Zum Inhalt der Seite

Retinnio

Klingend
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

They always come out of the cave...

In dem Moment echote ein ohrenbetäubendes, sich sehr unmenschlich anhörendes Brüllen durch das Tal.

„Was war das?“ Thunderlands Blick schoss auf der Suche nach dem Verursacher des Brüllens umher. Doch außer Schnee, Bergen und dem Dorf sah er nichts, was ein derartiges Geräusch hätte erzeugen können. Zudem schränkten die Häuser sein Sichtfeld ungünstig ein und der kesselförmige Bau des Tals verzerrte das Echo dermaßen, dass es so gut wie unmöglich war, die Quelle zu orten.

„Über uns“, flüsterte Musica neben ihm, den Blick starr nach oben gerichtet.

Thunderland und Lloyd blickten in den wolkenbedeckten Himmel.

Zuerst sah der Arzt überhaupt nichts. Dann blitzte ein Stück Metall im letzten Licht und er erkannte, dass der dunkle Fleck, den er für eine Unebenheit in der Wolkendecke gehalten hatte, sich bewegte und mit beunruhigender Geschwindigkeit größer wurde.

„Was zur Hölle ist das?“, ächzte Largo neben ihm.

„Was immer es ist, es ist groß. Sehr groß“, murmelte Thunderland.

„Ja, und es wird uns fressen, wenn wir nicht bald von hier verschwinden“, rief Musica. Er selber war bereits Richtung Dorfausgang gerannt, während die beiden Bee Hive Angestellten in den Himmel geschaut hatten. „Also kommt endlich!“

„Wohin denn bitteschön?“, knurrte Thunderland. „In der weiten, freien Ebene im weißen Schnee wird es uns sicher nicht entdecken, natürlich!“

„In die Höhlen, mein Gott!“, brüllte Musica ungeduldig.

„Ach ja, und du kennst eine, die a) groß genug für uns b) zu klein für dieses Monstervieh und c) auch noch in passender Nähe ist?“

„In der Tat kenne ich eine-“ „Und woher?“, unterbrach Thunderland ihn scharf.

„Weil ich hier wohne, deshalb!“

Bevor Thunderland den Mund wieder aufmachen konnte, packte Largo ihn am Arm. „Wir klären das später. Jetzt müssen wir hier erst einmal weg.“

Thunderland sah ihn für einen langen Moment sehr skeptisch an, gab dann aber klein bei. „Falls irgendjemand später fragt, du bist schuld“, zischte er und rannte Musica hinterher.
 

Sie folgten Musica durch den westlichen Dorfausgang in den knietiefen Neuschnee. Auch wenn vor ihnen in einer Entfernung von nicht einmal fünfhundert Metern die ersten Felsbrocken, die den Rand des Talkessels säumten, aufragten, war Largo sehr besorgt, was ihr rechtzeitiges Unterschlüpfen in ein Versteck anging.

Musica rannte, so gut es im Schnee ging, auf einen unbestimmten Punkt in der unteren Felswand zu und Thunderland und Largo folgten ihm so schnell es möglich war.

Der Bee warf einen Blick über die Schulter und sah, dass der schwarze Punkt langsam vogelförmige Maße angenommen hatte – lediglich mit der falschen Größenproportion, auch wenn es schwer war, aus der Entfernung die wahren Maße zu bestimmen. Und für seinen Geschmack kam er im falschen Tempo viel zu schnell näher.

Sie erreichten den ersten Aufstieg und ohne Zeit zu verlieren kraxelte Musica die um fast 30 Grad geneigte Ebene hoch. Der Fels unter ihren Füßen war kantig und rau und nur an manchen Stellen war der Schnee in Spalten oder Vorsprüngen liegen geblieben.

Noch ein Brüllen ertönte, dieses Mal bedeutend näher, doch da erklommen sie bereits die erste Terrasse. Wie eine Art Zwischenstopp hörte hier die Steigung für einen wenige Meter breiten Streifen auf, bevor es um so steiler in die Höhe ging.

Musica rannte den Streifen entlang zu einem Flecken Schnee, der sich im Schutz eines Vorsprungs angehäuft hatte und begann eifrig, die Flocken beiseite zu schaufeln. Skeptisch folgten ihm die Beiden und sahen mit Erstaunen zu, wie unter dem Weiß eine hölzerne Falltür zum Vorschein kam.

„Nicht gerade höhlentypisch“, murmelte Largo, als Musica die Tür öffnete und hinein kletterte. Noch ein Brüllen und der Bee schmiss den möglichen Einwand einer Falle beiseite und schwang sich nach Thunderland in das schwarze Loch hinein.

In besagtem Loch war es stockfinster, zumindest bis Musica ein Feuerzeug hervorzauberte und mit dem kleinen Flämmchen eine Fackel in Brand setzte.

Geblendet von der plötzlichen Helligkeit blinzelte Largo. Als sich seine Augen an das Licht gewöhnt hatte, musste er feststellen, dass er seine Schätzung mit der Höhle korrigieren musste. Vielmehr befanden sie sich in einer Art natürlichen Tunnel, gerade mal breit genug, damit drei Männer sich nebeneinander hätten hindurch quetschen können. Was an seinem Ende lag konnte er nicht erkennen, lediglich, dass er sich leicht senkte und immer tiefer in den Berg hineinzuführen schien.

Ohne ein Wort zu sagen folgte Musica der Tunnelführung.

Hinter seinem Rücken wechselten Largo und Thunderland sehr skeptische Blicke, beschlossen dann aber, dass sie lieber nicht allein im Dunkeln stehen wollten und folgten dem Musiker.

Es war unmöglich zu sagen, wie lange der Tunnel war, die Dunkelheit um sie herum sah immer gleich auf und auch die groben Tunnelwände mit ihren flackernden Schatten wiesen keine nennenswerte Veränderung auf.

Nach, wie es Largo vorkam, einer schieren Ewigkeit bog Musica plötzlich scharf nach links ab.

Der Gang weitete sich und am Ende sah Largo ein schwaches, dafür aber warmes Licht scheinen.

Mit nun definitiv beschleunigten Schritten eilten sie ihm entgegen.

Gemeinsam traten die Drei durch die bogenförmige Öffnung.

Vor ihnen breitete sich eine Höhle aus, vom Durchmesser her circa zehn Meter breit und kreisförmig, beleuchtet mit Fackeln, die mit verrosteten Halterungen an der Wand befestigt waren. Von dem was Largo erkennen konnte schien sie natürlichen Ursprungs zur sein, lediglich hier und dort war etwas ausgebessert worden.

An den Seiten waren hölzerne Kisten abgestellt, ansonsten vermisste der Raum jegliches Mobiliar. Mit der Ausnahme von den zwei jungen Männer, die in der Mitte auf Decken saßen und sie mit einer gehörigen Portion Misstrauen anblickten.

Schnell musterte Largo beide. Der eine war groß und schlaksig gebaut, mit verwuscheltem, dunklen Haar und haselnussbraunen Augen. Der andere war etwas kleiner, dafür mit sehr kurz geschnittenem, hellblonden Haar und passenden blassblauen Augen. Beide trugen dicke, dem wetterentsprechenden Kleidung und von dem was Largo erkennen konnte, keine Waffen, was nicht sehr viel heißen musste, denn unter den dicken Jacken ließen sich Messer und ähnliches sicher problemlos verstecken.

Ein sehr gespanntes Schweigen breitete sich aus, während beide Duos sich gegenseitig beobachteten, immer darauf wartend, wer den ersten Schritt machen würde, während Musica etwas deplatziert daneben stand.

„Ronan“, sagte der Dunkelhaarige plötzlich in die Stille hinein. Irritiert blickten Thunderland und Largo ihn an. „Das ist mein Name“, erklärte er. „Und das dort“ Mit einer Kopfbewegung zeigte er auf den Blonden. „Ist Miro.“

„Largo Lloyd“, stellte der Bee sich in gleicher Manie vor. „Und Dr. Thunderland jr.“

„Thunderland?“, murmelte Ronan mehr zu sich selbst als zu dem Doktor. „Der Leichendoktor?“

„Höchstpersönlich“, sagte Thunderland kühl. Er wandte sich zu Musica. „Ich denke, eine Erklärung ist vonnöten.“

„Du hast ihnen noch nichts erzählt, Johnas?“, sprang Miro dazwischen.

„Johnas?“ Die beiden Bee Hive Angestellten blickten den Musiker scharf an, der unruhig sein Gewicht von einem Bein auf das andere verlagerte.

„Musica ist nur mein Spitzname“, murmelte er. „In Wahrheit heiße ich Johnas Canor.“

„Und weshalb hast du uns angelogen?“, fuhr Thunderland ihn scharf an.

„Ich hatte es eigentlich gar nicht vor“, platzte es aus Johnas heraus. „Aber als ihr mich in der Herberge zu Boden geworfen habt-“ „Sie haben was getan?“, rief Ronan.

„Es war Notwehr!“, zischte Thunderland zurück.

„Notwehr? Dass ich nicht lache!“ Ronan stand auf, bereit Thunderland anzugreifen, als Musica dazwischen sprang.

„Er sagt die Wahrheit, sie dachten, ich wäre ein Einbrecher, mir geht es gut, wirklich“, versuchte er Ronan zu besänftigen. Der Erfolg war mäßig, aber er stellte sich ein.

„Können wir die feineren Differenzen nun einmal beiseite legen, damit uns endlich einmal jemand erklärt, was hier gespielt wird?“, fragte Largo, dem das Hin und Hergezanke langsam am Geduldsfaden nagte.

Etwas erschöpft fuhr Musica sich durch die Haare. „Ja, ich erkläre euch alles. Aber ihr solltet euch besser setzen, die Geschichte ist etwas länger.“



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (1)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  genek
2012-01-06T11:26:51+00:00 06.01.2012 12:26
Oha! Musica/Johnas war mir ja schon von Beginn an suspekt, und offensichtlich hat er ihnen da ja gewaltig was verschwiegen. Und auch wenn jetzt klar ist, wo zumindest zwei der Dorfbewohner sind, stellt sich die Frage, was mit dem Rest geschehen ist.
Ich bin jedenfalls tierisch gespannt, was da noch alles für Wendungen kommen werden :'D

Ansonsten hat es mich ohne einen wirklichen Grund happy gemacht, als Largo Thunderland vorgestellt hat. Haah. My mind is a weird place.

Sincerely, genek.


Zurück