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Delilah – Die Liebe einer Wölfin

von

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38. Kapitel

Delilah hatte das eigentümliche Gefühl, beobachtet zu werden. Dieses Empfinden war sogar so stark, dass sie aus ihrem festen Schlaf erwachte und schließlich die Augen öffnete.

Es war James, der sie breit grinsend ansah. „Ich bekomme zehn Dollar von dir.“

Nur mühsam arrangierten sich ihre immer noch schläfrigen Gesichtszüge so um, dass sie ein Stirnrunzeln zusammen brachte und noch völlig verschlafen nuschelte: „Was?“

Er grinste noch breiter.

„Nicht du. Ich rede mit Dean.“ James‘ Blick glitt über sie hinweg und richtete sich auf einen Punkt direkt hinter ihr.

Delilah drehte sich daraufhin ein Stück weit um und starrte immer noch völlig begriffsstutzig zu Dean hoch, der ebenfalls auf sie herabgrinste. Gott war sie heute langsam.

„Guten Morgen.“, wünschte sie den beiden demonstrativ höflich, ehe sie sich aufsetzte und sich erst einmal ausgiebig streckte, um dadurch vielleicht schneller in die Gänge zu kommen.

„Also was war das gerade eben noch mal?“, hakte sie erneut nach. Vielleicht erbarmte sich einer der beiden Brüder und erleuchtete sie über diesen ziemlich unkonventionellen Morgengruß.

„Wir haben gewettet.“, erklärte James sofort hilfsbereit.

„Darüber, ob James mit seiner Aussage Recht hat, dass du innerhalb der nächsten Viertelstunde von allein die Augen aufschlägst.“

„Wirklich?“ Sie sah von einem zum anderen.

„Und woher wusstest du das?“ Ihr Blick blieb schließlich an James hängen, während sie verstohlen nachprüfte, ob sie auch keinen Abdruck von den Ohrhörern auf ihrer Wange hatte. Fühlte sich zumindest nicht so an.

„Na ja. Du trägst einen Wolf in dir, bist erst vor kurzem angegriffen worden und wurdest auch noch intensiv angestarrt. Wäre ein Wunder gewesen, wenn du nicht innerhalb kürzester Zeit aufgewacht wärst, nachdem Dean hier aufgekreuzt ist.“

„Aha.“ Sie verstand überhaupt nichts mehr.

„Nun ja, wegen deiner Instinkte, verstehst du?“

Dass sie welche hatte, wusste sie, aber dass das mit ihrem Erwachen direkt zu tun haben sollte, erschien ihr doch etwas dürftig. James musste ihr die Antwort wohl vom Gesicht ablesen können.

Er seufzte. „Du hängst eindeutig zu wenig als Wolf herum.“

„Oder du hast kein Talent dazu, irgendwas zu erklären.“, stichelte Dean immer noch mit einem verschmitzten Lächeln auf den Lippen. Offenbar hatte ihm der gründliche Schlaf ganz gut getan. Er war heute definitiv besser drauf als gestern.

„Warte nur ab, bis ich mich wieder richtig bewegen kann, dann werde ich dir zeigen, wie man was richtig erklärt!“, knurrte James ihn gespielt böse an.

„Ja, mach nur. Wenn du dir nicht mit Worten alleine zu helfen weißt.“

„Idiot.“

„Sehr erwachsen. Ich bin beeindruckt.“ Dean würde gleich laut zu lachen anfangen, so sehr zuckte bereits sein Mundwinkel.

James setzte schon zu einer Erwiderung an, hielt sich aber zurück, als Delilah langsam aufstand und somit aus der Schusslinie ging.

„Ich lass’ euch beiden Streithähne dann mal alleine und werde Frühstück machen gehen.“ Natürlich erst nachdem sie ausgiebig geduscht hatte. Immerhin hatte sie die ganze Nacht durchgeschwitzt und war jetzt einfach nur noch froh, sich etwas abkühlen und frische Sachen anziehen zu können.

„Okay.“

„Geht klar.“

Delilah verließ das Zimmer mit unbeeindruckter Miene, doch kaum dass sie die Tür hinter sich geschlossen hatte, erschien ein heiteres Lächeln auf ihren Lippen.

Wie es schien, fanden die Brüder langsam wieder zu ihrem alten Muster zurück. Doch Delilah würde erst dann wieder richtig aufatmen können, wenn beide ihre Sätze gegenseitig beendeten, oder das Gleiche zur gleichen Zeit sagten.

Bis dahin musste sie sich eben mit diesen kleinen Fortschritten zufriedengeben.
 

Das kühle Wasser war einfach herrlich und es war auch schon dringend Zeit geworden, dass sie sich rasierte und sich die Haare wusch. Wobei die letzten Tage wirklich chaotisch gewesen waren und man ihr sicherlich verzieh, dass sie sich da weniger um sich selbst, als vielmehr um James gekümmert hatte.

Glatt rasierte Beine und frischgewaschenes Haar waren bestimmt nicht absolut lebenswichtig, aber verbesserten die Lebensqualität durchaus ungemein.

Auch deshalb fühlte Delilah sich besser, als sie nur mit einem Handtuch bekleidet, aus dem Bad kam, mit dem sie sich die Haare trocken rubbelte.

Sie fühlte sich, als wäre ein schweres Gewicht von ihr abgefallen. Vielleicht lag es aber auch nicht nur allein an der Dusche sondern auch daran, dass sie endlich einmal gut geschlafen hatte. Auf einem Couchsessel zwar, aber das milderte ja nicht wirklich das Endergebnis.

Nackt stand sie schließlich vor ihrem Schrank und ließ ihren Blick langsam über die Kleiderstapel gleiten, über deren Menge sie immer noch aufs Neue erstaunt war. Sie hatte noch nie so viele Sachen besessen. Allerdings hatte die Sache auch einen kleinen Haken. Was sollte sie heute anziehen? Die Qual der Wahl.

Während Delilah sich zumindest schon einmal ein Höschen und Socken anzog, konnte sie durch das weit geöffnete Fenster plötzlich die Stimmen der beiden Brüder hereinwehen hören, als der warme Wind sie ihr deutlicher zutrug.

Verwundert runzelte sie ihre Stirn und hielt den Atem an.

„Sag bloß, du hast die Mitleidstour abgezogen, um sie zu dir zu locken.“

„Als ob ich das nötig hätte.“ Ein kurzes Schnauben. „Sie ist von ganz alleine gekommen. Vermutlich konnte sie auch nicht schlafen und bei der Hitze würde mich das kein bisschen wundern.“

Delilah atmete wieder weiter und griff nach einem BH, der ihr noch nicht zu klein war. Bald würde sie darum bitten müssen, dass Dean mit ihr in die Stadt fuhr, um ihr welche in ein paar Nummern größer zu kaufen. Aber das hatte noch etwas Zeit.

„Schon komisch. Ich hab nicht einmal mitbekommen, dass sie schlecht geschlafen hat.“ Das hatte Dean wirklich nicht. Was er wohl gedacht hatte, als sie nicht mehr bei ihm im Bett gewesen war?

„Du und Dad habt auch ziemlich lange gearbeitet. Ist denn so viel los?“, wollte James nun mit deutlicherem Ernst in der Stimme wissen. Er machte sich also auch Gedanken um die beiden.

„Nein, eigentlich geht es, aber er ist gestern ziemlich früh verschwunden. Da aber keines der Autos gefehlt hat, muss er wohl zu Fuß unterwegs gewesen sein.“

„Meinst du, er hat sich mal wieder den Pelz übergestreift?“

Kurze Stille. „Ich bin mir nicht sicher, aber zuzutrauen wäre es ihm. Ich glaube, das mit dem Angriff auf dich, nagt mehr an ihm, als er zeigen will.“

„Hm.“

Eine Weile war es still, also zog Delilah sich eine hellblaue Leinentunika über und schlüpfte auch noch in ihre schwarzen Leggins.

Irgendwie konnte sie sich Elija gar nicht als Werwolf vorstellen. Oder zumindest wollte sie es nicht so wirklich versuchen, da der Kerl sicher aussah, als würde er direkt einem Alptraum entspringen und davon hatte sie in letzter Zeit wirklich genug.

Allerdings war es nicht so, dass sie Elija nicht mochte und er ihr immer noch ziemliche Angst machte. Nein, das hatte sich inzwischen gründlich geändert, aber mit seinen vielen Narben im Gesicht und bestimmt auch auf dem Rest seines Körpers musste er wohl schon viele Kämpfe bestritten haben und eine ziemlich beeindruckende Erscheinung als Werwolf sein. Gegen die sie nicht nur wie ein Zwerg, sondern vermutlich auch noch wie ein kleiner, weißer Staubknödel aussah, den der alte Werwolf mit bloßem Schnauben zur Seite pusten konnte. Besser sie dachte nicht weiter darüber nach.

Gerade als Delilah ihr Nachthemd ordentlich über das Fußteil des Bettes gelegt hatte und das Zimmer verlassen wollte, fiel ihr Name.

Den ersten Teil des Satzes hatte sie nicht verstanden, also schlich sie sich näher an das weit geöffnete Fenster heran, als könne man sie jeden Moment entdecken und lauschte gespannt, obwohl das schlechte Gewissen sie schon ein kleines bisschen zwickte.

„Sag, liebst du sie?“ Ihr blieb fast das Herz stehen, als das von James kam, der damit wohl auch seinen Bruder einen ordentlichen Schlenker in die Magengrube verpassen wollte. Die Frage schien ihn wohl wirklich sehr zu beschäftigen und wenn sie ehrlich war, dann konnte sie das auch voll und ganz verstehen. Ihr würde es an seiner Stelle vermutlich nicht anders gehen.

Delilah konnte ihr eigenes Blut in den Ohren rauschen hören, so sehr versuchte sie sich auf das Gespräch zu konzentrieren. Voller Spannung und auch mit einer gerechtfertigten Portion Nervosität harrte sie Deans Antwort.

„Keine Ahnung. Ich hab sie wirklich gerne, aber da ich noch nie verliebt war, kann ich es nicht mit Bestimmtheit sagen.“ Sie wusste nicht, ob sie erleichtert oder betrübt über seine Antwort sein sollte. Sie fühlte irgendwie beides.

„Wie kann man das nicht wissen?“ James schnaubte.

„Ach, als wenn du so ein Experte darin wärst!“

„Mehr als du auf jeden Fall. Dir ist es schon immer schwer gefallen, dich an eine Frau zu binden.“

„Und was hat es dir gebracht, dich an diese Schlampe zu binden?“

Scheiße, Dean!

„Wirst du mir das jetzt ewig vorhalten? Es ist vorbei. Also lass es!“ James senkte die Stimme. Klang dabei richtig bedrückt: „Ich will nicht länger darüber nachdenken müssen, okay?“

Delilah wusste, dass es richtiger wäre, in die Küche zu gehen und Frühstück zu machen.

Manchmal war es einfach besser, wenn man bestimmte Dinge nicht wusste, aber als Dean erneut das Wort ergriff, blieb sie wie angewurzelt stehen.

„Liebst du sie?

Dieses Mal ließ sich James mit der Antwort richtig viel Zeit, was sie nun endgültig nervös von einem Bein auf das andere treten ließ. Er sagte nicht einfach: Nein.

„Was soll die Frage? Du bist doch mit ihr zusammen.“, meinte er schließlich und wich offensichtlich einer Antwort aus.

„Aber du warst es, der sie zuerst wollte. Schon vergessen?“

Was?

„Wie könnte ich? Aber da du ja wieder einmal der Erste sein musstest, wär’s nett, wenn du mich jetzt damit in Ruhe lässt. Oder bohrst du gerne in offene Wunden? Danke, ich fühle mich auch so schon beschissen genug.“

Ein schweres Seufzen. „Ja, ich weiß und das tut mir auch verdammt leid.“

„Was tut dir leid? Du kannst doch gar nichts für meinen Zustand.“

Nein. Delilah war schuld daran. Da konnte sie James in Gedanken nur zustimmen.

„Doch, irgendwie schon. Ich meine, hätte ich nichts mit Deli angefangen, wäre Nadine vielleicht nie dazu in der Lage gewesen, dich noch einmal zu verarschen. Aber Tatsache ist nun mal, dass ich mich dazwischen gedrängt habe und es daher auch irgendwie meine Schuld ist. Außerdem hätte ich für dich da sein müssen. Dann hätten wir die Schlampe bereits bei der ersten beschissenen Hass-SMS gemeinsam fertig machen können. Stattdessen ist jetzt dein Handy kaputt.“

Wieder eine lange Pause.

„Ach, Mann... Dafür bist du doch jetzt für mich da und dieses Was-wäre-Wenn bringt sowieso nichts, also lassen wir das. Das macht einen nur irre im Kopf. Außerdem könntest du es ja wieder gut machen, indem du mir ins Bad hilfst.“

„J, du weißt doch ganz genau, dass-“

„Ja, ich weiß ganz genau, dass dein bescheuerter Pinkelbecher zu klein für das ist, was ich vorhabe. Mir egal, was Young gesagt hat. Ich werde gehen, ob mit dir oder ohne dich.“

„Scheiße. Du hast echt Glück, dass wir uns früher mal dieselbe Gebärmutter geteilt haben. Soll ich auch noch ein Streichholz zum Anzünden mitnehmen?“

Ein Lachen. „Lieber ein ganzes Päckchen.“

„Oh, Mann…“

„Das ist die Strafe für mein kaputtes Handy, aber darüber reden wir später noch und jetzt hilf mir hoch.“

Delilah ging. So genau hatte sie es nun wirklich nicht wissen wollen, aber das hatte sie nun davon, dass sie heimlich lauschte und jetzt würde sie mit dem gestohlenen Wissen alleine fertig werden müssen.

Ihre Zimmertür ließ sie für die beiden Brüder offen. Immerhin erwartete sie nicht, dass Dean seinen Bruder ins untere Bad schleppte, wenn sie hier nur über den Flur gehen mussten.

Immer noch das Gesagte im Kopf machte Delilah sich daran, ein üppiges Frühstück zu zubereiten.

Sie fand keine Anzeichen dafür, dass Dean bereits gegessen hatte, also briet sie ihm auch gleich eine Portion Speck und Eier mit und bereitete die entsprechende Menge Kaffee zu.

Elija aß nie etwas am Morgen, aber einer zweiten Tasse Kaffee war er bestimmt nicht abgeneigt.

Als sie mit allem fertig war, holte sie Dean, damit er ihr beim Tragen half, da sie alle gemeinsam in James Zimmer frühstücken würden. Hoffentlich brachte sie es hinter sich, ohne dass die beiden von ihrer Lauschaktion erfuhren. Sie hätte wirklich gleich gehen sollen.
 

„Danke.“

Da Dean so nett gewesen war, ihr auch noch den Rest des Geschirrs zu bringen, konnte Delilah auch gleich die Spülmaschine fertig einräumen. „Er scheint sich gut zu erholen, findest du nicht?“

Dean räumte die restlichen Sachen in den Kühlschrank und schaltete auch noch den Geschirrspüler ein. „Ja, das ist ziemlich beruhigend.“

„Zum Glück ist er ein Werwolf, sonst würde es wohl sehr viel länger dauern.“ Wenn er es dann überhaupt überlebt hätte. Delilah hatte da so ihre Zweifel.

„M-hm. Außerdem bin ich froh, dass du dich so gut um ihn kümmerst. Ich lasse Dad nur ungerne alleine in der Werkstatt schuften, auch wenn er sich natürlich nie beschweren würde.“

Ja, so kannten sie Elija. Hart und stur bis zum Geht nicht mehr.

„Ist doch okay. Immerhin habe ich Zeit.“ Auch wenn sie dadurch Dinge vernachlässigte, die ihr erst durch ihren Lauschangriff wieder so richtig bewusst geworden waren. Sie hatte auch vor, so schnell wie möglich wieder etwas daran zu ändern. Doch zuerst wollte sie eines noch einmal in aller Deutlichkeit wissen.

Bevor Dean also in der Werkstatt verschwinden konnte, legte sie das Geschirrtuch zur Seite, an dem sie sich die Hände abgetrocknet hatte und stellte sich dicht vor ihn hin. Bevor er auch nur den Mund aufmachen konnte, hatte Delilah schon ihre Arme um Deans Nacken geschlungen und ihre Lippen zart auf seinen Mund gelegt, während sie sich so weit streckte, wie sie konnte.

Es brauchte nur einen Atemzug bis seine warmen Hände sie zuerst an den Seiten streichelten, ehe er sie ganz in eine Umarmung zog und den Kuss ebenso sanft erwiderte, während er ihr auf halbem Wege entgegen kam, so dass sie sich halbwegs entspannt wieder auf die Fersen zurücksinken lassen konnte.

„Womit habe ich das denn verdient?“ Er unterbrach nur kurz den Kontakt, um das zu sagen, ehe seine Lippen erneut die ihren fanden. Dieses Mal deutlich verlangender.

Delilah hätte ihm natürlich sagen können, dass das auch ein kleines Experiment war, doch sie gab sich viel lieber diesem Kribbeln im Bauch und der Wärme in ihrem Herzen hin, während sie diese Gefühle genussvoll auskostete. So lange war es schon her, dass sie sich dem hatte hingeben können und sie schien auch nie genug davon zu kriegen.

„Das musst du … dir nicht erst …verdienen.“, hauchte sie daher zwischen kleinen Küssen, ehe ihre Finger durch sein Haar fuhren und sich schließlich dort fest hielten, um das Ganze noch intensiver zu gestalten, als ihre Zungenspitze nach seiner zu suchen begann.

Das Kribbeln verstärkte sich dadurch noch und sie hatte das Gefühl, dass ihre Nackenhärchen kleine Funken sprühten, als Deans Zunge die ihre berührte und zu umspielen begann.

Die Wärme in ihrem Brustkorb schwoll dadurch noch mehr an und das Prickeln verstärkte sich, breitete sich in ihrem ganzen Körper aus, während es sich zugleich in ihrem Bauch zu sammeln schien.

Vielleicht stimmte es wirklich und sie war tatsächlich nicht nur verknallt sondern wirklich und wahrhaftig in Dean verliebt, denn so hatte es sich für sie bisher noch nie angefühlt.

Zumindest fast noch nie.

Sie brauchte sich noch nicht einmal anzustrengen und sofort fiel ihr der stürmische Kuss am Boden der Werkstatt mit James wieder-

Nein!

Es war Dean gegenüber kein bisschen fair, wenn sie an seinen Bruder dachte, während sie sich küssten, also öffnete sie sich ihm noch mehr und ließ ihn nur zu gerne ihren Mund erforschen, bis ihr der Atem ausging.

Außerdem war das Thema nun sowieso erledigt. Sie war mit Dean zusammen und sie hatte nicht vor, daran noch etwas zu ändern. Nach diesem Kuss erst Recht nicht, der ihr alles bestätigte, was sie vorher schon zu wissen geglaubt hatte.

Delilahs Hände rutschten nach vor und hielten sich an Deans Shirt fest, während sie ihn nach hinten gegen die Arbeitsfläche drängte und ihn noch heißer küsste. Immer zart und genussvoll zwar, so wie sie beiden es liebten, aber mit der richtigen Schärfe dahinter.

Es entlockte ihm ein raues Lachen, das sie sofort mit einem weiteren Kuss erstickte.

Nun hielt auch Dean sich an ihren Hüften fest, während seine Daumen sie durch den dünnen Stoff der Tunika hindurch streichelten und auch ein Stück nach vorne wanderten, wo sie über die Rundung ihres Bauches gleiten konnten.

Delilah konnte wirklich nicht behaupten, dass sie sich mit Dean nicht absolut wohl fühlte, denn sonst war sie inzwischen schon sehr empfindlich was ihr Schwangerschaftsbäuchlein anging.

Der Gedanke, es könnte jemand Fremdes sie dort berühren, rührte sofort an ihren Instinkten und ließ sie in eine abwehrende Haltung gehen, doch bei Dean war das nicht nötig. Er würde dem Baby und ihr niemals wehtun.

Allerdings wurde sie ziemlich unsanft aus diesen warmen Gefühlen gerissen, als Dean den Kuss beendete und an ihr vorbei ein „Morgen, Dad“ murmelte.

Delilah wusste einen Moment lang gar nicht, was sie tun sollte und während sie immer noch da stand und ihre Finger in Deans Shirt gekrallt hatte, trat Elija neben sie an die Kaffeemaschine und schenkte sich eine frische Tasse voll ein.

„Morgen.“, war alles, was er sagte, ehe er ebenso lautlos wieder verschwand, wie er gekommen war, ohne sie auch nur eines allzu langen Blickes zu würdigen.

Delilah hatte noch nicht einmal seinen Gruß erwidert.

Dean fing leise zu lachen an, woraufhin sie ihm einen bösen Blick schenkte und ihn gegen die Schulter boxte. „Hättest du mich nicht vorwarnen können?“

„Habe ich hellseherische Fähigkeiten? Mich hat er auch überrascht.“

„Und warum lachst du dann?“ Sie sah ihn immer noch finster an.

„Weil dein Blick einfach genial war.“

Delilah grummelte in sich hinein und knuffte Dean dann noch einmal in die Seite, ehe sie ihn ganz losließ. „Besser du gehst jetzt an die Arbeit, bevor dein Dad dir das auch noch vom Lohn abzieht.“

„Unwahrscheinlich, aber ich sollte wirklich los.“ Er beugte sich noch einmal vor und hauchte ihr einen Kuss auf die immer noch leicht geschwollenen Lippen.

Sofort machte er ihr damit Lust auf mehr, aber er musste gehen. Und sie sollte nach James sehen, ob er nicht jetzt schon vor Langeweile gestorben war. Immerhin konnte er in seinem Zustand nicht gerade viel mit sich anfangen.

„Sehen wir uns dann später einmal?“

„Du meinst wohl eher, ob wir das von gerade eben noch einmal wiederholen?“

Dean grinste sie an.

„Klar. Ich warte dann in deiner Pause auf dich und wasch dir vorher die Hände. Ölflecken passen nicht so gut zu dem Blau meiner Tunika.“ Oder zu dem hellen Teint ihrer Haut.

Sie musste Dean aus der Küche schieben, bevor sie ihn noch länger mit ein paar Küssen aufhielt. Was das anging, war es schon viel zu lange her gewesen, dass sie sich das letzte Mal gefühlsmäßig so nahe gewesen waren.
 

Die Marines schlichen schwer bewaffnet durch die düstere, regelrecht abstoßende Umgebung. Keiner von ihnen wusste, was sie vorfinden würden, wenn sie auf die Versammlung der Kolonisten treffen würden. Doch allein die überwucherten Gänge und Flure ließen nichts Gutes erahnen.

Spätestens als sich etwas hinter den Marines im Schatten bewegte, das aussah, wie eines der Aliens, schaute Delilah lieber wieder auf ihre Finger und die lange Naht, die einen ehemals tiefen Schnitt in James’ Wade markierte.

Inzwischen hatten sie eine Beschäftigung für ihn gefunden.

Sein Mac war ein wunderbarer Fernsehersatz und spielte sogar Blu-rays ab. Auch wenn Delilah immer noch nicht verstand, was nun genau der Unterschied zu den altbekannten DVD’s sein sollte.

Immer noch etwas unsicher in ihren Handgriffen, reinigte sie vorsichtig die lange Naht, desinfizierte das Ganze noch einmal und bedeckte sie anschließend mit sterilen Tupfern, ehe sie die Wade wieder mit einem frischen Verband umwickelte.

Wenigstens war James inzwischen dazu in der Lage, sich relativ gut zu bewegen, so dass er ihr helfen konnte und sie nicht auch noch umständlich das Bein hochhalten musste.

Der Großteil der Marines war bereits getötet oder in dieses eklige Schleimzeugs eingesponnen worden, als Delilah zum nächsten Verband überging.

Bisher hatte Jams sich mehr auf den Film konzentriert, aber kaum dass ihre Finger seinen Schenkel berührten, wurde er merklich angespannt. Vermutlich genauso sehr wie sie selbst.

Beim ersten Mal als sie dort den Verband gewechselt hatte, war sie viel zu sehr auf ihre Hände konzentriert gewesen und dass sie nichts falsch machte, aber inzwischen hatte sich das geändert.

Vor allem, da sie seine Snoopy-Shorts ziemlich süß fand.

Als die Brüder in ihrem Bad gewesen waren, musste wohl mehr geschehen sein, als lediglich dem Ruf der Natur zu folgen. Was auch gut so war. Es musste für James sicher unangenehm gewesen sein, nachts so zu schwitzen und sich dann weder duschen, noch frische Sachen anziehen zu können.

„Also ich würde auch lieber sterben, als in so eine Lage zu geraten.“

„Was?“ James blickte erschrocken von ihren Händen auf, da sie das erste Mal, seit der Film lief, das Schweigen brach.

Delilah nickte zu dem Computer hinüber, um sie beide von ihrem Tun abzulenken.

„Ich würde lieber sterben, als so ein Alien in mir auszutragen und dann qualvoll dabei zu verrecken, wenn es meinen Brustkorb aufsprengt.“

„Achso. Ja, das stell‘ ich mir auch nicht besonders angenehm vor.“ Sein Bein zuckte, während sie seine Short so wenig wie möglich, aber so weit wie nötig nach oben schob.

„Die Frau ist wirklich zu bewundern, dass sie überhaupt noch einmal den Mut aufgebracht hat, das Team zu begleiten, nachdem was im 1. Teil mit ihrer Crew passiert ist. Ich frage mich aber auch, wo der Kater hingekommen ist.“

„Tja, das ist die Frage, nicht wahr?“ James lächelte und versuchte seine Aufmerksamkeit auf den Film zu richten, aber an seinen Fingern, die sich leicht ins Laken krallten, konnte man erkennen, dass er weit davon entfernt war, die Ruhe in Person zu sein.

Delilah versuchte schnell, aber gründlich zu arbeiten, damit sie sich beide nicht länger als nötig damit beschäftigen mussten, wo genau sie überall ihre Hände an James’ Körper hatte.

Aber schließlich schafften sie auch diese Stelle und beide konnten wieder tief durchatmen.

„Ich bin froh, dass sie nicht meinen Arsch erwischt hat.“, verkündete James daraufhin leise.

„Stimmt. Wäre auch sicher beim Liegen unpraktisch gewesen.“ Einmal von der Peinlichkeit völlig abgesehen, die es für sie beide bedeutet hätte. Außerdem wäre es auch schade um James‘ knackigen Po gewesen, wenn der etwas abbekommen hätte. Sie hatte nämlich noch ganz genau in Erinnerung, wie dieser sich angefühlt hatte, als sie ihre Finger dort-

Denk nicht mehr dran!

Das würde sie ohnehin nur verrückt machen. Außerdem war sie mit Dean zusammen und der hatte selbstverständlich auch eine tolle Kehrseite.

Vielleicht sollte das mein neues Mantra werden...

Nicht das mit Deans Po, aber dass sie ihn hatte und daher gar nicht an andere Männer zu denken brauchte. Andererseits hatte James das Gesicht und den Körper von Dean...

Nein, eigentlich nicht. Da log sie sich nun selbst etwas vor. Inzwischen war sie lange genug hier, um die Brüder auch anhand ihres Äußeren auseinander halten zu können.

Zugegeben, sie sahen sich verdammt ähnlich, aber allein die Gesichtsausdrücke konnten sehr verschieden sein, obwohl sie das Gleiche bedeuteten. Also galt diese Ausrede auch nicht wirklich.

James’ Kichern riss sie geradezu aus ihren Gedanken. „Sorry, aber das kitzelt.“

Fragend sah Delilah auf ihre Hände. Sie hatte das Wundpflaster richtig an seiner Seite angebracht. Aber trotzdem musste sie während ihrer Gedanken mit den Fingern abgedriftet sein. „Tut mir leid. War keine Absicht. Tun dir deine Rippen eigentlich noch sehr weh?“

„Nur wenn ich mich stark bewege, aber die Schmerztabletten helfen.“

Das war gut, denn nachdem sie den Verband an seinem Hals gewechselt hatte, würde sie seine Schulter mit der Salbe eincremen müssen. Ihr graute bereits jetzt davor, wenn sie daran dachte, wie sehr es James dort geschmerzt hatte, als Young ihn auch nur leicht berührt hatte.

„Überlebt das kleine Mädchen in dem Film eigentlich?“, versuchte sie wieder das Thema zu wechseln, während sie langsam den Verband abwickelte und James dabei so wenig wie möglich zu berühren versuchte. In dieser Position war er ihr auch so schon verflucht nahe. Selbst durch den Jodgestank hindurch konnte sie seine Witterung aufnehmen und die war ... einfach köstlich.

„Wenn ich dir das verraten würde, wäre doch die ganze Spannung dahin.“ Sein Atem streifte über ihre immer noch verdammt empfindliche Kehle, bewirkte aber das Gegenteil von purem Grauen.

„Na gut.“ Vermutlich starb das Mädchen ohnehin. Bei solchen Antworten konnte man nichts Anderes erwarten.

Delilah betupfte sanft die vielen kleinen Nähte mit dem Desinfektionsmittel.

Irgendwie konnte sie Dean schon verstehen. Das war kein Anblick, den man jeden Tag sehen wollte. Aber schlecht wurde ihr dabei auch nicht. Sie litt eher mit, obwohl James dank der starken Schmerzmittel wohl nicht besonders viel spürte.

„Bald können wir die Fäden ziehen. Die Wunden sehen schon viel besser aus. Du heilst sehr schnell.“

Sein Blick richtete sich auf sie und sie konnte seine volle Aufmerksamkeit fast körperlich spüren. Es trennten sie ja auch nur Zentimeter voneinander.

„Du musst das nicht tun, wenn du es dir nicht zutraust, okay?“ Er sagte es ganz sanft.

Ihre Finger blieben in seinem Nacken liegen; zitterten leicht. „Es geht mir nicht darum, ob ich es mir zutraue. Ich will dir einfach nicht wehtun.“ Nicht schon wieder.

„Das wirst du nicht. Da bin ich mir ganz sicher. Das bisschen Ziepen werde ich schon aushalten.“, versicherte er ihr und hob langsam seine Hand.

Delilah verfolgte die Geste mit rasendem Herzklopfen. Er legte sie auf ihre Finger und brachte sie dazu, wieder still zu halten.

„Du wirst das schon schaffen.“ James strich mit seinem Daumen über ihren Handrücken und schenkte ihr ein warmes Lächeln.

Delilah konnte plötzlich in ihrem Inneren ein sanftes Fiepen vernehmen, das von ihrer Wölfin kam, die sich auf diese Weise endlich wieder bei ihr meldete. Nadines Angriff hatte sie ganz schön eingeschüchtert. Vielleicht war sie deshalb in der Nähe von Werwölfen so zurückhaltend in letzter Zeit. Außerdem war sie eine Zeitlang nicht sehr gut auf James zu sprechen gewesen. Nach diesem Eifersuchtsanfall und nachdem sie beinahe das Baby dadurch verloren hätte, schon gar nicht. Doch das schien sich inzwischen geändert zu haben.

Delilah erwiderte das Lächeln, zog dann aber schließlich ihre Hand unter seiner weg und strich ihm kurz versucht freundschaftlich durchs Haar. Damit er nicht glaubte, dass sie es nicht mochte, wenn er sie berührte. Dabei war genau das Gegenteil der Fall. Seine Wärme schien immer noch auf ihrer Haut nach zu prickeln.

Da sie auf dieser Seite mit den Wunden fertig war, nutzte Delilah die Chance, sich kurz aus James’ Nähe zu reißen, um das Bett zu umrunden und auf der anderen Seite seines Halses weiter zu machen. Auch wenn sie dafür zu ihm aufs Bett klettern musste.

Wieder war da seine Anspannung, doch dieses Mal schob sie es auf seine verletzte Schulter, die er instinktiv etwas senkte, damit sie bei ihrer Arbeit nicht zufällig dagegen stieß. „Ich muss nachher leider auch deine Schulter eincremen.“, sagte sie auf ihre Gedanken hin.

James stieß einen tiefen Seufzer aus. „Das hatte ich befürchtet.“

„Wirken die Schmerztabletten noch?“ Gott, ihr Herz schlug ihr immer noch bis zum Hals.

„Momentan schon, aber ich werde gleich noch welche nehmen. Zum Glück hat Young nicht gesagt, wie viele ich davon höchstens nehmen darf.“

„Ich glaube auch kaum, dass du genug davon schlucken könntest, um dich damit umzubringen. Außerdem würde ich dir allein für den Versuch, die Hölle heiß machen.“

Jetzt lächelte er wieder und suchte ihren Blick. „Achso? Würdest du das?“

Was für eine Frage, nachdem sie so hart um sein Leben gekämpft hatte!

„Da kannst du Gift drauf nehmen!“, meinte sie entschlossen, bis die Bedeutung ihrer Worte in ihrem verwirrten Gehirn ankam. „Ehm... Nein, doch nicht. Das ergäbe sonst gar keinen Sinn.“

Sie schnaubte über sich selbst. „Ich fange schon an, Blödsinn zu reden.“

„Ach, ich finde es ganz witzig.“ Sein Lächeln verwandelte sich in ein belustigtes Grinsen, das sie ihm gerne durch die ein oder andere zärtliche Geste von den Lippen gewischt hätte. Immerhin amüsierte er sich da gerade auf ihre Kosten. Aber sie konnte deshalb nicht wirklich böse sein.

„Blödian...“, grummelte sie daher nur und hielt sich damit zurück, ihm stattdessen einen saftigen Klaps auf den Hinterkopf zu geben, weil das so viel besser gewesen wäre, als daran zu denken, ihn zu-

„So hat mich auch noch keiner genannt.“

Sie ließ den Gedanken ganz fallen. „Dann wurde es auch langsam Zeit und jetzt halt still, damit ich das hier endlich fertig machen kann.“

„Ja, Ma’am.“ James drehte den Kopf weg, um sich wieder auf den Film zu konzentrieren. Außerdem bekam sie dadurch mehr Freiraum, um die Wunden zu versorgen und ein noch deutlicheres Kribbeln im Bauch, da er so stark seinen Hals vor ihr entblößte, als würde er ihr vollkommen vertrauen.

Als sie wieder den Verband um seinen Hals wickelte, musste sie sich stark zusammenreißen, um nicht auch noch an seinen Haaren zu schnuppern.

Was auch immer er heute Morgen in ihrem Bad getan hatte, die Haare waren auch frisch gewaschen. Aber der Shampoo-Geruch konnte sich nicht gegen den Duft von James’ Werwolf durchsetzen.

„Stimmt etwas nicht?“ James wandte den Kopf nach ihr um, so dass ihre Nasen fast aneinander stießen.

Delilah richtete sich ertappt auf. „Nein, alles okay. Ich wollte mir nur diese eine Naht etwas genauer anschauen. Ist aber alles in Ordnung damit.“

Sogar in ihren eigenen Ohren klang es wie eine dicke, fette Lüge, immerhin war der Verband schon um James‘ Hals gewickelt und man konnte gar keine Nähte mehr sehen. Aber das fiel ihr erst auf, als ihre Worte schon ihren Mund verlassen hatten.

Scheiße.

„Bist du sicher?“

Kam es ihr nur so vor, oder klang seine Stimme mit einem Mal dunkler? Auch der Ausdruck in seinen Augen hatte sich verändert. Delilah wurde da gerade eindeutig nicht nur von James fixiert.

Ihre Wölfin begann zustimmend zu knurren.

Obwohl es ihr enorm schwer fiel, da ihre Finger plötzlich heftiger zitterten, machte sie einen Knoten in den Verband, damit dieser bis zum nächsten Mal hielt. Dafür brauchte sie mehrere Anläufe, da James sie nicht nur unverwandt anstarrte, sondern ihre Knöchel dabei auch immer wieder über seinen Unterkiefer strichen.

„Bist du bereit für die Schulter?“ Klugerweise überging sie seine Frage vollkommen.

„So bereit wie ich nur sein kann.“, antwortete er gefasst.

Nur äußerst langsam drehte er erneut den Kopf auf die andere Seite und legte ihn zugleich leicht schief, so dass er ihr den Nacken und Hals nun endgültig entblößt hinhielt.

Sie musste schwer schlucken, denn irrsinniger Weise reizte es sie in diesem Augenblick sehr, ihn dort zu zwicken.

Mit den Zähnen...

Delilah rutschte entschlossen auf der Matratze ein Stück näher, beugte sich dicht zu James hinüber und öffnete vorsichtig und langsam den Knoten der Schlinge, die seinen Arm ruhig hielt. Bis jetzt war sein Gesicht noch entspannt oder zumindest das, was man als entspannt bezeichnen konnte, wenn er nicht deutlich Schmerzen verspürte.

Delilah hatte nicht vor, den Arm zu bewegen, aber sie zog das Tuch etwas herunter, damit sie an seine nackte Schulter herankam.

„Geht es bis jetzt?“, fragte sie zur Sicherheit noch einmal nach, bevor sie die Salbe zur Hand nahm und die geschätzte Menge herausholte, so wie Young es ihr aufgetragen hatte.

„Ja, kein Problem.“ James schloss die Augen.

„Das ist jetzt vielleicht ein bisschen kalt.“, warnte sie ihn vor, erwärmte dennoch die Salbe auch kurz zwischen ihren Handflächen, damit der Temperaturunterschied nicht zu stark war.

So zärtlich wie möglich, legte sie schließlich ihre Hände auf die Schulter und verteilte erst einmal gründlich die Salbe. „Wenn ich dir wehtue musst du es mir sagen.“

James drehte nur leicht seinen Kopf in ihre Richtung, so dass er sie aus dem Augenwinkel ansehen konnte. „Du wirst mir nicht wehtun, schon vergessen?“

Da war sie sich gar nicht so sicher, immerhin streichelte sie ihn gerade nur, aber gleich würde sie sanften Druck ausüben müssen, um die Muskeln sanft zu massieren.

„Gib trotzdem Bescheid, anstatt den Harten zu spielen, okay?“

„Im Moment bin ich weit davon entfernt auch nur irgendwie hart zu sein.“

Er legte seine Wange auf seine heile Schulter und schloss erneut die Augen. „Aber wenn du so weiter machst, könnte sich das durchaus noch ändern.“

Delilah arbeitete noch ein paar Herzschläge lang weiter, ehe sie begriff, was James damit gemeint haben könnte.

Verwundert sah sie hoch.

Er grinste ziemlich unverschämt, so dass sie ihn gar nicht erst ernst nehmen konnte. Zum Glück sah er sie dabei nicht auch noch an. Bestimmt hätte das Gold in seinen Augen dabei auch wie frisch poliert gefunkelt, nachdem es in letzter Zeit wie abgestumpft gewirkt hatte.

„Ich an deiner Stelle, würde nicht so den Mund aufreißen. Ich bezweifle, dass du in deinem Zustand irgendwas ohne irgendwelche bestimmten Pillen zu Stande bringst. Ich denke da besonders an diese kleinen blauen Pillen für den Mann.“

„Viagra hab ich noch nie nehmen müssen. Ich bin schließlich ein Werwolf! Aber wenn du mir nicht glaubst, können wir ja gerne wetten.“

„Lieber nicht. Ich würde dir gerne die Enttäuschung einer Niederlage ersparen.“ Sie konnte ihn wirklich nicht ernst nehmen, aber es war doch schön, so mit ihm zu scherzen, obwohl sie eigentlich gerade sehr vorsichtig sein musste. Aber es vertrieb auch definitiv ihre Angst vor dem, was sie hier tat.

„Ist wohl auch besser so. Der Wetteinsatz wäre ohnehin zu hoch für dich gewesen.“

„Ach ja? Um was wäre es denn gegangen?“ Sie hob fragend eine Augenbraue und strich dennoch immer wieder über James’ Schulter, bis diese merklich warm wurde.

Er begann fast zu Schnurren und seufzte wohlig, ehe ein sehr sinnliches Lächeln seine Lippen umspielte. „Ein wahrer Kenner genießt und schweigt.“

Sie musste kurz lachen. „Ich dachte, du bist kein wahrer Kenner.“

„Kommt ganz auf die Situation an.“

„Sag bloß, du genießt das hier. Da sprechen wohl die Schmerztabletten aus dir.“ Und wie er das hier genoss. Das war nicht zu übersehen.

„Möglich, aber das heißt ja nicht, dass ich meine Lage nicht auch zu meinem Vorteil ausnutzen kann.“

Ja, da gab sie ihm Recht.

Eigentlich war sie auch ganz froh, dass James das hier genießen konnte, anstatt zu leiden. Auch wenn sie ihm das nicht vollkommen abkaufte.

Kurz sah Delilah wegen des plötzlichen Lärmpegels hoch und an James’ Profil vorbei auf den Computer. Im Film starben gerade die nächsten Leute, während sie auf der Flucht vor den Aliens waren.

Da sie das wenig reizte, konzentrierte sie sich lieber wieder auf ihre Hände und James‘ Haut...

Schon seltsam. Wenn James nicht in dieser Lage wäre, würde sie es niemals wagen, ihn so zu berühren. Sie würde ihm noch nicht einmal so nahe kommen oder auf seinem Bett sitzen.

Nicht, dass es keinen Reiz für sie hätte, aber es wäre ihr einfach nicht erlaubt gewesen. Von daher könnte auch sie das für ihren Vorteil-

Ich bin mit Dean zusammen. Ich bin mit Dean zusammen! Ich bin-

„Bist du schon fertig, oder kannst du noch etwas weiter massieren?“ Honigfarbene Augen sahen sie offen an.

Völlig perplex starrte sie für einen Moment zurück, bis sie mit ihren Gedanken auf dem Laufenden war. „Wenn du es brauchst, kann ich ja noch ein bisschen weiter machen.“

„Ja, bitte. Das ständige Liegen macht mir ganz schön zu schaffen.“ Er seufzte schwer.

„Das du heute schon aufgestanden bist, ist doch ein gutes Zeichen. Du wirst sehen, es wird von Tag zu Tag besser.“, versuchte sie ihn zu vertrösten und entschied spontan, nicht nur sanft seine Schulter zu bearbeiten, sondern sich auch etwas um seinen Nacken zu kümmern. Tatsächlich war er dort ziemlich angespannt und fest.

„Oh jaa... Genau da...“, stöhnte James überraschend deutlich auf und lehnte sich ein Stück nach vor, damit Delilah noch mehr Platz hatte.

Kurzerhand rutschte sie noch näher und richtete sich so weit auf, dass ihr Bauch beinahe seinen Arm streifte. Da sie seine andere Schulter bedenkenlos kneten konnte, übte sie dort richtig Druck aus, bis James nur noch ein wohliges Brummen von sich gab, das sie nicht nur bis in ihren eigenen Bauch spürte, sondern ihr auch unerwartet deutlich zwischen die Schenkel rutschte.

„Wenn ich dafür bezahle, machst du das dann öfter?“

Was?

Sie war noch immer völlig überrumpelt von diesem einen bestimmten Gefühl und dann kam er ihr auch noch mit-

Delilah nahm für einen Moment lang an, dass das wieder ein Scherz sei, aber James meinte es vollkommen ernst. Offenbar tat es ihm sogar richtig gut.

„Wenn du dabei keine unangebrachten Hintergedanken bekommst, mache ich es auch umsonst.“ Von ihren eigenen Gedanken, die sich da einmischen wollten, wusste er ja zum Glück nichts.

„Ganz ehrlich, auf die Idee käme ich im Augenblick gar nicht. Dafür entspannt mich das viel zu sehr.“

Und es stimmte. Sein sanfter Tonfall, seine ganze Haltung und die Signale, die er aussandte, bestätigten James‘ Aussage nur.

„Gut, dann kann ich das sicher noch einmal wiederholen.“ Sobald sie sich wieder zusammen gerissen hatte.

„Danke.“, war alles, was sie daraufhin eine ganze Weile lang zu hören bekam. Mal von den wohligen Lauten abgesehen, die sie ganz verrückt machten.

Während Delilah sich beinahe mit Gewalt darauf konzentrierte, James’ Muskeln weich zu kneten, lugte sie mit einem Auge immer wieder zu dem Film hinüber, in dem zum Schluss auch noch die Königin – ein riesiges Alien – auftauchte und der weiblichen Hauptrolle noch einmal ganz schön zusetzte. Überraschenderweise überlebte nicht nur diese am Schluss, sondern auch das kleine Mädchen und der sexy Marine, der Delilah von Anfang an sympathisch gewesen war.

Als der Abspann kam, strich sie James noch ein letztes Mal über den Nacken, ehe sie ihm dabei half, sich wieder zurück in die Kissen sinken zu lassen, nachdem sie die Armschlinge wieder befestigt hatte.

„War doch gar nicht so schlimm, oder?“ Sie lächelte ihn offen an. Erleichtert darüber, dass sie es endlich hinter sich hatten und für heute seine Wunden versorgt waren.

„Du bist wirklich die beste Krankenschwester der Welt.“

Sie errötete. Nein, das war sie nicht. „Soweit würde ich jetzt nicht gehen, aber ich gebe mir alle Mühe. Immerhin hast du dich auch um mich gekümmert, als ich das Bett hüten musste.“

Sein Lächeln erlosch so restlos, als hätte man es einfach ausgeknipst. „Nein, das habe ich nicht. Um ehrlich zu sein, tut es mir sogar wahnsinnig leid, dass ich mich so beschissen aufgeführt habe. Ich hätte besser für dich da sein sollen.“

„Aber das warst du doch.“

„Nein. Nicht wirklich.“

„Und was ist mit den Büchern? Die Kleider? Das Essen?“, versuchte sie es erneut, da ihr das wirklich viel bedeutet hatte, immerhin hätte James nach allem was passiert war, gar nichts für sie tun müssen und dennoch hatte er sein Programm stur durchgezogen.

„Das … war doch nichts.“ Wieder ein tiefes Seufzen, während er ihrem Blick auswich und so wie er aussah, machte er sich in Gedanken gerade selbst fertig. Dabei war er gerade noch so entspannt gewesen.

Delilah umfasste sein Kinn und zwang ihn damit dazu, sie wieder anzusehen.

Ihr Blick war eindringlich als sie sagte: „Du hörst mir jetzt genau zu, James. Das was du bisher alles für mich getan hast, ist nicht einfach ‚gar nichts‘. Es hat mir wirklich viel bedeutet und war mehr, als sonst jemand in meinem Leben bisher für mich getan hat. Von Dean einmal abgesehen.“

Langsam ließ sie ihn wieder los. „Ihr seid für mich da und das war schon sehr lange niemand mehr für mich. Also hör auf, zu sagen, es wäre nichts. Es ist alles für mich, verstehst du?“

So offen hatte sie gerade nicht sein wollen, also senkte sie den Blick, damit James nicht noch mehr Gefühle in ihren Augen lesen konnte.

Plötzlich ergriff er ihre Hand und hielt sie fest, so dass sich die Wärme seiner Haut regelrecht auf sie übertrug.

Fasziniert starrte sie auf das Bild. Seine Hand war so viel größer als ihre, dass-

„Deli…“

Ihr Blick zuckte hoch, während durch den überraschend sanften Tonfall ihr Herz nun endgültig ihren Brustkorb zu sprengen versuchte.

„Ja?“

„Ich-“

„Deli?“

Delilah fuhr fast zusammen, als sie Deans Stimme von unten herauf hören konnte, lauter als die leise Stimme von James und daher umso verwirrender, klangen sie doch so gleich.

Offenbar hatte er jetzt Pause und das im denkbar ungünstigsten Moment, denn sie war sich sicher, dass James gerade dabei war, etwas Wichtiges zu sagen.

„James?“, versuchte sie es daher noch einmal und ignorierte so gut sie konnte Deans Schritte auf der Treppe die immer näher kamen.

Doch James ließ ihre Hand wieder los und wandte sich nun vollkommen von ihr ab. „Ach nichts. Ist nicht so wichtig.“

Sie spürte den Stich deutlich in ihrer Brust.

Dean klopfte nicht an, sondern kam gleich zur Tür hereingestürmt.

„Hi, Leute. Alles klar bei-“ Er verlor langsam den Schwung und blieb schließlich vor dem großen Bett stehen, während sein Blick von einem zum anderen wanderte und schließlich bei Delilah hängen blieb, die immer noch dicht neben James auf dem Bett saß.

„Stör‘ ich euch gerade?“

Kurz warf sie noch einen Blick zu James hinüber, doch der zupfte regelrecht gelangweilt an einem Eck des Heftpflasters an seinem Bauch herum, ohne es jedoch abzulösen.

„Nein. Ich bin gerade fertig geworden und mache uns gleich etwas zu Essen.“ Sie packte zusammen, stand auf, richtete sich kurz ihre Tunika und marschierte dann mit den Verbandssachen zur Tür. Beim Vorbeigehen strich sie Dean zur Begrüßung sanft über die Seite und verließ dann das Zimmer, ohne sich noch einmal umzudrehen. Auch ihre Stimmung war mit einem Schlag wie ausgelöscht.

James hatte ihr mit Sicherheit etwas Wichtiges sagen wollen und es hatte wehgetan, als er sich so endgültig von ihr abgewandt hatte.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Dragonie
2014-05-04T12:37:07+00:00 04.05.2014 14:37
Oh klasse, hast Du Dich also extra um die Pharmazie gekümmert und schön die Anatomie beschrieben... finde ich richtig beeindruckend, wie geschickt Du das Zwischenmenschliche, die Gedanken und Gefühle umschreibst (siehe wohliges Brummeln) und dann auch so kleine >verzwickte< Passagen mit einbaust...

Echt, ich ziehe meinen Hut vor Dir~ Das heißt... wenn ich denn einen hätte! /D
Aber ehrlich - es ist toll, Deine Geschichte zu lesen.

Und nur als kleine Abschlußfrage... der Film, den Du beschreibst... das war nicht >Alieb vs. Predator<, oder? Es klang erst so, kann aber nicht sein... o.o


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