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Mein einzigartiger Engel

Kratos x Raine x ?
von

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Raine's freier Vormittag

"Lloyd, wach auf. Wir müssen zur Schule" versuchte Genis erneut sein Glück, um seinen besten Freund zu wecken. Mit belustigter Miene betrachtete er sich das Bild, welches sich ihm bot und schreckte ein wenig zurück, als sich Zelos auf den Rücken drehte, während der Braunhaarige die Decke über seinen Kopf zog. Wieso schlief der ehemalige Auserwählte eigentlich bei Lloyd im Bett? Schon gestern Abend hatte sich Zelos an seinen besten Freund geklammert und war sogar an dessen Seite eingeschlafen. Empfand Lloyd den Rothaarigen nicht als störend oder gar lästig?
 

"Amigo... Klau mir nicht soviel Decke, sonst muss ich andere Seiten aufziehen" grinste Zelos mit geschlossenen Augen und zerrte an die nicht gerade breite Bettdecke. Auch das Bett war eigentlich viel zu klein, aber diese Tatsache schien weder Lloyd noch Zelos zu stören. "Wenn du mit einer harten Landung auf dem Fußboden leben kannst..." nuschelte der Braunhaarige wenig beeindruckt und behielt ebenso seine Augen geschlossen. Im diesen Moment fragte sich der junge Halbelf, ob er wohlmöglich ignoriert wurde, weswegen er ins Bad eilte und einen Eimer mit eiskaltem Wasser füllte. Da er seine Wassermagie nie im Haus anwenden durfte, war seine Magie doch nur für den Kampf gedacht, lief er mit einem breiten Grinsen zurück zu Lloyd's Zimmer.
 

"Letzter Aufruf, Lloyd. Wir werden bereits in der Schule erwartet und ich habe mein Wort gegeben, nicht ohne dich zur zweiten Schulstunde zu erscheinen" erklärte Genis und wartete auf eine Reaktion. Da Lloyd auch nach weiteren zwei Minuten keine Anstalten machte, sich aus dem Bett zu quälen, hob Genis den Eimer und goss das eiskalte Wasser über die beiden Schlafenden. Zelos war sofort wach, sah sich verschreckt um und erblickte schließlich den jungen Halbelfen mit einen Eimer in der Hand. "Du..." wollte er am frühen Morgen schon wüten, doch Lloyd machte ihm einen Strich durch die Rechnung. "Wieso ist mein Bett so nass und meine Haare... Zelos, was hast du schon wieder angestellt?". Genis beobachtete für wenige Minuten den Streit, ehe er seine Stimme erhob und die ganze Situation erklärte.
 

"Ach so... Professor Raine will uns wirklich unterrichten? Ich habe eigentlich damit gerechnet, dass der Unterricht ausfällt" murmelte Lloyd und erhob sich vom Bett, um sich sein schwarzes Shirt über den Kopf zu ziehen. Kopfschmerzen hatte er zwar nicht, aber er fühlte sich noch müde und ziemlich matt. Kein Wunder, dachte er sich insgeheim, denn gestern Abend hatte er mindestens fünf Gläser Wein getrunken. "Nein... Raine ruht sich noch aus, aber keine Sorge, Lloyd. Wir haben eine würdige Vertretung gefunden" erwiderte der Jüngste und stand abwartend an der Balkontür gelehnt. In zwanzig Minuten würde die zweite Stunde beginnen, also sollte sich sein bester Freund vielleicht ein bisschen beeilen.
 

"Eine Vertretung? Sag mir, Kleiner, handelt es sich um eine hübsche Frau? Wenn dem so ist, dann würde ich sehr gern euren Unterricht beiwohnen" grinste Zelos und sah den Kleinen abwartend an. Genis konnte kaum ein leises Lachen unterdrücken, hielt sich die Hand vor seinen Mund und stellte sich ein wirklich absurdes Bild vor. "Wer weiß? Du kannst gern mitkommen und vielleicht lernst du auch noch etwas dazu". Der junge Halbelf ging die Stufen zum Wohnbereich hinab, um vor der Haustür auf Lloyd und Zelos zu warten. Da die Neugierde des ehemaligen Auserwählten erweckt worden war, würde er Lloyd wohl unter Zwang mit sich ziehen, nur um eine angeblich hübsche Frau sehen zu können. Nun, der Rothaarige würde sich über den noch strengen Unterricht wundern, ebenso Lloyd, welcher sich vermutlich wünschen würde, sein Bett niemals verlassen zu haben.
 

Einige Stunden später, in einem Haus in Iselia, öffnete Raine verschlafen ihre Augen, blinzelte einige Male, um sich an die Helligkeit in ihrem Zimmer zu gewöhnen und blickte hinunter zur Matte. Kratos war nicht mehr da und für einen kurzen Moment schlich sich eine gewisse Angst in ihre Glieder. War er etwa schon wieder fort und das ohne sich von ihr zu verabschieden? Nein, sie weigerte sich diesen Gedanken zu glauben, schwang nun ihre Beine aus dem Bett und seufzte erleichtert aus. Kein Schwindelgefühl mehr und auch die Kopfschmerzen hatten nachgelassen.
 

Als sie sich in ihrem Zimmer umsah, erblickte sie ein Schwert, welches an dem Nachttisch lehnte und nun fiel ihr auch das Tablett mit den Brötchen, Schinken, Käse und ein Glas Milch ins Auge. Kratos war also noch da und hatte ihr sogar Frühstück ans Bett gebracht, aber wieso hatte er sie denn nicht geweckt? Schließlich fiel ihr ein kleiner Zettel auf, welcher ebenfalls auf dem Tablett lag. Neugierig nahm sie das Papierstück zur Hand und ließ ihre blauen Augen über die wenigen Zeilen schweifen.
 

~Guten Morgen, Raine.

Genis und ich haben dir Frühstück gemacht, wie du unschwer erkennen kannst.

Dein Bruder hat mir außerdem einige Notizen bezüglich der momentanen Themen in der Schule gegeben, also mache dir keine Gedanken. Ich werde dich würdig vertreten, damit du dich noch ein wenig ausruhen kannst.

Heute Nachmittag brechen wir, wenn ich dich immer noch begleiten soll, zum Selia-Anwesen auf und erkunden die Überreste.

Genieße deinen freien Vormittag.

Kratos~
 

Raine legte den Zettel zur Seite und nahm sich ein belegtes Brötchen mit Käse. Kratos war in der Schule und übernahm derzeit den Unterricht für sie? Vermutlich wünschte sich Lloyd gerade, sofern er überhaupt zum Unterricht erschienen war, dass Raine selbst vor der Tafel stand und den Unterricht gestaltete. Kratos war nun mal ein wenig strenger also sie, setzte sich wahrlich durch und würde einen schlafenden Schüler nicht dulden. Wie er Lloyd wohl aus den Träumen holte? Raine warf gewöhnlich den Tafelschwamm oder Kreide, aber bei Kratos fiel ihr kein Gegenstand ein. Hoffentlich warf er nicht die Tafel oder gar das Pult. Nein, dachte sich die junge Professorin und schüttelte lächelnd ihren Kopf. Wie kam sie nur auf solche Gedanken?
 

Als Raine ihr erstes Brötchen verzehrt hatte, nahm sie das nächste Brötchen zur Hand, nicht ohne vorher einen Schluck der Milch zu trinken. Heute Nachmittag würde sie also zusammen mit Kratos die Villa erforschen und ihr verlorener Ehrgeiz und ihre Neugierde waren tatsächlich vorhanden. Warum? Lag wohlmöglich der Grund nahe, dass Raine ihr Wissen mit dem Braunhaarigen teilen konnte? Ja, allmählich gestand sich die junge Halbelfe ein, wie sehr ihr Kratos in dem letzten halben Jahr gefehlt hatte. Ob er wohl ähnlich dachte? Hatte Kratos die junge Professorin auch ein wenig vermisst? Raine wusste es nicht, ließ ihren Blick nochmals über die Notizen schweifen, die sie sich gestern Abend gemacht hatte, bevor sie sich erhob und sich frische Kleidung aus dem Kleiderschrank holte. Erstmal eine erholsame Dusche, dachte sie sich, denn ihr Körper fühlte sich noch sehr matt an.
 

Einige Meter vom Haus der beiden Halbelfen entfernt, saßen Lloyd, Genis, Colette und Zelos auf einer Wiese, die in der Nähe der Schule war, wobei Letztere eine Miene zog, als wäre eine Welt für ihn untergegangen. Lloyd war nicht minder guter Stimmung, denn bereits zur zweiten Stunde hatte er sich eine Predigt von Kratos anhören müssen und all seine Mitschüler, ausgenommen seine Freunde, hatten gelacht. Super, dachte er sich insgeheim, denn sein Vater war nicht nur streng, was den Unterricht betraf. Nein, er war auch noch ein Dämon in Menschengestalt. Wie hatte er nur denken können, dass er mit Kratos ein leichtes Spielchen haben würde?
 

"Dein Alter ist vielleicht streng, Amigo. Knallt sein dämliches Buch aufs Pult, nur weil ich dir einen Zettel zugesteckt habe. Echt, mir wäre fast das Herz stehen geblieben, aber... Kratos wird schon noch merken, dass man den großen Zelos Wilder nicht so ungehobelt behandelt" meckerte der Rothaarige vor sich her, biss in einen Apfel und blickte wütend zum Himmel auf. Wollte sich sein Kumpel etwa nicht rächen? Schließlich hatte Kratos seinen Sohn vor der gesamten Klasse in gewisser Weise lächerlich gemacht und so etwas musste sich Lloyd doch nicht gefallen lassen, oder? Raine war gegen Kratos wahrlich ein Mauerblümchen, obwohl ihre Art, den Unterricht zu gestalten, auch sehr sonderbar war.
 

"Ihr habt ganz einfach seine Regeln missachtet, die er an die Tafel geschrieben hat" murmelte Genis, denn Kratos hatte sich in seinen Augen vollkommen richtig verhalten. Es mochte stimmen, er war weitaus strenger als Raine, aber er wäre vermutlich kein guter Ersatz, wenn er sich nicht bei einer fast fremden Klasse durchsetzen könne. "Ich muss Genis zustimmen, Lloyd. Kratos gibt sein Bestes, um uns die schweren Themen zu erklären" lächelte Colette, denn bisher hatte sie sehr wohl den Unterricht verfolgen können. Die Blonde hätte auch nichts dagegen, wenn Lloyd's Vater des Öfteren den Unterricht gestaltete, da er bei jedem Thema aus eigener Erfahrung sprach. Solchen Geschichten hörte sie nun mal sehr gern zu, da die Lehrbücher nur grob eine einzelne Geschichte erzählte.
 

"Das ihr auf Kratos' Seite steht... Der kleine Streber und die liebenswerte Colette, wieso war mir das irgendwie klar? Lloyd, komm schon. Wir nehmen Rache" murrte Zelos verstimmt und erhob sich. Er griff in seine rechte Hosentasche und holte einen braunen Beutel hervor, welches er nach wenigen Sekunden öffnete und einige Luftballons zur Hand nahm. "Was hast du vor?" wollte der Braunhaarige neugierig wissen, denn er war nicht gewillt jeden Streich mit Zelos zu machen, wobei ihr Opfer den Namen Kratos trug. "Wasserbomben, mein Amigo. Im Moment ist Kratos bei Frank und Phaidra und deswegen können wir in aller Ruhe in den Klassenraum gehen, um unsere Falle vorzubereiten" grinste Zelos und zog den noch zweifelnden Lloyd mit sich zur Schule, während Genis und Colette auf der Wiese sitzen blieben und verzweifelt ihre Köpfe schüttelten. Ärger, waren ihrer beide Gedanken.
 

Nach wenigen Minuten erhoben sie sich, gingen nun auch zurück zur Schule und setzten sich im Klassenraum auf ihre Plätze, während Lloyd ein Seil bei der Tafel befestigte, um einen großen Eimer schweben zu lassen. "Meint ihr nicht, dass Kratos den Eimer sehen wird?" zweifelte Genis an, aber der Rothaarige grinste nur frech, ließ sich nicht beirren und schien auch schon einen weiteren Plan zu haben. Es klingelte zur nächsten Stunde und Zelos hastete durch das Klasszimmer, blieb hinter den zahlreichen Stühlen und Tischen stehen, während er seine blauen Augen schloss, um sich auf seine Engelsfähigkeiten konzentrieren zu können.
 

Bevor sich die Tür öffnete und Kratos ins Klassenzimmer trat, gestärkt durch ein leckeres Mittagessen von Phaidra, hatte der ehemalige Auserwählte bereits seine goldenen Engelsflügel erscheinen lassen und zog nun sämtliche Aufmerksamkeit auf sich. Während die Mädchen den hübschen Rotschopf regelrecht anhimmelten, schienen die Jungen von Neid erfüllt zu sein, aber Zelos kannte solche neidischen Blicke schon längst. Lloyd blieb bei der Tafel stehen, bedeckte somit das Seil hinter sich und wartete auf den richtigen Moment. Wie Zelos gemeint hatte, Kratos lief ohne auf das Seil oder eben den Eimer mit den Wasserbomben zu achten ins Klassenzimmer und stierte Zelos an. Ein raffinierter Plan und als Kratos genau unter dem Eimer stand, gab Zelos ein kaum merkliches Zeichen.
 

"Zelos, was soll...". Der Braunhaarige beendete seinen Satz nicht, schüttelte sein dichtes Haar und blickte schließlich zur Zimmerdecke. Ein Eimer, welcher an einem Seil befestigt war, schwebte über seinen Kopf und als er das Seil verfolgte, blickte er geradewegs in die braunen Augen seines Sohnes. Vollendete Rache und Genugtuung konnte er sehr wohl in den Augen erkennen, weswegen er sich wieder dem Rothaarigen zuwendete, dessen Flügel wieder verschwunden waren. Die halbe Klasse lachte bereits, auch Zelos, welcher sich seinen Bauch hielt, da Kratos ein so dummes Gesicht zog.
 

"Zelos Wilder, Lloyd Irving... Unverzüglich verlasst ihr das Klassenzimmer. Euer kindisches Verhalten wird Konsequenzen mit sich ziehen" zischte Kratos mit schneidender Stimme, weswegen Lloyd's anfängliches Grinsen erstarb. Konsequenzen? Davon hatte Zelos aber kein Wort erwähnt, aber eigentlich hätte er auch selbst drauf kommen können. "Hey, bleib cool, Kratos. Ist doch nur Wasser und außerdem... Was regst du dich denn so auf? Du hast doch mit den Theater begonnen" erwiderte Zelos murrend und bemerkte sehr wohl die Warnsignale seines Kollegen, auf welche er aber nicht einging. Warum auch? Kratos sollte sich für sein Benehmen entschuldigen, denn er musste nicht den strengen Mann spielen.
 

"Ich diskutiere nicht mit dir, Zelos. Verlasst den Klassenraum. Ich werde Dirk darüber in Kenntnis setzen und auch der amtierende König wird eine Nachricht von mir erhalten" entgegnete Kratos und deutete zur Tür. Lloyd schluckte und auch Zelos verging allmählich seine Überheblichkeit. Wenn der König von seinem Benehmen erfuhr, würde er mit Sicherheit höllischen Ärger bekommen. Mit einem unguten Gefühl in der Magengegend, verließ Zelos den Raum und auch Lloyd setzte sich allmählich in Bewegung. Im Türrahmen blieb er nochmals stehen, gestand sich nun seinen Fehler und sein kindisches Verhalten ein und nuschelte eine leise Entschuldigung, bevor auch er das Klassenzimmer verließ.
 

"Wirst du wirklich Dirk und den König benachrichtigen, Kratos?" wollte Colette leise wissen, denn Zelos und auch Lloyd würden garantiert tierischen Ärger bekommen. "Lloyd hat sich für sein Benehmen entschuldigt, also sehe ich davon ab, Dirk zu benachrichtigen. Lediglich Zelos wird für sein Verhalten eine Strafe erhalten" erwähnte Kratos seufzend, deutete an die Tafel, an die er zuvor einige Aufgaben geschrieben hatte und fuhr mit dem Unterricht, trotz der nassen Kleidung, fort. Genis seufzte leise aus, denn Kratos war wirklich ein hervorragender Lehrer, ließ sich nicht aus der Ruhe bringen und versuchte ihnen die Geschichte ein wenig näher zu bringen. Ja, auch er war allmählich der Meinung, dass Raine und Kratos gemeinsam den Unterricht gestalten sollten.
 

Einige Meter vom Schulgebäude entfernt, hörte man lautstarke Worte, hin und wieder auch eine Beleidung des Jüngeren, während der Rothaarige sich im Stich gelassen fühlte. Raine, welche gerade die Dusche beendet hatte und nun angezogen am Küchentisch saß, warf einen Blick aus dem Fenster. Was sollte denn dieses Gebrüll? Neugierig, da sie die beiden Stimme sehr wohl kannte, lief sie zum Fenster und erblickte Lloyd und Zelos. Moment, eigentlich hätte der Braunhaarige doch noch zwei Stunden Unterricht, oder etwa nicht?
 

"Du hast bei der Rache mitgemacht, Amigo, also was ist dein Problem?" wollte der ehemalige Auserwählte aufgebracht wissen, denn er wollte nicht die alleinige Schuld auf sich nehmen. Warum auch? Lloyd war von seinen Plan begeistert gewesen und nur, weil Kratos nun mit Konsequenzen drohte, brüllte der Jüngere ihn so dermaßen an. "Mein Problem ist, dass du dich nicht entschuldigt hast. Vielleicht hätte Kratos unsere Strafe erlassen, aber... Wieso rede ich eigentlich noch mit dir? Du...". "Ruhe..." mischte sich eine herrische Stimme ein, weswegen sich Zelos und Lloyd zu der Person drehten, welche ihre Arme verschränkt vor der Brust hielt. Ihr Blick sagte aus, dass sie gern wissen wollte, was hier genau vor sich ging, aber konnten die beiden Jungen ihr wirklich die Wahrheit sagen?
 

"Wieso bist du nicht im Unterricht, Lloyd?" wollte Raine in Erfahrung bringen und tippte ungeduldig mit ihrem rechten Fuß auf den Boden. Der Braunhaarige schluckte, wich einige Schritte zurück und bereute nun wirklich diesen dummen Streich. Wieso hatte er überhaupt mitgemacht? Klar, sein Vater hatte ihn vor der Klasse lächerlich gemacht, aber er selbst war auch kein Unschuldslamm. Einige Sekunden herrschte noch Stille, ehe Lloyd leise die Wahrheit erzählte und wie er zusammen mit Zelos aus dem Unterricht geworfen worden war. Zelos blieb unbeeindruckt, denn er war immer noch der Meinung, dass es sich um einen kleinen Streich handelte. Kratos hatte in seinen Augen nun mal diese Abreibung verdient und entschuldigt hatte der Kerl sich für sein Benehmen auch nicht, also warum sollte sich der reiche Schönling entschuldigen?
 

Raine hörte geduldig den leisen Worten zu, während ihre innere Wut mit jeder weiteren Sekunde stieg, ehe ihr der Geduldsfaden endgültig riss. Mit festen Schritten ging sie erst auf Zelos zu, erhob ihre Hand und verpasste ihm eine gehörige Ohrfeige. Lloyd wich nochmals einige Schritte zurück, doch ein gezielter Tritt in die Magengrube beförderte ihn gegen den nächsten Baum. Oh ja, dachte er sich insgeheim, denn diese grobe Behandlung kannte er schon.
 

"Euer kindisches Verhalten wird, wie Kratos bereits angekündigt hat, Konsequenzen mich sich ziehen. Wie konntet ihr nur? Gerade von dir, Lloyd, hätte ich dieses Verhalten nicht erwartet. Verschwindet aus meinen Augen. Sofort" knurrte Raine und deutete zum Dorftor. Zelos wollte noch einen Einwand einwerfen, doch der bohrende Blick der Professorin jagte ihm wahrlich Angst ein. Der Braunhaarige nickte leicht, setzte sich keuchend in Bewegung, ehe er das Dorf verließ. Der ehemalige Auserwählte holte seinen Rheaird aus der Flügeltasche, blickte nochmals zu Raine hinab und seufzte ergeben. Vielleicht hatte er wirklich mit seiner Rache übertrieben und mit diesem Gedanken flog er mit seinen Rheaird davon.
 

"Unmöglich..." murmelte die junge Halbelfe und ging zurück ins Haus, lief in ihr Zimmer und öffnete ihren Kleiderschrank. Mit zwei frischen Handtüchern in der Hand, verließ sie ihr Haus wieder und ging die wenigen Schritte zur Schule. Noch immer fragte sie sich insgeheim, was sich Lloyd und Zelos bei ihrem Streich gedacht hatten, denn gerade der Braunhaarige hätte dem Unterricht beiwohnen sollen, weil Kratos aus Erfahrung die Geschichte ihrer damaligen Welt erzählen konnte. Er wäre ein sehr guter Lehrer, musste sich die junge Professorin eingestehen, betrat nun das Schulgebäude und blieb vor der Tür zum Klassenzimmer stehen.
 

Erst nach weiteren Minuten erhob sie ihre Hand, klopfte zaghaft an die Tür und betätigte die Klinke. "So ist es zur..." erklärte Kratos, hielt in seinen Satz inne und erblickte nun Raine im Türrahmen, während die Schüler ebenso einen neugierigen Blick zur Tür riskierten. "Raine... Geht es dir gut?" rief Genis und besah sich seine Schwester, welche nun die Tür hinter sich schloss und die wenigen Schritte zum Pult lief. Neben Kratos blieb sie stehen, bemerkte nun sehr wohl seine durchnässte Kleidung und den noch feuchten Holzboden. "Hier... Eigentlich ist Lloyd nicht so..." murmelte Raine und reichte dem Braunhaarigen die Handtücher. Dankend nahm Kratos die Handtücher entgegen, trocknete sein Haar ein wenig und seufzte leise aus. Nun, mit der Professorin hatte er nun nicht gerechnet, aber scheinbar hatte sein Sohn ihr bereits die Wahrheit erzählt.
 

"Es geht mir gut, Genis. Wie gefällt euch der Unterricht bei Kratos?" wollte die junge Professorin lächelnd wissen und wendete sich nun an die gesamte Klasse. "Ich höre ihm gern zu, Professor Raine" lächelte Colette und blickte sich nun zu ihren Mitschülern um, welche ihr mit einem zaghaften Nicken zustimmten. "Ich stimme Colette zu, Raine. Zum Thema Geschichte kann er sehr viel beitragen. Kratos weiß sogar Dinge, die nicht in den Geschichtsbüchern stehen und... Eigentlich sind Colette und ich der Meinung, dass ihr in der Zukunft das Fach Geschichte gemeinsam unterrichten solltet. Ich weiß zwar nicht, wie der Rest der Klasse denkt, aber...". "Ich würde mich freuen" unterbrach die Blonde den jungen Halbelfen und sah nun erwartungsvoll zur Professorin.
 

Auf Raine's Lippen erschien ein kaum merkliches Lächeln, ehe sie ihren Blick dem Braunhaarigen zuwendete. "Ich würde mich über Unterstützung freuen, aber... Ihr wisst doch, dass Kratos nur für einige Tage bei uns bleibt". Ja, er würde wieder gehen, auch wenn sich die junge Halbelfe vor dem baldigen Abschied fürchtete. Kratos konnte ihren traurigen Ausdruck in den Augen sehr wohl deuten, wendete sich nun an die Klasse und erhob seine Stimme. "Der Unterricht ist nun beendet. Bearbeitet die Aufgaben, die ich euch an die Tafel geschrieben habe, zu Hause". Genis und Colette nickten der klaren Ansage zu, wobei der junge Halbelf die Aufgaben schon längst gelöst hatte. Die Schüler erhoben sich und verließen den Raum, nachdem sie ihre Schulbücher und Hefte in die Rücksäcke verstaut hatten, ehe Ruhe im Klassenzimmer einkehrte.
 

Raine lehnte sich ans Pult und betrachtete die vereinzelten Fützen auf dem Boden, während Kratos zu eines der Fenster lief und es öffnete. Eine warme Brise schlug ihm entgegen, weswegen er für einen Moment die Augen schloss und der angenehmen Ruhe lauschte. "Warum bleibst du nicht bei uns, Kratos? Dein Platz ist hier bei Lloyd und nicht irgendwo im Weltall" murmelte die junge Professorin und spielte nervös mit dem Saum ihres Gewandes. Kratos drehte sich um, lehnte sich an die Fensterbank und verschränkte seine Arme vor der Brust. "Die Engel brauchen mich, Raine. Ich bin das letzte Mitglied von Cruxis und muss die Verantwortung für meine Sünden tragen. Ich hoffe sehr, dass wenigstens du meine Entscheidung verstehst" erwiderte der Braunhaarige und wendete seinen Blick von ihr ab. Raine musste der Wahrheit nun mal ins Auge sehen.
 

Die junge Halbelfe erwiderte nichts, senkte lediglich ihren Kopf gen Boden und biss sich auf ihre Unterlippe. Noch mal würde sie sein Verschwinden nicht ertragen können, denn schon vor einem halben Jahr hatte sie seine Entscheidung nicht akzeptiert. Eine zarte Berührung auf ihrer linken Schulter ließ sie jedoch aufsehen, direkt in braune Augen. Doch im gleichen Moment wendete sie ihr Gesicht wieder von ihm ab, um ihre Tränen zu verbergen, welche sich durch ein beklemmendes und schmerzhaftes Gefühl in ihrer Brust bildeten. Raine wollte nun nicht auch noch vor ihm weinen, aber sie konnte ihre Gefühle nicht unterdrücken, weswegen vereinzelte Tränen über ihre Wangen liefen und an ihrem Kinn kurz verweilten, nur um einen kurzen Augenblick später unaufhaltsam zu Boden zu tropfen.
 

"Raine..." murmelte Kratos und drehte ihr Gesicht mit seiner rechten Hand zurück in seine Richtung. Einige Sekunden sahen sie sich in die Augen, ehe der Damm in Raine brach und unzählige Worte und Wünsche ihre Lippen verließen. "Tu mir das nicht noch mal an, Kratos. Du bist der Einzige, dem ich immer vertrauen konnte, obwohl du uns verraten hast. Bitte... Ich... Ich kann deine Entscheidung nicht akzeptieren und... Lass mich nicht schon wieder allein. Ich ertrage diese Leere in mir nicht länger und noch weniger die Einsamkeit, obwohl Lloyd, mein Bruder und unsere Freund immer für mich da sind. Ich...". Ein Zeigefinger auf ihre Lippen ließ Raine verstummen, ehe sie in die Arme des Mannes gezogen wurde, welcher ihr immer hatte Halt geben können. Ja, während ihrer Reise zur Welterneuerung war er immer für sie da gewesen, hatte ihre Zweifel mit einfach Worten zertrümmert und hatte ihr, wenn sie allein beim Lagerfeuer gesessen waren, ein zaghaftes Lächeln geschenkt.
 

"Ich verstehe deine Gefühle..." hauchte Kratos ihr zu, strich ihr beruhigend durchs Haar und lehnte sein Kinn auf ihre linke Schulter. "Das Gefühl der Einsamkeit sucht mich seit unzähligen Jahren heim. Ich weiß, wie es sich anfühlt, wenn man keine Person um sich hat, die dir den nötigen Halt gibt. Ich weiß, dass ich dich vor einem halben Jahr unsagbar verletzt habe und... Ich weiß, dass mein plötzliches Auftauchen eine neue Wunde bei dir hinterlassen wird" murmelte er und spürte sehr wohl, wie sich ihre Finger in dem Stoff seiner noch leicht feuchten Kleidung verkrallten. Raine zeigte ihre Gefühle so äußerst selten und dennoch konnte sie im Augenblick nichts gegen ihre momentanes Verhalten tun.
 

"Kratos... Wie lange wirst du bleiben?" sprach Raine ruhig und dennoch konnte der Braunhaarige die Angst aus ihrer Stimme hören. Seine Hand glitt über ihren Rücken, während er ihr Kinn leicht anhob und ihr erneut in die Augen blickte. "Ich habe mir keinen festen Zeitpunkt überlegt, also denke nicht schon an den Abschied. Ich habe nicht vor, in den nächsten Tagen zu gehen". Ein kleines Lächeln zeichnete sich auf seinen Lippen ab, während er ihre Tränen mit seinen Daumen beseitigte. Ihre blauen Augen schlossen sich, ehe sie ihm leicht zunickte. Im Moment wurden ihre Ängste, ihr Kummer, durch seine Anwesenheit besänftigt und ein wohliges Gefühl stieg in ihr auf.
 

"Möchtest du nun die Villa erkunden?" durchbrach er die aufkommende Stille, strich ihr mit seiner Hand einige Strähnen aus dem Gesicht und wartete geduldig auf ihre Antwort. Wieder nur ein zaghaftes Nicken ihrerseits, ehe sie sich voneinander lösten und sich gleichzeitig räusperten. Der jungen Halbelfe stief eine unangenehme Röte ins Gesicht, wendete sich zum Gehen und lief zur offen stehenden Tür. Kratos kratzte sich am Hinterkopf, sammelte die Handtücher ein und folgte der jungen Professorin hinaus. Nun würden sie die baufällige Villa untersuchen und vielleicht fanden sie gemeinsam Hinweise, wie Erik und Marianne zu Tode gekommen waren und warum der Verdacht im Raum stand, dass Samiel der angebliche Mörder seiner Eltern sei. Kratos musste sich eingestehen, dass er gerade auf diese Antworten gespannt war.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  xXSakuraHarunoXx
2010-10-10T13:52:32+00:00 10.10.2010 15:52
ahhhhhh süße kapi freuhe mich auf´s nächstes^^.zelos hätte sich entschuligen sollen das bisser^^.


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