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Wenn der Hunger mich quält

Tanz der Vampire, fast so wie man es kennt
von

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Möhrchen

Sarah war müde. Müde war noch gar kein Ausdruck! Die Nacht war nicht gerade reich an Schlaf gewesen. Mit einem bestimmten Gedanken im Kopf war sie immer wieder aufgeschreckt. Sobald sie jedoch versucht hatte, den Gedanken festzuhalten, hatte sich dieser in Nichts aufgelöst. Wie ein Traum, dessen Inhalt man umso schneller vergaß, desto mühsamer man versuchte sich daran zu erinnern. Es war frustrierend.
 

Jetzt saß sie vor der Tür des Wirtshauses und putzte Gemüse. Präzise schabte das Messer durch die Haut der Möhren auf ihrem Brett. Die monotonen Bewegungen ließen es zu, dass ihre Gedanken abschweiften.

Sie hatte sich noch nie Illusionen gemacht. Ihr Leben würde genauso ablaufen, wie das ihrer Mutter. Sie würde so lange zu Hause bei ihren Eltern wohnen bleiben, bis sie einen Mann finden würde. Pardon, bis ein Mann SIE finden würde. Der würde sie dann heiraten, sie mit zu sich nach Hause nehmen, damit sie dann dort die Karotten schälen konnte.

Zwischen dem Gemüseputzen und den anderen Hausarbeiten würde sie dann ein, zwei Kinder bekommen, die dann wiederum darauf hinarbeiten würden, von zu Hause auszuziehen, zu heiraten...
 

Widerwillig schüttelte Sarah ihren Kopf. Diese Gedanken führten zu nichts! Was war sie doch für ein undankbares Geschöpf. Ihre Eltern sorgten sich um sie, sie hatte ein Dach über dem Kopf, reichlich Kleidung und immer gut zu essen. Keine Selbstverständlichkeit!

Mit Vehemenz fing sie an, die Möhren nun in kleinere Stücke zu zerteilen.
 

Warum hegte sie in letzter Zeit nur immer so aufmüpfige Gedanken? Früher war sie ein durchweg folgsames Kind gewesen. Der Stolz ihrer Eltern. Die hübsche, kleine Sarah mit den roten Locken, dem weißen Kleid und dem strahlenden Lächeln...

Doch seit einigen Monaten, nein, seit einigen Jahren, hatte sie Schwierigkeiten, diese Illusion aufrecht zu erhalten. Lustlos durchlebte sie den Tag und fieberte etwas entgegen, dass sie sich selbst nicht erklären konnte. Sie war von stummer Erwartung erfüllt. Es war, als ob sie sich auf ein Ereignis in naher Zukunft freuen würde. Ein ähnliches Gefühl hatte sie als kleines Kind immer gehabt, wenn das Weihnachtsfest langsam näher rückte und die Vorfreude auf den Heiligen Abend immer größer wurde...
 

„du bist albern, Sarah, ALBERN!!“ murmelte sie sich selbst zu und lies ihr Messer energisch durch eine besonders dicke Möhre gleiten.
 

„Versuchst du das Gemüse für irgendetwas zu bestrafen?“ klang eine amüsierte Stimme aus dem Hauseingang.

„Magda, du bist's!“ Sarah blickte die Magd stirnrunzeln an. „Nein, keineswegs, ich bin nur ein wenig übermüdet, glaube ich.“

„Oh ja, ich auch!“ rief die blonde Dienstbotin aus und reckte sich übertrieben. „Die Nächte bringen mich um, musst du wissen!“

Mit einem Zwinkern schritt sie an Sarah vorbei und machte sich auf den Weg in den Stall um dort den Gänsen ihr Futter zu bringen. Dabei wiegte sie mit ihre Hüften ein wenig aufreizender, als es eigentlich nötig gewesen wäre.
 

Dass Sarah's Blicke fast ihren Rücken zu durchbohren drohten, schien sie entweder nicht zu merken oder nicht merken zu wollen.

Die Nächt brachten sie um... Schön wärs!

Sarah wusste ganz genau, was des nachts im Schlafzimmer der Magd vor sich ging.

„Schamlose Person!“ zischte sie leise. Und ihr Vater war keinen Deut besser...
 

Erneut war das Gemüse der Wut der jungen Frau ohne Hoffnung auf Rettung ausgeliefert.
 

Am meisten graute es sie vor demjenigen, der sie in naher Zukunft zum Altar führen würde. Nicht, dass es schon einen bestimmten Bewerber gegeben hätte. Doch Sarah wusste, dass es wohl oder übel einer der Dorfbewohner werden würde. Es verirrten sich selten Fremde ins Dorf.
 

Sie kannte die möglichen Kandidaten genau, schließlich waren alle davon regelmäßige Gäste ihres Vaters. Es waren zumeist Bauern oder Handwerker und ihre Söhne.

Von Kindesbeinen an hatte sie mit ihnen gespielt und gezankt und war mit einigen von ihnen zur Schule gegangen. Zumindest mit denen, deren Eltern die Kosten für den Unterricht aufbringen konnten, was beileibe nicht alle waren.

Wenn sie die verschiedenen Jungen vor ihrem inneren Auge vorbeiziehen lies, wurde ihr übel.
 

Nicht, dass sie es sich leisten konnte wählerisch zu sein, schließlich war sie als Tochter des Wirts kaum dazu in der Lage, hohe Ansprüche zu stellen.

Aber ein gewisses Verlangen nach Sauberkeit und Intelligenz konnte man sich doch erlauben, oder?
 

Da war der Sohn des Müllers, der ihr einmal einen Kuss zu geben versucht hatte. Während er mit gespitzten Lippen und geschlossenen Augen unendlich lange auf Sarahs Reaktion gewartet hatte, war sie einfach davongelaufen und hatte sich hilflos vor Lachen im Rübenkeller verkrochen.

Michael wollte sie küssen! Der Junge, der ständig die Nase hochzog und dessen jetzt schon lichter werdendes Haar stets mit Mehl bestäubt war.
 

Oder Paul, der Sohn des Nachbarn. Ein gutaussehender Bursche! Leider wusste er das selbst. Sie war nicht das erste Mädchen gewesen, das er versuchte „zu einem Spaziergang über die Kornfelder“ zu verführen.
 

Oder Richard, der Dorfschullehrer, der zwar jung und gebildet war, dessen Leibesumfang er aber kaum durch die enge Tür des Schulhauses quetschen konnte, und der nach der geringsten Anstrengung so außer Atem war, dass er erst einmal rasten musste...
 

„Aber was denk ich darüber überhaupt nach...“ flüsterte sie resigniert.

Als Mädchen hatte sie in dieser Angelegenheit sowieso nicht mit zu bestimmen. Diese Entscheidung würden schon ihre Eltern für sie treffen...
 

Sarah starrte auf das Gemüse, das sie nun in feinsäuberliche Würfelchen zerteilt hatte. Konnten geschnittene Möhren höhnisch grinsen?

Sarah kam es beinahe so vor.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  RoseVampireKero
2011-11-20T20:33:45+00:00 20.11.2011 21:33
Die Fanfic ist super =^-^=
Ich wünschte, ich könnte so schöne Geschichten schreiben


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