Und weiter gehts! Wir wünschen euch wie immer viel Spaß beim lesen!
Der nächste Morgen begann in Joeys Augen viel zu früh, denn nach den Ereignissen des Vortages hatte er schlecht geschlafen. Dennoch quälte er sich seufzend aus dem Bett und fluchte lautlos vor sich hin. Erst vermasselte Valon einen ganz simplen Auftrag und dann hatte er auch noch so ein ungutes Gefühl im Bauch, das ihm sagte, dass er sehr, sehr tief in der Scheiße steckte. Sein Tag, sinnierte er, hatte auch schon mal besser angefangen.
Murrend stieg der Blonde unter die Dusche und machte sich danach fertig. Er hatte heute einige Dinge zu erledigen, die er nicht aufschieben konnte. Vor allem brauchte er neues Material für seine Kugeln und dann musste er auch noch ins Atelier, um die Kristalle, die er besorgen musste, zu verstauen.
Der Tag würde also wieder Stress pur werden. Er war nur dankbar dafür, dass Ryou ihm so gut es ging den Rücken freihielt und sich auch freiwillig in der Galerie um alles kümmerte, denn dafür reichte seine Toleranzgrenze heute wirklich nicht mehr. Dafür hatte Valon am vergangenen Abend sehr eindrucksvoll gesorgt.
Nachdem er endlich etwas wacher war, machte sich der Blonde zu Fuß auf den Weg in die Stadt. Der Juwelier, bei dem er seine Kristalle immer bestellte, strahlte ihn regelrecht an, als er den kleinen, aber sehr exklusiven Laden betrat. "Ich wollte Sie gerade anrufen. Ihre Bestellung ist eingetroffen", wurde Joey begrüßt, nahm die Kristalle entgegen und verließ den Laden wieder, nachdem er seine Lieferung bezahlt hatte. Das Päckchen mit den Kristallen packte er in seine Tasche, ohne zu bemerken, dass ihm dabei einer der Steine verloren ging. Ebenso wenig bemerkte er, dass er einen Verfolger hatte, der den heruntergefallenen Kristall aufhob und in die Tasche seiner Jacke gleiten ließ.
Mit seinen Gedanken schon in der Waenestreet weilend – immerhin war seine "Shoppingtour" noch nicht beendet – beeilte Joey sich, den Laden seines guten Bekannten Hiro zu erreichen. Es dauerte nicht lange und der Schwarzhaarige hatte ihm seine übliche Bestellung zusammengestellt und verpackt. Jetzt musste er also nur noch zahlen und dann ins Atelier, um die Kristalle in ihrem Versteck unterzubringen.
Als Joey wieder auf die Straße trat, hatte es wie in den letzten Tagen schon angefangen zu regnen. Fluchend schlug der Blonde den Kragen seines Mantels hoch und verfiel auf den letzten vier Blocks bis zu seinem Atelier in den Laufschritt. Es wartete zwar noch einiges an Arbeit auf ihn – wie zum Beispiel ein weiteres Selbstportrait, das ihn mit bloßem Oberkörper und eiskaltem Blick, seinem Gewehr und einem blutroten Sprühregen zeigte –, aber egal. Im Moment war Devlin Priorität Nummer Eins. Alles andere musste warten, bis dieser Auftrag endlich erledigt war.
Nachdem er alles verstaut hatte, verschloss er das Atelier seufzend wieder hinter sich und machte sich mit einer neuen Mappe über Devlin auf den Weg zurück ins Loft. Er musste ganz dringend fertig werden und er brauchte vor allem ganz, ganz dringend mehr Infos über den Schwarzhaarigen und dessen Leben. In Gedanken ging der Blonde noch einmal alles durch, was er über sein Ziel wusste. Vor allem die Bodyguards stellten ein Problem dar, weil er noch nicht wirklich wusste, welcher der beiden für ihn der gefährlichere war. Allerdings schätzte Joey selbst den Weißhaarigen als gefährlicher ein. Die dunklen Augen des Kerls machten ihm irgendwie Angst – und zwar ziemlich große, wenn er ehrlich zu sich selbst war.
Mit diesen und anderen unerfreulichen Gedanken beschäftigt erreichte Joey endlich das Loft. Schnell betrat er dieses und verschanzte sich dann in seiner "Hexenküche", wie Ryou den Raum nannte, in dem der Blonde seine Kugeln herzustellen pflegte – etwas, das er jetzt auch tat. Zum Einen beruhigten ihn die immer gleichen Handgriffe und zum Anderen brachte es nichts, wenn er jetzt gleich wieder Jagd auf Devlin machte. Immerhin hatte er keine Kugeln mehr und 08/15-Munition kam für seine Aufträge einfach nicht in Frage. Ja, gut, das war ein Tick von ihm, der eigentlich keinen wirklichen Sinn hatte, aber jeder Mensch brauchte schließlich einen Spleen. Und das hier war eben seiner, basta.
Drei Stunden später verließ Joey den Raum wieder. Die Patronen waren fertig, die neuen Berichte gelesen und ausgewertet und er hatte nach all der Arbeit gewaltigen Hunger. Ein Blick auf die Uhr sagte ihm, dass er sowieso in einer Stunde mit Ryou zum Essen verabredet war, also machte er sich direkt auf den Weg ins Bad, sprang noch mal schnell unter die Dusche und zog sich um.
Eine halbe Stunde später hatte er das Loft verlassen und war mit seinem Wagen auf dem Weg in Tokios Innenstadt. Immerhin wollte er nicht zu spät kommen und das Restaurant lag am anderen Ende der City. Er hatte sein Ziel fast erreicht, als ein leiser Alarm an seinem Handy ihn aufmerksam werden ließ. Verdammt, da war jemand ins Loft eingebrochen. Mit quietschenden Reifen drehte Joey um und jagte zurück. Wer auch immer sich im Loft aufhielt, schien sich beim Umsehen offenbar Zeit lassen zu wollen, denn der Alarm hielt an.
Mit Bleifuß und ohne Rücksicht auf Verluste fuhr der Blonde in die Tiefgarage, stoppte den Wagen und sprintete dann zum Fahrstuhl. Ein Griff in das Geheimfach von ebendiesem und er hatte seine Beretta in der Hand. Ruhig durchatmend wartete er darauf, dass der Fahrstuhl in der richtigen Etage anhielt und er aussteigen konnte, um dem Eindringling einen passenden Empfang zu bereiten.
Nahezu lautlos betrat Joey das Loft und orientierte sich erst einmal. In den Wohnräumen schien sich ihr "Gast" nicht aufzuhalten, also blieben nur zwei Möglichkeiten: Entweder war der Einbrecher schon weg – was der Blonde doch stark bezweifelte –, oder aber er hatte die "Hexenküche" entdeckt und sah sich da noch um.
Da er diese Möglichkeit für wahrscheinlicher hielt, schlich er zu diesem Raum hinüber, schob die bereits geöffnete Tür vorsichtig etwas weiter auf und glitt in das Zimmer hinein. Ein Blick auf den Hinterkopf ihres "Gastes" und er musste sich einen lauten Fluch verkneifen. Also hatte er doch Recht gehabt mit seiner Intuition im Bezug auf Devlins Bodyguards. Der Weißhaarige war tatsächlich der gefährlichere von beiden, wenn es ihm schon gelungen war, bis hierher vorzudringen.
Leise entsicherte Joey die Waffe, trat dann direkt hinter den Weißhaarigen und drückte diesem lautlos die Mündung der Waffe an den Hinterkopf. "Okay, zeig mir Deine Hände", verlangte er mit leiser, aber dennoch vollkommen ruhiger Stimme und registrierte mit Genugtuung, wie der Andere sich zwar versteifte, seiner Aufforderung aber dennoch gehorsam nachkam.
"Gut so. Und jetzt werden wir beiden uns mal ein bisschen unterhalten. Wenn es etwas gibt, was ich noch mehr hasse als wenn ein Auftrag schief geht, dann ist das ein Spion, der in meiner Wohnung herumwühlt und sich dabei auch noch erwischen lässt", murmelte Joey kalt, ehe er dem Weißhaarigen einen Stoß gab, so dass dieser mit dem Gesicht voran auf der Couch im Raum landete und sich dort nur mit Mühe abfangen konnte. Die Waffe im Anschlag wartete der Blonde, bis sein Besucher sich wieder aufgerappelt und zu ihm umgedreht hatte. Erst als der Andere ihn ansah, stellte er die Frage, die ihn im Augenblick am meisten beschäftigte: "Weiß Dein Boss, wo Du Dich gerade rumtreibst?"
Ihr habt es geschafft Freunde! Bis demnächst^^