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Dark Circle

von
Koautor:  Caracola

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73. Kapitel

Ryon legte seinen Arm um Paige, vielleicht half es etwas, sie zu beruhigen. Ihm half es auf jeden Fall beim Anblick der beiden dürftig bekleideten Männer in dem unsichtbar gezogenen Bannkreis von Faith, nicht sofort seine Krallen auszufahren und sich seinen Pelz anzulegen.

Es war bisher zwar alles ruhig verlaufen und selbst die Stimmung bestand größtenteils lediglich aus gespanntem Warten, dennoch war jeder einzelne seiner Nerven aufs Höchste alarmiert.

Während Tennessey sich noch einmal auf seine Arbeit vorbereitete, Faith den Schutzkreis ein letztes Mal abschritt und Delila wie eine Galionsfigur erstarrt da stand und ihre Gefährten betrachtete, sah Ryon sich ebenfalls etwas um, um sich selbst abzulenken.

Sie standen mitten im Wald, um sie herum fielen immer wieder rote und goldene Blätter von den Bäumen. Ein deutliches Zeichen, dass der Herbst nun endgültig die Oberhand gewonnen hatte.

Hinter ihnen, keine fünf Minuten entfernt, lag das Haus. Von innen verriegelt und durch die restlichen Hexen geschützt, musste er sich keine Sorgen machen, sollte hier etwas schief gehen. Zumindest nicht um Mia und die anderen. Und selbst hier würden sie bestimmt mit den beiden Werwölfen fertig werden. Sie waren vor Hunger geschwächt und deutlich in der Unterzahl.

Sie hatten keine Chance, sollten sie etwas versuchen und es wäre ihre letzte gewesen. Wenn sie es jetzt nicht schafften, gab es keine Zukunft mehr für sie. Das wussten sie alle.

„Okay, ich bin soweit.“ Tennessey rieb sich die Hände und atmete vernehmlich tief ein und aus.

„Ich auch.“ Faith trat zurück und ließ Delila alleine mit Tennessey und den Zwillingen im Schutzkreis zurück, schloss ihn aber noch nicht vollkommen, sondern wartete auf den Arzt.

Tennessey legte beiden Männern die Hand auf die Stirn und schloss die Augen.

Eine Minute verging. Zwei Minuten. Dann noch eine und noch eine.

Die Stimmung wurde unruhig, doch plötzlich richtete sich Tennessey auf und trat zurück, außerhalb des Kreises, der mit bloßem Auge nicht sichtbar war. Aber sie alle konnten ihn spüren. Faith schloss ihn mit einer knappen Handbewegung.

Ryon hielt gespannt den Atem an und zog Paige noch enger an sich heran, während sich sein ganzer Körper straffte.

Delilas Atmung ging gepresst, als sie zuerst bemerkte, wie Deans Fingerspitzen zuckten und kurz darauf von James Zehen gefolgt wurden.

Sie hätte dort nicht stehen müssen, doch es war ihr Wunsch gewesen und die Entschlossenheit in ihrem Gesicht nahm zu, trotz des stärker werdenden Zitterns in ihrem Körper.

Die Atmung der Zwillinge beschleunigte sich. Man sah es nur zu deutlich an ihren entblößten Brustkörben, wie diese sich immer rascher hoben und senkten, als hätten sie einen Alptraum. Ryon würde es nicht wundern, wenn es so wäre.

Dean bewegte sich als Erstes. Er verzog das Gesicht und schlug sich eine Hand davor, ehe er sich zur Seite rollte und sich krümmte.

Automatisch war Ryon bei der ersten Bewegung zusammen mit Paige einen halben Schritt zurück gewichen. Seine Krallen fuhren aus und trotz der weniger geschärften Sinne, konzentrierte er sich voll und ganz darauf, was im Inneren des Kreises vor sich ging.

Niemand sagte etwas. Dann begann sich auch James zu rühren. Wie sein Bruder schon zuvor, schien er sich vor Schmerzen oder was auch immer zusammen zu rollen und hielt seinen Kopf, als dröhne ihm der Schädel.

„Oh, Scheiße! Ich hab das Gefühl, als hätte mich ein Panzer überrollt.“

Rasch überflog Ryon Delilas Gesicht. Sie war kreidebleich und obwohl sie das Zittern inzwischen wieder etwas eindämmen konnte, sah man ihr die Angst an. Ihre Augen waren vor Panik geweitet und sie atmete nur noch flach. Sehr flach. Trotzdem rührte sie sich nicht von der Stelle.

„Dito.“ James versuchte sich auf seinen Ellenbogen abzustützen, ließ es aber schon nach dem ersten Versuch wieder bleiben. Stattdessen rollte er sich noch enger zusammen.

„Was für ein Mordskater! Und dann erst dieser abgefuckte Traum…“

Dean hatte es geschafft, sich aufzurichten und seinen Blick zu heben. Als er sich im Kreis umsah und schließlich an Delilas Anblick hängen blieb, die auf einmal schützend die Arme um sich schlang, erbleichte er so schnell, als hätte sich das Blut in seinem Kreislauf einfach in Luft aufgelöst. Er hatte die Situation sofort erfasst.

„J?“ Seine Stimme war plötzlich nur noch brüchig.

„Was?“

„Das … war kein Traum…“

Der Werwolf konnte seine Augen nicht mehr von seiner Gefährtin nehmen, obwohl es ihm sichtlich immer mehr Schmerzen verursachte, sie anzusehen, ohne dass diese körperlich gewesen wären.

„Ach, quatsch. Erzähl keinen…“ J sah zuerst seinen Bruder an und als er seinen Gesichtsausdruck sah, fuhr er zur Quelle von dessen Aufmerksamkeit herum.

Vor Fassungslosigkeit blieb ihm der Mund offen stehen.

„D-Deli?“ Seine Stimme war noch nicht einmal mehr brüchig. Sie klang wie pures Entsetzen. Atemlos und so hoch, dass man sie kaum noch hörte.

Delila rührte sich nicht. Sagte nichts. Tat nichts. Sie starrte ihre beiden Männer nur stumm an, selbst als diese sich langsam aus ihrer eigenen Erstarrung lösten und taumelnd auf die Beine kamen, rührte sie sich nicht. Wich noch nicht einmal einen Schritt zurück, so wie Ryon es gerne getan hätte. Ihm stellten sich sämtliche Nackenhaare zu Berge.

„Deli…“ Dean streckte die Hand langsam nach ihr aus und wollte einen Schritt auf sie zu machen, blieb aber wie festgekettet stehen, als er sah, wie sie vor Angst nun doch zurück wich. Ryon hingegen zog es plötzlich nach vor. Der Drang, diese Frau zu beschützen, war mit einem Mal noch stärker. Doch er tat nichts, sondern blieb an Paiges Seite. Solange die beiden nichts anstellten, würde er nicht eingreifen.

Dean ließ die Hand sinken, ging den halben Schritt wieder zurück und sah aus, als hätte man ihm direkt unter die Gürtellinie getreten. Seinem Bruder schien es nicht besser zu gehen. Er presste die Lippen fest aufeinander und beide bebten sie um die Wette. Ihre Augen voller Reue und Qual.

Sie wussten, was sie getan hatten. Das sah man ihnen nur zu deutlich an. Da half selbst die Ausrede nichts, dass sie es nicht aus eigenem Willen getan hatten.

Lange sagte oder tat niemand etwas. Sowohl im als auch außerhalb des Kreises nicht. Das Schweigen wurde nur noch niederschmetternder, bis Delila ihre Erstarrung mit einem Ruck löste und nun ohne Zögern auf die beiden Werwölfe zu ging.

Ryons Hände spannten sich an. Bereit, sofort zuzuschlagen.

Delila kam ihm zuerst.

Die beiden schallenden Ohrfeigen, die sie ihren Gefährten schonungslos gab, hallten noch weit im Wald nach.

Tief getroffen senkten die Jungs simultan ihre Köpfe und obwohl sie Delila um so vieles überragten, schienen sie förmlich vor ihr zusammen zu schrumpfen.

„Macht! Das! Nie! Wieder‼“

Mit jedem geschriehenem Wort knallte sie den beiden noch eine und noch eine, bis ihre Wangen flammend rot waren und Dean ihr Handgelenk greifen musste, damit sie sich nicht noch selbst verletzte.

Diese eine Berührung war der Schlüssel zu allem und Delila wäre fast vor den Füßen ihrer Gefährten zusammen gebrochen, wenn Dean sie nicht beschützend an sich gezogen und hochgehoben hätte, so dass sie ihre Beine um seine Taille schlingen konnte.

Ihre Hände umklammerten seinen Nacken, als wäre er der einzige Halt, den sie noch hatte, doch James war direkt hinter ihr und umschlang ihre Taille, während er sich an ihren Rücken drückte. Jeder auf seiner Seite schmiegte hingebungsvoll seine Wange an die ihre und hielt sie einfach nur fest, während sie von heftigen Weinkrämpfen geschüttelt wurde.

Es wäre gelogen, zu behaupten, dass die Nässe auf ihren Wangen nur allein von ihr kam.

Die Drei sahen aus, wie ein einziges Kummerbündel und trotzdem beruhigte der Anblick Ryon. Natürlich war es auch verdammt traurig, aber er war beruhigt. Mehr als das. Er musste Paige selbst auf seinen Arm nehmen und sie an sich drücken.

Eigentlich hatte er noch nie ein anderes Gestaltwandlerpaar außer seine Eltern in Aktion gesehen und in diesem Fall waren sie sogar zu dritt. Aber er erkannte es, wenn er es sah. Die zwei würden in ihrem jetzigen Zustand Delila niemals etwas antun. Dafür bekam man nur zu deutlich immer mehr den Eindruck, wer hier das Alphatier war. In diesem Fall eine Wöflin unter Werwölfen.
 

***
 

Es war kein herzlicher Abschied und doch schien er voller Hoffnung zu sein. Ryon konnte es nur allzu sehr nachvollziehen.

Wüsste er nicht, was in den vergangenen Wochen und Monaten alles passiert war; das Bild dieser jungen Familie die ihre Sachen in den Leihwagen packte, hätte einen völlig anderen Eindruck auf ihn gemacht. Er hätte zwei fürsorgliche Väter gesehen, die sich leise darum stritten, ihren Sohn im Kindersitz sicher anzuschnallen und sich dann schließlich irgendwie einigen konnten, wie sie es wohl in allen Bereichen dieser ungewöhnlichen Familienkonstelation tun mussten, während Delilah die wenigen Habseligkeiten im Kofferraum verstaute.

Ryon könnte sich nicht vorstellen, Paige mit einem anderen Mann zu teilen. Nicht einmal, wenn es sein eigener Bruder gewesen wäre.

Doch sowohl Delilah wie auch die Zwillinge schienen endlich wieder eine Einheit zu sein. All die kleinen Dinge unter Gestaltwandlerpaaren tauschten nun auch sie wieder aus. Man sah noch die Vorsicht in den flüchtigen Berührungen und das nur langsam heilende Vertrauen untereinander. Doch Delilah liebte ihre Gefährten noch immer. Das ließ sich nicht leugnen.

Ryon gab Paige einen flüchtigen Kuss auf die Stirn und schlang noch enger seinen Arm um ihre Hüfte, um sie an seine Seite zu ziehen. Wie froh er doch war, dass nun alles vorbei war und schon bald auch der letzte Gast ihr Haus verlassen haben würde.

Die kleine Wolfsfamilie war eine der letzten Besucher, die ihre Sachen zusammen gepackt und ihr Haus verlassen hatten.

Obwohl Ryon inzwischen sicher war, dass Dean und James in Ordnung kommen würden, war die Lage doch immer noch sehr angespannt geblieben und so war er nun froh, dass sie endlich zurück nach Hause fuhren. Dort wie sie hin gehörten und ihre eigenen Wunden lecken konnten.

Als alles sicher im Wagen verstaut und auch nichts vergessen worden war, drehte sich die kleine Familie zu ihrem Abschiedsgefolge um.

Es wurden keine Hände gereicht und auch keine Worte der falschen Freundlichkeit ausgetauscht. Dafür war zu viel geschehen. Einzig Mia auf Ryons Arm wusste nicht, was geschehen war und quängelte, um noch einmal den weißen Welpen sehen zu können, der ihr in den letzten Tagen ein treuer Spielgefährte geworden war. Doch die Erwachsenen schwiegen, bis Ryon schließlich das Schweigen brach.

"Kommt gut Heim und passt auf euch auf."

Vielleicht würden sie sich eines Tages wieder sehen, doch die Chance war gering.

"Und kümmert euch gut um die werdende Mama."

Tyler trat unerschrocken wie eh und je nach vor und überreichte Delilah noch ein kleines Lunchpaket.

"Flugzeugfraß ist widerlich. Das wird euch hoffentlich ein bisschen darüber hinweg helfen."

Delilah nahm mit einem winzigen Lächeln das Paket an und sofort traten Tränen in ihre Augen.

Nicht zuletzt lag es an den Hormonen, doch Ryon war sich sicher, dass hier noch sehr viel mehr im Spiel war und das sahen auch Dean und James so, die ihr sofort die Hand auf die Schultern legten und sie erdeten.

"Danke, das werden wir.", versprachen sie synchron und nickten auch den anderen noch zum Abschied zu.

"Danke für alles."

Delilahs Blick heftete sich auf Paige und ihn, ehe sie auf dem Beifahrersitz platz nahm und auch die Zwillinge einstiegen.

Mia begann in Ryons Armen schließlich leise zu weinen, als das Auto die Einfahrt entlang fuhr und somit der kleine weiße Welpe in Form eines Jungen sie verließ.

Ryon wiegte sie leicht im Arm und auch Paige streichelte ihr über die Wange, um sie zu beruhigen, während sie alle schweigend dem immer kleiner werdenden Auto hinterher sahen.

Eine Weile sagte niemand etwas, bis Faith - die letzte noch verbliebene Hexe in ihrem Haus - das Schweigen brach.

"Ich habe übrigens herausgefunden, was es mit den Amuletten auf sich hatte und warum Boudicca sich selbst pulverisiert hat."

Ryon sah Paige an und sie blickte mit dem gleichen Gesichtsausdruck zurück.

"Ich hätte jetzt Lust auf Milchkaffee und Cupcakes."

Er lächelte und wischte Mia eine Träne von der Wange.

"Ich auch."

Zu dritt machten sie sich auf den Weg in die Küche. Tyler war mit Ai schon vor gegangen, nur Tennessy blieb bei Faith.

Vermutlich war sein Forschergeist gespannt auf Faiths Theorie oder was auch immer sie herausgefunden hatte. Doch Paige und Ryon waren sich zumindest im Augenblick einig darüber, dass das Amulett schon genug Platz in ihrem Leben eingenommen hatte. Für eine Weile konnten sie auch einmal ohne es auskommen. Und das würden sie auch.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von: abgemeldet
2012-09-23T10:23:33+00:00 23.09.2012 12:23
Woow... ich vergöttere eure geschichten !!! ich liiiebe sie und bin sooo traurig das ich nun alle abgeschlossenen storys von euch durch habe .... ich seit super super autoren und eure gischichten sind der hammer ich liebe alle charactere!!!
ich kann gar nicht anders als euch zu loben und dafür zu danken solche schönen geschichten online gestellt zu haben!!! ich bin ein riesen fan von euch!!!
also biiiiiitte schreibt weiter ;)

ganz liebe grüße und ein mega großes danke an euch!!! ihr seid super!!!!


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