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Kein Spiel

Wer mit dem Teufel Poker spielt...
von

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Gefängnisbesuch


 

Kapitel 2 – Gefängnisbesuch
 

Zwei Tage waren vergangen, nachdem Skinny gefunden wurde und sich die drei ??? dafür entschieden, Milea Mizar einen Besuch abzustatten. Sie war in einem neugebauten Hochsicherheitsgefängnis untergebracht, nur zwei Stunden Fahrzeit entfernt. Justus und Bob hatten Peter die Wahl gelassen, ob er mit kommen wollte oder nicht, aber der zweite Detektiv hatte sich erstaunlich gut gehalten, sah man von seinem ersten Telefonat mit Bob ab.

Einer der Wachmänner führte sie zu einem der Besuchsräume für die Gefangenen, wo sie ihre Familien, Freunde oder manchmal auch Anwälte treffen konnten.

Die junge Frau saß bereits an einem der Tische. Handschellen fesselten ihre Hände und bei jeder Bewegung klingelten die Ketten wie kleine Glöckchen.

Milea Mizar war keine sonderlich große Frau. Sie war klein und zierlich, von schmaler Statur. Lange rote Locken, mit vereinzelten weißen Strähnen, gossen sich in einer Kaskade über ihren Rücken, bis auf die Taille hinab. Große, unterschiedlich farbene Augen blickten gedankenverloren aus dem Fenster. Sie waren ein besonderes Merkmal an ihr. Das eine Auge, von einem schönen regenblau, wirkte ganz normal, während das andere, ein blasses Rot, wie von einem Albino wirkte. Sie trug den hellgrauen, leicht ins Blaue gehenden, Gefängnis-Overall, dessen obere Hälfte lose an ihrer Hüfte herabbaumelte. Die Hose wurde von einem schmucklosen Gürtel an Ort und Stelle gehalten. Unter dem Overall trug sie ein einfaches schwarzes Tanktop und um ihren Hals war ein schmales, schwarzes Lederband geschlungen, wohl der einzige Gegenstand, den sie hatte behalten dürfen.

Sie blickte auf, als die drei Detektive eintraten und auf ihr hübsches Mauerblümchengesicht zauberte sich ein Grinsen. „Welch Ehre, dass die drei Herren mir einen Besuch in meinem neuen Heim abstatten. Gefällt es euch?“ Fragte sie, mit vor Ironie triefender Stimme.

Justus lächelte ihr ebenfalls entgegen, ihr Spiel konnte man auch zu zweit spielen. „Ein bisschen viele Gitter, nicht wahr?“

Sie nickte ihm anerkennend zu. „Ich sehe, du hast dich nicht verändert, Fragezeichen.“ Sie musterte die stehenden Jungen. „Wollt ihr euch nicht setzen? Ich komm‘ mir auch so schon klein genug vor.“ Es war eine seltsame Eigenart von ihr, einfach das zu sagen, was sie dachte, das hatten die Detektive schon bemerkt, wenn gleich man nie sicher sein konnte, ob das Gesagte – oder ihre Mimik – ihren wahren Gefühlen entsprach.

Einen Moment zögerte Justus, setzte sich ihr dann aber gegenüber, Bob und Peter setzten sich links und rechts von ihm auf die harten Plastikstühle.

Sie lehnte sich in ihrem Stuhl zurück, ihre Augen bohrten sich in Justus‘ und ein paar Momente maßen sie sich nur mit Blicken. Der erste Detektiv rief sich ins Gedächtnis, auf was er bei der Mafiosi aufpassen sollte. Sie war eine Spielerin, so unbedacht ihre Worte auch klangen, sie waren präzise geplant, zielten immer auf einen Schwachpunkt, sollten verletzen oder verunsichern. Sie hatte Justus als ebenbürtig anerkannt, das wusste er, ähnlich wie Hugenay hatte sie sich nach einem Gegner gesehnt. Doch anders als bei dem Meisterdieb konnte er die Rothaarige nicht verstehen. Die Bewegründe des Mädchens waren ihm immer noch schleierhaft, Hugenay hatte er am Ende durchschaut, aber die Mizar war ihm ein Rätsel.

„Ich nehm‘ Mal an, dass ihr nicht hier vorbei geschaut habt, nur um mir ‘ne Freude zu machen.“ Sie wartete gar nicht erst auf eine Antwort. „Was wollt ihr also?“

Justus seufzte auf, zog dann aber aus seiner Tasche mehrere Fotos. „Es gab einen Toten. In einem Wald, nicht weit von Rocky Beach.“

Milea lächelte stumm, Justus wollte gar nicht wissen, was sie wieder so witzig fand.

Er legte die Bilder vor sie auf den Tisch, so dass sie einen Blick drauf werfen konnte, nur ein Einziges behielt er noch in den Fingern.

Der Stuhl knarzte einmal leicht, als sich die Rothaarige vor beugte um einen genaueren Blick auf sie werfen zu können, dabei legte sie ihre Hände auf den Tisch und die Jungen konnten sehen, dass die Handschellen genau über zwei ihrer Tätowierungen zusammen geschlossen waren. Mit einem Hauch von Ironie betrachtete Justus wie die eingestochenen Ketten sich unter den Echten bewegten.

„Was sollen mir diese Bilder sagen? Abgesehen davon, dass der Junge auf den Bildern mausetot is‘?“ Die Mafiosi hatte wieder ihre Aufmerksamkeit Justus geschenkt. Nachdem sie die Bilder, die einmal den Tatort im Wald, Skinnys toten Körper dort und dann Skinnys Kopf und Schultern auf dem Tisch der Gerichtsmedizin zeigten, wieder zurück geschoben hatte.

„Der Tote auf den Bildern hieß Skinner Norris, besser bekannt als Skinny, wir sind einige Male mit ihm aneinander geraten, in der Vergangenheit. Er war ein kleiner Gauner, aber kein wirklich Wichtiger oder Gefährlicher, nun, jetzt ist er tot, und auf seiner Brust war dieses Zeichen eingebrannt.“ Justus legte das letzte Foto vor Milea auf den Tisch, welche dem eingebrannten Smiley in Skinnys Haut nur einen kurzen Blick schenkte. „Das is‘ mein Zeichen, aber ich sitze seit zwei an halb Monaten in diesem Knast hier, ich hatte keine Möglichkeit ihn umzubringen und ihr seid der erste Besuch seit meiner Inhaftierung, den ich hier empfange.“ Sie legte den Kopf schief, ein Grinsen auf ihren Lippen, welches ihre seltsam scharfen und spitzen Zähne entblößte.

„Kein Besuch vor uns? Nicht Mal Reporter? Oder ein Anwalt?“ Machte zum ersten Mal ein anderer Detektiv ihr gegenüber den Mund auf an diesem frühen Wintermorgen. Bob sprach ruhig, er ließ sich nicht von ihr einschüchtern, wenngleich es ihm unangenehm war, ihren Blick auf sich zu spüren.

„Warum sollte ich irgendwem ein Interview geben, ich bin keine Hauptattraktion. Und mein Anwalt ist ein Volltrottel, seine Fresse will ich nie wieder sehen.“ Sie sprach langsam, so als würde sie Bob für ein kleines Kind halten, dem man erklären musste, dass es nicht in eine Steckdose fassen durfte. Bob verzog das Gesicht.

Justus schenkte dem aber wenig Beachtung. Er hatte auch Peter noch einmal gefragt, ob er Skinny seit dem Fall mit der Mizar gesehen hatte, aber auch er hatte mit einem „Nein“ geantwortet. Also musste Skinny etwas mit Milea zu tun gehabt haben oder es war wirklich ein dummer Zufall. „Warum ist er tot?“

Milea legte den Kopf auf die andere Seite, schürzte die Lippen. In ihren Augen stand Genugtuung. Sie hatte die Kontrolle, das wurde Justus in dem Moment bewusst, als das Mädchen wieder sprach. „Warum sollte ich euch, ausgerechnet euch, erzählen, warum der kleine Sweetie tot ist - nehmen wir Mal an, dass ich weiß, weshalb er meinen Smiley auf der Haut trägt? Man sollte meinen, ihr solltet als Detektive in der Lage sein, das selbst herauszufinden.“

Justus knirschte frustriert mit den Zähnen. Die Entwicklung des Gespräches gefiel ihm nicht, überhaupt nicht. Er erhob sich. Dieses Spiel hatte Milea gewonnen, aber das nächste würde mit Sicherheit kommen, ob er wollte oder nicht, und diesmal würde er besser vorbereitet sein. „Wir kommen wieder.“ Peter und Bob folgten Justus´ Beispiel und erhoben sich von ihren Plätzen, sie erkannten, dass ihr erster Detektiv es überhaupt nicht mochte, nicht mehr die Kontrolle zu haben, die er so sehr liebte.

„Darauf hoffe ich.“ Sie grinste ihnen hämisch zu, in ihren Augen war der Triumph darüber, Justus Jonas, den Justus Jonas, in die Flucht geschlagen zu haben, nur allzu deutlich. „Oh, und Fragezeichen, grüßt doch bitte Hugenay von mir. Arrivederci.“ Justus drehte verwirrt ein weiteres Mal den Kopf zu ihr, doch ein Wachmann war bereits dabei, sie aus dem Raum zu führen.
 

Kael war langweilig. Sehr langweilig sogar. Den kleinen Verräter zu jagen, war eine gute und spaßige Beschäftigung gewesen, aber nun gab es keine Aufgabe mehr für die Jäger.

Zu gern nur, würde er jetzt Skinny vor sich haben, seine weiche weiße Haut berühren, ihn schreien hören, aber Pustekuchen. Immerhin hatte er ihn selbst getötet.

Er blickte durch den finsteren Raum in Lacrimas Richtung. Das Mädchen mit den langen schwarzen Haaren saß auf einem Tisch und spielte mit einem Messer. Selbst in dem dunklen Versteck trug sie ihre große, dicke Sonnenbrille. Kael hatte sich schon oft gefragt, wie sie damit überhaupt sehen konnte, aber eigentlich war es ihm egal. Lacrima stand der Hierarchie nach über ihm. Sie war Mileas rechte Hand und Anführerin der Jäger des grinsenden Smileys. Er hatte sich immer halb tot gelacht über diese Bezeichnung Mileas in der Unterwelt, den anderen Namen, den sie trug, fand er viel schöner. Schwarzer Schmetterling, ein hübscher Name, ein Name, der die Gefahr dahinter immer versteckte.

Léo schlenderte zu ihm herüber, er hatte Skinny anfangs die Waffe an den Kopf gehalten, erinnerte er sich. „Ennuyeux, non?“ Fragte der Junge mit einer leisen, aber tiefen Stimme, die nicht zu dem kleinen Körper passen wollte. Ähnlich wie Lacrima hatte er seinen Smiley, ein jeder, welcher zu Mileas Kreis gehörte, trug einen irgendwo auf der Haut, auf die Schulter tätowiert bekommen, er konnte ihn zwar nicht unter dem schwarzen Hemd sehen, aber er wusste, dass er da war. Kael selbst trug den Smiley direkt auf der Brust, an der Stelle, an der er auch Skinny das Symbol eingebrannt hatte. Er hörte noch immer die Schreie, die der Blonde von sich gegeben hatte, wie ein Ohrwurm, der ihm nicht mehr aus dem Kopf gehen wollte.

Nickend gab er Léo seine Zustimmung.

„Wenn ihr hier raus wollt, dann geht. Wir sollten nur nicht auffallen, der Trubel um Mileas Smiley is‘ noch zu groß.“ Sagte Lacrima, ohne von ihrem Messer aufzusehen.

Hinter ihnen begann sich nach diesen Worten Lacrimas Schatten zu regen, zumindest nannte Kael Sam gedanklich immer so. Die Hackerin war neu bei ihnen, ein junge, schmale Frau mit grün gefärbten Haaren und kristallklaren blau-silbernen Augen. Sie summte kurz etwas, was wie „Bis später“ klang und war dann verschwunden.

Léo und Kael taten es ihr gleich und waren kurz danach bereits in dem trägen Getümmel auf den Straßen Rocky Beachs verschwunden. Kael brauchte jetzt dringend etwas, um seinen Frust loszuwerden.

Am besten jung, blond und grünäugig.
 

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Arrivederci. - Auf Wiedersehen. (ital.)

Ennuyeux, non? - Langweilig, nicht? (franz.)



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