächsten dicken Ast unter sich fallen der kaum mehr als einen halben Meter von ihr entfernt war. Sie setzte sich und lehnte sich gegen den dicken Stamm. Sie brauchte eine Zeit lang um sich zu beruhigen, schließlich war sie dem Tod mal wieder nur knapp entkommen.
 

***
 

„So ich hoffe das reicht.“ mit diesen Worten stellte Lindsey den schweren Sack – voll mit Gerümpel, Fundsachen und anderen Kram – auf den Boden ab. Hinkebein war beeindruckt, das konnte man seinem Gesicht entnehmen.

„Donnerwetter!“ rief er als er in das innere des Sacks schaute. „ Da hast du ja fleißig gesammelt Mädchen.“

„Du kannst den ganzen Sack behalten wenn du willst. Und was ist? Reicht das für die zwei Briefe?“ fragte sie und wartete ungeduldig auf die Antwort. Hinkebein überlegte eine Zeit lang und Lindsey dachte schon er würde nein sagen, doch dann zog er zwei Umschläge aus seiner Hosentasche.

„Hier hast du sie. Und viel Spaß damit.“ Lindsey bedankte sich, doch der Einbeinige winkte nur ab und widmete sich den wunderbaren neuen Sachen, die er bekommen hatte.
 

III
 

Am nächsten Morgen lag die Aquilia bereits in der kleinen Bucht vor Anker, bereit zur nächsten Schatzsuche aufzubrechen. Lindsey lief zu dem Anlegepunkt hinunter und traf unterwegs auf ein paar bekannte Gesichter, die zu der Mannschaft der Aquilia gehörten. Als sie auf den Anlegeplatz traf, konnte sie schon von weiten Faulkners Stimme hören, die nicht gerade sehr erfreut klang.

„Was soll das heißen du hast die letzten zwei Briefe nicht mehr?! Hast du sie verloren oder jemanden anderen gegeben?“ Hinkebein saß nur mit verschränkten Armen auf seiner Kiste da. Faulkner machte das Schweigen den Einbeinigen nur noch verrückter und man sah ihm an, dass er ihm am liebsten an die Gurgel gesprungen wäre. Connor versuchte es auf die ruhigere Art und Weise.

„Kannst uns sagen wem du sie gegeben hast?“ Doch ehe Hinkebein antworten konnte, kam Lindsey ihm zuvor.

„Ich hab sie.“ Augenblicklich drehten Faulkner und Connor zu Lindsey herum.

„Du hast sie?“ fragte Connor ungläubig. Und Faulkner setzte mit einem Knurren hinzu: „ Was willst du denn überhaupt mit denen anfangen? Du hast nicht mal ein Schiff, geschweige denn eine Crew. Und Ahnung vom segeln bestimmt erst Recht nicht.“ Lindsey zwang sich innerlich zur Ruhe, um nicht wieder etwas unüberlegtes zu sagen. Sie konnte diesen alten Seebärn einfach nicht leide. Vielleicht lag es auch einfach daran, dass er sie nicht auf seinem Schiff haben wollte.

„Das stimmt.“, gab sie ihm Recht, „Ich habe kein Schiff oder eine Crew. Aber ihr habt sie und ich habe die letzten beiden Briefe, für die ich übrigens bezahlt habe.“

„Das ist richtig.“ bestätigte Hinkebein.

„Meine Bedingung ist, ich gebe euch die letzten beiden Briefe, aber dafür müsst ihr mich zu den nächsten beiden Orten mitnehmen, wo die Karten zu finden sind.“ Lindsey sah deutlich wie Robert die Wut ins Gesicht stieg und ihn rot werden ließ. Er wollte erst lauthals protestieren, doch Connor hielt ihn zurück. Beide besprachen sich ein paar Meter weiter weg. Wenige Minuten später kehrten sie auch schon wieder zu Lindsey zurück.

„Und?“ fragte sie. „Abgemacht?“
 

IV
 

Der kalte Nordwind peitschte Lindsey unbarmherzig ins Gesicht, sodass ihre – ohnehin schon – roten und schmerzenden Wangen, erneut zu schmerzen begannen. Das 19 jährige Mädchen versuchte ihr Gesicht in dem Schal zu verstecken, den ihr einst ihr Großvater gegeben hatte.

Er roch immer noch nach ihm. Und Lindsey hoffte das sein Geruch niemals verfliegen würde. Sie befürchtete eines Tages aufzuwachen und sich nicht mehr an sein Gesicht erinnern zu können. Zu lange war es schon her seit sie ihn das letzte Mal gesehen hat. 5 Jahre. Im Vergleich zu anderen Sachen mag das ja noch wenig erscheinen - für die stetig heranwachsende Assassine jedoch eine Ewigkeit.

Die ersten Eisgletscher zeigten sich schon und ab und zu fiel ein bisschen Schnee. Soweit Lindsey wusste, war ihr Ziel Grönland. Die Nordwestpassage, um genau zu sein. Die Karte befand sich im Besitz von Hendrick van der Heul, der mit der Octavius im Eis stecken geblieben war – und anscheinend bis heute immer noch feststeckte. Er war damals Käpt'n Kidds Quartiermeister gewesen und ist dann später selber Käpt'n eines Schiffes geworden. Er sollte nach der Nordwestpassage suchen, was er anscheinend auch bis zum Schluss seines Lebens getan hat.

Nun war Lindsey froh die mehrschichtige Assassinen-Robe anzuhaben, den im Gegensatz zu den einfachen Sachen die die Seeleute trugen, war ihr noch einigermaßen warm. Außer ihre Finger schienen langsam zu Eis zu werden. Sie versteckte sie immer in der Innenseite ihrer Robe, wickelte sie in dem Rest ihres Schals ein oder versuchte sie mit ihrem Atem ein wenig zu wärmen. Die Assassine starrte weiter in die Ferne und ließ ihren weißen Atem, der sich zu weißen Wölkchen formte, in der Luft tanzen.

Plötzlich trat Connor neben sie. „Wir müssten gleich da. Die Nordwestpassage ist nicht mehr weit.“ Er rieb seine Hände gegeneinander. Er muss bestimmt genau solche Eishände haben wie ich. Erneut versucht die 19 Jährige ihre Hände durch ihren Atem aufzuwärmen.

„Wo gehen wir an Land?“ fragte sie. Der Ältere blickte sie irritiert an.

„Wir?“ Oh nein nicht schon wieder. Ich habs gewusst.

„Ja, wir. Oder denkst du etwa, das du mich hier an Bord lässt und ich dir den ganzen Spaß überlasse?“ Ehe Connor etwas dagegen sagen konnte trat Rober Faulkner zu ihnen.

„Nimm sie lieber mit Käpt'n.“ sagte er mit einem Blick auf Lindsey – und sie wusste genau was er dachte. „Sonst nimmt sie mir am Ende noch das ganze Schiff auseinander, weil du sie nicht mitgenommen hast.“
 

***
 

Mit schmerzenden Beinen und durchgefrorenen Füßen stapften Lindsey und Connor durch den Schnee, der ihnen bis zu den Knien reichte. Der Wind pfiff ihr scharf um die Ohren, die ohnehin schon rot glühten von den niedrigen Temperaturen in Grönland. Trotz der Kälte und den hohen Schnee kämpften sie sich weiter nach vorne, bis sie endlich das Ende der Passage erreichten.

Vor ihnen bot sich ein atemberaubender Blick. Ein Meer aus Eisschollen und kleinen Gletschern, die mitten aus dem Wasser ragten. Und direkt in der Mitte ihres Blickfeldes befand sich die Octavius. Hendrick van der Heul erstes und letztes Schiff.

Connor studierte den Weg, den sie nehmen könnten um zu dem großen Schiff, das nur noch zur Hälfte aus dem Eis guckte, zu gelangen. Lindsey war fasziniert von dem Eismeer und wollte nicht länger warten. Mit einem „Wir sehn uns beim Schiff.“ schlitterte sie auch schon den Eisabhang hinunter. Sie hörte noch wie Connor ihr ein „Warte!“ hinterher schrie, doch da war es natürlich schon zu spät um umzukehren. Im Nu war Lindsey unten auf einer großen Eisscholle, die noch am Abhang dran hing, angekommen, die leicht unter ihren Füßen zu knacken begann. Wie erstarrt verharrte das Mädchen. Doch es passierte nichts. Mit einem erleichterten Seufzen lief sie weiter und stieß ein paar Meter weiter, auf ein paar verlassene Zelte. Lindsey konnte sie noch nicht mal richtig inspizieren, da kam auch schon Connor hinter ihr her.

„Sag mal was sollte das denn?“ fuhr er sie an. „Du kannst nicht so einfach losgehen. Wenn du in das Eiswasser fällst ist es vorbei.“ Doch Lindsey schenkte seinem Vortrag keine Beachtung.

„Wer hier wohl gezeltet hat.“ murmelte sie und schaute in die Zelte. Es war noch alles da und es sah so aus als ob die Bewohner nur mal schnell auf Nahrungssuche gegangen sind. Abgesehen davon das die meisten Sachen schon mit einer Eisschicht überzogen waren.

Connor forderte Lindsey zum weitergehen auf und beide machten sich auf den Weg über die Eisschollen. Ganz ungefährlich war es nicht, denn manche von den Eisexemplaren waren nicht fest sondern schwammen nur auf der Oberfläche. Doch das sah man ganz schlecht. Lindsey hätte deswegen fast einige Male den Halt verloren und wäre in das eiskalte Wasser gestürzt.

Doch endlich hatten sie es geschafft und standen nun vor der Octavius. Sie suchten eine geeignete Stelle zum hochklettern, doch war fast die gesamte Außenwand des Schiffen mit Eis überzogen. Connor kletterte dann schließlich einen kleinen Eisberg hinauf, von wo er auf einen umgefallenen Mast sprang und so auf das Schiff gelangte. Mit einem Seil zog er Lindsey dann nach oben.

Auf dem Deck sah es nicht viel besser aus als von außen. Alles war mit Schnee, Frost und Eis bedeckt. Lindsey fasste ein Stück Seil an, das von dem abgebrochenen Mast herunterhing, um die Eiskristalle darauf besser zu betrachten. Doch wie sie so das untere Stück Seil zu sich zog, brach es ab und sie hielt das gefrorene Stück in der Hand. Auf einmal machte sich ein mulmiges Gefühl in ihrem Magen breit und sie musste daran denken, was mit ihnen passieren würde, wenn sie und Connor hier festsäßen. Dann könnte man von ihnen bald auch Körperteile abreißen.

Connor hatte inzwischen schon einen Eingang in das innere des Schiffes gefunden. Er sprang durch eine Luke, die anscheinend noch die Letzte war, die man noch besteigen konnte – alle anderen waren entweder fest verschlossen und es lagen Kisten oder andere Sachen darauf. Lindsey folgte ihm. Im Bauch der Octavius brauchte sie eine Weile, bis sich ihre Augen an die Dunkelheit gewöhnten. Sie liefen weiter nach hinten, dort wo es immer dunkler wurde – und steiler hinab ging. Das Schiff knarzte bedrohlich und Schnee rieselte von der Decke hinab. Lindsey zuckte bei jedem Knarren unweigerlich zusammen und betete im stummen, dass hier nichts einstürzt oder dergleichen. Nach wenigen Minuten erreichten sie das Heck des Schiffes und somit auch die Kabine des Kapitäns.

Hendrick van der Heul, lag mit dem Gesicht nach vorn, liegend über seinem Schreibtisch und hielt in seiner rechten ausgestreckten Hand eine kleine Schachtel. Connor ging zielstrebig auf ihn zu und versuchte die Schachtel, in der sich allem Anschein nach ein Teil der Karte befinden musste, aus der Hand des Toten zu befreien. Doch sie war anscheinend mit der Zeit schon festgewachsen, jedenfalls ließ sie sich nicht leicht entfernen. Während Connor versuchte die Schachtel aus seinem Griff zu befreien, besah sich Lindsey den Toten ein wenig genauer. Er besaß keine Haare mehr und seine Haut hatte eine merkwürdige dunkle Farbe. Sie wirkte schwarz, wie die eines Verbrannten. Sein Gesicht war eine einzige Fläche von Falten und eingefallener Haut. Ansonsten schien der Körper noch gut erhalten zu sein, was so üblich bei eingefrorenen Sachen war.

Connor hatte mit einem Ruck schließlich die Schachtel aus der Hand des ehemaligen Kapitän entfernt, wobei er dessen Hand gleich mit abriss. Er öffnete die verzierte Schachtel und entnahm ihr den dritten Teil der Schatzkarte.

„Schön,“ meinte Lindsey als er den Teil der Schatzkarte wegsteckte, „könnten wir dann jetzt bitte gehen? Ich hab das Gefühl dass das Ding hier bald jede Sekunde zusammenbricht oder sonst was.“ Connor versuchte sein Schmunzeln zu unterdrücken und lief schon in Richtung Ausgang.

„Ich dachte du wolltest unbedingt mitkommen. Und jetzt kannst du es kaum erwarten wieder draußen zu sein.“ Er sprang das Loch hinunter von dem sie gekommen waren. Lindsey sprang ihm nach und wollte gerade etwas erwidern, als plötzlich das Schiff leicht zu kippen begann und ein paar Kanonen, quer durch den ganzen Gang, in die Wand rechts neben ihnen einschlug und somit das Schiff noch mehr zum kippen brachten. Bevor Lindsey überhaupt wusste wie ihr geschah, packte Connor sie und hechtete mit ihr durch ein Loch in den rechten Nebenraum. Mit einem Krachen ging neben ihnen ein Fass zu Bruch und das Schiff begann noch mehr nach hinten zu kippen.

„Wir müssen sofort hier raus!“ schrie Connor und rannte los. Immer in Richtung nach oben, denn da befand sich der Ausgang. Er kletterte gerade einen Stapel Kisten hoch und wollte durch ein Loch in der Wand klettern, als das Schiff noch mehr zu kippen begann und Kisten und Fässer auf ihn zu flogen. Der Assassine verlor den Halt und knallte mit dem Rücken gegen die Wand, an die auch Lindsey zuvor geknallt ist. Sie konnte ihm gerade noch ausweichen, sonst wär er womöglich auf sie gefallen. Als sich beide aufrappelten, drohte ein Fass sie zu überrollen. Doch zum Glück hatten beide sehr gute Reflexe und wichen dem rollendem Ungetüm aus Holz aus. Ihnen blieb nicht mehr viel Zeit bis das Schiff vollends im Meer versinken würde und so rannten sie beide weiter. Sie sahen schon die Leiter vor sich, die den Weg nach draußen ankündigte und Connor wollte sie gerade hinauf steigen, als unter ihm ein Eisengitter nachgab und beide Assassinen fielen erneut in die Tiefe. Das Schiff schien nun fast schon in der horizontalen zu stehn, denn der Boden und die Decke waren jetzt die Wände.

Lindsey befürchtete schon, sie würden hier unten sterben, doch der Gedanke an das Versprechen das sie ihrem Großvater gab, ließ ihre Hoffnung auf den Ausgang erneut wieder entfachen. Jetzt hieß es für beide klettern, sonst würden sie nicht mehr das Tageslicht erblicken. Sie waren keinen Meter geklettert, als unmittelbar hinter ihnen plötzlich eine Wasserfontäne sich einen Weg durch das Holz schlug. Immer mehr Wasser drang nun in das alte Schiff hinein und die Zeit für die beiden Schatzsucher wurde nun kapp. Doch schon sahen sie über ihren, das Tageslicht und der Gedanke endlich raus aus diesem Geisterschiff zu sein, spornte sie noch mehr an.

Connor war als erstes oben und als Lindsey ihm folgen wollte merkte sie auf einmal, dass sie mit ihrem Fuß zwischen zwei Brettern feststeckte und ihn nicht mehr hinaus bekam. Das Wasser unter ihr begann rasant zu steigen und hatte sie schon fast erreicht.

„Connor, ich stecke fest!“ rief sie panisch und versuchte ihren Fuß zu befreien.

„Gib mir deine Hand!“ Sie streckt eine Hand aus und er packte zu. Er zog und Lindsey hatte das Gefühl, als würde er ihren Arm abreißen. Sie spürte das kalte Wasser, das schon fast ihre Knie erreicht hatte. Nun stieg noch mehr Panik in ihr auf - und nicht nur in sie. Connor beugte sich zu ihr hinunter und bekam den Stoff ihrer Kleidung zu fassen. Noch einmal zog er kräftig und plötzlich durchfuhr eine Schmerzwelle Lindseys Fuß und sie wollte schreien, doch ihr Mund füllte sich nur mit kaltem Wasser.
 

***
 

Hustend und nach Luft schnappend kamen beide Assassinen an die Wasseroberfläche. Connor zog Lindsey an den Rand der Eisscholle, wo sie sich hineinkrallte als wäre das ihr rettendes Floss – was es auch war. Die Jüngere spuckte eine Menge Wasser aus und befürchtete für kurze Zeit keine Luft mehr zu bekommen. Connor dagegen hatte seinen Atem nach ein paar Minuten wieder normalisiert. Er zog sie mit an Land, wo sich Lindsey auf den Rücken fallen ließ und versuchte wieder regelmäßig zu atmen.

In der Zwischenzeit hatte Connor die Aquilia ausgemacht, die Kurs auf die beiden machte und bald bei den beiden angekommen war. Die Mannschaft half den Schatzsuchern an Bord und diese wurden sofort mit warmen Decken empfangen. Lindsey ließ sich den Schmerz in ihrem Fuß nicht anmerken, auch wenn es höllisch wehtat. Sie wollte nicht das sich Faulkner erneut über sie lustig machte und sagt sie hätte doch nicht mitkommen sollen. Außerdem wollte sie sich ihren Stolz bewahren und ihren Respekt vor der Mannschaft – auch wenn dieser sehr mager ausfiel. Ihr dunkelbraunes nasses Haar klebte und vereinzelte Strähnen hingen ihr im Gesicht, welche Lindsey nach und nach wieder an ihren rechtmäßigen Platz zurück verbannte.

Sofort wurden beide in die Kapitänskajüte geschickt um sich trockene Sachen anzuziehen, sonst würden sie sich noch erkälten und das wäre gar nicht gut. Die Kajüte war überraschen warm. Sofort schoss die Wärme Lindsey die Röte in die Wangen und ließen sie leicht schmerzen. Auf dem Tisch stand eine Flasche Rum und Robert schenkte den beiden tropfnassen Assassinen gleich ein und reichte ihnen die Zinntassen.

„Trinkt das, dann wird euch gleich wärmer.“ Mit diesen Worten verschwand er aus der Kajüte, um an Deck nach dem Rechten zu sehen. Lindsey roch an der Flüssigkeit und verzog das Gesicht. Doch tapfer schüttete sie sich das Gebräu in den Rachen und verzog erneut das Gesicht. Der Rum brannte in ihrer Kehle und sie konnte ein Husten nicht unterdrücken. Sie erhaschte Connors Blick, der ein Schmunzeln nicht unterdrücken konnte und seine Tasse in einem Zug leerte. Was das trinken betraf, war Lindsey doch nicht so mannhaft wie bei anderen Dingen.

Robert hatte Recht behalten, der Rum wärmte tatsächlich und in wenigen Sekunden waren Lindseys steife Glieder aufgetaut und ihr Gesicht bekam wieder eine rosige Farbe – trotzdem war ihre Nase immer noch rot und eiskalt. Sie begann sich die nasse Assassinen-Montur von ihrem ebenso nassen Körper zu streifen. Als sie schon ihre Hose ausgezogen hatte und gerade dabei war ihr Hemd aufzuknöpfen, fiel ihr mit einem mal ein, das sie ja nicht allein im Raum war. Vorsichtig schaute sie über ihre Schulter und stellte erleichtert fest, das Connor ihr den Rücken zugekehrt hatte. Er war noch dabei seine Waffen abzulegen. Auf dem Tisch in der Mitte, lagen die ihr zugeteilten Kleidungsstücke, die Lindseys Meinung nach viel zu groß waren. Da könnte sie auch gleich mit einem offenem Hemd rumlaufen. Nur die Stoffhose, die ihr natürlich auch zu groß war, zog sie sich an, machte sie ordentlich fest, sodass sie nicht herunterrutschte und zog die Hosenbeine ein Stück nach oben, bis sie hielten. Sie sah sich um, und erblickte Schränke, einen Schreibtisch, ein Haufen Kisten und anderen Kram und ein Bett, das in der Ecke des Raumes stand. Doch nirgends waren andere Kleider zu erblicken, die ihr vielleicht gepasst hätten. Neben dem Bett war noch ein Schrank in die Wand eingearbeitet und als Lindsey ihn öffnete, fand sie darin nur ein paar Bettlaken und Kissen.

„Besser als nichts.“ murmelte sie und vergewisserte sich noch einmal das Connor beschäftigt war. Schnell knöpfte sie ihr Hemd auf und ließ es auf den Boden fallen. Sie griff nach einem frischen Bettlaken und verknotete es gut über ihre Brust. Der Stoff schnitt ihr schon fast ins Fleisch, so gut hatte Lindsey ihn verknotet, dass er nicht drohte herunterrutschen und ihre weiblichen Züge entblößte. Noch einmal vergewisserte sie sich das alles sitzt und es keine Chance gab, dass ihr das Laken verrutschen könnte.

Als sie sich umdrehte um Connor zu fragen wann er denn fertig sei, wurden ihr Gesicht auf einmal knallrot und schlagartig drehte sie sich wieder zur Wand.

Verdammt, Connor ist ja halbnackt! Lindseys Wangen glühten und sie versuchte das Bild zu vergessen das sie gerade eben gesehen hat. Leise humpelte sie zum Fenster und starrte hinaus auf das Eismeer. Doch viel war leider nicht mehr zu sehen, da die Sonne schon am Untergehen war und zu alledem die Fenster von der Wärme beschlagen waren. Lindsey wischte ein, zwei von ihnen frei, sodass man wieder nach draußen sehen konnte. Doch wie gesagt sah sie nicht fiel und ihr Fokus wanderte auf das, was sich in dem Glas widerspiegelte. Und schon wieder trat der ältere Assassine in ihr Blickfeld. Er hatte sein Hemd ausgezogen und man erkannte nun gut die Narben die seinen Rücken zierten. Sofort stellte sich Lindsey die Frage woher er diese wohl haben mochte. Von Kämpfen höchstwahrscheinlich, doch war das bevor sie sich getroffen hatten? Als sich Connor daran machte seine Hose auszuziehen, wurden Lindsey Wangen wieder ganz warm und abrupt drehte sie ihren Kopf wieder weg.

Sie versuchte sich abzulenken und begann Zeichen an die beschlagenen Fensterscheiben zu malen. Zeichen die sie früher einmal gesehen hatte. Darunter auch das Symbol der Assassinen, das ihr ganzes Leben verändert hatte.

„Was machst du da?“ Lindsey zuckte zusammen, als sie Connors Stimme vernahm. Sie wollte sich zu ihm umdrehen, doch da bemerkte sie in der Spiegelung des Fensterglas – die inzwischen ein sehr deutliches Spiegelbild abgaben, da es draußen inzwischen fast dunkel war, nur ein paar vereinzelte Sonnenstrahlen lugten über den Rand des Meeres hervor – das Connor sich immer noch kein Hemd angezogen hatte. Sie starrte ihre gemalten Symbole an, die inzwischen an der beschlagenen Fensterscheibe, in Form kleiner Tropfen, herunterliefen und somit versuchten sich von ihrer ursprüngliche Form aufzulösen. Der ältere Assassine stand nun ganz dicht hinter Lindsey und schaute über ihre Schulter hinweg. Sie konnte seinen Atem in ihrem Nacken spüren - schlagartig bekam sie eine Gänsehaut. Ihr Atem beschleunigte sich und ihr Herz fing auf einmal an ganz wild zu schlagen.

Was ist nur los mit dir Lindsey? Du benimmst dich doch sonst nicht so in Connors Nähe. herrschte sie ihre Innere-Stimme an. Verdammt was ist bloß los? Ich glaube mir springt fast das Herz aus der Brust.

„Das sind alles Zeichen, die ich früher mal gesehen oder in dem Tagebuch meines Großvaters gefunden habe.“ erklärte Lindsey leise. „Ich weiß aber nicht was sie bedeuten.“ fügte sie ebenso leise hinzu. Ein unangenehmes Schweigen erfüllte den Raum und Lindsey glaubte ihr Herz würde so laut schlagen, dass Connor es hören könnte. Langsam wurde Lindsey die Stille unangenehm und sie wollte diesem Moment entfliehen. Zwar wusste sie nicht wohin, aber Hauptsache einfach nur weg von Connors Nähe. Doch als sie schon einen Schritt tat, erfasste sie von neuem eine Schmerzwelle in ihrem Fuß. Nur war diese so heftig das Lindsey glaubte ihr würde schwarz vor Augen werden. Sie zischte vor Schmerz und verlor den Halt. Sie fiel zum Glück auf den Teppich, der den harten Holzboden teilweise verdeckte.

„Was ist? Was hast du?“ Connor kniete sich neben sie und Lindsey deutete nur stumm auf den geschwollenen Fuß. Dieser war inzwischen sehr angeschwollen und erst jetzt, in dem Schein der Lampen, bemerkte Lindsey das eine leichte bläuliche Verfärbung an ihrem Fußgelenk zu entdecken war. Doch nicht nur da auch an der oberen Fußfläche – vor allem am Sprungbein - und an der Ferse.

Anscheinend ist es doch schlimmer als ich dachte.

„Das sieht nicht gut aus.“ meinte Connor als er den Fuß betrachtete. „Scheint verstaucht zu sein, wenn nicht sogar gebrochen.“

Gebrochen!?

„Ich hol sofort den Arzt.“ Er erhob sich und wollte gehen, doch Lindsey griff nach seiner Hand und hielt ihn zurück.

„Nein, bitte nicht.“ Er schaute sie irritiert an.

„Warum nicht? Lindsey dein Fuß sieht schlimm aus. Du solltest wirklich-“

„Ich will nicht das sie es erfahren.“ fiel sie ihm ins Wort.

„Wer? Die Anderen?“ Sie nickte nur stumm. Es war ihr Stolz der verletzt sein würde, wenn alle davon erfahren würden. Sie würden sie damit aufziehen, das sich die kleine sturköpfige Assassine den Fuß verstaucht oder sogar gebrochen hätte. Bei einer Schatzsuche!

Connor schüttelte stumm den Kopf. Für ihn war das anscheinend das reinste Theater und ging über seinen Verstand hinaus. Doch er schien es zu akzeptieren. Er hielt ihr seine Hand hin und wollte ihr aufhelfen, doch Lindsey lehnte ab. Selbst dafür war sie zu stolz.

„Danke ich schaff das schon alleine.“ meinte sie und stemmte sich hoch.

„Sei doch Vernünftig.“ redete Connor auf sie ein. „Du kannst kaum laufen mit dem Fuß. Ich sollte dich eigentlich gleich zurück nach Davenport bringen.“

„Auf keinen Fall!“ fuhr sie ihn an und fuhr zu ihm herum. „Wenn du das tust dann-“ sie verlor schon wieder den Halt und stürzte nach vorne. Doch bevor sie in voller Länge auf den Boden aufschlug, fing Connor sie auf. Er hob sie hoch und trug sie hinüber ins Bett. Die Jüngere protestierte, das er sie sofort runter lassen soll, doch er hörte nicht auf sie. Er trug sie wie eine Prinzessin. Und ironischer Weise war sie das ja auch. Eine Prinzessin.

Zu oft hatte sie in den letzten Wochen versucht diese Tatsache aus ihrem Gedächtnis zu verbannen, doch es hat nichts genützt. Auch wenn sie es nicht wahr haben wollte und immer noch dachte es wäre ein böser Traum oder ein Missverständnis, würde es nichts dran ändern.

Sie hörte Connors Herzschlag in ihren Ohren und spürte seine noch kalte Haut auf ihrer. Sie war ihm jetzt näher als all die Jahre zuvor. Und doch fühlte sie sich so unwohl in seiner nähe, so verletzlich. War es weil er sie wirklich kannte? Weil er wusste was in ihr vorging und ihr innerstes Blicken konnte?
 

***
 

Lindsey fuhr aus ihrem Schlaf hoch. Erschrocken blickte sie sich um und fragte sich für einen Augenblick wo sie war. Doch dann fiel es ihr mit einem Mal wieder ein. Sie war auf der Aquilia. Sie fasste sich an den Kopf und versuchte wieder zur Ruhe zu kommen. Der Schmerz in ihrem Fuß hatte nicht nachgelassen und pochte unaufhörlich. Die Schmerzen waren fast unerträglich. Doch noch unerträglicher war aber die Tatsache, dass Lindsey nicht aus dem Bett oder überhaupt ihren Fuß belasten durfte. Zu allem Übel hatte sie nun auch noch Kopfschmerzen bekommen.

Sie betrachtete ihren einbandagierten Fuß und stellte fest, das der Verband ganz anders angebracht war, als gestern. Connor hatte also doch den Schiffsarzt geholt. Wahrscheinlich als sie geschlafen hatte. Sie konnte es ihm aber auch nicht verübeln, schließlich wollte sie ja unbedingt bei der Suche nach dem letzten Teil der Karte dabei sein. Und mit einem verstauchten Fuß würde sie Connor nur im Wege stehen.

Seufzend ließ sich Lindsey wieder zurück ins Bett fallen. Ihr Blick wanderte zu der Schüssel mit Eis, die neben dem Bett, auf einer Kommode, stand. Sie setzte sich auf und ließ die Beine über den Rand des Bettes hängen. Die Schüssel stellte sie auf den Boden und ließ ihren Fuß langsam zwischen die kalten, teilweise noch vom Frost überdeckten, Eisbrocken gleiten. Ein frösteln überkam sie sofort und Lindsey schüttelte sich. Boah ist das kalt. Natürlich, es war ja auch Eis von Grönland. Connor hatte noch welches besorgt, bevor sie losgefahren waren. Plötzlich klopfte es an der Tür und die Assassine zuckte zusammen. Sie wollte fragen wer da war, doch ihre Stimme versagte ihren Dienst. Erst jetzt bemerkte Lindsey wie sehr ihr Hals schmerzte und wie trocken er war. Ohne eine Antwort abzuwarten, kam die Person hinein. Es war der Schiffsarzt.

„Na endlich wach?“ fragte er und lachte. Er war ein alter Mann mit weißem Bart und von nicht gerade großer Gestalt. Er war vielleicht gerade mal knapp so groß wie Lindsey. „Es ist schon fast Mittag. Und wie stets mit deinem Fuß?“ Erkundigte er sich, kniete sich neben sie nieder und nahm den geschwollenen Fuß in die Hand. Vorsichtig machte er die Bandage ab und schaute sich das, von blauen Flecken, übersäten Exemplar an. Er drehte den Fuß langsam und Lindsey dachte er wolle ihn noch ganz brechen. Sie ließ ein gequältes Krächzen von sich hören.

„Der wird ein paar Tage brauchen, bis er wieder heil ist. Vielleicht sogar eine Woche oder mehrere.“ Er stand auf und goss etwas in eine Zinntasse. Er reichte ihr die Tasse und Lindsey merkte schon am Geruch, dass es sich bei der Flüssigkeit um Rum handelte. Mal wieder. Zögernd nahm sie die Tasse und starrte in deren Inhalt, so als ob sie durch ihre Gedanken bezwecken könnte, dass sich der Rum von alleine auflösen würde.

Der alte Mann lachte. „Von alleine trinkt sich der Becher nicht aus. Und außerdem tut er dir gut, wärmt deinen Hals und bringt ihn wieder zum sprechen.“

Lindsey rümpfte die Nase, weil sie wusste das er Recht hatte. Sie versuchte die Tasse mit einem Zug zu leeren, doch das Schlucken viel ihr schwer und schon nach der Hälfte musste sie anfangen heftig zu husten. Lachend klopfte ihr der Schiffsarzt auf den Rücken und Lindsey leerte noch schnell den Rest. Angewidert verzog sie das Gesicht und schüttelte den Kopf, als ob sie so den Geschmack schneller von der Zunge bekäme. Wie erwartet wärmte der Rum ihren Hals und taute ihre Stimmbänder wieder auf. Doch sofort meldeten sich wieder die Kopfschmerzen.

„Wo fahren wir jetzt überhaupt hin?“ fragte sie und unterdrückte ein stöhnen. Verdammte Kopfschmerzen!

„Nach Jamaika so viel ich weiß. Doch was der Käpt'n dort erhofft zu finden, davon habe ich keine Ahnung? So, aber jetzt solltest du dich ausruhen und deinem Fuß Erholung gönnen.“ Mit diesen Worten erhob er sich und ging hinaus.

Jamaika. Da befand sich das letzte Stück der Karte. Der Karte zu Käpt'n Kidds Schatz, um den so ein Geheimnis gemacht wurde. Was würden sie wohl vorfinden? Das übliche? Gold? Silber? Oder vielleicht doch etwas vollkommen anderes?
 

***
 

Als Lindsey mal wieder aufwachte - sei es weil ihr Fuß schmerzte, sie schlecht geträumt oder etwas anderes sie geweckt hatte - war es stockduster draußen und sie hörte das leise Geräusch der Wellen, die gegen die Planken schlugen. Eine kleine Laterne schaukelte an der Decke, in deren innersten die Kerze schon fast runter gebrannt war und nur noch wenig Licht spendete. Ebenso wie der Kerzenleuchter auf dem Tisch.

Lindsey schloss die Augen und versuchte wieder einzuschlafen, als plötzlich leise knarrend die Tür aufging und jemand hineintrat. Sofort schreckte sie halbhoch, um zu sehen wer da hinein kam. Den schemenhaften Umriss nach zu urteilen musste es Connor sein. Klar, wer sonst würde auch die Kabine des Käptn's betreten, wenn nicht er? Er blieb abrupt stehen und blickte in ihre Richtung. Seine Kapuze hatte er wie immer tief ins Gesicht gezogen, sodass Lindsey seinen Gesichtsausdruck nicht deuten konnte.

„Entschuldige, hab ich dich geweckt?“ Sie schüttelte nur den Kopf und legte sich wieder hin. Erneut versucht sie einzuschlafen, doch der Gedanke daran wieder allein mit Connor zu sein, ließ sie keine Ruhe finden. Sie starrte die Decke an und versuchte an irgendetwas zu denken. Doch ihre Gedanken schweiften nur ziellos umher und sie konnte sich nicht konzentrieren. Sie merkte wie die Matratze, unter Connors Gewicht sich leicht bog. Er legte sich neben sie. Doch machte er keinen Gebrauch von der Decke die Lindsey zur Hälfte für sich beanspruchte. Draußen war es inzwischen wärmer geworden und auch die Nächte waren nicht mehr so kühl, das man zwingend mit einer Decke schlafen musste. Es zeigte das sie mehr und mehr in den Süden kamen.

„Wie war sie?“ brach die Jüngere die Stille. Irgendetwas musste sie sagen, denn sonst wären ihre Gedanken nur wieder ziellos umhergeirrt und sie hätte nicht schlafen können.

Connor wandte seinen Kopf zu ihr und sah sie von der Seite fragend an. „Wer?“

„Aveline.“ meinte Lindsey. „Wie war sie?“ fragte sie erneut. Sie hatte sich oft die Frage gestellt ob Aveline und sie sich ähnlich waren. Ob sie das gleiche Temperament hatten, den gleichen Grund zum Kämpfen. Sie hatte immer nur von den großen Assassinen aus früheren Zeiten gehört, wie Ezio, Altair oder Connors Großvater Edward. Außer Shao Jun hatte sie von keiner anderen Assassine gehört und nun gab es eine die im Süden der Kolonien lebte. In New Orleans.

„Sie ist ehrgeizig und weiß was sie will. Sie kämpft für Freiheit, genau wie wir. Doch stellt sie ihr Handeln in Frage.“

„Tust du das nicht?“ Eine sehr direkte Frage und Connor überlegte kurz, ehe er ihr eine Antwort gab.

„Ich vertraue auf das was mir Achilles gelehrt hat und weiß das es den Menschen und meinem Volk nur zum Besten dienen soll.“

„Und das tut es auch.“ schloss Lindsey und dachte an die bisher errungenen Siege gegen die Briten.

„Wie war deine Mission? Ich hab gehört du warst auf Havanna und hast ein weiteres Stück des Artefaktes gefunden.“ Lindseys Magen zog sich augenblicklich zusammen. Sie musste an die Begegnung mit ihrem Vater denken und an die schreckliche Tatsache das er der Kronprinz von Spanien war. Soviel sie gehört hatte, ist der König von Spanien erst vor kurzem gestorben und die Königin regierte nun, aber anscheinend nicht mehr lange. Wie wäre ihr Vater als König?

Lindsey hatte sich oft die Frage gestellt, doch in ihrem Kopf schwirrte jedesmal das Bild eines Machtsüchtigen und Tyrannischen König. Sie wünschte sich es wäre anders.

„Ja.“ antwortete sie auf Connors Frage. „Es war zwar nicht leicht, aber ich war ja zum Glück nicht allein.“ Sie dachte an Anthony, der bereits ihr Geheimnis kannte. Los Lindsey, erzähl es ihm. Was ist schon so schlimm daran? Er wird es bestimmt verstehen.

„Connor ich,....“ sie stockte. Los mach schon. So schwer ist es nicht, sag es ihm jetzt! Wann sonst? „Ich....muss dir noch etwas wichtiges erzählen.“

Connor brummte ein schläfriges „Hm?“ und Lindsey blickte ihn von der Seite an. Doch sie konnte es ihm nicht direkt ins Gesicht sagen, deshalb wanderte ihr Blick wieder zur Decke.

„Auf der Insel, da....bin ich meinem Vater begegnet. Sein Freund war derjenige, den ich umgebracht und das Artefakt abgenommen habe. Er hatte mich anscheinend nicht erkannt – nehme ich an – und wollte mich für meine Tat hängen lassen. Jeder hätte seinen Wunsch folge geleistet, weil er....“ wieder stockte sie. „Weil er........er ist der Prinz von Spanien.“ platzte es auf einmal aus ihr heraus. Sie hielt den Atem an. Gespannt auf die Antwort oder Reaktion, die Connor ihr geben würde. Doch es blieb still.

„Connor?“ Die Assassine drehte sich zu ihm und verharrte. Connors Gesicht war nur wenige Zentimeter von ihrem entfernt, sodass sich ihre Nasen beinah berührten. Die Augen des Älteren waren geschlossen und sein Atem ging ruhig und gleichmäßig.

Er ist eingeschlafen?! Blödmann! Lindsey wollte ihm am liebsten ihr Kissen in sein friedlich schlafendes Gesicht schmeißen. Das er aber auch gerade dann einpennen muss, wenn ich ihm etwas wichtiges erzählen will. Doch dann wandelten sich ihre vor Ärger aufgeplusterten Wangen, in ein Lächeln um. Sie konnte ihm einfach nicht lange böse sein.

„Gute Nacht.“ flüsterte sie und zog die Decke über seine Beine.



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