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In Medias Res

Die Drei Fragezeichen
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Teil 5

In Medias Res

Die Drei Fragezeichen
 

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Ich hatte irgendwann einmal so was wie eine Kapiteleinteilung gehabt. In meinem Kopf. Doof nur, dass ich den Platz in letzter Zeit anderweitig gebraucht hatte..

Tja, so kann's gehen.

Dennoch: Viel Spaß! :D
 

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Teil 5
 

Vielleicht sollte Peter in näherer Zukunft nicht den Job als Sportler in Betracht ziehen, sondern Wahrsager werden. Verstimmt schnaufte der junge Mann, während er sich durch das Haar fuhr.

Er hatte es ja gewusst. Skinny Norris hatte seinem Gewissen einfach keine Ruhe gelassen. Schließlich war Peter eine ehrliche Haut und wollte den anderen dann doch nicht im Ungewissen lassen, auch wenn er der Ansicht war, dass das alles zu denkbar ungünstigen Gelegenheiten seinen Lauf genommen hatte. Allein, dass das Ganze mit seiner Entführung angefangen hatte, war ja wohl ein schlechtes Omen gewesen.

Und nun, dank seines glorreichen Bestrebens das Gewissen endlich auszuschalten, stand er vor dem Haus der Norris‘, wobei er sich jedoch nicht sicher war, ob Skinner hier überhaupt noch wohnte. Irgendwie bezweifelte er es, doch er hatte keinen anderen Anhaltspunkt gehabt.

Zögerlich hob er die Hand, um die Klingel zu drücken. Was sollte er überhaupt sagen?

Doch ihm wurde die Entscheidung abgenommen, als auf einmal die Tür aufgerissen wurde. Eine Frau stand im Türrahmen, hatte sich aber in das Innere des Hauses gewandt.

„Sei doch ruhig! Ich gebe mein Geld aus, wie ich es will! Und schließlich bezahle ich auch etwas im Haushalt, führ dich nicht auf, wie der Hahn im Korb! Der bist du nämlich schon lange nicht mehr!“, giftete sie. Sie schnappte sich mit der freien Hand ihre Handtasche, während sie mit der anderen die Tür hinter sich zuschlagen wollte, dann aber Peter entdeckte.

Überrascht zuckte sie zurück, sah ihn dann abweisend an.

Mrs. Norris war eine hochgewachsene Frau mit glatten kinnlangen Haaren. Ihre Gesichtszüge waren hart, doch auf den ein oder anderen Mann mochten sie wohl attraktiv erscheinen. Peter jedoch schreckte diese kantige Mimik gepaart mit dem ablehnenden Blick ab. Dennoch war sie unverkennbar Skinnys Mutter, nicht nur, dass sie dieselbe Haarfarbe hatten, sondern auch die Form der Augen glich sich sehr. Hätte Peter mehr Zeit gehabt, hätte er sich vielleicht gefragt, bei welcher Gelegenheit er sich Skinnys Augen so genau angesehen hatte.

„Wer bist du und was willst du?“, fragte sie barsch. Mit einem Knall flog die Tür hinter ihr ins Schloss. Kaum auf eine Antwort wartend hängte sie sich die Handtasche über die Schulter, maß ihn mit einem weiteren Blick.

„Mein Name ist Peter. Ich wollte fragen, wo ich Skinny finden kann.“, sprach Peter erstaunlich klar, auch wenn ihm sein Herz bis zum Hals schlug.

„Er ist nicht hier. Keine Ahnung, wo er schon wieder steckt. Wahrscheinlich hat er sich wieder für zwei bis drei Monate nach Südamerika abgesetzt, nach dem Geld zu urteilen, das er sich bei seinem Vater geliehen hat.“

Einen kurzen Augenblick lang schwieg Peter. Er wusste nicht, was er jetzt noch tun sollte, aber an aufgeben wollte er nicht denken. „Hätten Sie vielleicht eine Idee, wie ich ihn erreichen könnte? An sein Handy geht er nicht.“

Mrs. Norris stolzierte an ihm vorbei. „Seh ich etwa so aus?“

Entgegen seiner eigentlichen Gefühlslage meinte Peter mutig: „Das weiß ich nicht. Aber ich nehme an, dass Sie eine gute Mutter sind und hatte daher angenommen, dass Sie wenigstens ein Minimum an Interesse an Ihrem Sohn haben.“ Vielleicht hätte er das nicht sagen sollen, schließlich war es ziemlich unhöflich. Doch im Moment war ihm das gleichgültig; er wollte nicht einsehen, dass diese Frau wirklich so eisig ihrem Sohn gegenüber war, wie sie sich gerade gab.

Scheinbar hatte es wirklich etwas gebracht. Mrs. Norris seufzte, sah ihn über die Schulter an. „Es tut mir Leid, Junge. Ich weiß nicht, wo Skinner ist oder wie man ihn erreichen kann. Er hat nun einmal seinen eigenen Kopf, das ist schon seit Jahren so.“ Damit kennzeichnete sie dieses Gespräch für beendet.

Auch wenn seine Fragen nicht beantwortet worden waren, zog Peter nicht vollkommen enttäuscht von dannen.

Trotzdem hieß es ab jetzt wohl warten, bis sich Skinny melden würde. Oder bis er auf seinem Handy wieder erreichbar sein würde. Beides war ihm nicht recht, denn es beinhaltete die Variable Skinny.
 

Gelangweilt blätterte Peter in den Zeitschriften seiner Mutter, während diese am Herd stand und das Abendessen kochte.

„Dein Vater kommt heute später nach Hause. Er hat vorhin angerufen, dass sie mit den Requisiten wohl nicht ganz zu Rande gekommen sind.“, meinte die Frau. Sie nippte an der Soße, die sie mit einem Löffel aus dem Topf geschöpft hatte.

„Mh.“, erwiderte Peter eloquent, wie er nun einmal war. Die Zeitschrift entsprach definitiv nicht seinem Geschmack, aber in letzter Zeit weckte nur Weniges sein Interesse. Er fühlte sich selbst antriebs- und lustlos. Mit einem Seufzen schlug er das Heftchen zu, drehte sich auf dem Stuhl um, um seiner Mutter beim Kochen zuzuschauen.

Diese jedoch hatte ihre Tätigkeit eingestellt und sich ihrem Sohn zugewandt. In ihrem Gesicht konnte Peter Sorge erkennen.

„Was ist nur mit dir los, Peter? Seit zwei Wochen bist du so unmotiviert, so kenne ich dich überhaupt nicht.“, zur Untermalung ihrer Aussage schwenkte sie den Kochlöffel hin und her, „Du lässt sogar dein Abendlauf ausfallen.“

Peter ließ seinen Blick durch die Küche wandern, nur um seiner Mutter nicht in die Augen blicken zu müssen. Doch er wusste, dass sie eine Antwort aus ihm herausbekommen würde.

Seine Rettung kam in Form des klingelnden Telefons. Nur widerwillig ließ seine Mutter von ihm ab und verschwand im Flur, um das Gespräch anzunehmen – irgendwann war es in der Familie Shaw zur Gewohnheit geworden, dass nur Clarissa ans Telefon ging, wenn die gesamte Familie im Haus war. Es war ja doch immer für sie.

Gerade wollte er erleichtert aufatmen, als die Hausherrin mit dem Hörer in der Hand zurück in den Raum trat.

„Es ist für dich.“ Kaum hatte sie das gesagt, machte Peters Herz einen Satz. Sollte das etwa…?

Mit zittriger Hand nahm er das Gerät entgegen. Seine Stimme hörte sich ebenfalls nicht besser an, als er sich meldete. „Ja?“

„Hey Peter! Ich bin’s, Just.“ Augenblicklich sackten seine Schultern nach unten; krampfhaft versuchte er die Enttäuschung aus der Tonlage zu verbannen. „Was gibt’s?“

Am anderen Ende der Leitung wurde Justus ganz aufgeregt, denn er sprach schneller als gewöhnlich.

„Wir haben endlich einen neuen Fall! Seit deiner Entführung, die ja jetzt doch schon ein paar Monate her ist, hatten wir ja keinen Fall mehr angenommen. Aber dieser hier ist so interessant, daher war ich der Ansicht, es wäre wieder an der Zeit zurück an die Arbeit zu gehen. Kannst du später kommen? Wir wollen uns um sieben in der Zentrale treffen, damit ich euch alles erläutern kann.“

Zuerst war Peter versucht abzusagen, doch aus den Augenwinkeln sah er, wie Clarissa ihn scharf beäugte. Er wusste, was sie dachte oder besser: Was sie wollte, dass er tat.

Also sagte er zu. Vielleicht tat es ihm ja wirklich mal gut, wieder mit Bob und Justus auf Verbrecher- oder Geisterjagd zu gehen. Wenn er ehrlich war, hatte er es sogar vermisst.

Ein kleines Lächeln schlich sich auf seine Lippen, nachdem er das Gespräch beendet und das Telefon auf den Tisch gelegt hatte.

„Na, das steht dir doch gleich viel besser.“ Clarissa beugte sich zu ihm herunter und gab ihm einen Kuss auf die Wange. Gerade wollte sie sich wieder ihren Kochtöpfen zuwenden, als sie sich noch einmal umwandte. „Und dass ich ja nie wieder dieses enttäuschte Gesicht sehen muss!“

Zuerst war Peter verwirrt, doch dann erinnerte er sich daran, auf wessen Anruf er eigentlich wartete und seine anfängliche gute Laune erhielt einen Dämpfer. Es wäre wahrscheinlich wirklich besser, wenn er es aufgeben würde. Skinny würde nicht anrufen. Er hatte ja auch eigentlich keinen Grund dazu. Mit seiner Flucht hatte Peter für ihn wohl alles aufgedrückt, was einer Abfuhr gleichgekommen war. Nur warum fiel es ihm selbst dann so schwer, das einfach auf sich beruhen zu lassen? Warum wünschte er sich so sehr, dass Skinny ihm irgendeine Nachricht zukommen ließ?

Er schreckte hoch, als etwas gegen seine Stirn tippte. Es war seine Mutter.

„Lass doch dieses Gesicht sein!“, wies sie ihn zurecht.

„Ist ja gut.“, brummte er, hievte sich hoch. „Rufst du mich, wenn wir essen?“ Ein Nicken gab ihm seine Antwort und er verzog sich in sein Zimmer. Der erste Gang erfolgte zu seinem Handy, das er die letzten Stunden an den Strom angeschlossen hatte. Das Display zeigte nur sein Hintergrundbild, die Uhrzeit und das Datum. Keine Nachricht, die ihm eine empfangene SMS anzeigte oder gar einen entgangenen Anruf.

Ein schweres Seufzen glitt ihm über die Lippen und er fühlte sich niedergeschlagener denn je.

Was lief mit ihm nur falsch, dass er sich jetzt – in diesem einsamen Moment – sehnlichst Skinny herbei wünschte?

Er ließ sich aufs Bett fallen und legte sich den rechten Arm über die Augen. Es war sicherlich eine gute Idee, jetzt wieder einen Fall anzunehmen. Es würde ihn von seinen trüben Gedanken ablenken und ihn wieder auf den Boden der Tatsachen zurückholen. Seit dem Liebesgeständnis stand er sowieso die gesamte Zeit neben sich, das sollte jetzt endlich ein Ende finden.

„Peter, Essen!“

„Komme!“
 

„Und wie heißt jetzt die Frau nochmal?“ Peter sah sich desinteressiert in der Gegend um. Das typische, nicht sonderlich ergiebige Vorstadtleben und die eintönigen Häuser mit mageren Vorgärten.

Gestern Abend war er noch in der Zentrale gewesen, um sich von Justus über den neuen Fall aufklären zu lassen. Er war mehr oder minder enttäuscht gewesen, dass es sich „nur“ um eine Geistererscheinung gehandelt hatte – Peter hatte angenommen, der erste Detektiv würde sich nicht mehr so sehr dafür begeistern und hätte einen aufregenderen Fall an Land gezogen. Aber wie es schien, war dem nicht so.

„Sarah Lorence. Hab ich doch schon dreimal gesagt.“, erwiderte Justus patzig. Ihm war Peters Missmut schließlich nicht verborgen geblieben. Bob versuchte zu schlichten, indem er an die Tür trat und die Klingel betätigte. „Ruhe, Kinder, jetzt wird’s ernst.“, grinste er, als er die langen Gesichter seiner Freunde erblickte.

Peter verschränkte die Arme vor der Brust und hielt sich bewusst im Hintergrund. Er wusste nicht genau, was er von gestern Abend erwartet hatte, jedoch war es dieses hier ganz gewiss nicht gewesen. Geister jagten ihm immer noch einen Schrecken ein, aber sie brachten ihn letztendlich nicht dazu, seine Sorgen zu vergessen oder auf später zu verschieben. Eher führte seine Angst dazu, dass ihm tausend Dinge durch den Kopf spuckten, die er noch nicht erledigt hatte und haben wollte.

Die Haustür wurde geöffnet und eine junge Frau, etwa in ihrem Alter, stand im Rahmen. Das lange blonde Haar war gelockt, doch sie hatte es in einem Pferdeschwanz gebändigt, der ihr seitlich über der Schulter hing. Ihre Beine steckten in einer eng sitzenden Jeans und das Oberteil war ein schlichtes türkisfarbenes Shirt.

„Ja, bitte?“

Ihr Auftreten hatte etwas Ablehnendes, wie es Peter eine Woche zuvor bei Mrs. Norris erlebt hatte. Wäre er paranoid genug, könnte er wohl annehmen, dass diese Frau ebenfalls zu der Familie gehören würde. Aber er war ja noch bei geistiger Gesundheit – zumindest hoffte er das die meiste Zeit über.

„Guten Tag, Miss. Wir sind die Drei Fragezeichen und wollen zu Mrs. Lorence. Sie müsste uns erwarten.“, meinte Justus in seiner gewohnt diplomatischen Art und Weise.

Peter stellte fest, dass es Bob wohl schlichtweg die Sprache verschlagen haben musste, denn er hatte kein Wort herausgebracht. Ein Grinsen schlich sich auf seine Lippen. Na wenigstens musste er sich jetzt nicht von ihm wie ein kleines Kind behandeln lassen.

Die junge Frau musterte die drei noch einmal argwöhnisch, bevor sie auf die Seite trat und die Detektive ins Haus ließ.

„Mein Name ist Helen. Sarah ist meine Großmutter.“ Sie schloss die Türe hinter sich. „Ihr müsst wissen, dass es derzeit nicht allzu leicht ist mit ihr.“ Ein Seufzen entfloh ihrem Mund, was sie gleich sympathischer erscheinen ließ. Während sie ihnen den Weg zur Küche wies, sprach sie weiter: „Mittlerweile sieht sie überall Geister und Gespenster. Und sie ist der Ansicht, dass man ihr Essen stehlen würde.“

Die Küche war ein gemütlicher Ort in warmen Farbtönen gehalten und einem großen Tisch in der Mitte. Die Drei Fragezeichen nahmen Platz und lehnten bei der Frage nach einem Getränk dankend ab. Helen setzte sich zu ihnen.

„Aus diesem Grund bin ich auch hier. Ich soll ein wenig auf sie Acht geben, damit sie sich letztendlich nicht noch etwas antut. Ihr Wahn reicht ja jetzt schon so weit, dass sie sich Detektive ins Haus holt.“

Man hörte, wie ein Stock auf das Parkett geschlagen wurde. Alle Köpfe drehten sich zur Küchentür, in der eine alte Frau gebeugt stand, aber den Eindruck machte, als würde sie über allem thronen.

„Ich verbitte mir, dass du so über mich sprichst! Ich brauche deine Hilfe nicht, scher dich doch wieder zu deiner räudigen Familie!“, fauchte sie, humpelte in den Raum hinein. Helen verdrehte die Augen. „Ist ja gut.“

Scheinbar war eine solche Situation nichts Neues und Peter wunderte sich schon lange nicht mehr, wie manche Menschen mit anderen umgingen. In seiner detektivischen Karriere hatte er schon die schrulligsten Leute kennen gelernt, dagegen waren diese beiden hier ein Herz und eine Seele.

„Mrs. Lorence“, Justus stand auf, um die Frau zu begrüßen und hielt ihr ihre Karte hin, „Wir sind die Drei Fragezeichen. Wir haben gestern miteinander telefoniert.“

„Als wüsste ich das nicht selbst. So senil bin ich auch noch nicht.“, erwiderte Mrs. Lorence schroff. Sie riss ihm die Karte aus der Hand und legte sie unbeachtet auf die Küchenzeile. „Hat euch Helen schon darüber unterrichtet, was in diesem Haus vor sich geht? Ah, so wie ich sie kenne, hat sie alles sicherlich runtergespielt.“ Gerade wollte ihre Enkelin aufbegehren, als Mrs. Lorence abwinkte und meinte: „Biete den drei lieber noch etwas zu trinken an, hast auch keine Gastgeberqualitäten.“

Da sich keiner der drei jungen Männer in den Streit einmischen wollten, verschwiegen sie, dass ihnen bereits Getränke angeboten wurden, sie diese aber abgelehnt hatten. So ließen sie sich einfach jeweils eine Cola an ihren Sitzplatz stellen.

Nachdem sich alle an den Tisch gesetzt hatten, nahm Justus das Wort an sich: „Also, Mrs. Lorence, was trägt sich hier zu, dass Sie detektivische Mithilfe benötigen?“
 

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