Zum Inhalt der Seite

I´ve got nothing...

but love for you
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Lektion drei: sich Verabreden

“Kazuki...“

Was für ein komischer Traum. Ich hatte Kai in den Armen gehalten und ihn geküsst.

Nein, ich wollte ihn küssen und dann wurde es dunkel..

“Kazuki..!“

Das war seine Stimme. Wieso hörte sie sich so seltsam weit entfernt an und so eindringlich. Als hätte er Angst. Da war mir sein Nörgeln lieber und das war mein voller Ernst.

“Kazuki, komm zu dir..“

Jetzt war seine Stimme näher. Sehr nah sogar. Aber, warum weckte er mich?

Und, warum pochte mein Kopf, wie die Musikbox in einer Diskothek?

Ich kannte mich mit Katern nach einer durchgemachten Nacht nur zu gut aus und das war eindeutig keiner. Außerdem konnte ich mich nicht daran erinnern gestern um die Häuser gezogen zu sein.

“Kazuki, kannst du mich hören..?“

Was für eine dumme Frage. Natürlich konnte ich ihn hören. Nur meine Sprach- und Bewegungskoordination ließ noch auf sich warten. Das war aber kein Grund handgreiflich zu werden. Denn das mir jemand, höchstwahrscheinlich Kai, einen leichten Klaps auf die Wange gab, spürte ich durchaus. Der Typ hatte wirklich kein Feingefühl.

Doch es schien mich endgültig aus meinem Delirium zu erwecken. Meine Augenlider fühlten sich zwar unglaublich schwer an, doch es gelang mir sie langsam zu öffnen. Ich schloss sie allerdings gleich wieder. Denn das Licht schickte einen direkten Gruß an mein Gehirn, wofür dieses sich prompt mit einem stechenden Schmerz bedankte.

“Kazuki, sag etwas..!“

“Scheiße ...“ ließ ich meine Umwelt an meinem Leiden teilhaben und kam gleichzeitig Kais Wunsch nach, während ich meine Umgebung abtastete. Ich saß ganz offensichtlich auf dem Boden, da der Untergrund sich zu hart für eine Couch oder gar ein Bett anfühlte. An meinem Rücken spürte ich etwas kaltes, wie Metall.

“Kami sei dank ...“, seufzte der Koch erleichtert, was ich mit einem Brummen kommentierte. Ich hatte höllische Kopfschmerzen. Was war daran gut?

Ein wenig Mitgefühl wäre jetzt angebracht, selbst bei einem gestandenen Mann, wie mir. Ich hatte ihm immerhin geholfen sein Wohnzimmer neu zu tapezieren und dann..

Meine Erinnerung kehrte mit einem Schlag zurück. Ich hatte nicht geträumt, dass ich Kai beinahe geküsst hätte. Es war tatsächlich passiert. Wären wir nicht unter einer losen Tapetenbahn begraben worden, wüsste ich nun, ob sich Kais Lippen so weich anfühlten, wie sie aussahen.

“Verdammt..“, fluchte ich erneut. Das Leben war in letzter Zeit echt ungerecht zu mir. Nicht das es mein Plan gewesen war ihn zu küssen, aber der Gedanke hatte schon etwas Verlockendes..

Ob Kai genauso darüber dachte?

Er hatte sich nicht dagegen gewehrt. Zumindest nicht in diesen Augenblick. Nachdem die Stimmung gekippt war, war er wieder so zurückhaltend gewesen, wie eine Nonne in einem Swingerklub.

“Hast du große Schmerzen..?“, fragte mich der Koch allen Ernstes. Dieses Mal verkniff ich mir allerdings eine sarkastische Antwort. Irgendwie war es schon süß, dass er sich Sorgen um mich machte.

Ich wagte erneut einen Versuch, meine Augen zu öffnen. Dieses Mal jedoch langsamer und Stück für Stück. Das Licht war immer noch unangenehm für mich, aber ich gewöhnte mich daran und dann ließ sogar der Schmerz ein bisschen nach.

Kai kniete direkt vor mir und machte ein bekümmertes Gesicht, als hätte jemand einen Witz über sein Essen gemacht.

“Nur Kopfschmerzen. Ich muss gestolpert und mit dem Kopf gegen irgendwas gestoßen sein..“ sprach ich meine eigene Theorie laut aus, nachdem ich meine Gedanken wieder geordnet hatte.

“Ja, gegen den Tapeziertisch und das ordentlich. Du warst sogar weggetreten. Ich habe mir echt Sorgen gemacht, du Tollpatsch..!“ erklärte mir der Brünette schnaubend, aber weiterhin besorgt. Das gefiel mir. Also nicht, dass er sich Sorgen machte, sondern, dass er sich um mich kümmerte. Das tat er doch nur, weil er mich mochte. Zumindest ein klein wenig.

“Das ist halb so schlimm. Gib mir ein paar Minuten..“ wehrte ich selbstsicher ab. Gleichzeitig tastete ich mit meiner rechten Hand vorsichtig meinen Hinterkopf ab. Ich verzog das Gesicht, als ein kurzer Stich durch meinen Körper zuckte und als ich die Hand zurückzog, waren meinen Fingerspitzen rot.

“Du blutest..“, fasste Kai meine Entdeckung als Erster zusammen. Er wurde vor Schreck bleich im Gesicht und sprang hektisch auf. Ich schaute ihm nicht nach. Denn jetzt machte ich mir doch ein wenig Sorgen.

“Ich verbinde dir den Kopf und bringe dich dann ins Krankenhaus..“ erklang die Stimme des Koch plötzlich wieder nah neben mir. Er war mit einem Erste Hilfe Koffer zurückgekehrt, aus dem er eine kleine Sprühflasche, Pflaster, Kompressen und einen Verband hervor holte.

“Muss das sein..?“.

Mir blieb heute wirklich nichts erspart und selbstverständlich bekam ich auf meine rhetorische Frage, die für mich denkbar schlechteste Antwort.

“Ja..!“ wenn Kai schlechte Laune hatte, fielen seine Antworten noch knapper aus als sowieso schon und seine Miene verriet mir, dass er nicht an Diskussionen interessiert war. Also ergab ich mich in mein Schicksal und nickte ergeben. Selbst das tat weh.

Kai beugte sich dichter zu mir, um an meinen Hinterkopf gelangen zu können. Sodass wir uns fast so nahe waren, wie bei unserem kleinen Tanzversuch. Ich beobachtete ihn, während er meine Wunde desinfizierte und anschließend geübt verband.

“Das machst du nicht zum ersten Mal oder..?“ durchbrach ich die angespannte Stille zwischen uns. Mein Blick war zu dem Lippen des Brünetten gewandert, die er angespannt zusammen gepresst hatte.

“Ich habe eine Ausbildung zum Sanitäter angefangen, Sie dann aber abgebrochen, um Koch zu werden..“, erklärte er abwesend, ohne in seinem Tun innezuhalten. Der Kerl erstaunte mich immer wieder. Gab es eigentlich irgendetwas, dass er nicht konnte?

“Warum? Du wärst sicher ein guter Sanitäter geworden. Einen Verband kannst du jedenfalls anlegen..au. Nicht so fest..“ das war doch Absicht gewesen. Da versuchte ich ihm ein Kompliment zu machen und er wurde grob.

“Kochen ist meine große Leidenschaft. Außerdem macht es mir mehr Spaß anderen mit leckerem Essen glücklich zu machen, als Sie zusammenflicken zu müssen..“ fuhr er ungerührt mit seiner Erklärung fort. Sein Blick traf flüchtig den meinen und der Anflug eines Lächelns huschte über sein Gesicht, aber nur für einen kleinen Moment.

“Ich bin fertig. Steh auf. Ich werde dich nicht ins Krankenhaus tragen..“ forderte er mich nur Sekunden später in seinem üblichen nachdrücklichen Tonfall auf, noch bevor ich etwas erwidern konnte. Genauso schnell entfernte er sich von mir und hielt mir helfend eine Hand hin, damit ich aufstehen konnte.

Erst wollte ich ohne seine Hilfe aufstehen. Mein Ego war schon angeknackst genug. Mein schmerzender Kopf war leider anderer Meinung. Denn sobald ich versuchte aufzustehen, wurde mir schwindelig. Ich biss die Zähne zusammen, ergriff Kais Hand und stand mit wackeligen Füßen auf. Der Schmerz, der durch mich hindurch schoss, war selbst für mich neu. Dazu kam, dass sich vor meinen Augen alles drehte.

“Langsam! Nicht, dass du gleich wieder umfällst..“ ermahnte mich der Brünette prompt und erst jetzt merkte ich, dass ich mich gegen ihn lehnte, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren. Ich spürte, dass Kai seine Arme um mich gelegt hatte und das fühlte sich irgendwie gut an.

“Du bist stärker als du aussiehst. Nicht schlecht für einen Koch..!“ sprach ich den ersten Gedanken aus, der mir in den Sinn kam. Langsam legte sich der Schwindel wieder und mir war es möglich in Kais schmollendes Gesicht zu sehen. Irgendwie niedlich, wenn er das tat.

“Für einen Koch? Was soll das heißen? Ich könnte dich ohne Probleme tragen, wenn ich wollte..!“ versicherte er mir entschlossen und mit einem bestätigenden Nicken. Ich musste trotzdem schmunzeln, was ihm nicht entging und erneut zum Schmollen brachte.

“Wenn du willst..!“, stichelte ich, um ihn ein wenig zu ärgern. In diesem Augenblick bemerkte ich, dass ich mich langsam seinem Gesicht näherte. Es zog mich quasi magisch an, oder viel mehr Kais Mund. Ich konnte bereits seinen warmen Atem auf meiner Haut spüren, da drehte er sein Gesicht zur Seite. Sodass meine Lippen lediglich die Wangen des Brünetten in einer flüchtigen Bewegung streiften.

“Ja, aber im Moment will ich nicht..“, gab er knapp und mit gesenktem Blick von sich. Ich war enttäuscht und verletzt. Keine Ahnung, wieso, aber ich war fest davon ausgegangen, dass Kai von mir geküsst werden wollte. Oder bildete ich mir das lediglich ein?

Stumm drückte er mich von sich weg. Der Moment war vorbei und zwischen uns herrschte nicht nur körperliche Distanz. Es war alles gesagt, aber dennoch so viel nicht ausgesprochen.

Ich folgte ihm schweigend aus der Wohnung und auch während der Fahrt ins Krankenhaus fiel kein einziges Wort. In meinem Zustand war klares Denken ohnehin schwer, doch was ich fühlte, wusste ich sehr genau.

Kai wich beharrlich meinem Blick aus, wann immer ich den Versuch unternahm, ihn anzusehen. Vielleicht war ich zu aufdringlich gewesen oder hatte seine Körpersprache nicht richtig gedeutet. Vielleicht wollte er nur nett sein und nicht mehr?

Vielleicht hatte ich mich in ihn verliebt, ohne mir dessen bewusst zu sein..

“Wir sind da..“, unterbrach der Koch meine neu gewonnene Selbsterkenntnis. Anscheinend hatte die Ankunft am Krankenhaus ihm seine Worte wiederfinden lassen. Auch wenn es nur drei waren.

“Ähm..danke und bis später..“, murmelte ich, während ich abschnallte und langsam ausstieg. Ich ging nicht davon aus, dass er mich begleiten würde, aber dieses Mal wurde ich positiv überrascht.

“Ich komme mit! Ich weiß, wie es in einem Krankenhaus abläuft und ich sorge dafür, dass du so schnell es geht, behandelt wirst..!“ tat er wie selbstverständlich kund, was ich mit einem knappen Achselzucken abtat. Ich hätte ihn sowieso nicht umstimmen können.

Tatsächlich dauerte es nicht lange, bis wir von einer Krankenschwester in ein Behandlungszimmer begleitet wurden, was vielleicht daran lag, dass Kai mit der Beschreibung meiner Verletzung ein klein wenig übertrieben hatte. So schlimm konnte das gar nicht sein. Das Einzige, was mir fehlte, war eine Kopfschmerztablette oder am besten gleich zwei.

“Der Doktor wird gleich nach ihnen sehen. Setzen Sie sich solange bitte auf die Liege..“ zwitscherte die Frau in ihrem modischen Kittel, was meine Kopfschmerzen nur noch verschlimmerte. Ich wusste, warum ich auf Männer stand. Die konnte einem das Gehirn nicht durch ihre bloße Stimme zum Platzen bringen.

“Die Ärzte hier haben einen guten Ruf. Du wirst also keine bleibenden Schäden zurück behalten. Außer die, die du schon hast..“ sollte mich das zum Lachen bringen?

Ich wurde aus Kai immer weniger schlau. Erst benahm er sich so abweisend und jetzt versuchte er mich aufzumuntern, als wäre nichts passiert. Genau genommen, war nichts passiert und das war das eigentliche Problem zwischen uns.

“Wie beruhigend..“, murmelte ich in meinem nicht vorhandenen Bart, während ich mich auf die Liege setzte und meinen Blick durch das Zimmer schweifen ließ. Ich musste mich irgendwie ablenken. Leider gab es in einem karg eingerichteten Behandlungszimmer nicht viel, was mein Interesse geweckt hatte. An der Wand hing eines dieser modernen Bilder, das so bunt war, dass es meine Kopfschmerzen nur noch verstärkte, wenn ich es zu lange betrachtete.

Noch dazu herrschte wieder bedrückendes Schweigen, die erst durch das Eintreten des Arztes beendet wurde. Manchmal schienen Sie wirklich für etwas gut zu sein.

“Guten Tag. Ich bin Doktor Takashima und werde sie heute behandeln. Laut Ihrer Unterlagen haben Sie eine Verletzung am Hinterkopf..“ begrüßte mich der Halbgott in Weiß Höflich und der letzte Rest meiner guten Laune verpuffte, wie der Rauch aus einem Auspuff. Denn Doktor Takashima war niemand Geringeres als Uruha. Der Typ, den Kai in seinem Restaurant angehimmelt hatte. Konnte das Schicksal noch grausamer sein?

“Kai-san, was machen Sie denn hier? Sie hatten doch hoffentlich keinen Unfall und sind ebenfalls verletzt..?“. Hatte der Kerl keine Augen im Kopf? Ich trug eindeutig den Verband um den Kopf, nicht Kai. Dennoch schien er mich gar nicht wahrzunehmen.

“Nein, mir geht es gut. Mein..Nachbar Kazuki hat mir beim Tapezieren geholfen und ist rückwärts gegen den Tapeziertisch gefallen. Er hat eine Wunde am Hinterkopf, die behandelt werden muss..“ antwortete der Angesprochene verlegen lächelnd und mit leicht geröteten Wangen. Er wirkte ehrlich überrascht. Anscheinend hatte er ebenso wenig gewusst, dass sein Schwarm ausgerechnet hier als Arzt arbeitete. Uruha schien der Einzige zu sein, der sich über diesen Zufall auch noch zu freuen schien.

“Gott sei Dank, sonst hätte ich mir wirklich Sorgen um sie gemacht. Sie haben immer so viel in Ihrem Restaurant zu tun. Aber es zahlt sich aus, denn ohne Sie müssten viele auf das leckerste Essen in ganz Tokio verzichten. Mich eingeschlossen..“ baggerte dieser Schnösel gerade Kai an oder hatte ich seit dem Sturz auch noch einen Hörfehler?

Davon abgesehen, dass ich hier der Patient war und er die Aufgabe hatte sich um meine Verletzung zu kümmern.

“Danke, das ist viel zu viel Lob. Es gibt mit Sicherheit noch bessere Restaurants in Tokio..“ wehrte der Brünette schnell ab, wobei sich seine Wangen noch dunkler färbten. Jedoch schaute er Uruha jetzt direkt an und lächelte sogar. Warum hatte ich ihm nur diese Tipps gegeben?

“Für mich nicht. Ihres ist meine Nummer eins und wird es immer bleiben. Ich habe sie sogar schon weiter empfohlen..“.

Jetzt war der Punkt gekommen, an dem ich das tat, was ich am besten konnte. Mich einmischen.

“Ich störe nur ungern..“, begann ich mit einer Lüge, bevor die Zwei noch ihre Telefonnummern austauschen konnten. “Aber meine Verletzung behandelt sich nicht von allein...“.

Das war unmissverständlich und tatsächlich richtete Uruha endlich seine Aufmerksamkeit auf mich. Er stellte sich vor mich, um erst einmal den Verband zu entfernen. “Sie sind also gegen den Tapeziertisch gefallen. Wie haben sie das denn geschafft..?“ machte er sich jetzt auch noch über mich lustig?

“Rückwärts..“, erwiderte ich mit verschränkten Armen vor der Brust. Wenn der so weiter machte, würde ich auf einen neuen Arzt bestehen.

“Waren sie bewusstlos..?“, fragte er ungerührt weiter, während er um die Liege herum lief, sich Gummihandschuhe aus einer Pastik-Box fischte und überstreifte.

“Kann ich mich nicht dran erinnern..“ glitt es wie von selbst über meine Lippen, woraufhin Kai hörbar schnaubte.

“Er war ein paar Minuten weggetreten, kam aber schnell wieder zu sich..“, petzte er und bedachte mich gleichzeitig mit einem mahnenden Blick.

“Haben sie sonst irgendwelche Erinnerungslücken? Wissen sie, wie Sie heißen und, wo Sie wohnen..?“ wurde das hier ein Verhör oder eine Untersuchung?

“Das steht alles in dem Formular, was ich ausgefüllt habe. Ich habe lediglich Kopfschmerzen, sonst nichts...“. Das war zwar gelogen, aber ich wollte das hier so schnell, wie möglich, hinter mich bringen.

“So wie das aussieht, glaube ich ihnen gerne, dass Sie Kopfschmerzen haben..“ stellte der Mann in Weiß rocken fest. Keine Sekunde später spürte ich seine Finger an meinem Hinterkopf und konnte ein leises Zischen nicht unterdrücken. Kai sah mich mitleidig an und kaute dabei auf seiner Unterlippe herum.

“Ich werde es nähen müssen, sonst fängt es immer wieder an zu bluten oder entzündet sich. Sie hatten wirklich Glück..“. Ja, was bin ich nur für ein Glückspilz.

Nachdem er endlich aufgehört hatte meine Verletzung abzutasten, lief er wieder um die Liege herum und beugte sich leicht vor. Für einen Mann hatte er verdammt volle und große Lippen. Die konnten unmöglich echt sein. Wahrscheinlich spritzte er sich selbst Botox oder anderes Zeug, um so auszusehen als würde er leicht schmollen. Die Frauen flogen bestimmt auf ihn.

Ich war so damit beschäftigt ihn zu mustern, dass mir völlig entging, dass er eine kleine Taschenlampe aus seinem Arztkittel holte. “Ich überprüfe noch kurz ihre Pupillenreflexe..“, erklärte er und schon traf mich ein kleiner Lichtstrahl im Auge, was alles andere als angenehm war und meine Kopfschmerzen wieder aufleben ließ.

“Wie sieht es mit Übelkeit aus..?“, fragte er während dessen, ehe er die Funzel wieder wegsteckte.

“Keine Spur..“ außer wenn ich dich sehe, dann könnte ich kotzen.

“Gut, dann werde ich ihren Hinterkopf ein Stückchen rasieren, die Wunde noch einmal desinfizieren und Sie dann nähen. Sie brauchen doch keine Betäubung oder? Es sind nur drei bis vier Stiche..“ verkündete mir das Entengesicht sein nächstes Vorgehen, nicht ohne mich herausfordernd anzusehen. Er wollte sich mit mir messen? Der Wunsch konnte ihm erfüllt werden.

“Toben sie sich aus..!“.

Aus den Augenwinkeln konnte ich erkennen, wie Kai die Augen verdrehte. Es mag sein, dass ich mich wie ein kleines Kind benahm, aber völlig zu Recht!

Uruha verschwand aus meinem Blickfeld und nur wenig später hörte ich, wie er sich hinter mir einen Stuhl heranzog und sich setzte.

“Bleiben sie bitte so still wie möglich sitzen. Ich will ihnen nicht unnötig weh tun..“ vernahm ich die leicht arrogante Stimme dicht an meinem Ohr, woraufhin ich lediglich das Gesicht verzog. Ich mochte diesen Typen immer weniger und, vor allem, verstand ich nicht, was Kai so toll an ihm fand. So gut sah er jetzt auch nicht aus…

Mit diesen Schlauchlippen.

Den viel zu hohen Wangenknochen.

Und den Katzenaugen.

Wer wollte schon so jemanden, wenn er ein Prachtexemplar wie mich haben konnte!

Unwillkürlich schaute ich erneut zu Kai, der ein wenig näher an die Liege getreten war. Ich war mir nicht sicher, ob nun wegen mir oder wegen Uruha. Im Augenblick wollte ich es ohnehin nicht wissen. Denn er wirkte sichtlich angespannt. Wir hatten wohl beide ein schlechtes Gewissen.

Das war die Chance für ihn seinen Schwarm näher kennenzulernen oder ihn vielleicht sogar, um ein Date zu bitten, und ich hatte nichts Besseres zu tun als ihm dazwischen zu funken. Dabei hatte ich ihm versprochen zu helfen, was Uruha betraf.

Jetzt musste ich die Suppe auslöffeln…

Apropos..Suppe..

“Wie hieß noch einmal das neue Gericht, das du in deine Karte aufnehmen willst, Kai..?“, fragte ich so unbekümmert ich konnte. Nein, ich war nicht verrückt, noch vergesslich geworden. Ich versuchte lediglich mein Versprechen zu halten. Egal, was das für mich bedeuten würde.

“Von was redest Du bitte? Du verwechselst da bestimmt etwas..“ gab der Brünette irritiert von sich. Es hätte mir gleich klar sein sollen, dass er meinen Genieplan nicht durchschaute.

“Ganz und gar nicht. Du hast mir letztens erst davon erzählt. Du wolltest es unbedingt auf deine Karte nehmen, weil es so lecker war. Dieses Gericht meine ich..“ erklärte ich lang und breit. Noch deutlicher konnte ich doch nicht sein oder..

“Kazuki, ist wirklich alles in Ordnung mit dir..?“. Nein! Nichts war in Ordnung. Ich tat etwas, was mir zu tiefst widerstrebte, aber trotzdem ließ es sich nicht vermeiden, wenn ich Kais Glück auf die Sprünge helfen wollte.

“Sie wollen ein neues Gericht in ihre Karte aufnehmen..?“ mischte sich zu allem Überfluss auch noch Uruha ein, ehe mich ein stechender Schmerz durchzuckte. Ich biss fest die Zähne zusammen, um jeglichen Laut zu unterdrücken. Er hatte anscheinend mit dem zusammenflicken meines Kopfes begonnen.

“Ja..!“, antwortete ich statt des Brünetten, was sich jedoch mehr nach einem Zischen anhörte.

“Nein..!“ beharrte Kai stur.

“Doch..das mit..mit diesen grünen Dingern..“. Mein Wissen über Gemüse war begrenzt, da ich mein Essen meist aus dem Automaten oder im Restaurant besorgte.

“Grün? Du meinst nicht zufällig Bohnen..?“ fragte Kai mich eine Spur genervter.

“Nein, die..sind länger und gerade..und..grün eben..“ so viel Auswahl konnte es da doch nicht geben!

“Grüner Spargel..?“, mutmaßte der sogenannte Koch weiter, ohne wirklich zu wissen, was ich meinte. Vielleicht wusste ich es bis zu diesem Moment selbst nicht.

“Genau..!“ konnte ich noch von mir geben, dann spürte ich einen zweiten Stich durch meine Kopfhaut und zog scharf die Luft ein. Hoffentlich wusste Kai zu schätzen, was ich hier für ihn tat.

“Ich liebe grünen Spargel..“ warf der Arzt hinter mir begeistert ein.

Das war zwar nicht zu übersehen. Dennoch kam es mir sehr gelegen, um meinem Plan weiter zu führen.

“Ich habe kein Gericht mit grünem Spargel..“. Wieso machte Kai es noch schwerer als es sowieso schon war.

“Noch nicht, aber nach dem Probeessen ganz sicher..“, versicherte ich als wäre der Brünette derjenige, der etwas vergessen hatte.

“Welches Probeessen..?“, fragte er sogleich verwundert und mit hochgezogenen Augenbrauen.

“Das, welches Montagabend stattfinden soll. Dir fehlt allerdings noch jemand, der eine zweite Meinung dazu äußert, um sicherzugehen, dass es gut bei den Gästen ankommt..“ antwortete ich, ohne zu zögern, weil ich wusste, dass Montag Ruhetag war. Also würden Sie im Restaurant ungestört sein. Wenn mein Plan aufging.

“Wie gut, dass mich daran erinnerst...Kazuki..“, brummte mir Kai missmutig entgegen. Anscheinend hatte er endlich begriffen, was ich vorhatte. Er war noch ein Stück nähergekommen, bis er neben mir stand.

“Ich kann das gerne übernehmen. Ihr Essen schmeckt immer fabelhaft und ich würde mich geehrt fühlen ihnen zu helfen..“ schlug Uruha vor, ohne dass ich es selbst machen musste.

“Das ist nett von ihnen, Aber sie haben bestimmt viel zu tun. Kazuki wird mir bei meiner Entscheidung helfen. Nicht wahr..?“ wehrte der Koch höflich ab, bevor er zu mir sah und mich unbemerkt gegen mein Schienbein knuffte.

“Ich mag keinen grünen Spargel..“. Das entsprach wieder nicht der Wahrheit, doch es war zu Kais Besten. Irgendwann würde er mir dankbar sein.

Momentan schien es eher nicht der Fall, da er mir unmissverständlich in die Wade kniff. Wurde ich nicht schon genug gefoltert?

“Und ich habe am Montag frei. Sie müssen mir lediglich die Uhrzeit sagen und ich bin da. Ich bringe sogar den Wein mit..“. Was für ein Schleimer, aber wenigstens gab er nicht so schnell auf. Das war wohl das Einzige, was wir gemeinsam hatten. Jetzt konnte Kai unmöglich ablehnen.

“Wie wäre es mit..Sieben Uhr. Wenn ihnen das Recht ist..“ lautete seine unsichere Antwort, die er mit einem zaghaften Lächeln unterstrich. Begeisterung sah eindeutig anders aus.

“Sieben klingt hervorragend. Ich werde da sein. Es wird sicher ein toller Abend..“. Gleichzeitig spürte ich den dritten Stich. Ein leiser Schmerzenslaut entwich meinen Lippen und meine Augen wurden glasig.

Es tat weh..



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (1)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Gedankenchaotin
2015-12-14T18:07:03+00:00 14.12.2015 19:07
Ich glaube, Kazuki hat doch eindeutig mehr abbekommen, als es den Anschein hat.
*seine Stirn befühl*
Du sollst dich selbst mit Kai verabreden und ihm keine Date verschaffen.. glaub ich. oô
Aber ich finde es schon süß, wie sich Kai-chan um ihn sorgt und ihn gleich ins Krankenhaus verfrachtet, egal ob Kazu das will oder nicht.
Weiter so, Kai. oô

HDGDL
Das ... doppelte Chibi. xD


Zurück