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Worldtraveler ~Ver. 2~

von

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Reise 1 "Training" - Tag 31-60 ~Feinheiten~

5. April 2012

Yuki öffnete gähnend ihre Augen und streckte sich. Sie ging ins Bad und wusch sich das Gesicht, dabei hatte sie sich angewöhnt, über ihre roten Dreiecke zu streichen, denn dadurch wurde sie wacher. Zumindest bildete sie sich ein, dass sie danach fitter wäre, aber sie konnte sich natürlich auch irren. Dabei fiel ihr ein, dass Ollowain herausfinden wollte, wessen Familie sie angehörte. Allerdings war das wegen den letzten Ereignissen zwischen ihnen in Vergessenheit geraten. Wie so häufig dachte sie an die erste gemeinsame Nacht und fragte sich, was Ollowain an ihr so interessant fand. Yuki selbst konnte nie etwas erwähnenswert Gutes an sich erkennen. Sie hatte einen passablen Körperbau, war also weder zu dick noch zu dünn. Bis vor kurzem trug sie eine Brille und fand sich deshalb absolut unattraktiv. Auch jetzt hat sich das nur geringfügig geändert. Irgendetwas musste also an ihr sein, was der Elf als anziehend empfand. Sie zuckte mit den Schultern, weil sie es müßig war, sich darüber den Kopf zu zerbrechen und genoss einfach die Tatsache, dass es so war. Sie lächelte in sich hinein und verließ das Bad, um sich anzukleiden. Sie gab Eissi, wie immer wenn sie morgens das Zimmer verließ, einen Kuss auf die Wange und streichelte ihr kurz über den Kopf. Dann schwang sie ihr Schwert auf den Rücken und verließ das Zimmer. Mittlerweile nickte sie sogar der Bediensteten zu, die sie immer weckte, falls sie doch nicht aus dem Bett kam. Allerdings konnte sich Yuki nicht ihren Namen merken und das ärgerte sie sehr. Später würde sie danach fragen, doch jetzt musste sie zur Lichtung, um endlich ihren ersten richtigen Trainingstag zu beginnen.
 

Vor den Toren von Burg Elfenlicht sah sie Ollowain, der einigen anderen Elfen anscheinend Befehle erteilte. Sie blieb in einigem Abstand stehen und schaute fasziniert in deren Richtung. Sie alle trugen dieselbe Art Uniform. Yuki vernahm akustisch jedes Wort, was Ollowain in einem autoritären Befehlston sprach, doch sie verstand die Elfensprache nicht. Vielleicht würde er ihr ein wenig beibringen, wenn sie ihn darum bat.

Einer der anderen Elfen sah Yuki auf einmal an und musterte sie. Er war ungefähr so groß wie Ollowain und hatte kurzes blaues Haar und dunkle Augen. Er stupste mit dem Ellenbogen seinen Nachbarn an, der längeres silberweißes Haar hatte und ein wenig kleiner war. Beide grinsten sie an und Yuki schaute zur Seite und tat so, als hätte sie das nicht mitbekommen. Ollowain hingegen drehte sich ebenfalls zu ihr um und betrachtete sie kurz. Danach erteilte er weiter Befehle und die beiden strafften sich. Anschließend liefen die insgesamt fünf Männer an Yuki vorbei und die beiden, die sie angrinsten, grinsten sie auch jetzt an. Irgendwann konnte sich Yuki nicht mehr zusammenreißen und lächelte zurück. Als alle an ihr vorbei gelaufen waren, drehte sie sich um und sah ihnen hinterher.

„Das ist ein Teil der Elfenritter, die ich befehlige.“

„Wow, das war irgendwie beeindruckend.“

„Sie bestehen aus insgesamt zehn Mann und ich habe sie persönlich aus den besten Kämpfern und Magiern zusammengestellt. Einige von ihnen waren meine ehemaligen Schüler.“

Yuki war total fasziniert von der Szenerie und nickte daher nur mit dem Kopf.

„Komm, wir haben viel zu tun!“

Ollowain streichte ihr sanft über den Kopf und lief an ihr vorbei. Sie schaute ihm noch kurz hinterher und folgte ihm schließlich.
 

Auf dem Weg unterhielten sie sich hauptsächlich über Yuki’s vorheriges Leben, da das Ollowain als äußerst interessant empfand. Also erzählte er ihr von ihrer Heimatstadt und über die Ausbildung, die sie eigentlich gerade absolvierte. Dann plapperte sie darüber, wie sie Eissi kennen gelernt hatte.

„Und deine Familie?“, fragte Ollowain, als Yuki geendet hatte und schwieg.

„Mein Vater ist ein sehr ehrgeiziger Mensch und wollte seine Denkweise auch an seine Kinder weitergeben. Das hat zwar meistens zu Streit geführt zwischen uns beiden, doch ich glaube, es hat was gebracht. Mit meinen Brüdern verstehe ich mich mittlerweile richtig gut. Als wir noch jünger waren haben wir uns ständig gestritten und wegen denen habe ich oft geweint.“

„Und deine Mutter?“

Yuki blieb stehen und schaute auf den Boden. Ollowain drehte sich um und fragte sich, warum sie nicht weiter lief.

„Meine Mutter… war sehr krank… Sie hatte Krebs und schleppte den über fünf Jahre mit sich herum.“

Ollowain lief einige Schritte zurück, sodass er direkt vor Yuki stand, denn sie sprach auf einmal sehr leise.

„Vor einem halben Jahr dann….“

Doch Yuki’s Stimme erstarb und Tränen liefen ihr über die Wangen. Sie versuchte sie noch krampfhaft wegzuwischen, doch es waren zu viele.

„Verzeih mir, Yuki. Ich wollte nicht…“

„Sie hat doch so gekämpft! Warum… warum… konnte sie nicht gewinnen…? Sie hat soviel getan…“

Ollowain nahm Yuki in den Arm und streichelte sanft über ihren Kopf.

„Manchmal kann man nicht jeden Kampf gewinnen…“

„Das ist so ungerecht! Das hatte sie alles nicht verdient! So viele andere leben, warum musste sie… sterben? Warum nur?!?“

Ollowain wusste nicht, was er in so einem Moment sagen sollte, denn wahrscheinlich wäre jedes Wort das Falsche gewesen. Yuki krallte sich an seinem Rücken und er umarmte sie etwas fester, bis sie sich wieder beruhigt hatte. Dann löste sie sich von ihm und wischte mit ihrem Arm ihr Gesicht trocken.

„Entschuldige… Das hätte nicht sein müssen“

Sie wollte weiterlaufen, doch Ollowain hielt sie am Arm fest.

„Es ist okay, Yuki. Komm zu mir, wann immer du reden willst. Ich werde mir Zeit für dich nehmen.“

Yuki schniefte noch ein letztes Mal, dann lächelte sie und gab ihm einen Kuss auf die Wange. Anschließend stellte sie sich auf ihre Zehenspitzen und flüsterte ihm ein „Danke!“ ins Ohr. Daraufhin schaute sie ihn nochmal mit ihren noch feuchten Augen an und lief weiter. Ollowain folgte ihr und vorerst schwiegen beide. Ollowain war der Meinung, dass es besser war Yuki vorerst in Ruhe zu lassen, bis sie von sich aus wieder etwas sagte. Nach einiger Zeit fasste sich Yuki ein Herz und brach das Schweigen.

„Ollowain, was ist mit meiner… anderen Familie…?“

„Möchtest du das wirklich jetzt wissen?“

„Ja. Wenn du etwas über sie weißt, dann sag es mir.“

„Die roten Dreiecke markieren die mächtigste Dämonenfamilie, die es gibt. Luzifer und seine Kinder.“

Yuki blieb erneut stehen und schaute ihn verwirrt an.

„Das kann doch… nicht sein. Nein, du musst dich irren, das ist absurd!“

„Yuki…“

„Mein Vater soll der Fürst der Hölle sein? Der gefallene Engel Luzifer?“

„Es sieht ganz danach aus.“

„Das ist… echt harter Tobak… Würdest du mich jemals anlügen?“

„Nein, niemals!“

Yuki nickte daraufhin nur und lief weiter. Doch etwas in ihrem Blick hat sich ganz eindeutig verändert, das sah Ollowain sofort. Aus irgendeinem Grund hatte er jetzt das Gefühl, als müsse er besonders auf Yuki aufpassen. Er schaute ihr noch einen Moment besorgt hinterher, dann folgte er ihr.
 

Als sie schließlich die Lichtung erreichten zog Ollowain ein Zwillingsschwert. Yuki zog eine Augenbraue hoch und legte den Kopf schief.

„Aber trägst du nicht normalerweise ein Einhänderschwert?“

„Den Titel eines Schwertmeisters bekommt man nicht nur durch Stärke. Ein Schwertkämpfer muss mit allen Arten von Schwertern gleichermaßen gut umgehen können. Erst dann darf er sich Schwertmeister nennen.“

„Wow, interessant!“

Nun holte auch Yuki ihre Waffe hervor und war glücklich sie endlich benutzen zu dürfen.

Ollowain stellte sich in einigem Abstand vor Yuki auf.

„Bei einem Zwillingsschwert ist es das Wichtigste, das du niemals vergisst, dass es zwei Klingen besitzt. Ich werde die Bewegungen vormachen, du wiederholst sie und ich werde sie gegebenenfalls korrigieren. Wenn du den Bewegungsablauf richtig hast, werden wir ihn komplett zeitgleich ausführen, damit dein Timing stimmt.“

„Aber wozu das alles? Ich meine… Wenn ich jemandem in einem echten Kampf gegenüberstehe, dann bekämpfe ich ihn doch nicht mit einer festgelegten Abfolge von Bewegungen oder sowas.“

„Der Sinn dieser Trainingseinheit besteht schlichtweg darin, dass du ein Gefühl für dein Schwert bekommst. Du musst dein Schwert kennen, um damit richtig kämpfen zu können. Und dazu dienen diese Übungen, die wir in diesem Monat absolvieren werden.“

Yuki nickte und stellte sich wieder in ihre Karatekampfposition, doch da schüttelte Ollowain bereits den Kopf.

„Halte die Klingen nicht so verkrampft vor dich. Bei einem normalen Schwert mag das gut sein, doch bei deiner Zwillingsklinge ist es besser, wenn du eine Klinge unten hältst. Da du Rechtshänderin bist, solltest du auch die rechte Klinge unten behalten. Jeder erste Schlag, den du mit einer Zwillingsklinge ausführst, kommt von unten!“ Ollowain zeigte Yuki die Kampfstellung, während er sie erläuterte. Yuki stellte sich genauso hin und Ollowain korrigierte ein wenig ihre Beinstellung, damit sie einen sicheren Stand hatte. Anschließend zeigte er ihr den ersten Bewegungsablauf und Yuki ahmte ihn nach. Ollowain erkannte, dass in Yuki tatsächlich eine Schwertkämpferin zu schlummern schien. Sie lernte schnell, hatte jedoch noch absolut kein Gefühl für die Feinheiten, wie beispielsweise die Beinstellung oder das richtige Umfassen der Klingen. Das musste er fast immer verbessern.

Aber auch darum würde er sich kümmern. Er hatte schon Schüler gehabt, die hatten augenscheinlich weniger Talent für das Schwert als Yuki, doch auch die hat er zu passablen Kämpfern erzogen.
 

Sie trainierten, bis die Sonne hoch am Zenit stand, erst dann machten sie die erste Pause. Yuki gähnte und legte ihren Kopf plötzlich auf Ollowains Schoß und schloss die Augen. Er war zunächst überrascht, doch hatte er nichts dagegen.

Sie suchte seine Nähe, denn während sie döste hatte sie ein breites Lächeln auf ihrem Gesicht.
 

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Burg Elfenlicht…

„Wow, ich bin positiv überrascht! Für einen Menschen lernst du erstaunlich schnell.“

Eissi konzentrierte sich darauf, dass die kleine Flamme, die sie herauf beschworen hatte, nicht in sich zusammenfiel. Doch länger als nur wenige Sekunden konnte sie sie noch nicht aufrecht erhalten. Als sie verpuffte, schaute Eissi ihre Lehrmeisterin an und lächelte.

„Du hast das Grundlegende der Magie verstanden und kannst tatsächlich das magische Netz beeinflussen. Ich muss zugeben, ich hätte nicht erwartet, dass dir das in solch einer kurzen Zeit gelingen würde.“

„Es ist extrem anstrengend. Vielleicht sind hier ja schon meine Grenzen.“

Yulivee schüttelte den Kopf und schaute ihre Schülerin lange an.

„Jeder hat Grenzen, das ist wahr. Doch es liegt an der Person selbst, ob er an diesen Grenzen aufhört, oder ob er sie überwindet.“

Eissi nickte und nahm sich etwas zu Essen aus dem Korb, welchen Yulivee morgens immer schon mitbrachte.

„Wenn du diese Trainingsstufe geschafft hast, dann üben wir, wie du Magie gezielt gegen jemanden richtest. Da momentan kein Magiestudent in Burg Elfenlicht ist, werde ich deine Trainingspartnerin sein.“

„Aber was ist, wenn ich dich verletzen sollte, oder so?“

„Jemand wie du kann mich nicht verletzen, keine Sorge.“

Eissi nickte nur und ihr wurde eine neue Eigenschaft der Elfen bewusst: Sie besitzen alle eine gewisse Arroganz.
 

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Waldlichtung…

„Aua!“

Yuki hatte sich bei einer Drehung das Knie verdreht und lag nun auf allen Vieren. Sie fluchte und versuchte aufzustehen, doch ihr Bein knickte wieder ein.

„Scheiße!“

Sie setzte sich hin und krempelte ihre Hose hoch, um ihr Knie zu begutachten. Ollowain hockte sich vor sie hin und nahm ihr Bein in die Hand. Sofort durchfuhr Yuki ein unangenehm ziehender Schmerz und wieder fluchte sie.

„Dein Knie hat sich überdehnt. Wir machen eine Pause, in wenigen Stunden sollte es sich wieder beruhigt haben.“

Er rieb ihr Knie mit einer seltsam duftenden Salbe ein und lies es sanft auf den Boden sinken.

„Das nervt. Ich bin viel zu blöd für dein Training.“

„Sag so etwas nicht. Du hast nicht manch anderen Schüler von mir gesehen. Erinnerst du dich an die beiden, die dich vorhin angegrinst hatten?“

„Das hast du mitbekommen?“

„Natürlich. Diese beiden waren ebenfalls meine Schüler. Der Blauhaarige heisst Farodin und hat sich aus für mich unerfindlichen Gründen das Bein gebrochen.“

„Aus völlig unerfindlichen Gründen… Meinst du nicht, du gehst einfach zu hart mit deinen Schülern um?“

Yuki deutete provokant auf die Rötungen und zahlreichen kleinen blauen Flecken, die sie im Laufe des Vormittags angesammelt hatte.

„Wenn ich euch nicht fordere, wie sollen dann gute Kämpfer aus euch werden? In einem richtigen Kampf nimmt auch niemand Rücksicht auf euch, also fange ich damit im Training gar nicht erst an.“

Yuki seufzte und versuchte aufzustehen, doch Ollowain hielt sie zurück.

„Ich hab gesagt, dass du sitzen bleiben sollst. Dein Bein würde wieder wegknicken.“

Yuki murrte etwas und blieb bockig sitzen.

„Jetzt bocke nicht, ich meine es nur gut.“

„Hm. Sag mal… die Elfensprache… meinst du, ich könnte sie auch lernen?“

„Unsere Sprache ist sehr schwierig. Vielleicht kann ich dir irgendwann etwas Unterricht geben, doch nicht jetzt. Ich möchte dich auf deinen Auftrag vorbereiten so gut es geht und dafür bleibt mir nicht mehr viel Zeit.“

„Warum sprechen Emerelle, Yulivee und du eigentlich meine Sprache?“

Ollowain machte eine kurze Pause bevor er ihr antwortete.

„Wie du weißt, wissen Emerelle und ich bereits lange von der Bedrohung der Ygireks. Wir haben lange in den verschiedenen Welten nach jemandem wie euch gesucht. Die Hölle können wir nicht betreten, daher mussten wir einen Dämon in einer anderen Welt finden. Ich wurde oft für eine lange Zeit von Emerelle in die Welten entsandt und ich musste mir viele verschiedene Sprachen aneignen. So auch eure. Yulivee hingegen war vor vielen Jahren noch regelmäßig in eurer Welt. Doch dann muss etwas passiert sein, denn sie war schon lange nicht mehr da. Was genau allerdings passiert ist, erzählt sie niemandem.“

Yuki nickte und betrachtete ihr Knie, welches langsam rot wurde. Sie strich darüber und ihre Haut fühlte sich seltsam weich und warm an.

„Du, ich glaube, das ist geschwollen…“

Ollowain hob ihr Bein wieder leicht an und der plötzliche Schmerz trieb Yuki kleine Tränen in die Augen, doch sie liefen zum Glück nicht ihre Wangen herunter.

„Es scheint wohl so.“

Ollowain zog ihren Stiefel aus, nahm etwas Verband zur Hand und legte ihn um ihr Bein.

„Wir warten jetzt einfach ab und ich schau in ein paar Stunden nochmal auf dein Knie.“

„Und was machen wir in der Zeit?“

„Ich bin sicher du hast viele Fragen. Jetzt ist eine gute Gelegenheit sie zu stellen.“

Yuki fühlte sich ertappt, denn sie wollte tatsächlich viele Dinge wissen.

„Kommen Eissi und ich irgendwie nochmal in unsere Welt?“

Ollowain überlegte lange und schaute Yuki dann eindringlich an.

„Hör zu, Yuki… Wenn Eissi und du mit dem Training fertig seid, dann werdet ihr… anders sein, als vorher. Du siehst ja jetzt schon an dir, denn bei dir ist es auffälliger, als bei Eissi.“

„Soll das etwa heissen, nur weil ich ein Dämon bin, soll ich nicht mehr nach Hause können?“

„Das zumindest sagt Königin Emerelle.“

Yuki schaute zur Seite und unterdrückte einen Fluch.

„Das hätte die mir vorher sagen müssen! Ihr reißt Eissi und mich aus unserem Leben heraus und dann sollen wir nicht einmal mehr zurück können? Weißt du eigentlich, was das für uns bedeutet?“

„Ich kann es mir nur im Ansatz vorstellen.“

„Nein, kannst du nicht, denn dir passiert es ja nicht! Wir sollen alles hinter uns lassen, das kann nicht dein Ernst sein!“

Yuki rang um Fassung, doch noch bevor sie sie wiedererlangte, rannen ihr Tränen über das Gesicht.

„Und dann fang ich hier ständig an mit heulen! Ich hab in den letzten paar Wochen hier soviel geheult, wie in den letzten fünf Jahren, hab ich das Gefühl!“

Ollowain blieb erstaunlich ruhig und ließ Yuki einfach reden. Das nervte sie, doch sie war unfähig noch etwas dazu zu sagen. Stattdessen legte sie ihr Gesicht auf ihr angewinkeltes gesundes Knie und ließ die Tränen laufen.

„Scheiße…“, flüsterte sie noch, dann schwieg sie.

Ollowain ließ ihr einige Sekunden Zeit, dann hob er sanft ihr Gesicht an.

„Ich werde mit Emerelle reden. Vielleicht ist es möglich, dass ihr vor eurem Auftrag nochmal kurz in eure Welt gehen könnt.“

Yuki schniefte ein letztes Mal und nickte. Da sie nicht aufstehen konnte, ließ sie sich einfach ins Gras fallen und betrachtete den kreisförmigen Himmelsausschnitt, den die Baumkronen zuließen. Die Wolken zogen langsam und gemächlich am Firmament vorüber und Yuki wurden die Lider schwer. Ollowain legte sich mit seinem Kopf neben Yuki’s und betrachtete ebenfalls den Himmel.

„Wie kann diese Welt existieren, Ollowain?“

„Sie existierte schon immer, genau wie all die anderen Welten.“

„Ich verstehe das nicht. Ihr seid Figuren in einem Fantasy-Buch.“

„Wie gesagt: Die Welten existieren seit Anbeginn der Zeit. Ich weiß nicht, womit das zusammenhängt, doch manche Bewohner der Welten bekommen Visionen oder ähnliche Phänomene von Personen oder Schauplätzen aus anderen Welten. Manchmal behält er sie für sich, doch manchmal verarbeitet er sowas zu Geschichten und bringt sie so in Umlauf. So wird das auch in unserem Falle geschehen sein.“

„Das ist schwer zu glauben…“

Ollowain drehte sich auf die Seite, sodass er nun über Yuki’s Gesicht war.

„Dadurch, dass es nur Visionen sind, weichen manche Dinge von solchen Erzählungen ab. Diejenigen, die in den Erzählungen tot sind, können leben oder auch umgekehrt. Auch könnte das Gut-und-Böse-Gefüge ein völlig anderes sein.“

Yuki nickte müde und richtete sich wieder auf. Sie gähnte und schaute sich um. Ihr Blick blieb wieder an ihrem Knie haften und betrachtete es genauer. Es war zwar noch immer angeschwollen, doch der Schmerz hatte etwas nachgelassen. Vielleicht bildete sie sich das auch nur ein, wäre ja nicht das erste Mal. Plötzlich hörte sie ein Geräusch. Etwas war im Dickicht des Waldes und sofort fing Yuki zu zittern.

„Hörst du das…?“

Ollowain richtete sich ebenfalls auf und spannte sich. Er legte einen Arm um Yuki, um sie zu beruhigen.

„Ganz ruhig, ich bin hier.“

Yuki klammerte sich an seinem Arm fest, denn die Erinnerung an ihre Begegnung mit dem Troll kam wieder hoch und sie spürte pure Angst in sich aufsteigen.

Ollowain’s Blick wanderte umher und als er etwas zu erspähen schien, entspannten sich seine Züge. Er drehte Yuki’s Kopf in eine bestimmte Richtung und deutete auf Etwas im Dickicht.

„Siehst du das?“

Yuki blinzelte angestrengt und sie erkannte tatsächlich etwas Ähnliches wie ein Tier.

„Was ist das?“

Es hatte eine seltsame Musterung auf dem Fell und war nicht viel größer als ein Eichhörnchen.

„In eurer Sprache bedeutet es Zickzackhörnchen. Das kommt von seiner Musterung und seiner Art über den Boden zu huschen. Wenn du leise bist, kommt es vielleicht ein Stück auf die Lichtung und du kannst es sehen.“

Yuki starrte noch immer in die Richtung des kleinen Tieres und wagte kaum zu atmen. Es schien in der Luft zu schnüffeln und reckte dafür das kleine Köpfchen in die Höhe. Plötzlich war es im Dickicht verschwunden und Yuki wollte schon enttäuscht ausatmen, doch da kam es zwischen den Büschen auf die Lichtung geflitzt. Es lief tatsächlich in einer Zickzacklinie und nicht geradeaus. Wieder reckte es den Kopf in die Höhe und schaute sich um.

„Das ist voll süß!“, flüsterte Yuki.

Doch das kleine Tier muss das gehört haben, denn es verschwand wieder im Dickicht und lief wahrscheinlich in den Wald zurück.

„Sie haben ein sehr empfindliches Gehör“, sagte Ollowain.

Yuki nickte traurig und spielte an Ollowains Ärmel herum. Wie immer, wenn sie nichts zu tun hatte. Ausserdem hing sein Arm gerade so schön über ihrer Schulter. Die Rötung an ihrem Knie schien auch langsam zurück zu gehen, daher versuchte sie vorsichtig das Bein anzuwinkeln. Es schmerzte noch immer und ließ sich auch nicht komplett anstellen, so wie das gesunde Knie, daher ließ Yuki es wieder seufzend auf den Boden sinken.

„Erzähl mir von Albenmark“, bat Yuki und schaute Ollowain groß an.

Während Ollowain Yuki vieles über Albenmark erzählte, hörte Yuki gebannt zu. Als die Sonne bereits langsam unterging hatte er seine Ausführungen beendet. Yuki brummte der Schädel, doch sie war froh jetzt einiges über Albenmark zu wissen. Sie versuchte langsam aufzustehen und Ollowain half ihr dabei. Sie konnte immerhin schon stehen, aber das Knie wollte sie noch nicht allzu sehr belasten. Die Rötung und die Schwellung waren jedenfalls zurück gegangen.

„Tut mir leid, dass ich diesen Trainingstag so versaut habe“, sagte Yuki.

„Mach dir deswegen keine Gedanken. Ab morgen machen wir dafür einfach umso mehr.“

Yuki zwang sich zu einem schiefen Lächeln und ließ sich von Ollowain stützen, während sie den langen Weg zurück zur Burg Elfenlicht antraten.
 

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Burg Elfenlicht…

Ollowain brachte Yuki noch bis zu ihrer Zimmertür, dann ließ er den Blick von links nach rechts über die Enden des Ganges schweifen.

„Warum schaust du dich so--!“

Doch Yuki kam nicht dazu ihren Satz zu beenden, denn Ollowain küsste sie und brachte sie somit zum Schweigen. Als er sich von ihr löste, schenkte er ihr ein Lächeln, welches ihr das Blut in den Kopf schießen ließ.

„Wir sehen uns morgen, Kleines!“

Er streichelte ihr über den Kopf und ging. Yuki schaute ihm noch kurz hinterher, dann öffnete sie die Tür und humpelte ins Zimmer.

Dort wurde sie sofort stürmisch von Eissi begrüßt.

„Mein Lieblingsmensch!!“

Eissi fiel ihr um den Hals und Yuki lehnte sich gegen die Tür, weil sie sonst umfallen würde.

„Ich bin doch gar kein Mensch, Süße.“

„Und wenn schon! Dann bist du eben mein Lieblingsdämon, so!“

Eissi grinste sie an und ließ von Yuki erst ab, nachdem sie sie noch mit etlichen Knutschis überhäuft hatte.

„Warum bist du eigentlich so warm im Gesicht?“

„Ähm… weiß ich nicht… Bin ich das?“

Yuki schob sich an Eissi vorbei und humpelte zu ihrem Bett. Das Stehen war gerade zu anstrengend.

„Was ist denn mit deinem Fuß?“

Yuki ließ sich seufzend auf die Bettkante fallen und atmete einmal tief durch, in der Hoffnung, dass das irgendwie den Schmerz lindern würde.

„Nicht mein Fuß. Ich hab mir beim Training das Knie verdreht.“

„Ach, du Tollpatsch.“

Eissi setzte sich neben Yuki und kuschelte sich an ihren Arm. Doch auch da zuckte Yuki zusammen, denn die blauen Flecken schmerzten bei Berührung. Eissi schaute sie besorgt an und krempelte ihren Ärmel hoch.

„Yuki!!“

„Das ist schon okay. So ist das eben, wenn man mit dem Schwert trainiert wird.“

„Der kann doch aber mal ein bisschen aufpassen! Bei uns würde der wegen Misshandlung bestraft werden!“

„Lass ihn, die gehen doch wieder weg. Ist doch nichts Schlimmes…“

Eissi schaute Yuki lange an. Dann stieß sie einen langgezogenen Seufzer aus.

„Du liebst den wirklich, oder?“

„Was?“

Yuki schaute ihre Freundin verwirrt an. Woher wusste sie solche Dinge nur immer?

„Ich wusste es. Du sahst die letzten Tage so selig aus, da wusste ich, dass irgendwas passiert sein musste.“

„Aber…“

„Erzähl mir von ihm. Dann versprech’ ich, dass ich alles für mich behalte.“

Yuki seufzte nur, doch schließlich erzählte sie, was zwischen Ollowain und ihr passiert ist.

Als Yuki geendet hatte, stieß Eissi hörbar die Luft zwischen den Zähnen heraus.

„Wie spannend! Eine verbotene Liebe, die geheim gehalten werden muss!“

„Das ist nicht spannend, das ist schlimm!“

Eissi lächelte und knuffte ihrer Freundin in die Seite.

„Du packst das schon. Ich kenne dich doch. So, jetzt bin ich müde, wird Zeit, dass wir uns den Dreck abwaschen und ins Bett gehen.“

Yuki nickte nur und humpelte ins Bad. Da sie Schmerzen hatte, wusch sie sich nur und ging dann sofort ins Bett.
 

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6. April 2012

Waldlichtung…

„Nochmal! Du musst natürlich das machen, was ich dir sage!“

Ollowain beobachtete Yuki beim Training genau. Für ihren Geschmack zu genau, aber sie verkniff sich jeglichen Kommentar. Sie schwitzte, denn die Sonne schien unaufhörlich auf ihren Rücken und durch das ständige Zusammenkneifen der Augen bekam sie Kopfschmerzen. Aber auch das behielt sie für sich. Sie wollte während des Trainings nicht wegen jeder Sache herummosern, sondern sie lies einfach alles über sich ergehen. Sie wog ihre zwei Klingen in den Händen, doch sie wurde langsam träge. Sie brauchte eine Pause, doch auch das verschwieg sie. Wahrscheinlich war sie zu stolz, bei Ollowain um eine Pause zu bitten. Er zeigte Yuki wieder den Bewegungsablauf, den sie seit dem Vormittag übten. Yuki kniff wieder die Augen zusammen, denn das Licht der Sonne blendete sie. Als Ollowain sie erwartungsvoll anschaute, atmete Yuki einmal tief durch und versuchte die Bewegung nachzuahmen. Doch mittendrin wurde sie unsicher, wie es weiterging. Aufgrund dieser Unsicherheit strauchelte sie und wäre beinahe erneut gestürzt, doch sie schaffte es immerhin ihren Sturz mit den Knien und den Händen abzufangen. Sie keuchte, denn der Schweiß lief ihre Schläfen herunter und plötzlich spürte sie einen warmen Rinnsaal aus ihrer Nase herauslaufen. Sie wischte sich mit dem Handrücken darüber, der komplett rot war. Nasenbluten.

Yuki zog ein Taschentuch aus ihrer Hosentasche und legte es sich auf die Nase, in der Hoffnung, dass es bald aufhören würde.
 

„Wir machen eine Pause. So wie es aussieht, muss sich dein Blutdruck wieder beruhigen.“

Ollowain lief auf sie zu und reichte ihr eine Wasserflasche. Yuki trank ein wenig und wischte sich mit einem weiteren Taschentuch über die schweißnasse Stirn. Als sich ihre Atmung wieder beruhigte und ihr Nasenbluten vorbei war, musste sie sofort mit dem Training fortfahren. Ollowain ließ ihr nur wenige Verschnaufpausen und forderte ihr alles ab. Da sie es nicht gewöhnt war, körperlich über mehrere Stunden an ihre Grenzen zu gehen, hatte sie mehrmals das Gefühl zusammenzubrechen, doch Yuki zeigte es nicht. Sie hatte natürlich einen gewissen Stolz, doch im Grunde war sie nicht dazu fähig, über ihre Gefühle und Gedanken zu reden. Das hat ihr in der Vergangenheit einige Male Probleme beschert, aber viel öfter hat sie sich einiges erspart. Genau dasselbe erhoffte sie sich auch jetzt.

Sie schüttelte den Kopf, um die trüben Gedanken loszuwerden, dann stand sie auf und nahm ihre Schwerter wieder in die Hand. Sie zitterte aber sie konnte sich absolut nicht erklären weshalb. War es noch immer die Anstrengung? Yuki wusste es nicht und sie versuchte, es vor Ollowain zu verbergen.

Während sie noch versuchte das Zittern zu unterdrücken, kam Ollowain auf sie zugelaufen und Yuki drehte den Kopf zur Seite, um ihn nicht ansehen zu müssen.

„Was hast du?“

Er stand nun direkt vor ihr und Yuki ließ ihre Schwerter fallen. Das Zittern wurde stärker und der Kopfschmerz explodierte nun regelrecht an ihren Schläfen. Sie sank auf die Knie und ihre Arme umschlangen ihren Oberkörper, doch das verdammte Zittern wollte einfach nicht aufhören. Ihre Atmung kam stoßweise und keuchend und zusätzlich lief ihr der Schweiß in Strömen über das Gesicht. Sie kniff die Augen zusammen und in ihrem Geist erschien jener Dämon, der allen Anschein nach Yuki’s Erzeuger sein sollte: Luzifer.

„Trainiere! Ich habe viel mit dir vor!“, sagte er mit durchdringender Stimme und Yuki konnte einen Schrei nicht mehr unterdrücken. Sie spürte, wie sie geschüttelt wurde, doch sie konnte sich der Präsenz des Mannes nicht entziehen und die Augen öffnen. Sein Lachen durchdrang ihren gesamten Körper. Schließlich wurde sie von einer enormen Druckwelle erschüttert und sie riss die Augen auf. Sie versuchte sich noch an Ollowain festzuhalten, doch bevor sie das schaffte, verlor sie endgültig das Bewusstsein.
 

„Was ist das…? Es wirkt alles so… friedlich… Die Dunkelheit umfängt mich zwar aber… es ist ein schönes Gefühl…“

Yuki schwebte in einer schier endlosen Dunkelheit umher, doch sie verspürte keine Angst. Sie wusste, dass dies nicht real war, denn sie hatte das Bewusstsein verloren. Also hatte ihre Erschöpfung doch gesiegt. Oder war es der plötzliche Schmerz? Woher kam der Schmerz? Wo war Luzifer? Warum passierte das alles überhaupt mit ihr? War sie nicht vor einigen Wochen noch ein ganz normaler Mensch mit ganz normalen Problemen, allen voran einem Trauerbewältigungsproblem aufgrund des Todes ihrer Mutter, gewesen? Jetzt befand sie sich in Albenmark und trainierte mit dem Elfen ihres Herzens Ollowain den Schwertkampf. Jeder normaldenkende Mensch würde sie für verrückt erklären, doch inmitten all dieser Dunkelheit schienen diese wichtigen Sachen an Bedeutung zu verlieren. Ihre Mutter erschien vor ihr. Yuki unterdrückte den sofort aufkeimenden Tränenfluss und schaute sie einfach nur an.

„Mama…“

Ihre Mutter lächelte, dann verblasste sie sofort. Nun erschien ihr einer ihrer Freunde, den sie scherzhaft Koerby nannte. Er grinste und Yuki musste zurück grinsen, so wie immer. Auch er verblasste und an seine Stelle trat Tsuki, ebenfalls ein sehr wichtiger Mensch in Yuki’s Leben. Er hatte dieses entwaffnende Lächeln aufgesetzt, bei der beinah jegliche schlechte Laune von Yuki abfiel, wenn sie es sah. Dann plötzlich stand ihr Vater vor ihr. Yuki erschrak ob des mürrischen Gesichtsausdrucks, welchen er auf dem Gesicht hatte.

„Vater…“

Nun lächelte er, doch auch er verschwand und Yuki war wieder allein.

„Was war das…?“

Es wurde schlagartig kalt und Yuki spürte hinter sich eine herannahende Präsenz. Sie sah nichts, nichtmal ihre eigenen Hände. Dazu war die Dunkelheit zu undurchdringbar. Die Präsenz hatte etwas Bösartiges an sich, aber Yuki verspürte keine Angst.

„Luzifer…“, flüsterte sie leise.

„Ganz genau. Ich bin hier. Ich beobachte dich. Ich habe Großes mit dir vor, daher musst du groß und stark werden, kleine Yuki.“

„Wozu? Warum brauchst du mich?“

Luzifer stand direkt vor ihr und hob ihr Kinn ein wenig hoch. Die Berührung war kalt, doch nicht unangenehm, also lies Yuki ihn gewähren.

„Es wäre zu früh für dich, wenn ich es dir jetzt sage.“

„Aber…“

Yuki verstummte als er ihre roten Male berührte. Sie spürte ein Ziehen, danach ein Pulsieren und sie starrte Luzifer nur fassungslos an. Dieser verzog sein Gesicht zu einem bösartigen Grinsen, dann verschwand er.
 

Ollowain hielt Yuki noch immer in seinen Armen. Den Schweiß hatte er ihr bereits von der Stirn gewischt, doch noch immer war sie ohnmächtig. Warum sie so verbissen weiter gemacht hatte, war ihm schleierhaft. Natürlich hatte er bemerkt, dass sie am Ende ihrer Kräfte war, doch er wollte, dass sie mit ihm redete. Ihm kam es so vor, als würden ihre Gesichtsmale aufleuchten und er berührte sie mit dem Daumen. Als ihn jedoch ein brennender Schmerz durchzog, ließ er sofort wieder davon ab.

„Warum schadest du mir so…?“

Er schaute Yuki besorgt an, denn sie war schon seit geraumer Zeit ohnmächtig, und strich ihr eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Ihr Brustkorb hob und senkte sich auf einmal schneller, als vorher und tatsächlich öffnete Yuki kurz darauf die Augen. Jedes Mal, wenn sein Blick sich in diesem schier unendlichen Blau verlor, lächelte er und seine Probleme schienen von ihm abzulassen.

„Hallo, Kleines“, sagte er leise und sie lächelte zurück.

„Was ist…passiert…?“

„Wir haben trainiert und du warst am Ende deiner Kräfte. Du hast jedoch weiter gemacht und dann bist du ohnmächtig geworden.“

„Oh… richtig… Ich habe… also… Luzifer war da…“

„Wie bitte?“

„Es war alles so dunkel und dann war… Luzifer da und hat mir gesagt, dass er Großes mit mir vorhätte…“

Ollowain nickte nachdenklich und strich ihr sanft über den Kopf.

„Mach dir keine Sorgen. Dir wird nichts passieren.“

Er reichte ihr etwas Essen und Wasser, damit sie sich stärken konnte, danach trainierten sie weiter. Ollowain konnte sich nur ansatzweise vorstellen, was Luzifer vorhaben könnte. Er musste dies dringend mit Emerelle besprechen, denn sie konnten es sich nicht leisten, Yuki an Luzifer zu verlieren. Zu lange hat die Suche nach ihr gedauert. Doch nun verbot es ihm nicht nur seine Pflicht, sie zu verlieren, sondern auch sein Herz. Er wollte sie einfach nicht mehr hergeben.

Er beobachtete Yuki beim Training und irgendetwas war seit ihrer Ohnmacht anders. Ihre Beinarbeit war erstaunlich gut und dort, wo sie vorher noch Probleme hatte, da war sie jetzt erstaunlich sicher. Hatte er sich das Leuchten der Male vorhin also doch nicht nur eingebildet? Auch darüber würde er sprechen müssen. Er seufzte und zeigte Yuki noch einige Übungen, bevor sie sich auf den Weg zurück nach Burg Elfenlicht machten.
 

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Burg Elfenlicht…

Yuki und Eissi erzählten sich jeden Abend, was sie den Tag über erlebt haben. Dabei trinken sie meistens noch einen warmen Tee und aßen einige Knabbereien, die den ihren ziemlich ähnlich waren. Eissi hat durch ihr Training schon einiges an Gewicht verloren. Yuki zwar auch, allerdings erheblich weniger, was sie darauf zurückführte, dass sie durch ihr hartes Training mit Ollowain mehr Muskeln aufbaute, als Eissi. Nun hatte Yuki ihr Tagesgeschehen reflektiert und Eissi schaute sie überrascht an.

„Warum hast du ihm denn nicht gesagt, dass du eine Pause brauchst?“

„Weiß nicht. Ich hab da Hemmungen…“

Eissi winkte ab und schaute ihre Freundin besorgt an.

„Ach quatsch! Du musst ihm sowas sagen, sonst klappst du noch öfter ab, als sonst! Das kann doch nicht Sinn der Sache sein.“

„Ja, ich weiß. Ich will doch nicht…“

Yuki blickte betreten zu Boden und kaute auf ihrer Unterlippe.

„Was willst du nicht? Irgendjemanden enttäuschen?“

„Jemanden zur Last fallen…“

„Yuki…! Du fällst hier niemandem zur Last. Im Gegenteil. Die sollen mal froh sein, dass sie dich haben. Ohne dich wären die voll aufgeschmissen, weißt du das?“

Yuki nickte nur.

„Aber nun erzähl mir mal von Luzifer.“

„Er… hat auf jeden Fall eine starke Präsenz. Man kann sich ihm schlecht entziehen…“

„Oh.. okay. Und wie sieht er aus? Hat er Hörner und so?“

„Ähm nein… Er sieht sogar recht menschlich aus. Fast unscheinbar. Aber von ihm geht etwas aus, was man nicht unterschätzen sollte.“

„Hmh. Und meinst du, er ist dein Erzeuger?“

„Keine Ahnung. Ich glaube das noch immer nicht. Zumal ich mir nicht vorstellen kann, wie das funktionieren soll.“

Eissi nickte nachdenklich und nahm ihre Freundin in den Arm.

„Und wie geht es dir sonst, Süße? Wegen deiner Mutter?“

Yuki schwieg eine Weile, dann sah sie ihre Freundin mit feuchten Augen an.

„Ich dachte es würde besser werden aber… ich hab das Gefühl, als wäre ich noch kein Stück vorangekommen, was das angeht…“

Eissi nickte nur und streichelte Yuki sanft über den Kopf.

„Verstehe… Na los komm. Wir gehen ins Bett. Es war ein anstrengender Tag.“
 

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Währenddessen im Thronsaal…

Ollowain hatte seiner Königin über die jüngsten Ereignisse informiert und Emerelle schaute ihn besorgt an.

„Ollowain! Beobachte das weiterhin. Wir dürfen Yuki nicht an den Feind verlieren. Und Luzifer ist ein mächtiger Feind! Ich habe eine Zukunft gesehen, in der wir Yuki an ihn verloren haben. Du kannst dir nicht vorstellen, wie schrecklich es dann um Albenmark steht!“

„Wie Ihr befehlt! Yuki wird sich nicht auf Luzifer einlassen.“

„Was macht dich da so sicher? Dein Verstand oder dein Herz?“

Ollowain schwieg einen Moment, schließlich sagte er bestimmt: „Beides, meine Königin!“

Emerelle nickte und bedeutete ihm zu gehen. Sie musste über die Dinge nachdenken und dazu brauchte sie Ruhe. Als Ollowain den Saal verließ, zog auch sie sich in ihre Privatgemächer zurück und ließ den Tag und vor allem Ollowains Bericht Revue passieren.
 

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Yuki und Eissi folgten ihrem jeweiligen Training mit immer größerem Eifer, wodurch sie schnell immer besser wurden. Immer wieder nahm Luzifer Kontakt zu Yuki auf, was Königin Emerelle zusehends beunruhigte. Doch Ollowain setzte sich mehr und mehr für sie ein, sodass Emerelles Sorgen bald zerstreut wurden.

Die Tage vergingen schnell und Eissi und Yuki beherrschten schon bald Fertigkeiten, die sie sich vorher nicht erträumt hatten. Mit jedem Tag wurden sie stärker und besser und der Tag ihrer Abreise kam näher und näher. Der zweite Monat ihrer Vorbereitung war nun vorbei und beide konnten damit beginnen, ihre neu erlangten Fähigkeiten an ihren Lehrmeistern zu trainieren.
 

- Ende Reise 1 Tag 31-60 -



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